Dient es dem Ansehen seiner Universität, wenn dort Randalierer versuchen, einen Gast am Reden zu hindern, und wenn sie die Absage weiterer Vorträge dieses Gasts erreichen? Offenbar meint das der Öffentlichkeitsreferent des AStAs einer deutschen Universität. .
Man muss sich im Gegensatz dazu nur das Verhalten und den Protest der Universität und Studenten der Columbia Universität vor und während der Rede von Achmedineschad ins Gedächtnis rufen. Nicht die Rede oder der Referent schaden in erster Linie der Universität, sondern der Umgang mit diesem. Leider ist dies kein Verhalten, dass man auf die neuen Bundesländer bzw. dem Fehlen einer längeren demokratischen Vergangenheit beschränken kann. An manch westdeutschen Universitäten würde es unwesentlich anders zugehen und die Absage der Rede des Papstes an der römischen Universität La Sapienza zeigt, dass auch in anderen europäischen Ländern eine ähnliche "Diskussionkultur" herrscht.
Zitat von ElmarNicht die Rede oder der Referent schaden in erster Linie der Universität, sondern der Umgang mit diesem.
So ist es, lieber Elmar. Zumal ja Frau Steinbach nun niemand ist, dessen sich eine Universität zu schämem brauchte. Wenige haben so viel Positives für das deutsch-polnische Verhältnis geleistet, auch wenn die Scharfmacher das nicht wahrhaben wollen.
Übrigens wundere ich mich, wie wenig der Vorfall, der ja schon letzte Woche passierte, in den Medien beachtet wurde. In solchen Fällen finde ich immer das kleine kontrafaktische Experiment hilfreich: Stellen wir uns vor, der Redner wäre Lothar Bisky gewesen, und Neonazis hätten sich so verhalten wie die Randalierer in Potsdam. Was wäre da wohl im TV, in der Presse losgewesen? Ist es auch nur vorstellbar, daß die Unileitung so reagiert hätte wie jetzt?
Zitat von ElmarLeider ist dies kein Verhalten, dass man auf die neuen Bundesländer bzw. dem Fehlen einer längeren demokratischen Vergangenheit beschränken kann. An manch westdeutschen Universitäten würde es unwesentlich anders zugehen und die Absage der Rede des Papstes an der römischen Universität La Sapienza zeigt, dass auch in anderen europäischen Ländern eine ähnliche "Diskussionkultur" herrscht.
Dem stimme ich auch zu. Als ich die letzte Passage des Artikels geschrieben habe, ging mir das auch durch den Kopf. Aber sollte man nicht gerade in der Ex-DDR, wo man doch so lange unter Beschränkungen der Meinungsfreiheit gelitten hatte, diese besonders hoch schätzen und besonders entschlossen verteidigen?
In Antwort auf:Aber sollte man nicht gerade in der Ex-DDR, wo man doch so lange unter Beschränkungen der Meinungsfreiheit gelitten hatte, diese besonders hoch schätzen und besonders entschlossen verteidigen?
Vielleicht zwei kleine Anmerkungen nur dazu: Zum einen sind diejenigen, die da an der Uni jetzt gerade ihr Verständnis von Meinungsfreiheit demonstrieren, kaum in dem Alter, als dass sie die DDR noch als Unterdrückerstaat kennengelernt haben. Zum anderen, und das ist mir wichtiger: Wer sagt eigentlich, dass überhaupt soviele Menschen in der DDR unter dieser Einschränkung gelitten haben ? Ich vertrete mal ganz frech die These, dass die meisten darunter gelitten haben, dass sie keinen Videorecorder, keine Bananen und keinen Golf in der Garage hatten. Aber der Leidensdruck sich nicht frei äussern zu können ist sehr unterschiedlich verteilt. Wenn wir den unterschiedlichen wirtschaftlichen Erfolg mal aussen vor lassen, behaupte ich mal ganz keck, dass die meisten durchaus mit der DDR gelebt haben und sich auch nicht so unwohl gefühlt haben (das würde für die meisten Menschen aus dem Westen traurigerweise wohl auch gelten).
Noch mehr zugespitzt ausgedrückt: Ich würde keine Wette darauf eingehen, ob die SED, wenn es nicht den unterschiedlichen wirtschaftlichen Erfolg in West und Ost gegeben hätte, demokratisch abgewählt worden wäre. Es ist zumindest meine Beobachtung, dass es vielen Menschen wenig ausmacht, wieviele Mitmenschen in ihrer Freiheit eingeschränkt werden, solange das keine Freiheiten sind, die für sie persönlich etwas wert sind.
Zitat von LlarianWer sagt eigentlich, dass überhaupt soviele Menschen in der DDR unter dieser Einschränkung gelitten haben ? (...) Ich würde keine Wette darauf eingehen, ob die SED, wenn es nicht den unterschiedlichen wirtschaftlichen Erfolg in West und Ost gegeben hätte, demokratisch abgewählt worden wäre.
Interessante Frage, lieber Llarian.
Wenn man dieses Gedankenexperiment macht, muß man allerdings die hypothetische Voraussetzungen machen, daß in einem kommunistisch regierten Staat überhaupt allgemeiner Wohlstand entstehen kann. (Ich glaube nicht, daß das möglich ist, trotz des scheinbaren Gegenbeispiels China; aber das wäre eine andere Diskussion). Aber machen wir einmal diese Voraussetzung.
Was bedeutet Wohlstand? Daß man Geld hat, um es für das auszugeben, was man gern haben möchte. Zum Beispiel schicke Kleidung, gutes Essen, Unterhaltungselektronik, Reisen.
Wenn man sich einen schönen Flachbild-Fernseher leisten kann, möchte man logischerweise auch alle die schönen Programme sehen. Also nicht nur staatlich produzierte.
Wenn man das Geld zu Reisen hat, dann möchte man logischerweise nicht nur in der DDR und im Warschauer Pakt herumreisen, sondern in der Welt.
Wer das tut, der lernt Freiheit kennen. Er möchte auch erzählen, wie es denn war. Er möchte sich frei äußern.
Wohlstand, lieber Llarian, schafft also automatisch das Bedürfnis nach Freiheit.
Das war ja auch die Grundlage der Französischen Revolution. Sie ging wesentlich nicht von den ganz Armen aus, sondern von den zu Wohlstand gelangten Bürgern, die nicht länger ohne Bürgerrechte sein wollten.
Also, meine These - sie kann falsch sein - wäre: Diktaturen brauchen die Armut als ihr Lebenselixier. Nichts müssen Kommunisten mehr fürchten, als daß "ihre" Menschen wohlhabend werden. Nur der Mangel verleiht den Herrschenden ihre Macht.
Übrigens kann man das im Augenblick bei dem Weg von Venezuela in den Sozialsmus beobachten. Der erste Schritt ist, eine allgemeine Verarmung herbeizuführen; ob nun bewußt oder als Nebenprodukt des allgemeinen Niedergangs.
In Antwort auf:Wohlstand, lieber Llarian, schafft also automatisch das Bedürfnis nach Freiheit.
Müsst da nicht lauten: Freiheit schafft Wohlstand?
In Antwort auf:Nichts müssen Kommunisten mehr fürchten, als daß "ihre" Menschen wohlhabend werden.
Diese Angst brauchen sie nicht zu haben. Ohne Marktwirtschaft (zumindest ansatzweise, z.B. China) gibt es keinen Wohlstand, da die wahren Kommis keinerlei Marktwirtschaft zulassen auch kein Wohlstand.
Herzlich Feynman
____________________________________________________ ..., people ignored the fact that democracy cannot be permanently maintained when free enterprise, free trade, and economic freedom do not exist. Ludwig von Mises
In Antwort auf:Wohlstand, lieber Llarian, schafft also automatisch das Bedürfnis nach Freiheit.
Müsst da nicht lauten: Freiheit schafft Wohlstand?
Das ist auch meine Überzeugung, lieber Feynman. Aber in dem Gedankenexperiment habe ich hypothetisch vorausgesetzt, daß Wohlstand auch in einer kommunistischen Gesellschaft entsteht.
Und die These ist, daß selbst dann die Freiheit unweigerlich nachkommt. Wohlstand hat sozusagen eine innere Dynamik in Richtung Freiheit.
Ich glaube, daß die Kommunisten das auch verstehen. Sie hatten und haben ja nie ein Interesse daran gezeigt, daß in ihrem Herrschaftsbereich Wohlstand entsteht.
Außer eben jetzt die Chinesen (und die Vietnamesen, die ihnen nacheifern). Ich bin überzeugt, daß sie damit scheitern werden. Entweder führt der steigende Wohlstand zu einer allmählichen Aufweichung der Herrschaft der KPCh, oder es kommt - was ich für gar nicht unwahrscheinlich halte - zu einer blutigen Revolution.
Die Situaiton ähnelt ja in vielerlei Hinsicht der vor der Französischen Revolution: Eine verkrustete Herrenklasse (damals die Aristokratie, jetzt die Bonzenschicht), ein aufsteigendes, schnell reich werdendes Bürgertum (Molière hat es im "Bürger als Edelmann" karikiert) und eine zunehmend verarmende, unter erbärmlichen Bedingungen lebende Unterschicht (damals die Bauern, heute die Wanderarbeiter und die Landbevölkerung).
In Antwort auf:Also, meine These - sie kann falsch sein - wäre: Diktaturen brauchen die Armut als ihr Lebenselixier. Nichts müssen Kommunisten mehr fürchten, als daß "ihre" Menschen wohlhabend werden. Nur der Mangel verleiht den Herrschenden ihre Macht.
Übrigens kann man das im Augenblick bei dem Weg von Venezuela in den Sozialsmus beobachten. Der erste Schritt ist, eine allgemeine Verarmung herbeizuführen; ob nun bewußt oder als Nebenprodukt des allgemeinen Niedergangs.
Das ist ja eine recht steile These, lieber Zettel. Sie hört sich erstmal logisch an. Kann man das auch historisch beweisen? Ich glaube nicht. Der Lebensstandard in der DDR war noch in den Fünfzigern deutlich höher als in Westdeutschland. Ich vermute eher, daß der Sozialismus nach Wohlstand strebt, aber sich mit seinen Konzepten zur Erlangung dieses Wohlstands mit schöner Regelmäßigkeit selbst ein Bein stellt. Nehmen wir China als Beispiel (was Sie gerade vermeiden wollten). Dort finden wir die völlig verquere Situation vor, daß ein leninistischer Einheitsstaat ein kapitalistisches Wirtschaftssystem adoptiert hat. Aber so verquer nun auch wieder nicht. Der Grund ist formal, daß man bei Lenin nicht genau genug nachgelesen habe, der gesagt hat, Sozialismus müsse auf eine kapitalistische Vorstufe bauen können. Exakt das, was Mao bezweifelt hat. Jetzt soll (unter Leitung der KP zur Vermeidung späteren Blutvergießens) geplanter Kapitalismus den Wohlstand schaffen, damit (auch unter Leitung der KP) in nicht allzuferner Zukunft der neuerliche Übergang zum Sozialismus begangen werden kann.
die DDR war in absoluten Zahlen nicht so arm, sie war nur arm im Vergleich zur BRD. Zweifelsfrei war die DDR von 1985 erheblich reicher als die DDR von 1955. Kommunistisches/sozialistische Systeme sind zweifelsfrei ineffizient und langsam, aber auch sie bedienen sich der Technik und des Fortschrittes, mit dem wir alle immer reicher werden. Natürlich entsteht damit, da stimme ich völlig überein, ein Bedürfnis zu reisen. Ist aber nur eins von vielen und im Zweifeslfall kann man darauf noch verzichten, wenn man dafür halt ein Auto und einen Geschirrspüler bekommt.
Worauf ich hinaus will, ist, dass die Revolution 89 nicht unbedingt von Freiheitsstreben getragen sein muss. Und auch in der westdeutschen Gesellschaft das Freiheitsstreben (leider) nicht das oberste sein dürfte. Das Wohlstand einen Automatismus zur Freiheit schafft klingt sehr gut (hat auch sehr viel für sich), aber vollständig überzeugt bin ich nicht. Wir sind heute so viel reicher als noch vor 30 oder 40 Jahren und dennoch habe ich den Eindruck, dass der Ruf nach Freiheit immer kleiner wird (zumindest in Deutschland). Viel wichtiger erscheint so vielen die "Gerechtigkeit" (vor allem die soziale) und die Sicherheit zu sein. Es stellt heute einen wesentlich kleinere Skandal dar, die Axt an einen Freiheitswert zu legen, als die soziale Gerechtigkeit in Frage zu stellen. Und das obwohl wir so viel reicher sind als früher.
In Antwort auf:Der Lebensstandard in der DDR war noch in den Fünfzigern deutlich höher als in Westdeutschland.
Wie bitte? Mich würde ja schon überraschen wenn jemand behauptet, daß der Lebensstandard am Anfang noch halbwegs ähnlich gewesen sei. Aber DEUTLICH HÖHER?
Zitat von DiskusDas ist ja eine recht steile These, lieber Zettel.
Ja. Ich bin gespannt, ob sie sich halten läßt.
Zitat von DiskusSie hört sich erstmal logisch an. Kann man das auch historisch beweisen? Ich glaube nicht. Der Lebensstandard in der DDR war noch in den Fünfzigern deutlich höher als in Westdeutschland.
Ich vermute, daß er Anfang der fünfziger Jahre vergleichbar war und in deren Verlauf immer weiter zurückfiel.
Er war einigermaßen vergleichbar, als es uns noch allen schlecht ging.
Die Subventionierung der Grundnahrungsmittel, die damals einen großen Teil des Budgets eines normalen Haushalts ausmachten, wirkte sich in der DDR anfangs positiv aus. Meine These scheint mir das nicht zu widerlegen, ja überhaupt nicht zu tangieren. (Wie R.A. würde ich, lieber Diskus, gern Daten sehen, bevor ich glaube, daß der Lebensstandard in der DDR jemals höher war als in der Bundesrepublik. Lediglich Westberliner fuhren zeitweise in den Osten, um dort billig Brot, Milch und dergleichen einzukaufen).
Zitat von DiskusIch vermute eher, daß der Sozialismus nach Wohlstand strebt, aber sich mit seinen Konzepten zur Erlangung dieses Wohlstands mit schöner Regelmäßigkeit selbst ein Bein stellt.
Die Herrschende Klasse im Sozialismus wollte stets Wohlstand der Massen in dem Maß, in dem sie dieser vor einer Revolution bewahrte.
Wenn es kritisch wird, dann gibt es einen Konsumschub; das hat Chruschtschow so praktiziert, das hat nach dem 17. Juni 1953 Ulbricht so praktiziert. Honeckers Formel war die auf dem achten Parteitag der SED (1971) verkündete Einheit von Wirtschafts- und Sozialpolitik.
Aber für das Herrschaftssystem entscheidend ist, daß der Mangel immer erhalten bleibt. Nur das sichert die Macht derer, die gegebenenfalls nach ihrem Gutdünken solche Wohltaten verteilen können. Nur das hält die Menschen in haustierhafter Abhängigkeit. Sobald jemand wirtschaftlich "auf eigenen Füßen steht", ist er nicht mehr kontrollierbar.
Zitat von Diskus Nehmen wir China als Beispiel (was Sie gerade vermeiden wollten). Dort finden wir die völlig verquere Situation vor, daß ein leninistischer Einheitsstaat ein kapitalistisches Wirtschaftssystem adoptiert hat. Aber so verquer nun auch wieder nicht. Der Grund ist formal, daß man bei Lenin nicht genau genug nachgelesen habe, der gesagt hat, Sozialismus müsse auf eine kapitalistische Vorstufe bauen können. Exakt das, was Mao bezweifelt hat.
Auch Lenin hat das meines Wissens nicht behauptet. Im Gegenteil - er hat ja gerade entgegen Marx erklärt, der Sozialsmus könne auch in einem rückständigen Agrarland wie Rußland aufgebaut werden, unter Überspringen der Stufe des entwickelten Kapitalismus.
Das gehe, wenn man die Stufe der ursprünglichen Akkumulation unter Bedingungen der Dikatur des Proletariats sozusagen nachhole (das ist der Sinn der berühmten Formel "Sozialismus ist Sowjetmacht plus Elektrifizierung").
Zitat von DiskusJetzt soll (unter Leitung der KP zur Vermeidung späteren Blutvergießens) geplanter Kapitalismus den Wohlstand schaffen, damit (auch unter Leitung der KP) in nicht allzuferner Zukunft der neuerliche Übergang zum Sozialismus begangen werden kann.
Das hat ja seine Logik.
Nur war Marx der Meinung, daß zum Kapitalismus auch die bürgerliche Demokratie gehört (und nur zu ihm, weswegen Marx meines Wissens nie von einem demokratischen Sozialismus gesprochen hat). Denn der "Anarchie des Marktes" entspricht die Konkurrenz der Parteien; dem freien Produzenten entspricht der freie Bürger (dem "bourgeois" der "citoyen").
Ich glaube, daß er da gar nicht so falsch lag; wenn auch vielleicht andere Gründe heute wichtiger sind.
Der momentane Erfolg Chinas beruht darauf, daß es den technischen Vorsprung der kapitalistischen Länder mit Riesenschritten aufholt. Das heißt, es wird kopiert, was das Zeug hält.
Ernsthafte Innovationen hat es meines Wissens aus China bisher nicht gegeben. Dazu braucht man nämlich eine breite Grundlagenforschung; und dazu braucht man den freien Austausch von Ideen. Da ist das Ende jeder kommunistischer Dikatur.
Der Sowjetkommunismus ist deshalb meines Erachtens auch nicht daran gescheitert, daß Reagan ihn in einen Rüstungswettlauf getrieben hat. Das spielte zwar eine Rolle, war aber eher ein Symptom.
Zugrunde lag, daß die Kommunisten so lange halbwegs mitkamen, wie sie die Technologien aus den zwanziger, dreißiger Jahren weiterentwickeln konnten. Als sich in den siebziger Jahren eine neue technologische Revolution ankündigte (Computer, Automatisierung, später globale Kommunikation), war der Kommunismus dem einfach nicht mehr gewachsen.
Können Sie sich, lieber Diskus, vorstellen, daß im Sozialismus das Internet erfunden worden wäre, das Handy, der Massen-PC?
Zitat von Llarian... die DDR war in absoluten Zahlen nicht so arm, sie war nur arm im Vergleich zur BRD. Zweifelsfrei war die DDR von 1985 erheblich reicher als die DDR von 1955.
Das können vielleicht diejenigen hier, die die DDR noch kannten, besser beurteilen als ich.
Mein Eindruck jedenfalls war, als wir zu Ostern 1990 und dann längere Zeit im Sommer 1990 in der DDR waren, daß alles ungleich ärmlicher war, als ich es auch unter den pessimistischsten Annahmen für möglich gehalten hatte. Wir waren dann jedes Jahr in der Ex-DDR. Wie jämmerlich damals Städte wie Erfurt, Gotha, selbst das gehätschelte Weimar aussahen, wie gotterbärmlich die Dörfer der Mark Brandenburg - davon kann man sich heute ja gar keinen Begriff mehr machen.
Und der Lebensstandard war weit unter dem, was ich mir hatte vorstellen können. Unsere Verwandten hatten zum Beispiel eine Küche, auf die sie mächtig stolz waren; der reinste Luxus. Die war eigentlich für den Export gebaut worden und hätte von Neckermann verkauft werden sollen, aber sie konnten die durch Beziehungen irgendwie abzweigen. Als sie uns zu Weihnachten 1989 besucht hatten, waren wir gemeinsam einkaufen gegangen, und sie waren regelrecht geschockt von dem Warenangebot.
Wie gesagt, das ist mein subjektiver Eindruck. Vielleicht werden diejenigen, die die DDR am eigenen Leib erfahren haben, ihn korrigieren.
Zitat von LlarianKommunistisches/sozialistische Systeme sind zweifelsfrei ineffizient und langsam, aber auch sie bedienen sich der Technik und des Fortschrittes, mit dem wir alle immer reicher werden.
Diesen Automatismus sehe ich überhaupt nicht, lieber Llarian. Fortschritt vollzieht sich ja nicht von selbst, sondern er entsteht (so gut wie ausschließlich) aus der Konkurrenz.
Welches Interesse sollte ein sozialistisches System an einer Verbesserung des Wohlstands seiner Bürger haben, es sei denn (siehe meine Antwort an Diskus), um sich vor einer Revolution zu retten? Es genügt doch völlig, daß es der Nomenklatura gut geht.
Daß es in der Tat in der DDR eine, wenn auch langsame, Verbesserung des Lebensstandards im Lauf der Jahrzehnte gab, lag ausschließlich an der Konkurrenz des Westens. Man konnte den Leuten nicht das Westfernsehen verbieten; also wußten sie wenigstens ungefähr, wie man in der Bundesrepublik lebte.
Wie man die Menschen in einem völlig isolierten sozialistischen Land in äußerster Armut halten kann, das wird ja durch Nordkorea eindrucksvoll illustriert. Aber die Voraussetzung ist eben diese Abschottung.
Zitat von LlarianDas Wohlstand einen Automatismus zur Freiheit schafft klingt sehr gut (hat auch sehr viel für sich), aber vollständig überzeugt bin ich nicht. Wir sind heute so viel reicher als noch vor 30 oder 40 Jahren und dennoch habe ich den Eindruck, dass der Ruf nach Freiheit immer kleiner wird (zumindest in Deutschland).
So, wie niemand nach Luft ruft, solange er nicht nach ihr ringen muß. Wir Liberale reagieren sensibel auf jede Tendenz zur Einschränkung der Freiheit; aber man sollte nicht übersehen, daß wir, alles in allem, noch immer in einem der freisten Länder der Welt leben, und mit Sicherheit in der freisten Gesellschaft, die es jemals in Deutschland gegeben hat.
Inzwischen hat sich endlich auch eine großen Zeitung des Themas angenommen: Der Chefredakteur der "Welt", Thomas Schmid, hat ziemlich genau das geschrieben, was in ZR zu lesen gewesen war. Nur mit großer Verzögerung. Und offenbar nur in "Welt online"; jedenfalls habe ich keinen Hinweis darauf gefunden, daß dieser Kommentar auch in der gedruckten "Welt" erschienen wäre.
Es ist schon bezeichnend: Sobald Krawalle, sobald Niederschreien und Eingriffe in die Freiheit anderer nicht von den Nazis, sondern von den Kommunisten ausgehen, fühlen sich alle die "Linksliberalen", denen es angeblich so sehr um die Freiheit geht, nicht mehr aufgerufen, sich mahnend zu Wort zu melden.
Sie begründen damit den Verdacht, daß es ihnen überhaupt nicht um die Freiheit geht, sondern nur um das ungestörte Verbreiten ihrer eigenen Meinung.
Wie man die Menschen in einem völlig isolierten sozialistischen Land in äußerster Armut halten kann, das wird ja durch Nordkorea eindrucksvoll illustriert. Aber die Voraussetzung ist eben diese Abschottung.
Oder die weltweite Expansion, der Vollstaendigkeit halber erwaehnt.
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