Wirtschaftlicher Erfolg geht mit liberalen Freiheiten (und NICHT mit Demokratie) einher. Hat gerade eben eine Studie u.a der Naumann-Stiftung wieder belegt.
Der wirklich interessante Aspekt an der wirtschaftlichen Freiheit, wird leider meist übergangen: Sie korreliert sehr stark mit der Lebenszufriedenheit.
M.E. ist das kein Wunder, schießlich ist man unter freien Bedingungen eher in der Lage Kontrolle über sein Leben zu gewinnen, was nach Meinung der Psychologen wesendlich für die Zufriedenheit ist.
Nola
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17.09.2008 12:18
#4 RE: Marginalie: Der wirtschaftliche Niedergang des Iran
Zitat von DagnyWirtschaftlicher Erfolg geht mit liberalen Freiheiten (und NICHT mit Demokratie) einher. Hat gerade eben eine Studie u.a der Naumann-Stiftung wieder belegt.
In Antwort auf:Ziel der Studie ist es zu ermitteln, in welchem Maß die Bürger eines Landes die Freiheit haben, verschiedensten wirtschaftlichen Aktivitäten nachzugehen.
Bevor ein Bürger dieses Landes Eigeninitiative entwickeln kann, gute Ideen, Marktlücken in die Selbstständigkeit umsetzen kann, hat er schon 100.000 Fragenbogen, Hinweise, Richtlinien zu erfüllen und Ämter durchlaufen. Sollte die kleine Existensgründung dann doch erlaubt werden, ist es oberste Pflicht und ganz wichtig - statistische Angaben an den Bund, an das Land, an die IHK, und was es sonst noch so alles gibt, zu machen. Damit ist zumindest schon wieder ein Arbeitsplatz gesichert.
Endschuldigung Zettel, jetzt wird Ihr Thread grade mißbraucht.
Zitat von DagnyWirtschaftlicher Erfolg geht mit liberalen Freiheiten (und NICHT mit Demokratie) einher.
Die Frage, liebe Dagny, ist allerdings, wie lange liberale Freiheiten ohne Demokratie existieren können.
Ich sehe da zwei Aspekte:
Erstens ist die Freiheit nur dann gesichert, wenn die Herrschenden fürchten müssen, abgewählt zu werden. Und das ist nur in der Demokratie der Fall.
Zweitens interagieren wirtschaftliche, politische, kulturelle und vor allem auch wissenschaftliche Freiheiten. Ohne die anderen ist auch die wirtschaftliche Freiheit nicht viel wert. Und diese anderen Freiheiten sind eben nur in der Demokratie zu haben.
Über eine gewisse Zeitspanne funktioniert das chilenische Modell wirtschaftlicher Freiheit unter einer autoritären Herrschaft, das jetzt Rußland und China imitieren. Langfristig wird es - das halte ich jedenfalls für wahrscheinlich - scheitern.
Entweder kommt zur wirtschaftlichen Freiheit die Demokratie hinzu. Oder auch die wirtschaftliche Freiheit geht verloren.
Zitat von DagnyWirtschaftlicher Erfolg geht mit liberalen Freiheiten (und NICHT mit Demokratie) einher.
Die Frage, liebe Dagny, ist allerdings, wie lange liberale Freiheiten ohne Demokratie existieren können.
Entweder kommt zur wirtschaftlichen Freiheit die Demokratie hinzu. Oder auch die wirtschaftliche Freiheit geht verloren.
Singapur istwirtschaftlich sehr erfolgreich, aber keine Demokratie. Lichtenstein auch. In einer Demokratie besteht immer der Hang zum Sozialismus, zur Umverteilung, zu Wahlgeschenken auf Kosten der Minderheit.
Singapur hat einigermaßen Glück mit seiner Monarchie. Strukturell hat es aber das gleiche Problem wie alle Diktaturen: Wenn die Regierung beschließen sollte, sämtliche Unternehmer zu enteignen und das Geld abzuschaffen, könnte niemand (auf legale und gewaltfreie Weise) etwas dagegen tun. Liechtenstein (sic!) ist eine verfasste repräsentative Demokratie mit starken plebiszitären Elementen. Der Vetomacht des Fürsten steht das Drohpotential einer verfassungsgemäßen Abschaffung der Monarchie per Volksentscheid gegenüber.
Klug und fleißig - Illusion Dumm und faul - das eher schon Klug und faul - der meisten Laster Dumm und fleißig - ein Desaster The Outside of the Asylum
Zitat von WikipediaSingapore is a parliamentary democracy with a Westminster system of unicameral parliamentary government representing different constituencies. The bulk of the executive powers rests with the Cabinet, headed by the Prime Minister, currently Lee Hsien Loong. (...)
The office of President of Singapore, historically a ceremonial one, was granted some veto powers as of 1991 for a few key decisions such as the use of the national reserves and the appointment of judiciary positions. (...)
Parliamentary elections in Singapore are plurality-based for group representation constituencies since the Parliamentary Elections Act was modified in 1991.
The Members of Parliament (MPs) consist of either elected, non-constituency or nominated Members. The majority of the Members of Parliament are elected into Parliament at a General Election on a first-past-the-post basis and represent either Single Member or Group Representation Constituencies (GRCs). (...)
Many analysts consider Singapore to be an illiberal or procedural democracy rather than a true democracy. The Economist Intelligence Unit describes Singapore as a "hybrid regime" of democratic and authoritarian elements. Freedom House ranks the country as "partly free". Though general elections are free from irregularities and vote rigging, the PAP has been criticized for manipulating the political system through its use of censorship, gerrymandering, and civil libel suits against opposition politicians (...)
Although Singapore's laws are inherited from British and British Indian laws, including many elements of English common law, the PAP has also consistently rejected liberal democratic values, which it typifies as Western and states there should not be a 'one-size-fits-all' solution to a democracy. There are no jury trials. Laws restricting the freedom of speech are justified by claims that they are intended to prohibit speech that may breed ill will or cause disharmony within Singapore's multiracial, multi-religious society.
Also, liebe Dagny und lieber Califax, eine Republik und eine "gelenkte Demokratie", wie sie in Übergangsgesellschaften weit verbreitet ist. In der arabischen Welt zB in diversen Golfstaaten, in Jordanien, Tunesien und Marokko.
Keine Demokratie, wie wir sie uns wünschen. Aber demokratischer als die meisten Staaten der Welt.
Singapur, eine wirtschaftliche erfolgreiche, 'gelenkte demokratie' koennte uebrigens das vorbild fuer china sein. der asiatische raum wird sich wohl nie zu einer westlichen demokratie entwickeln, dazu ist die kulturell-philosophische grundlage zu unterschiedlich. (ich liefere den diese aussage stuetzenden Buchtipp heute abend nach, wenn ich wieder an meinem Buecherregal stehe)
Pentas
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17.09.2008 14:57
#10 RE: Marginalie: Der wirtschaftliche Niedergang des Iran
In Antwort auf:Entweder kommt zur wirtschaftlichen Freiheit die Demokratie hinzu. Oder auch die wirtschaftliche Freiheit geht verloren.
Nach allem was ich so von der Welt gehört habe, bezweifle ich, dass Demokatie der wirtschaftlichen Freiheit sonderlich förderlich ist, auch wenn andersherum der Zusammenhang durchaus besteht. Das einzige was hilft die wirtschaftliche Freiheit zu bewahren, ist die Abwanderungsdrohung, nicht die Drohung an der Wahlurne, die bisher immer die Umverteiler starkt gemacht hat.
Zitat von MichelNach allem was ich so von der Welt gehört habe, bezweifle ich, dass Demokatie der wirtschaftlichen Freiheit sonderlich förderlich ist, auch wenn andersherum der Zusammenhang durchaus besteht.
Diese Frage wird ja in letzter Zeit heftig diskutiert: Kann auf Dauer der Kapitalismus gedeihen, ohne daß es zugleich politische, kulturelle, wissenschaftliche Freiheit gibt?
Vordergründig scheint die Antwort "ja" zu lauten. Chile, Rußland, Singapur, China scheinen es ja zu beweisen.
Und früher Südkorea unter Syngman Ree, Taiwan unter Tschiang Kai Tschek, die Philippinen unter Marcos.
Aber das sind eigentlich, lieber Michel, eher Gegenbeispiele. Denn in diesen drei Ländern war das autoritäre Regime nur eine Zwischenstation. Wie in Chile folgte darauf eine ganz ordentliche Demokratie.
Ich habe das immer mal wieder geschrieben: Solange eine Wirtschaft sich in der Phase des Aufholens befindet, braucht die wirtschaftliche Freiheit keine Demokratie. Denn man braucht keine Innovationen.
Wenn sie erst einmal aus dieser Phase heraus ist, dann werden Forschung und Entwicklung, Kreativität und damit freie Kommunikation immer wichtiger. Das geht nicht ohne Demokratie.
Herzlich, Zettel
Pentas
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17.09.2008 17:34
#13 RE: Marginalie: Der wirtschaftliche Niedergang des Iran
Zitat von PentasKann eine Wissenschaft, die hochgradig von öffentlichen Fördertöpfen abhänging ist, wirklich frei sein?
Ja, kann sie, lieber Pentas. Und in diesem Punkt ist Deutschland sogar mustergültig.
Die deutsche Drittmittelforschung wird überwiegend von der DFG finanziert. Deren Mittel kommen fast ausschließlich aus Steuern: Im vergangenen Jahr rund eine Milliarde Euro vom Bund, rund 600 Mio Euro von den Ländern. Der Rest sind Kleckerbeträge von privaten Spendern, der EU usw.; zusammen noch nicht einmal 8 Mio Euro.
Aber die DFG ist ein eingetragener Verein, also privat.
Ich kenne, lieber Pentas, ihre Struktur ziemlich gut, weil ich Jahrzehnte in verschiedenen Funktionen mit der DFG zu tun hatte. Mitglieder der DFG sind deutsche Hochschulen, Akademien, wissenschaftliche Verbände usw. Sie wählen den Vorstand. Die anderen Gremien können Sie hier sehen.
Wichtig ist das Verfahren bei der Vergabe von Forschungsgeldern: Die betreffenden Wissenschaftler reichen einen Antrag ein. Dieser wird von den zuständigen Fachgutachern begutachtet, wobei sie weitere Gutachter, die in der Fachwelt angesehen sind, hinzuziehen.
Und diese Fachgutachter werden von der Gesamtheit der in diesem Bereich Forschenden gewählt. Wahlberechtigt ist, wer mindestens - ich glaube - drei Jahre promoviert ist und an einer Uni oder Forschungseinrichtung in dem betreffenden Bereich forscht.
Die Fachgutachter geben eine Empfehlung ab, die in aller Regel vom Hauptausschuß, der über die Vergabe der Mittel entscheidet, auch befolgt wird. Der Hauptausschuß ist ein Ausschuß des Senats, der aus 42 Wissenschaftlern besteht, alle von den Mitgliedern gewählt.
In ihm sitzen neben Vertretern der Wissenschaft auch Vertreter des Bundes und der Länder; diese sind insofern an der Weichenstellung für die Forschung beteiligt (zum Beispiel bei der Einrichtung von Sonderforschungsbereichen, von Schwerpunktprogrammen und Graduiertenkollegs).
Ich habe es aber, lieber Pentas, in Jahrzehnten als Antragsteller und als Gutachter kein einziges Mal erlebt, daß der Hauptausschuß gegen das Votum der Fachgutachter entschieden hätte. Mag sein, daß das vorkommt, aber ich habe es nicht erlebt.
Es handelt sich also wirklich um eine wissenschaftliche Selbstverwaltung: Wohin die Forschungsgelder fließen, entscheiden die Wissenschaftler selbst; jedenfalls ganz überwiegend.
Der Staat entscheidet nicht, wer forschen darf und worüber. Das tut auf der Marko-Ebene (Einrichtung von Schwerpunktprogrammen, SFBs, Graduiertenkollegs usw.) der Senat, der aus in ihn gewählten Wissenschaftlern besteht, und auf der Mikro-Ebene (Wessen Antrag wird akzeptiert, wieviel Geld bekommt er?) von den Fachgutachtern, die von allen Wissenschaftlern gewählt wurden, die in den betreffenden Bereich arbeiten.
Zitat von Dagnyder asiatische raum wird sich wohl nie zu einer westlichen demokratie entwickeln, dazu ist die kulturell-philosophische grundlage zu unterschiedlich.
Das, liebe Dagny, ist eine spannende Frage; so wie die, ob Kapitalismus ohne politische Freiheit auf Dauer funktionieren kann.
Es ist die Frage, ob der demokratische Rechtsstaat nur eine Errungenschaft unserer westlichen Kultur ist, oder eine Errungenschaft der Menschheit.
Wie man das beantwortet, hängt natürlich ziemlich stark davon ab, ob man die Geschichte à la Spengler und Toynbee als eine Abfolge von Kulturen sieht, oder eher als einen zwar holprigen, aber doch ziemlich regelmäßigen zivilisatorischen Fortschritt.
Mich beschäftigt das schon ziemlich lange, und mir scheint immer mehr, daß das kein Gegensatz ist. So, wie sich in der biologischen Evolution parallel die unterschiedlichsten Arten entwickeln und doch zugleich auch die Evolution als Ganzes von den Protozoen zum Menschen fortgeschritten ist, so gibt es eben sowohl die Verschiedenheit der Kulturen als auch deren gemeinsamen Fortschritt.
Dieser geht in den Wissenschaften dahin, daß wir immer mehr wissen; in der Technik, daß wir immer mehr können.
Und er geht, so scheint mir, in der Gesellschaft dahin, daß es immer humaner zugeht. Zu einem humanen Leben gehört Freiheit, gehört Rechtsstaatlichkeit über die Sicherung der Grundbedürfnisse hinaus. Alle Kulturen gehen in ihrer momentanen Entwicklung in diese Richtung. Auch wenn es Dummköpfe und Fanatiker gibt, die das zu verhindern versuchen.
Sie sehen, liebe Dagny, ich bin ein alter Aufklärer.
zum Thema Marktwirtschaft und liberale Demokratie in China und ganz generell habe ich hier etwas geschrieben: http://thrrp.wordpress.com/2008/09/01/is...t-dictatorship/ Der verlinkte Vortrag ist sehr hilfreich, auch zum Fall Singapur. China und Singapur weichen weniger stark vom typischen Verlauf ab als gemeinhin angenommen wird.
Ich stimme Ihnen vollkommen zu, lieber Michael Holmes. China ist heute nicht repressiv, weil, sondern obwohl es inzwischen auf dem Weg in den Kapitalismus zu sein scheint.
Herzlich, Zettel
PS: Willkommen im "kleinen Zimmer"! Ich freue mich, daß unsere American Colony stetig wächst.
Ian Burma schreibt in seinem Buch 'Bad Elements' Über Chinese Rebels from Los Angeles to Beijing und erläutert dabei, warum er Singapur für das Modell hält, auf das China zusteuert. 'Menschenrechte' und der ganze 'westliche' Kram wird demnach aus chinsich-konfuzianischer Tradition abgelehnt. Auch von Regimekritikern.
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