Ein schönes Interview, das gestern Wolfang Clement bei Beckmann abgeliefert hat. Ich hätte manches andere Zitat herausgreifen können - zum Beispiel die Bemerkung, daß die SPD sich mit ihrem jetzigen Linkskurs auf zwanzig Prozent zubewegt -, aber dieses schien mir besonders wert, festgehalten zu werden.
Clement hat eine Meinung zur Energiepolitik. Sie mag falsch sein, aber es ist doch jedenfalls die Meinung eines Mannes, der sich seit Jahrzehnten intensiv mit Energiepolitik befaßt hat und der seine Meinung auf Kenntnisse und Bewertungen gründet.
Zu insinuieren, er äußere sich nur, weil er "Lobbyist" von RWE sei, zeigt einen Verfall politischer Kultur.
trotz meiner grundsätzlichen Beckmann-Abneigung bin ich Montag tatsächlich auch bei dieser Sendung hängengeblieben und fand sie äusserst sehenswert. Das von Ihnen gewählte Zitat muss ich dabei leider verpasst haben - aber es gab darüber hinaus auch genügend interessante Momente. Ebenso interessant ist, wie das Gespräch bei SpOn dargestellt wird, ich zitiere mal:
Es gibt Parallelen zum Auftritt der vier hessischen SPD-Abweichler, die sich vor einigen Wochen am gleichen Tisch über die unbarmherzige Partei ausgeweint hatten. Erste Regel der Legendenbildung im Fernsehen: Sich als Märtyrer einer gerechten Sache inszenieren.
oder
Dass Trotz eine nicht unwesentliche Rolle bei Clements Austritt gespielt hat, macht bei 'Beckmann' ein kurzer Dialog mit der Journalistin Wibke Bruhns deutlich. Die frühere ZDF-Moderatorin versucht, Clement bei der Berufsehre zu packen. Er sei doch Profi, sagt sie, da habe er sich doch nicht ernsthaft wundern können, dass sein Zeitungskommentar Konsequenzen nach sich ziehen würde? 'Dann hat es eben Konsequenzen', schmollt Clement.
Diese ganzen Bewertungen, "schmollen", "inszenieren", "Trotzigkeit", et al, decken sich nun überhaupt nicht mit meinem Eindruck, den ich von Clement hatte. Auch hier gilt wohl wieder: Agitprop.
Zitat von Stitch JonesEbenso interessant ist, wie das Gespräch bei SpOn dargestellt wird, ich zitiere mal:
Es gibt Parallelen zum Auftritt der vier hessischen SPD-Abweichler, die sich vor einigen Wochen am gleichen Tisch über die unbarmherzige Partei ausgeweint hatten. Erste Regel der Legendenbildung im Fernsehen: Sich als Märtyrer einer gerechten Sache inszenieren.
oder
Dass Trotz eine nicht unwesentliche Rolle bei Clements Austritt gespielt hat, macht bei 'Beckmann' ein kurzer Dialog mit der Journalistin Wibke Bruhns deutlich. Die frühere ZDF-Moderatorin versucht, Clement bei der Berufsehre zu packen. Er sei doch Profi, sagt sie, da habe er sich doch nicht ernsthaft wundern können, dass sein Zeitungskommentar Konsequenzen nach sich ziehen würde? 'Dann hat es eben Konsequenzen', schmollt Clement.
Diese ganzen Bewertungen, "schmollen", "inszenieren", "Trotzigkeit", et al, decken sich nun überhaupt nicht mit meinem Eindruck, den ich von Clement hatte. Auch hier gilt wohl wieder: Agitprop.
So sehe ich das auch, lieber Stitch Jones.
Clement hat aus meiner Sicht etwas Selbstverständliches deutlich gemacht: Er ist kein Berufspolitiker, sondern Journalist (der es immerhin bis zum Chefredakteur einer damals großen Tageszeitung gebracht hat). Wo kämen wir hin, wenn ein Journalist, der außerdem Mitglied einer Partei ist, nicht mehr frei seine Meinung schreiben dürfte, bei Strafe des Hinauswurfs aus der Partei?
Ich kann mich an keinen Fall erinnern, wo das von irgendeiner Partei so gehandhabt worden wäre. Rudolf Augstein, nicht nur Mitglied der FDP, sondern sogar zeitweilig für diese im Bundestag, konnte die finstersten Dinge über diese Partei schreiben, ihr "Totenglöcklein" läuten - niemand wäre auf den Gedanken gekommen, ihn deshalb aus der FDP zu werfen.
Ein anderes Beispiel ist Gerd Bucerius, Mitglied der CDU, auch für diese im Bundestag, der sich jederzeit so kritisch über seine Partei geäußert hat, wie er es für richtig hielt.
Was "Spiegel-Online" angeht, ist wohl Hopfen und Malz verloren. Das Schlimme ist, daß diese Art der Vermischung von Meldung und Meinung, die die taz in Deutschland heimisch gemacht hat, mit diesem Leitmedium zum allgemeinen Stil zu werden droht. Auch die Lokalblätter fangen ja schon an, in die Aufmacher gleich ihre Meinung zu setzen. Die "Kommentar"-Spalten könnte man allmählich in der deutschen Presse abschaffen; es ist ja zunehmend alles Kommentar.
Es ist schon dreist, daß eine Mitgliedschaft in einem Aufsichtsrat als Lobbyismus gilt (natürlich nur, wenn es politisch in den Kram paßt). Schließlich sind Aufsichtsräte dazu da, das Unternehmen zu kontrollieren - und sie dürfen genau deswegen keine Vorteile von diesem Unternehmen annehmen.
Es wäre einem Clement z. B. nicht möglich, von RWE Geld für Vorträge zu bekommen, wie das bei einem typischen Lobbyisten wie Scheer in Solarfragen ganz normal ist.
es ist natürlich agitatorisch vorgetragen, aber im Kern ist die Sache nicht falsch. Clement sitzt in diesem Aufsichtsrat. Und hat damit den Auftrag die Interessen von RWE zu vertreten. Ich finde diese gegensätzliche Betrachtung (eine typisch gewerkschaftliche) von Aufsichtsräten und Vorständen in sich sachlich falsch. Denn auch als Arbeitnehmer einer Firma, der durch einen "mitbestimmten" Aufsichtsrat repräsentiert wird, erwarte ich, dass dieser auch meine Interessen wahrnimmt. Wenn Clement also vom Arbeitgeber gewählt wird, super, vertritt er RWE und die Aktionäre. Wird er dagegen von Arbeitnehmern gewählt, super, dann vertritt er RWE und die Belegschaft. Aber jedes mal RWE. Ich erwarte vom Vorstand wie auch vom Aufsichtsrat eines Unternehmens, dass sie die Interessen dieses Unternehmens auch wahrnehmen. Das macht das, was er gesagt hat, nicht falsch. Aber es ist in der Tat ein sachlicher Unterschied ob er im Aufsichtsrat von RWE sitzt und sich zur Energiepolitik äussert oder ob er im Aufsichtsrat von Müllermilch sitzt und selbige Äusserung tätigt.
Zitat von Llarianes ist natürlich agitatorisch vorgetragen, aber im Kern ist die Sache nicht falsch. Clement sitzt in diesem Aufsichtsrat. Und hat damit den Auftrag die Interessen von RWE zu vertreten.
Öhm, nein.
Zitat von WikipediaAufgabe des Aufsichtsrats ist es, die Geschäftsführung – also den Vorstand – zu überwachen (§ 111 AktG). Hierzu kann der Aufsichtsrat Geschäftsführungsmaßnahmen von seiner Zustimmung abhängig machen (§ 111 Abs. 4 Satz 2 AktG). Daneben hat er Prüfungspflichten (insbesondere des Konzern- und Jahresabschlusses der Gesellschaft, § 111 Abs. 2 Satz 3 AktG) sowie Berichtspflichten.
Der Aufsichtsrat vertritt die Gesellschaft gegenüber dem Vorstand (§ 112 AktG). Er ernennt Vorstände und beruft diese ab. Er bestellt die Vorstandsmitglieder auf höchstens 5 Jahre, eine wiederholte Bestellung der Vorstandsmitglieder ist zulässig (§ 84 Abs. 1 Satz 1, 2 AktG). Der Aufsichtsrat kann die Bestellung aus einem wichtigen Grund widerrufen (§ 84 Abs. 3 Satz 1 AktG).
Das ist Haarspalterei. Der Aufsichtsrat wird von den Aktionären wie auch von den Arbeitern bestimmt. Und damit nimmt er deren Interessen wahr. Ob man das jetzt nach aussen oder innen definiert ist eine Frage der Haardicke, die man spalten möchte. Ein Aufsichtsrat, der nicht die Interessen der Firma als ganzes wahrnimmt, gehört nicht auf diesen Posten.
Und es sei noch am Rande erwähnt, dass die Frage ob etwas in der Wikipedia steht oder nicht, nicht gerade als ein Beleg für etwas gewertet werden sollte.
Zitat von LlarianDas ist Haarspalterei. Der Aufsichtsrat wird von den Aktionären wie auch von den Arbeitern bestimmt. Und damit nimmt er deren Interessen wahr. Ob man das jetzt nach aussen oder innen definiert ist eine Frage der Haardicke, die man spalten möchte. Ein Aufsichtsrat, der nicht die Interessen der Firma als ganzes wahrnimmt, gehört nicht auf diesen Posten.
Die Interessen der Anteilseigner und der Mitarbeiter gegenüber dem Management zu vertreten und das Management zu beaufsichtigen ist in meinen Augen etwas anderes als die Interessen des Unternehmens nach außen zu vertreten, z.B. durch Lobbyismus.
Zitat von LlarianUnd es sei noch am Rande erwähnt, dass die Frage ob etwas in der Wikipedia steht oder nicht, nicht gerade als ein Beleg für etwas gewertet werden sollte.
Recht haben Sie.
Andererseits haben wir für Ihre Aussage, der Aufsichtsrat vetrete qua Aufsichtsrat die Interessen der Firma nach außen, auch nur Ihre Aussage. Und, mit Verlaub gesagt, die deckt sich weder mit §§95-116 AktG noch mit meiner Wahrnehmung der Tätigkeit deutscher Aufsichtsräte. Kann natürlich sein, dass ich mich irre, ich habe hier schon viel dazugelernt Aber vielleicht können Sie ja ein paar Belege nennen?
-- La muerte de Dios es opinión interesante, pero que no afecta a Dios. - Nicolás Gómez Dávila
In Antwort auf:Die Interessen der Anteilseigner und der Mitarbeiter gegenüber dem Management zu vertreten und das Management zu beaufsichtigen ist in meinen Augen etwas anderes als die Interessen des Unternehmens nach außen zu vertreten, z.B. durch Lobbyismus.
Thats the point, in ihren Augen. Die Unterscheidung von innen und aussen stammt rein von Ihnen und ist im Endeffekt das, woran es stolpert. Und die Unterscheidung ist künstlich. Wenn ich jemanden wähle, dann erwarte ich das Vertreten meiner Interessen und das nicht nach einer künstlichen Unterscheidung nach innen und aussen.
In Antwort auf: Andererseits haben wir für Ihre Aussage, der Aufsichtsrat vetrete qua Aufsichtsrat die Interessen der Firma nach außen, auch nur Ihre Aussage.
Erst führen Sie eine Unterscheidung ein und dann werfen Sie einem vor, genau mit dieser argumentiert zu haben. Habe ich aber nie. Denn die Unterscheidung macht keinen Sinn. Ich bin jetzt zu faul im Gesetz nachzuschlagen, aber ich würde vermuten, dass nirgendwo steht ein Aufsichtsrat dürfe seinem Unternehmen nicht schaden. Und trotzdem würde man es, ohne dass es in Gesetz oder Wikipedia steht, von diesem erwarten, oder ? Und ich muss es vermutlich nicht einmal belegen.
Zitat von LlarianAber es ist in der Tat ein sachlicher Unterschied ob er im Aufsichtsrat von RWE sitzt und sich zur Energiepolitik äussert oder ob er im Aufsichtsrat von Müllermilch sitzt und selbige Äusserung tätigt.
Was mich an der Berichterstattung, milde gesagt, geärgert hat, ist die implizite Unterstellung, daß er seine Äußerung zur Energiepolitik getan hat, weil er in diesem Aufsichtsrat sitzt.
Für einen solchen Zusammenhang gibt es eben keinen Beleg, noch nicht mal ein Indiz. Das, was Clement jetzt sagt, hat er immer gesagt. Er hat sich mit Bärbel Höhn genauso gefetzt, wie er jetzt Ypsilanti kritisiert. Er ist immer der Meinung gewesen, daß das Setzen auf "alternative Energie" als Ersatz für die klassischen Energien abenteuerlich ist.
Der einzige Punkt, in dem er seine Meinung geändert hat, ist die Haltung zu AKWs, die er heute befürwortet. Dazu hat er bei Beckmann eine Erklärung gegeben, die man glauben kann oder auch nicht: Er sei für den Ausstieg gewesen, als es noch Chancen gegeben hätte, daß es Deutschland ein weltweites Signal für den Ausstieg setzt. Inzwischen sei klar, daß es einen solchen weltweiten Ausstieg nicht geben werde.
Herzlich, Zettel PS: Ich habe mich gefreut, lieber Llarian, wieder einmal etwas von Ihnen zu lesen.
In Antwort auf:Die Interessen der Anteilseigner und der Mitarbeiter gegenüber dem Management zu vertreten und das Management zu beaufsichtigen ist in meinen Augen etwas anderes als die Interessen des Unternehmens nach außen zu vertreten, z.B. durch Lobbyismus.
Thats the point, in ihren Augen. Die Unterscheidung von innen und aussen stammt rein von Ihnen und ist im Endeffekt das, woran es stolpert. Und die Unterscheidung ist künstlich. Wenn ich jemanden wähle, dann erwarte ich das Vertreten meiner Interessen und das nicht nach einer künstlichen Unterscheidung nach innen und aussen.
Ich muss zugeben, dass ich Ihnen nicht ganz folgen kann. Der Aufsichtsrat wird nach AktG für eine bestimmte Aufgabe bestimmt, nämlich die Beaufsichtigung des Vorstandes und des übrigen Managements. Wenn ich einen Friseur beschäftige, dann erwarte ich auch nur einen Haarschnitt von ihm und keine Investmentempfehlung, auch wenn die Trennung zwischen Haarschnitt und Anlage eine "künstliche" sein mag.
Aber ich glaube, diese Diskussion führt in der Tat zu nichts. Nichts für ungut!
-- La muerte de Dios es opinión interesante, pero que no afecta a Dios. - Nicolás Gómez Dávila
Ich finde es erstaunlich, dass Sie dem nicht folgen, denn es ist doch eigentlich ganz klar: Wenn Sie jemanden einstellen, wählen oder mit sonst was beauftragen, erwarten Sie es etwas von dem. Ein Teil davon ist vertraglich fixiert, ein Teil eben auch nicht. In meinem Arbeitsvertrag steht zum Beispiel nicht, dass ich nicht öffentlich gegen die Firma wettern darf. Und dennoch hätte ich meinen Job nicht lang, wenn ich das täte. Mein Arbeitsverhältnis wäre nach ihrer Sichtweise "intern" definiert, ich vertrete die Firma nicht nach aussen. Es wird aber trotzdem erwartet, dass ich dem Produkt positiv gegenüberstehe und das auch sage. Und das kann man auch erwarten. Ich würde Ihnen auch nicht emfehlen gegenteiliges bei ihrem Arbeitgeber auszutesten, nur weil es nicht in ihrem Vertrag steht.
Das Beispiel mit dem Friseur hinkt insofern, das sich ein Dienstleistungsvertrag nun doch erheblich von einem gewählten Amt oder einem Beschäftigungsverhältnis unterscheidet. Aber selbst von einem Friseur wird man eine Menge Verhaltensweisen erwarten, ohne dass die im Vertrag oder bei Wikipedia stehen.
darf ich mal einen Kompromißvorschlag machen? (Klar darf ich )
Nach meinem Verständnis geht es in der Tat nicht an, daß sich ein Mitglied eines Aufsichtsrats gegen das betreffende Unternehmen stellt, also im durch öffentliche Äußerungen oder sonstwie schadet.
Aber das heißt nicht, daß er als Lobbyist dieses Unternehmens auftreten sollte oder gar müßte. Lobbyisen sind bezahlte Vertreter einer Firma, die deren Interessen im politischen Bereich befördern. Ein Aufsichtsratsmitglied hat diese Aufgabe nicht.
Ich vermute übrigens, daß die gedankliche Verbindung zwischen einem Aufsichtsratsposten und Lobby jungen Datums ist und auf Gerhard Schröder zurückgeht.
Der wurde in den Aufsichtsrat des Konsortiums berufen, das die Ostsee-Pipeline bauen soll. Bei ihm lag in der Tat der Verdacht nahe, daß er den Job, für den er ja in keiner Weise qualifiziert ist, nur deshalb bekommen hat, weil er als Türöffner für das Konsortium, für Gazprom und letztlich für Rußland eingesetzt werden sollte.
wenden wir es doch gleich auf das zugrundeliegende Beispiel an. Wolfgang Clement arbeitet für RWE. Im Aufsichtsrat aber für RWE, sei es für die Aktionäre oder für die Angestellten. Und jetzt kommt jemand wie YPS aus der selben Partei und verkündet riesengroßen Unfug, der absolut dem Interesse von RWE widerspricht. Und Clement wird danach gefragt. Wenn er das ungefragt tut, dann sei es mal dahingestellt, ob er sich äussern muss. Aber nehmen wir an, er wird gefragt. Wenn er jetzt mit YPS übereinstimmt, dann frage ich mich als RWE Mensch (egal ob als Aktionär oder als Angestellter), ob der mich ernsthaft vertritt. Ich finde auch, die Frage kann und darf ich stellen. Wie kann jemand für mich arbeiten, der mein Produkt für schlecht oder schädlich hält ?
Ich will Wolfgang Clement dabei seine Meinungsfreiheit nicht beschränken, er könnte ja das Produkt für schlecht oder schädlich halten, NUR: Dann soll er nicht für mich arbeiten. Wenn er für mich arbeitet, dann sollte er das nicht tun.
Bei der Frage muss ich ein bischen lächeln, weil ich mich an eine kleine Geschichte vor ein paar Jahren erinnere. War ein Spiegel Interview, ich meine mit Angela Marquardt (kann auch eine andere SED Politikerin gewesen sein, ich meine aber es war sie), die sich bitterböse darüber beschwerte, dass sie nach ihrem Ausscheiden aus dem Bundestag keinen Job in der Industrie bekam. Da hab ich mir gedacht: Was erwartet die ? Jahrelang gegen das böse und fiese Kapital wettern und sich dann wundern, dass das sie anschliessend nicht haben will ? Es gibt eine freie Meinungsäusserung, aber es gibt eben auch die Freiheit jemanden nicht einzustellen, dessen Einstellung zur Firma einem nicht gefällt. Und mal ehrlich: Wolfgang Clement kann man sich als Aufsichtsrat bei RWE vorstellen, aber würde man auch einen Jürgen Trittin oder eine Andrea Ypsilanti dort hinwählen ? Egal wie sehr die sich berufen fühlen, intern alles so zu machen, wie es im Gesetz steht ?
Um nochmal Ihren ursprünglichen Artikel zu zitieren
In Antwort auf: Keine Falschinformation, natürlich. Aber dadurch, daß Clements Tätigkeit in diesem Aufsichtsrat unweigerlich mit erwähnt wurde, wenn von seiner kritischen Äußerung zu Ypsilanti die Rede war, wurde beim Hörer und Leser der Eindruck erzeugt, es gebe einen Zusammenhang.
In Antwort auf: Es gibt nicht den Schatten eines Beweises, es gibt noch nicht einmal ein winziges Indiz dafür, daß Clements Stellungnahme zu der von Frau Ypsilanti vertretenen Energiepolitik irgend etwas mit seiner Tätigkeit im Aufsichtsrat von "RWE Power" zu tun gehabt hatte.
Ihn als "Lobbyist" zu bezeichnen ist zweifelsohne völlig verfehlt. Aber ist der Hinweis auf seine Verbindungen zu RWE deshalb nicht nur überflüssig sondern gar Verleumdung? Wann hat der berufliche Hintergrund einer Person ausreichend Bedeutung für ihre Äußerungen, sodass es für einen Radiohörer wichtig sein könnte, um eine solche Äußerung in ihrer Priorität einordnen zu können? Das heißt ja nicht, dass Wolfgang Clement unterstellt wird, dass er nach diesen Äußerungen RWE eine Rechnung über "Kohlefreundliche Äußerung in der Presse" geschrieben hat. Es ist doch so: die "Öffentlichkeit" ist ein riesiger Marktplatz voller Leute die ständig den Teufel an die Wand malen, ständig über- und untertreiben. Die Bürgerrechtler sehen bei jedem Sicherheitsgesetz Big Brother vor der Tür, die Konservativen warnen ständig vor dem Untergang des Abendlandes, in den Pressemeldungen der Gewerkschaften sind die Tarifabschlüsse stets zu niedrig, für die Arbeitgeber ständig zu hoch. Wie soll man da als normaler Mensch noch wissen, wie solche Äußerungen jetzt zu gewichten sind? Sagt Clement das, weil er in der Energiebranche tätig ist und sich deshalb auskennt? Sagt Clement das, weil er eine persönliche Abneigung gegen Ypsilanti hat? Sagt Clement das, weil er sich als Teil der Kohleindustrie fühlt und deshalb nicht zusehen will wie diese schlechtgeredet wird? Tut mir die Nachrichtenagentur jetzt einen Gefallen, indem sie mir die Information über Clements Tätigkeit im Aufsichtsrat gibt oder hätte sie zu einer unvoreingenommeneren Aufnahme beigetragen, wenn sie diese Information weggelassen hätte? Also ich finde diese Frage nicht leicht zu beantworten. Mag sein dass jemand, der Clement persönlich kennt oder seit Jahrzehnten beobachtet, zu dem Schluss kommt dass es völlig absurd ist, da einen Zusammenhang zu sehen. Oberflächlich betrachtet - und ein anderer Blickwinkel ist uns Normalmenschen, die wir nicht über Expertenwissen über jeden Politiker verfügen, garnicht zugänglich - besteht eine inhaltliche Überschneidung zwischen Tätigkeit in der Kohleindustrie als Aufsichtsratmitglied und Äußerungen Über Kohleindustrie. Das ist für mich schon ein Argument, auf diese Tätigkeit hinzuweisen. Natürlich kann man dafür keine, wie Sie es implizit in Ihrem Artikel fordern, Beweise liefern - insbesondere nicht in einer kurzen Nachrichtenmeldung. Ob es immer besser ist, wenn man eine Sache nicht vollständig abhandeln kann, sie garnicht erst zu erwähnen?
Und um nochmal auf die Unabhängigkeit und ihrem Beweis zurückzukommen: Selbst wenn Clement seine Äußerung nach bestem Wissen und Gewissen gemacht hat, also in dem maximal von einem Menschen erwartbaren Maß an Unabhängigkeit, kann es relevant sein seine Tätigkeit zu kennen. Niemand ist ein objektiver Betrachter und das Berufsleben ist sicher für viele Menschen prägend für ihre Sicht der Dinge. Wenn ich von morgens bis abends Probleme aus der Perspektive der Kohleindustrie sehe, dann bin ich mir sicher dass zumindest ich persönlich Probleme hätte, eine distanzierte Sicht zu erhalten, die meine Äußerung wirklich unabhängig davon machen könnte, wer ich bin und für wen ich arbeite. Wenn mir also jemand erzählt, dass die Energiepolitik von XY zum Scheitern verurteilt ist, dann kann er dies nach bestem Wissen und Gewissen tun und es muss trotzdem nicht stimmen. Für die Einschätzung seiner Äußerung kann es deshalb wichtig sein, dass ich seine Perspektive kenne ohne dass ich ihm damit plumpe Bestechlichkeit unterstelle.
die Aufgaben und Verpflichtungen eines Aufsichtsrats sind nicht ganz so, wie Du sie siehst.
Zitat von LlarianWolfgang Clement arbeitet für RWE.
Nicht wirklich. Er nimmt eine Funktion für RWE wahr, aber er ist kein RWE-Angestellter und AUSSERHALB des Aufsichtsrats nicht im selben Maße zur Loyalität verpflichtet wie Management und Angestellte.
Es gibt natürlich eine Grenze der sehr extremen Kritik an der Firma, die muß auch er beachten. Aber es ist nichts Ungewöhnliches oder gar Illegales, wenn ein Aufsichtsrat öffentlich die Firmenpolitik kritisiert.
Verpflichtet ist er nur, IM Aufsichtsrat das Interesse der Firma zu wahren und in diesem Interesse (und nur in diesem) abzustimmen. Öffentliche Aussagen gehören nicht zu seinen Pflichten, im Gegenteil sind ja alle Mitglieder (mit Ausnahme des Vorsitzenden) zu Stillschweigen verpflichtet.
Sobald er den Raum verläßt, kann er wieder anderen Loyalitäten folgen. Es ist z. B. völlig normal, daß in einem Aufsichtsrat Manager von Konkurrenzfirmen sitzen. Oder daß die politischen Vertreter von Kommunen über dieselbe Sache im Aufsichtsrat anders abstimmen müssen als im Parlament - wenn die Interessen von Unternehmen und Kommune divergieren.
Clement ist nur verpflichtet, im RWE-Aufsichtsrat den Vorstand zu kontrollieren und die strategischen Entscheidungen des Konzerns mitzubestimmen. Er dürfte aber gleichzeitig ein eifriger Anhänger einer Energiepolitik sein, die RWE ruinieren würde.
Und seine Aussagen zu Ypsilanti und Hessen hatten nur sehr indirekt etwas mit RWE-Interessen zu tun - da einen Bezug zu seiner Aufsichtsratstätigkeit herzustellen ist abstrus und journalistisch unsauber.
In Antwort auf:Er dürfte aber gleichzeitig ein eifriger Anhänger einer Energiepolitik sein, die RWE ruinieren würde.
Und genau das besreite ich. Klar, es gibt kein GESETZ, dass ihm das verbietet. Aber weder als Angteilseigner noch als Mitarbeiter würde ich so jemanden dort dulden wollen. Man wählt nicht jemanden, der einem schadet. Von da ausgehend ist es sinnvoll anzunehmen, dass eine solche öffentliche Haltung zu einer Abwahl führen würde. Wenn wir weiter unterstellen, dass Clement Interesse an diesem Amt hat (auch ein finanzielles), dann hat seine Meinung trivialerweise einen Bias. Bevor ein falscher Eindruck entsteht, ich finde das auch nicht schlimm. Denn es besteht ja nicht wie beim geschmierten Kanzler der direkte Einfluss auf ein öffentliches Amt. Ich denke Clement vertritt heute nichts anderes als das, was er immer schon gedacht hat. Und den Posten als Aufsichtsrat hat er genau deswegen.
Mal ernsthaft: Würde man wirklich glauben ein Vorstand von McDonalds haben keinen Bias in der Frage, ob man eine Kaloriensteuer einführen wollte ? Wie könnte jemand, der das wollte, dort Vorstand werden ? Oder, um hier beim Beispiel zu bleiben, ist es vorstellbar, dass Jürgen Trittin ernsthaft von einem Mitarbeiter von RWE in den Aufsichtsrat gewählt wird ?
Zitat von LlarianAber weder als Angteilseigner noch als Mitarbeiter würde ich so jemanden dort dulden wollen. Man wählt nicht jemanden, der einem schadet.
Von Seiten der Anteilseigner ist das nichts ungewöhnliches. Ich habe ja nun Erfahrung in einigen Aufsichtsräten sammeln können - da gibt es teilweise heftige Interessenskonflikte. Was aber maximal bei einzelnen Abstimmungen im Aufsichtsrat eine Rolle spielt. Wer da einen direkten Konflikt hat, darf nicht mitstimmen.
Aber er kann sehr wohl z. B. mit seiner eigenen Firma der von ihm kontrollierten Firma Konkurrenz machen und ihr dabei auch heftig schaden (das mit dem "ruinieren" habe ich natürlich übertrieben formuliert - so weit geht es in der Regel nicht, weil man damit ja auch den eigenen Anteilsbesitz vernichtet).
In Antwort auf:Wenn wir weiter unterstellen, dass Clement Interesse an diesem Amt hat (auch ein finanzielles), dann hat seine Meinung trivialerweise einen Bias.
Den Bias gestehe ich gerne zu, das ist auch ohne finanzielle Eigeninteressen schnell der Fall. Da er nun aber auch nicht als neutraler Gutachter auftritt, ist das nicht so relevant.
In Antwort auf:Würde man wirklich glauben ein Vorstand von McDonalds haben keinen Bias in der Frage, ob man eine Kaloriensteuer einführen wollte ?
Selbstverständlich - aber der ist ja auch Vorstand. Aber gerade beim Aufsichtsrat und seiner Kontrollfunktion wäre es völlig normal wenn da einer sitzt, der für kalorienarme Kost ist. Und einerseits draußen für eine Kaloriensteuer eintritt, und andererseits drinnen für ein kalorienarmes Angebot bei McDonalds, auch wenn das erst einmal beim Umsatz Probleme brächte.
In Antwort auf:Oder, um hier beim Beispiel zu bleiben, ist es vorstellbar, dass Jürgen Trittin ernsthaft von einem Mitarbeiter von RWE in den Aufsichtsrat gewählt wird?
Von den Mitarbeitern kaum. Das ist ja der Treppenwitz mit der Mitbestimmung. Die wurde von den Alliierten ja mal eingeführt, damit pöse Industrielle die Deutschen nicht in den Militarismus führen, die Belegschaft würde (so glaubten die Siegermächte) es verhindern, daß die Fabriken Kanonen statt Butter produzieren.
In der Praxis ist das natürlich völlig unsinnig. Bei einer Produktionsumstellung fragt der Belegschaftsvertreter nur nach den Erschwerniszuschlägen - und mit einer ordentlichen Schichtregelung wäre auch eine KZ-Bewachung zustimmungsfähig ...
Aber zu Trittin: Daß die Anteilseigner (bzw. eine für einen Sitz ausreichende Gruppe unter ihnen) ihn zu RWE in den Aufsichtsrat schickt, um die Firma von ihrem Atomkurs abzubringen, wäre ein völlig realistisches Szenario.
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