Wer in den vergangenen Wochen die Nachrichten und Talkshows verfolgt hat, der ist immer wieder auf dieses Argument seitens der SPD gestoßen:
Steuersenkungen würden sich nicht positiv auf den Konsum auswirken, denn sie kämen nur Besserverdienenden zugute, die das zusätzliche Geld nicht ausgeben, sondern anlegen würden. Diejenigen, die zusätzliches Einkommen in Konsum umsetzen würden, seien die unteren Einkommensschichten; und diese würden nicht von Steuersenkungen profitieren.
Und wenn das Argument der SPD zuträfe, fände ich eins noch viel erschreckender: dass mittlerweile so große Teile der Bevölkerung kaum oder keine direkten Steuern mehr zahlen, dass daher in der Tat Steuersenkungen ihnen nichts bringen, sie also kein Interesse mehr daran haben, vielmehr sich auf den Steuerleistungen der tatsächlichen Zahler ausruhen.
In dem Falle könnte man natürlich die Mehrwertsteuer senken, das würde den Konsum direkt beeinflussen. Warum genau gibt es darüber keine Diskussion?
-- The act of defending any of the cardinal virtues has to-day all the exhilaration of a vice. - Gilbert Keith Chesterton, "A Defence of Humility" (in The Defendant)
Zitat von GorgasalUnd wenn das Argument der SPD zuträfe, fände ich eins noch viel erschreckender: dass mittlerweile so große Teile der Bevölkerung kaum oder keine direkten Steuern mehr zahlen, dass daher in der Tat Steuersenkungen ihnen nichts bringen, sie also kein Interesse mehr daran haben, vielmehr sich auf den Steuerleistungen der tatsächlichen Zahler ausruhen.
Lieber Gorgasal,
da ist es mir auch ganz kalt den Rücken heruntergelaufen! Würden wir unser Wahlrecht von Steuerzahlungen abhängig machen ( no represetation without taxation ), dürfte bald nur noch die Hälfte der Bundeesbürger wählen!
Zum Thema: In der Mediengesellschaft gilt halt, daß man um jeden Preis als erster mit einer Behauptung in der Presse sein muß, ganz egal wie hanebüchen sie ist. Die Anderen müssen dann dagegen anargumentieren, was allgemein als langweilig empfunden wird. Greenpeace hat das ganz schnell begriffen - lieber eine Behauptung aus den Fingern gesogen als zugeben, daß man's nicht weiß.
Merke: 42.7 % of all statistics are made up on the spot.
Zitat von Thomas PauliWürden wir unser Wahlrecht von Steuerzahlungen abhängig machen ( no represetation without taxation ), dürfte bald nur noch die Hälfte der Bundeesbürger wählen!
Dann sehen Sie doch mal an, wie sich der Anteil der Nichtwähler in Abhängigkeit vom Einkommen verändert. Je geringer das Einkommen, um so höher ist der Anteil der Nichtwähler. Aber Sie haben natürlich recht. Es wäre anständig, wenn diese Menschen ganz auf ihr Wahlrecht verzichten würden.
Zitat von GorgasalUnd wenn das Argument der SPD zuträfe, fände ich eins noch viel erschreckender: dass mittlerweile so große Teile der Bevölkerung kaum oder keine direkten Steuern mehr zahlen, dass daher in der Tat Steuersenkungen ihnen nichts bringen, sie also kein Interesse mehr daran haben, vielmehr sich auf den Steuerleistungen der tatsächlichen Zahler ausruhen.
In diesem Punkt dürfte das Argument ja stimmen; siehe unsere Diskussion vor Weihnachten. Von daher die grandiose Idee von "Konsumgutscheinen", weil die anders als Steuersenkungen eben jeder bekäme.
Soweit ist das Argument richtig. Nur stimmt eben offenbar nicht, daß diejenigen, die von Steuersenkungen profitieren, diese weniger für Konsum ausgeben würden als diejenigen, die nur von solchen direkten Vergütungen profitieren würden.
Zitat von LiberoDann sehen Sie doch mal an, wie sich der Anteil der Nichtwähler in Abhängigkeit vom Einkommen verändert. Je geringer das Einkommen, um so höher ist der Anteil der Nichtwähler.
Ist das so, lieber Libero? Ich kenne dazu keine Zahlen, würde mich aber dafür interessieren.
Ich erinnere mich nur an Daten zur Wahlbeteiligung in Abhängigkeit vom Alter. Bei Rentnern ist sie überdurchschnittlich hoch. Das müßte eigentlich dem Trend, den Sie nennen, wenigstens teilweise entgegenwirken.
Wenn in solchen Zusammenhängen von "Einkommen" gesprochen wird, dann kommt es auch darauf an, ob man das Haushaltseinkommen oder das persönliche Einkommen nimmt. Schüler und Studenten zum Beispiel haben meist ein geringes persönliches Einkommen, auch wenn sie aus einer wohlhabenden Familie stammen und nach Abschluß ihrer Ausbildung auch selbst wieder ein hohes Einkommen haben.
Sie zu den Geringverdienenden oder gar den "Armen" zu rechnen gibt ein völlig schiefes Bild. Und da Jugendliche eine niedrige Wahlbeteiligung haben, könnte auch das die Daten, auf die Sie sich beziehen, verfälscht haben.
Jedenfalls würden mich diese Daten, wie gesagt, interessieren - falls Sie sie noch finden können.
Zitat von LiberoDann sehen Sie doch mal an, wie sich der Anteil der Nichtwähler in Abhängigkeit vom Einkommen verändert. Je geringer das Einkommen, um so höher ist der Anteil der Nichtwähler.
Ist das so, lieber Libero? Ich kenne dazu keine Zahlen, würde mich aber dafür interessieren.
Sie zu den Geringverdienenden oder gar den "Armen" zu rechnen gibt ein völlig schiefes Bild. Und da Jugendliche eine niedrige Wahlbeteiligung haben, könnte auch das die Daten, auf die Sie sich beziehen, verfälscht haben.
Das ist natürlich nicht auszuschließen, lieber Herr Zettel, daß die Alterseinflüsse die Zahlen verfälschen. Aus dem Gedächtnis von heute Morgen kann ich ihnen folgenden Zahlen nennen. Bei einem Nettoeinkommen von über 2000 €/Monat ist der Anteil der Nichtwähler unter 20 %, bei Arbeitslosen liegt er bei 40 %.
Zitat von LiberoDann sehen Sie doch mal an, wie sich der Anteil der Nichtwähler in Abhängigkeit vom Einkommen verändert. Je geringer das Einkommen, um so höher ist der Anteil der Nichtwähler.
Ist das so, lieber Libero? Ich kenne dazu keine Zahlen, würde mich aber dafür interessieren.
Die steigende Wahlbeteiligung mit steigendem Einkommen sagt mir auch etwas. Auf die Schnelle habe ich für Deutschland nichts dazu gefunden, aber bei nationalen Wahlen in der Schweiz war 2007 die Wahlbeteiligung bei einem (Haushalts-?)Einkommen bis 3000 CHF 35%, bis 5000 CHF 44%, bis 9000 CHF 47% und darüber 58%. Das Muster ist seit 1995 stabil. Quelle: Tabelle 3 hier: http://www.selects.ch/selects_07_d.pdf
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Zitat von GorgasalDie steigende Wahlbeteiligung mit steigendem Einkommen sagt mir auch etwas. Auf die Schnelle habe ich für Deutschland nichts dazu gefunden, aber bei nationalen Wahlen in der Schweiz war 2007 die Wahlbeteiligung bei einem (Haushalts-?)Einkommen bis 3000 CHF 35%, bis 5000 CHF 44%, bis 9000 CHF 47% und darüber 58%. Das Muster ist seit 1995 stabil. Quelle: Tabelle 3 hier: http://www.selects.ch/selects_07_d.pdf
Überzeugende Daten.
Mir fällt dazu - arg assoziativ, zugegeben - ein, wie es an den deutschen Unis mit der Wahlbeteiligung ist. Zum Senat wählen ja die drei "Statusgruppen" getrennt. Typische Wahlbeteiligungen sind bei den Studenten 10 Prozent, bei den Mittelbauern vielleicht 40 und bei den Professoren 80 Prozent.
Herzlich, Zettel
PS: Ich habe mich über den Avatar gefreut und mußte natürlich gleich nachgucken, ob Sie wirklich der erste sind, der sein eigenes Standbild hier als Avatar benutzt.
Scheint der Fall zu sein. Oder sind Sie das gar nicht, aus anderer Perspektive? Aus der man auch sieht, daß Sie freundlich grüßen?
RexCramer
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10.01.2009 03:17
#10 RE: Marginalie: Die SPD, Steuersenkungen, Konsumneigung
erlauben SIe eine Einschätzung eines Ökonomen? Ich höre diese Propaganda seit Jahren (Binnenkonjunktur, schwächere Einkommen stärken blabla)....
Dieser gesamten Ideologie liegt ein ökonomisches Modell zugrunde, welches weder die marginale Konsumneigung bestimmter Einkommensgruppen, noch die Konsumneigung von Unternehmen berücksichtigt.
Die Idee besteht darin, durch eine staatlich organisierte Erhöhung der Einkommen bestimmter Bevölkerungsschichten ein Wirtschaftswachstums-Perpetuum-Mobile in Gang zu setzen, welches dann alle Probleme wie durch Zauberhand von selbst lösen wird.
Meine Kritik: Das Geld, welches umverteilt oder in staatlichen Ausgabeprogrammen ausgegeben wird, muss von irgendwem bezahlt werden. Derjenige, der es bezahlt, hatte aber vielleicht schon eigene Pläne (um die Vorurteile zu bedienen: Der Milliardär wollte sich eine Jacht kaufen).
Nun kommt Bastiat zur Anwendung: Das Geld, das man dem Milliardär wegnimmt, wird dann halt nicht mehr in die Jacht investiert. Und auch nicht in die 5 Seemänner, die das Ding steuern müssen. Auch nicht in den Jachthafenbetreiber, der damit seinen Lebenunterhalt (und auch den seiner Angestellten) bestreitet. Die Leute, die Boote reparieren, werden auch eine Einkommenseinbuße hinnehmen müssen.
Wer profitiert davon? Nun ja, jeder, der in irgendwelchen, politisch interessanten Produktionen beteiligt ist. Z.B. Autobauer, wenn sie ein 'bail out' bekommen, Hoch- und Tiefbauer, die grundsätzlich immer profitieren, wenn der Staat Geld rausschmeissen will (für Straßen oder Hochhäuser).
Die Sache ist die: Das Geld wird so oder so ausgegeben; es gibt nur einen Unterschied: Im ersten Fall geben die Leute das Geld für etwas aus, was sie gerne haben möchten. Im zweiten Fall wird das Geld für etwas ausgegeben, was politisch verwertbar ist, aber niemand braucht.
In Antwort auf:Man darf gespannt sein, ob die SPD dieses "Argument" jetzt zurückzieht oder es weiter verwendet.
diesen letzten Satz hätten Sie sich ruhig sparen können, denn man könnte leicht auf die Idee kommen, Sie seien hoffnungslos naiv.
Das bin ich wahrscheinlich auch, lieber RexCramer - naiv, aber ohne die Hoffnung, damit die Realität zu treffen (im doppelten Wortsinn).
In diesem Fall bin ich allerdings wirklich gespannt. Steinbrück hat gestern den Schwenk der SPD, die jetzt den Eingangs-Steuersatz senken will, damit begründet, damit wolle man gezielt die Bezieher niedriger Einkommen begünstigen.
Aber die Behauptung, diese würden dann das Geld fleißiger ausgeben als die Besserverdienenden, hat er anscheinend nicht wiederholt; jedenfalls habe ich vergeblich danach gesucht.
Aber ich halte die Augen auf.
Und wenn jemand eine derartige Äußerung aus der SPD findet, die aus der Zeit nach dem Erscheinen der Umfrage stammt, dann wäre ich für einen Hinweis dankbar.
Ihr Argument bezieht sich anscheinend auf steuerfinanzierte Programme. Aber wie steht es mit den kreditfinanzierten? In diesem Fall wird dem Millionär der Konsum erst vermiest, wenn die Wirtschaft durch das Konjunkturprogramm bereits kräftig gewachsen ist, und dann wäre der spätere Schaden kleiner als der frühere Nutzen, nicht?
Zitat von F.AlonzoDie Sache ist die: Das Geld wird so oder so ausgegeben; es gibt nur einen Unterschied: Im ersten Fall geben die Leute das Geld für etwas aus, was sie gerne haben möchten. Im zweiten Fall wird das Geld für etwas ausgegeben, was politisch verwertbar ist, aber niemand braucht.
Die Leute sehen bei ihren Ausgaben aber nicht nur auf ihre Wünsche, sondern sie orientieren sich auch an den gängigen Prognosen. Hören sie überall, daß die Wirtschaft einbrechen und sie dann womöglich ihr Einkommen verlieren werden, dann gewinnen andere Wünsche die Oberhand, als wenn glaubhaft positive Prognosen verbreitet werden. Wenn alle glauben, daß sie morgen arm sind, wird keiner heute noch Geld ausgeben, und dann sind morgen alle arm.
Der Staat hingegen kann sein Einkommen nicht verlieren, solange seine Gewaltmittel wirksam bleiben und irgendwer Güter erwirtschaftet - er ist wie alle Diebe und Räuber weit weniger auf Kooperation als die friedlichen Wirtschaftsakteure angewiesen. Daher kann er auf eine Weise handeln, die bei anderen unvernünftig wäre, zum Beispiel kann er konsumieren, wenn es angesichts der Erwartungen besser wäre, zu sparen.
Und somit kann er die Erwartungen - womöglich - verändern. Wenn die Leute damit rechnen, daß der Staat ihnen Aufträge gibt, können sie sich ungeängstet ihren Konsumwünschen wieder zuwenden und schaffen damit selber Aufträge.
Ist die wirtschaftliche Kooperation gestört, weil die Leute ihrer eigenen zukünftigen Zahlungsfähigkeit nicht trauen oder der anderer, dann können sich unkooperative Akteure wie der Staat als nützlich erweisen.
Ich behaupte nicht, daß dieser Gedankengang, unliberal wie er ist, korrekt sein kann. Im Gegenteil! Aber wo steckt hier der Fehlschluß, lieber F.Alonzo?
ich glaube man muss zwei Fälle von einander trennen. Den Normalfall und den ausserordentlichen Krisenfall.
Im Normalfall hat F-Alfonzo recht. Die Summe, die der Milliardär spart, landet auf dem Kreditmarkt und wird an jemanden weiterverliehen, der es investiert. Nimmt man dem Milliardär das Geld über Steuern weg, dann spart er nicht, weniger Geld wird auf dem Kreditmarkt angeboten und es gibt weniger Investitionen. Ist die staatliche Ausgabenerhöhung dagegen kreditfinanziert, wird dem Milliardär nichts weggenommen. Er spart genauso viel. Das Angebot an Geld auf dem Kreditmarkt bleibt also erhalten. Dafür aber gibt es jetzt mit dem Staat einen zusätzlichen Nachfrager nach Krediten. Damit die Gesamtnachfrage wieder dem Angebot enstpricht, muss der Preis, d.h. der Zins, steigen. Und zwar so lange, bis die private Kreditnachfrage um den Betrag gesunken ist, den der Staat jetzt investieren möchte. In beiden Fällen ergibt sich durch die staatlichen Aktivitäten keine Änderung in der Gesamtnachfrage.
Der zweite Fall, ist der einer ausserordentlichen Krise. Damit meine ich eine Situation in der die Sparneigung so hoch und die Investitionsneigung so niedrig ist, dass der Zins negativ sein müsste um Angebot und Nachfrage ins Gleichgewicht zu bringen. Da der Zins aber nicht unter null sinken kann, kommt es nicht zu einem Gleichgewicht auf dem Kreditmarkt. Dem kann der Staat nun nachhelfen, in dem er - kreditfinanziert - Sonderausgaben tätigt. Denn dann, siehe oben, steigt ja gerade der Zinssatz.
Die Frage ist also, befinden wir uns in einer solchen Krisensituation? Keine Ahnung.
Zitat von ZettelPS: Ich habe mich über den Avatar gefreut und mußte natürlich gleich nachgucken, ob Sie wirklich der erste sind, der sein eigenes Standbild hier als Avatar benutzt.
Scheint der Fall zu sein. Oder sind Sie das gar nicht, aus anderer Perspektive? Aus der man auch sieht, daß Sie freundlich grüßen?
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Zitat von dirkDer zweite Fall, ist der einer ausserordentlichen Krise. Damit meine ich eine Situation in der die Sparneigung so hoch und die Investitionsneigung so niedrig ist, dass der Zins negativ sein müsste um Angebot und Nachfrage ins Gleichgewicht zu bringen. Da der Zins aber nicht unter null sinken kann, kommt es nicht zu einem Gleichgewicht auf dem Kreditmarkt. Dem kann der Staat nun nachhelfen, in dem er - kreditfinanziert - Sonderausgaben tätigt. Denn dann, siehe oben, steigt ja gerade der Zinssatz.
Die Frage ist also, befinden wir uns in einer solchen Krisensituation? Keine Ahnung.
Und wie Sie auch andeuten: die Idee ist meines Wissens auch unter Wirtschaftswissenschaftlern nicht unumstritten.
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In Antwort auf:Das ist das Konzept der Liquiditätsfalle,
Da muss ich Ihnen widersprechen. Das ist nicht ganz richtig. Die Theorie der Liquiditätsfalle ist eine Theorie, warum, unter bestimmten Voeraussetzungen, die Politik der Zentralbank unwirksam wirkt. Dagegen ist meine Skizze eine Theorie, warum Staatsausgaben normalerweise unwirksam sind, aber im Krisenfall durchaus sinnvoll sein könnten.
Die Liquiditätsfalle ist nun eine Theorie warum, selbst wenn die Zentralbank die Geldmenge ausweitet, also zum Beispiel langfristige Wertpapiere aufkauft, dieses nicht unbedingt investiert wird. Diese Theorie kann stimmen, muss aber nicht. (Ich finde sie, mit einer kleinen Abwandlung sehr plausible. )
Dagegen ist unbestritten, Liquiditätsfalle hin oder her, dass der Zinssatz nicht negativ werden kann. Was ich oben skizziert habe ist also eine Tautologie (und damit hoffe ich nicht umstritten :-)).
In Antwort auf:Das ist das Konzept der Liquiditätsfalle,
Da muss ich Ihnen widersprechen. Das ist nicht ganz richtig. Die Theorie der Liquiditätsfalle ist eine Theorie, warum, unter bestimmten Voeraussetzungen, die Politik der Zentralbank unwirksam wirkt. Dagegen ist meine Skizze eine Theorie, warum Staatsausgaben normalerweise unwirksam sind, aber im Krisenfall durchaus sinnvoll sein könnten.
Ich lasse mich jederzeit gern korrigieren , wenn die Themen auch recht nahe beieinander liegen.
Zitat von dirkDie Liquiditätsfalle ist nun eine Theorie warum, selbst wenn die Zentralbank die Geldmenge ausweitet, also zum Beispiel langfristige Wertpapiere aufkauft, dieses nicht unbedingt investiert wird. Diese Theorie kann stimmen, muss aber nicht. (Ich finde sie, mit einer kleinen Abwandlung sehr plausible. )
Dagegen ist unbestritten, Liquiditätsfalle hin oder her, dass der Zinssatz nicht negativ werden kann. Was ich oben skizziert habe ist also eine Tautologie (und damit hoffe ich nicht umstritten :-)).
Nu, je nach Inflationsrate kann der reale Zinssatz problemlos recht negativ werden, und auch da kann die Zentralbank nachhelfen... Aber das ist im Augenblick wohl nicht ganz so gefährlich, mit sinkenden Energiepreisen.
Aber wenn wir schon beim Thema Wirtschaft sind: das CBO erwartet für das nächste Jahr ein US-Defizit von 8,3% des Bruttoinlandsprodukts, das ist auch schon bananenrepublikanisch. Und übrigens: irgendwelche Stimuli sind da noch gar nicht eingerechnet. http://www.cbo.gov/ftpdocs/99xx/doc9957/01-07-Outlook.pdf
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RexCramer
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10.01.2009 14:51
#19 RE: Marginalie: Die SPD, Steuersenkungen, Konsumneigung
Zitat von ZettelUnd wenn jemand eine derartige Äußerung aus der SPD findet, die aus der Zeit nach dem Erscheinen der Umfrage stammt, dann wäre ich für einen Hinweis dankbar.
da habe ich nicht den geringsten Zweifel, daß das weiter so behauptet werden wird. Die "Argumentation" ist doch ganz einfach: Den "Reichen" quillt längst alles aus den Taschen, so daß es nichts mehr gibt, was sie sich kaufen würden, das sie nicht längst hätten tun können, während der "Rest" nichts hat, was er sparen könnte. Damit ist das Thema aus Sicht der SPD vollständig und zu voller Zufriedenheit analysiert. Die Erwartung, die SPD würde Umfragen, ökonomische Theorie oder marginale Konsum- und Sparquoten in ihre Überlegungen einfließen lassen, ist unrealistisch, denn erstens implizierte das ja, deren Abgeordnete seien tatsächlich wenigstens im weitesten Sinne sowas wie Volksvertreter, und zweitens wäre das schlicht sinnlos: ihre eigene Klientel verstünde sie nicht.
Genauso wird jedes Jahr das "Kaufkraftargument" durchs Dorf getrieben, wie regelmäßig irgendwelche Vorschläge, mittels Arbeitsmarktregulierung Entlassungen verhindern zu wollen, gemacht werden. Im Rahmen der sich derzeit gegenseitig überbietenden Vorschläge zur Konjunkturbelebung wurde auch schon gefordert, Sozialversicherungsbeiträge zu senken, wobei Union und SPD natürlich verschiedene Ansichten hinsichtlich der "Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteile" haben. Ob unseren Politikern wohl jemals jemand erklären kann, daß es für die Kalkulation einer Investition o. ä. völlig egal ist, in welche künstlichen Bestandteile Arbeitskosten zerlegt werden, es sowas wie einen "Arbeitgeberanteil" nicht gibt?
Um es auf den Punkt zu bringen: Sollte in der SPD tatsächlich jemand aufgrund der Umfrage seine Meinung ändern, wäre dafür die Voraussetzung die Einkehr wirtschaftlicher Vernunft. Ich bleibe dabei: eine naive Annahme.
In Antwort auf:Nu, je nach Inflationsrate kann der reale Zinssatz problemlos recht negativ werden, und auch da kann die Zentralbank nachhelfen...
Das ist der Grund warum man eine geringe Inflation von ca 2% als "gut" ansieht. In Krisenzeiten kann die Zentralbank die Inflation leider nicht erhöhen. Denn dazu müsste sie ja dafür sorgen, dass mehr Geld ausgeben wird. Sie müsste den (nominalen) Zinssatz ggf unter null senken, was ausgeschlossen ist.
In Antwort auf:Aber wenn wir schon beim Thema Wirtschaft sind: das CBO erwartet für das nächste Jahr ein US-Defizit von 8,3% des Bruttoinlandsprodukts, das ist auch schon bananenrepublikanisch. Und übrigens: irgendwelche Stimuli sind da noch gar nicht eingerechnet.
Ich habe mir da keine Theorie zu eigen gemacht (bis auf die der Liquiditätsfalle, also dass die FED nicht durch ihre Geldpolitik den Kreditmarkt ins Gleichgewicht bringen kann. ) sondern nur kurz die Standardtheorien der VWL dazu beschrieben. Da gibt es noch ganz andere Probleme, denn die Theorien behandeln ja nur aggregierte Größen. Dabei kannn die Regierung kann ja im wesentlichen nur neue Bauten tätigen. Was aber hilft das arbeitslosen Autobauern? Daher wollen liberale auch keine neuen Regierungsausgaben sondern Steuergutschriften.
Aber auch das ist sozusagen nur ein Trick. Hier hört die gesamte VWL auf zu existieren, denn Steuergutschriften funktionieren in den Modellen mit perfekt informierten Konsumenten nicht. Da die Schulden von heute die Steuern von morgen sind, müssten jede Steuergutschrift als neue Steuerbelastung in der Zukunft angesehen werden, weswegen das zusätzliche Geld am besten gespart wird und dann eines Tages zur Begleichung der höheren Steuer verwendet werden.
Zitat von Gorgasal Aber wenn wir schon beim Thema Wirtschaft sind: das CBO erwartet für das nächste Jahr ein US-Defizit von 8,3% des Bruttoinlandsprodukts, das ist auch schon bananenrepublikanisch. Und übrigens: irgendwelche Stimuli sind da noch gar nicht eingerechnet. http://www.cbo.gov/ftpdocs/99xx/doc9957/01-07-Outlook.pdf
Dazu Paul Krugman:
In Antwort auf:1. The new CBO budget and economic outlook is out. Above is its forecast for the GDP gap — the hole stimulus has to fill. I’d guess that the CBO estimate, which has unemployment averaging 8.3 percent in 2009 and 9 percent in 2010, is actually too optimistic (see 3, below), but even so it puts the Obama plan in perspective: a 3% of GDP plan, with a significant share going to ineffective tax cuts, to fill an 8% or more gap.
2. How ineffective? Howard Gleckman of the Tax Policy Center says Lots of Buck, not Much Bang.
In einem sehr interessanten Papier haben die Ökonomen Rogoff und Reinhart die Auswirkungen einiger wesentlicher Finanzkrisen der Nachkriegszeit verglichen (http://www.economics.harvard.edu/faculty...s/Aftermath.pdf). Die Kernaussagen lassen erahnen, was noch auf uns zukommt. Besonders nachdenklich stimmt mich, was die beiden Ökonomen über Auswirkungen auf den Staatshaushalt schreiben: Hinsichtlich der verglichenen Krisen stellten sie in einem Zeitraum von drei Jahren nach den Krisen fest, dass die öffentliche Verschuldung im Durchschnitt um 86 Prozent ansteigt, insbesondere bedingt durch dramatische Ausfälle bei Steuereinnahmen. Was das für die jungen Generationen bedeutet, bedarf wohl nicht der Ausführung.
Wirtschaftsnobelpreisträger Joe Stiglitz sagte dieser Tage sinngemäß im Gespräch mit und bei Charlie Rose, dass die (amerikanische) Wirtschaft in den letzten Jahren durch Blasen am Laufen gehalten worden sei; zunächst durch die Dot-com-Blase im Jahr des Jahrtausendwechsels, dann durch die sogenannte housing bubble, deren Platzen die Subprime-Krise offenbarte und die Finanzkrise auf ihren zerstörerischen Weg brachte. Er, Stiglitz, sehe nicht, was die Wirtschaft antreiben werde, wenn die Krise erst einmal überstanden sei.
Mir scheint, die Beschreibung der derzeitigen wirtschaftlichen Aussichten als düster ist eine putzige Untertreibung.
Palmström, etwas schon an Jahren,
wird an einer Straßenbeuge
und von einem Kraftfahrzeuge
überfahren.
RexCramer
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gelöscht
)
Beiträge:
11.01.2009 20:09
#22 RE: Marginalie: Die SPD, Steuersenkungen, Konsumneigung
Zitat von ZettelUnd wenn jemand eine derartige Äußerung aus der SPD findet, die aus der Zeit nach dem Erscheinen der Umfrage stammt, dann wäre ich für einen Hinweis dankbar.
inzwischen habe ich Joachim Poß und Hubertus Heil den üblichen Unsinn in verschiedenen Nachrichtensendungen wiederholen sehen.
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