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Dieses Thema hat 5 Antworten
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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
Zettel Offline




Beiträge: 20.200

11.12.2009 20:36
Gedanken zu Frankreich (33): Die Diskussion über nationale Identität wird heftiger Antworten

Frankreich macht es uns vor, wie man über das Thema der nationalen Identität diskutiert.

Und während bei uns viele Linke schon die Nase rümpfen, wenn nur das Wort "national" fällt, sagt der große linke Journalist Jean Daniel, den ich schätze wie keinen anderen seit Augstein, wieder einmal das, was zu sagen ist: Es geht darum, den Islam an unsere Kultur zu assimilieren.

Die Vorstellung, daß nationale Identität ein Thema der Konservativen sei, ist absurd. Sie ist ebenso ein Thema der Liberalen und der Linken.

FAB. Offline



Beiträge: 523

12.12.2009 13:30
#2 RE: Gedanken zu Frankreich (33): Die Diskussion über nationale Identität wird heftiger Antworten

Zitat von Zettel
den Islam in unsere Kultur zu integrieren


Wie aber, wenn ich garnicht wünsche, daß "der Islam" in meine Kultur "integriert" wird, also die Idee einer deutschen Kultur "mit integriertem Islam" rundweg ablehne? Was, wenn dieser Wunsch unter den Deutschen oder Europäern sogar mehrheitsfähig wäre - was mir der Fall zu sein scheint?

Ich wüßte nicht, wieso auf der Ebene von Völkern und Nationen hinsichtlich der Adaption neuer, fremder Verhaltens- und Sichtweisen anderes gelten sollte, als auf der individuellen Ebene. Als Individuum integriere ich bisher fremdes in meinen persönlichen Vorrat von Lebensbewältigungsstrategien, wenn mir dies zum Vorteil gereicht, also dadurch mein Erfolg beim Lebenbewältigen irgendwie begünstigt wird. Entsprechend erscheint es auf der kollektiven Ebene sinnvoll, bisher fremdes zu übernehmen und in den eigenen Kosmos von Wertvorstellungen und Verhaltensweisen zu "integrieren", wenn das Eigene dadurch verbessert wird.

Nun also: inwiefern würde unsere Kultur durch die Hinzufügung (Integration) spezifisch islamischer Verhaltensweisen verbessert?

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

13.12.2009 10:15
#3 RE: Gedanken zu Frankreich (33): Die Diskussion über nationale Identität wird heftiger Antworten

Zitat von FAB.

Zitat von Zettel
den Islam in unsere Kultur zu integrieren


Wie aber, wenn ich garnicht wünsche, daß "der Islam" in meine Kultur "integriert" wird, also die Idee einer deutschen Kultur "mit integriertem Islam" rundweg ablehne? Was, wenn dieser Wunsch unter den Deutschen oder Europäern sogar mehrheitsfähig wäre - was mir der Fall zu sein scheint?



Dann, lieber FAB., werden möglicherweise die Moslems ein Fremdkörper bleiben.

Alles das ist ja ausgiebig im 18. und teilweise noch im 19. Jahrhundert in Bezug auf die Juden diskutiert worden. Der Aufklärer Lessing trat damals zusammen mit seinem Freund, dem Aufklärer Moses Mendelssohn, für eine Integration des Judentums ein. Der Aufklärer Karl Philipp Moritz arbeitete mit dem jüdischen Aufklärer Salomon Maimon zusammen, mit dem gemeinsam er das "Magazin für Erfahrungsseelenkunde" herausgab.

In der Aufklärung war den Klugen bewußt, daß man das Judentum in die europäische Kultur integrieren kann, auch den klugen Juden. Heute muß dasselbe für den Islam geleistet werden.

Zitat von FAB.
Nun also: inwiefern würde unsere Kultur durch die Hinzufügung (Integration) spezifisch islamischer Verhaltensweisen verbessert?


Das weiß ich nicht. Ich glaube auch nicht, daß das die Frage ist. Es gibt nun einmal Moslems in Europa. Die Frage ist, ob es uns gelingt, sie an unsere Kultur der Aufklärung, der Vernunft, der Freiheit, der Demokratie zu assimilieren, oder ob wir damit scheitern.

Die Assimilation der Juden war am Ende des 19. Jahrhunderts weitgehend gelungen. Ohne die unfaßbaren, die historisch singulären Verbrechen der Nazis, die unser Volk - ja, unser deutsches Volk - noch lange belasten werden, wäre der Umgang mit Juden bei uns so wenig ein Thema, wie er das in den USA ist. Das müssen wir nach meiner Überzeugung auch mit den Moslems erreichen.

Herzlich, Zettel

FAB. Offline



Beiträge: 523

13.12.2009 10:39
#4 RE: Gedanken zu Frankreich (33): Die Diskussion über nationale Identität wird heftiger Antworten

Zitat von Zettel
In der Aufklärung war den Klugen bewußt, daß man das Judentum in die europäische Kultur integrieren kann, auch den klugen Juden. Heute muß dasselbe für den Islam geleistet werden.


Die Judenemanzipation ist als Folie für einen Vergleich sicherlich geeignet. Führt man diesen Vergleich allerdings tatsächlich durch, zeigt er m.E. deutlich, daß in fast jeder Hinsicht die Unterschiede der Ausgangsbedingungen schwerwiegend sind. Als historisches Vorbild taugt der Vorgang daher nicht.

Zitat von Zettel
Das weiß ich nicht. Ich glaube auch nicht, daß das die Frage ist. Es gibt nun einmal Moslems in Europa.


Die Antwort auf die Frage entscheidet darüber, ob letzteres so bleiben kann, ist also von größter Bedeutung.
Daß etwas "nun einmal" so sei, ist natürlich kein Argument für oder wider irgendetwas.

So, und nun zurück zu meinem historisch singulären Sonntagsfrühstück. Das Rührei wird sonst kalt. (SCNR)

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

13.12.2009 11:00
#5 RE: Gedanken zu Frankreich (33): Die Diskussion über nationale Identität wird heftiger Antworten

Zitat von FAB.

Zitat von Zettel
In der Aufklärung war den Klugen bewußt, daß man das Judentum in die europäische Kultur integrieren kann, auch den klugen Juden. Heute muß dasselbe für den Islam geleistet werden.


Die Judenemanzipation ist als Folie für einen Vergleich sicherlich geeignet. Führt man diesen Vergleich allerdings tatsächlich durch, zeigt er m.E. deutlich, daß in fast jeder Hinsicht die Unterschiede der Ausgangsbedingungen schwerwiegend sind. Als historisches Vorbild taugt der Vorgang daher nicht.



Warum nicht? Es gab damals die Kaftan-Juden, so wie es heute die Kopftuch-Türkinnen gibt. Wir kennen das heute nicht mehr, weil es eben keine Kaftan-Juden mehr gibt. Die kulturelle Kluft war damals so groß wie heute. Und damals wie heute gab es Aufklärer.

Was Jean Daniel schreibt, gilt für Frankreich, das sich seiner Kultur so bewußt und so sicher ist, daß es damit Moslems zur Assimilation anregt. In Deutschland fehlt das. Wir haben jetzt fast ein halbes Jahrhundert Einwanderung von Moslems, und noch immer keinen Intellektuellen, der dieses zentrale Problem, wie man als Moslem die europäische Kultur aufnimmt, auch nur diskutieren würde. Jedenfalls kenne ich keinen. Filmemacher, das ja. Bassam Tibi, nun ja.

Zitat von FAB.
Daß etwas "nun einmal" so sei, ist natürlich kein Argument für oder wider irgendetwas.


Doch, das ist es. Es bestimmt die Ausgangsbedingungen. Quaestio facti, sagt das ihr Juristen nicht so?

Herzlich, Zettel

Gorgasal Offline




Beiträge: 4.095

14.12.2009 14:34
#6 RE: Gedanken zu Frankreich (33): Die Diskussion über nationale Identität wird heftiger Antworten

Zitat von Zettel

Zitat von FAB.

Zitat von Zettel
In der Aufklärung war den Klugen bewußt, daß man das Judentum in die europäische Kultur integrieren kann, auch den klugen Juden. Heute muß dasselbe für den Islam geleistet werden.


Die Judenemanzipation ist als Folie für einen Vergleich sicherlich geeignet. Führt man diesen Vergleich allerdings tatsächlich durch, zeigt er m.E. deutlich, daß in fast jeder Hinsicht die Unterschiede der Ausgangsbedingungen schwerwiegend sind. Als historisches Vorbild taugt der Vorgang daher nicht.



Warum nicht? Es gab damals die Kaftan-Juden, so wie es heute die Kopftuch-Türkinnen gibt.



Die "Kaftan-Juden" gab es größtenteils im Osten, in Polen. Die Juden in den alten deutschen Ländern waren schon Ende des 18. Jh. assimilationswillig und sind reihenweise von einem nicht praktizierten mosaischen Glauben zu einem nicht praktizierten Lutheranismus konvertiert, insbesondere im Bürgertum. Den Vergleich zwischen diesen assimilationswilligen Juden und den nicht assimilationswilligen Moslems kann ich nicht ganz nachvollziehen. Bei den assimilationswilligen Türken gebe ich Ihnen völlig recht - aber die sind ja per definitionem nicht das Problem.

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La sabiduría se reduce a no olvidar jamás, ni la nada que es el hombre, ni la belleza que nace a veces en sus manos. - Nicolás Gómez Dávila, Escolios a un Texto Implícito

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