Aus Umfragedaten kann man (fast) immer das herauspicken und in den Vordergrund rücken, was für eine Partei günstig oder was für sie ungünstig ist; was wichtiger ist, muß der Journalist entscheiden, der eine Meldung schreibt und betitelt.
Aber wenn es "Spiegel-Online" fertigbringt, aus einem Zuwachs der Umfragedaten für die Regierungskoalition von zwei Prozentpunkten die Meldung "Neuer Umfrage-Tiefpunkt für Schwarzgelb" hervorzuzaubern, dann ist das schon Stoff für ein Zitat des Tages.
Zitat Zweiter bemerkenswerter Befund: Was den "Ausstieg aus der Atomenergie" angeht, der jahrelang eine breite Mehrheit in der Bevölkerung gehabt hatte, wird er jetzt nur noch von den Anhängern der Oppositionsparteien eindeutig bejaht (Grüne 91 Prozent, SPD 72 Prozent und Linke 71 Prozent).
Ist da tatsächlich eine Veränderung zu beobachten? Ich hätte intuitiv gesagt, dass die Zustimmung / Ablehnung in den vergangenen Jahren bei Anhängern der linken und rechten Parteien in den genannten Mustern verläuft, von kurzfristigen Ausreißern bei "Zwischenfällen" oder Meldungen über Energieegnpässe bzw. russische Politmanöver mal abgesehen.
Tja, letztlich ist das ein Rückzugsgefecht. Die Journaille hat versucht, mit ihrer Kampagne die FDP klein zu kriegen - und muß nun feststellen, daß das nicht geklappt hat. Und das wird dann mit solchen Verdrehungen verdeckt.
Die inhaltliche Diskussion über die Westerwelle-Äußerungen will ich hier nicht führen (wieso auch - hat ja auch in der Öffentlichkeit keiner inhaltlich darüber diskutiert). Aber sie scheinen erfolgreich gewesen zu sein. Natürlich ist die FDP in den Umfragen noch lange nicht wieder auf ihrem Höchststand. Aber ohne das konsequente Gegenhalten Westerwelles würde sie immer noch ganz unten hocken und zum Gespött werden.
Ich halte diesen Zwischenerfolg auch für kein Strohfeuer. Der nächste relevante Meßpunkt ist nämlich die NRW-Wahl. Und da hat die FDP den schönen Vorteil, daß ihre Ausgangsbasis (also das letzte Wahlergebnis) ziemlich niedrig ist.
Nehmen wir doch mal an, die aktuelle Infratest-Umfrage wäre dann auch das Wahlergebnis. Dann würde sich die FDP am Wahlabend von letztens 6% auf 10% steigern - das ist fast eine Verdoppelung. Das wäre ein Riesenerfolg, den könnte die Journaille auch nicht durch Verweis auf das noch bessere Bundestagswahl-Ergebnis kaputt reden.
Gleichzeitig würde allerdings die schwarz-gelbe Regierung ihre Mehrheit verlieren. Das wäre natürlich nicht gut. Aber es wäre völlig klar, daß diese Niederlage einzig alleine der CDU anzulasten ist. Ein deutliches Signal für den Bund, daß die Anti-FDP-Kampagne der CDU der FDP nicht schadet, wohl aber massiv der CDU. Und natürlich den gemeinsamen Erfolg kaputt macht. Eine solche Lektion für die CDU könnte wichtiger sein als die Bundesratsmehrheit. Denn wenn die Union sich nicht endlich mal den echten Problemen und Gegnern zuwendet, wird diese Bundesregierung am Ende ein Desaster.
Im Osten hat es die FDP traditionell schwer. Dass die Linke (oder auch SED) dort trotz ihrer Vergangeheit so viele Wähler hinter sich hat, zeigt doch, dass bei vielen Menschen sozialistisches Denken noch verankert ist und die markwirtschaftliche FDP immer noch den "Klassenfeind" verkörpert. Dass sich dagegen gewehrt wird, die DDR als das zu bezeichnen was sie war, nämlich ein Unrechtsstaat, ist dort doch noch derart verbreitet, dass sich auch CDUler und SPDler bemühen diese Wertung zu relativieren um Wähler für sich einnehmen zu können - denke nicht, dass alle von denen ein derart verschrobenes Unrechtsempfinden haben, dass sie hinter ihren Äußerungen stehen, sondern schlicht weg nur populistisch agieren unter in Kaufnahme, Geschichtsfälschung zu betreiben. (hier finde ich, wären mal groß angelegete Untersuchungen angesagt. Auch nach 45 gab es im Westen ja hinreichend Personen, die unter Hitler nicht "alles schlimm" fanden. Die es aber tunlichst vermieden in ihrer weit überwiegenden Mehrzahl dies öffentlich zu äußern, sondern im stillen Kämmerchen unter Gleichgesinnten wenn überhaupt nur flüsterten. Während es i.S. DDR aber en vogue ist zu verlangen, nicht alles schlecht zu machen, weil man den Bürgern ihre Lebensleistung ansonsten absprechen würde. Schon krank, als ob man jemandem seine Lebensleistung streitig machen will, wenn man sagt, der Staat in dem er lebte, sei ein Unrechtsstaat gewesen. Man spricht nur denen eine positive Leistung konkludent damit ab, die diesen Staat aktiv unterstützten und sich nicht nur arrangierten unter den Rahmenbedingungen.)
Ferner leben im Osten viel mehr von Harz 4, so dass hier natürlich bei mehr Menschen die Angst besteht, persönliche finanzielle Eibußen zu erleben. Dies dann kombiniert mit dem Mißtrauen in die Marktwirtschaft, denn unter der SED hatten sie ja einen Job, führte logischerweise dazu, dem nicht zuzustimmen, was man eben als Grund der Misere sieht - unter Ausblendung der Tatsache, dass das Wirtschaftssystem DDR nicht funktionierte und pleite war.
Für die FDP hängt viel davon ab, was nach dem Stillhalteabkommen bis zur NRW Wahl geschehen wird. All diejneigen, die mehr liberale Politik haben wollten auch unter den CDU Anhängern, sind aktuell ein bißchen enttäuscht, weil sie die Hoffnung hatten, ist scharz-gelb endlich an der Regierung, wird sich was tun. Bisher tat sich aber rein gar nichts. Auch denke ich, dass die FDP ein viel größeres Potential an Wählern hat, als schon die letzten Wahlen gezeigt haben. Solange der Bürger aber nicht das Gefühl hat, die CDU packt mit der FDP das an, was mit der SPD versäumt wurde, wird die FDP diese Stimmen nicht erhalten können.
Und, ich schrieb es schon an zig Stellen, dass die Regierung um die Wahlen in NRW zu gewinnen, die Taktik fährt, keine asymetrischen Wählergewinne zu riskieren, finde ich persönlich enttäuschend, denn Deutschland braucht dringend Reformen. Dass diese Taktik auf dem Mist der CDU wächst, hält leider nicht davon ab, dass es der FDP angelastet wird in der öffentlichen Wahrnehmung, indem der Fehlstart doch überwiegend der FDP in die Schuhe geschoben wird. Darüber hinaus, auch wenn die Taktik bei der BT-Wahl funktionierte, habe den Eindruck, sie wandelt sich ins Gegenteil, wenn man aucbh liest, 85 % der Deutschen wollen endlich mal etwas von Frau Merkel hören. Ich beobachte es auch an mir, langsam werde ich genervt, während ich bei der Bundestagswahl noch dachte, super Frau Merkel, diese Wand aus Gummi bekommt die SPD nicht eingerannt.
Zitat von StefanieDass sich dagegen gewehrt wird, die DDR als das zu bezeichnen was sie war, nämlich ein Unrechtsstaat, ist dort doch noch derart verbreitet, dass sich auch CDUler und SPDler bemühen diese Wertung zu relativieren um Wähler für sich einnehmen zu können - denke nicht, dass alle von denen ein derart verschrobenes Unrechtsempfinden haben, dass sie hinter ihren Äußerungen stehen, sondern schlicht weg nur populistisch agieren unter in Kaufnahme, Geschichtsfälschung zu betreiben.
Bei den Blockparteien, insbesondere in der CDU, gibt es viele, denen es im System sehr gut ging. Wer vor der Wende CDU war, war deshalb nicht etwa Opposition oder mit der Wende einverstanden. Und mancher ideologisch gefestigte Kommunist wurde auch beim Versuch, in die SED einzutreten, zur Blockflöte rübergeschickt, um dort dem Sozialismus noch besser zu dienen.
-- Der Weg zur Hölle beginnt mit dem Monopol auf Moral.
Zitat von califax Und mancher ideologisch gefestigte Kommunist wurde auch beim Versuch, in die SED einzutreten, zur Blockflöte rübergeschickt, um dort dem Sozialismus noch besser zu dienen.
Das ist interessant. Hätten Sie irgendwelche weiterführenden Quellen / Informationen dazu an der Hand?
Zitat von califax Und mancher ideologisch gefestigte Kommunist wurde auch beim Versuch, in die SED einzutreten, zur Blockflöte rübergeschickt, um dort dem Sozialismus noch besser zu dienen.
Das ist interessant. Hätten Sie irgendwelche weiterführenden Quellen / Informationen dazu an der Hand?
Persönliche Gespräche. Papier müßte sich über die Gauck-Behörde finden lassen.
-- Der Weg zur Hölle beginnt mit dem Monopol auf Moral.
Zitat von StefanieDass sich dagegen gewehrt wird, die DDR als das zu bezeichnen was sie war, nämlich ein Unrechtsstaat, ist dort doch noch derart verbreitet, dass sich auch CDUler und SPDler bemühen diese Wertung zu relativieren um Wähler für sich einnehmen zu können - denke nicht, dass alle von denen ein derart verschrobenes Unrechtsempfinden haben, dass sie hinter ihren Äußerungen stehen, sondern schlicht weg nur populistisch agieren unter in Kaufnahme, Geschichtsfälschung zu betreiben.
Bei den Blockparteien, insbesondere in der CDU, gibt es viele, denen es im System sehr gut ging. Wer vor der Wende CDU war, war deshalb nicht etwa Opposition oder mit der Wende einverstanden. Und mancher ideologisch gefestigte Kommunist wurde auch beim Versuch, in die SED einzutreten, zur Blockflöte rübergeschickt, um dort dem Sozialismus noch besser zu dienen.
@califax
Das hatte ich beim Schreiben meines Beitrages tatsächlich ausgeblendet. Ferner bin ich auch über die einzelnen Lebensläufer der "Ostpolitiker" nicht so wirklich informiert. Bei einigen ja, bei anderen weiß ich nichts aus der Vergangenheit. Ich finde es auch schwierig zu einem Schluss zu kommen, inwieweit diese Personen sich opportunistisch gewendet haben und ebenso schnell sich auch wieder unter einer Diktatur ihre Pöstchen schnappen würden oder wirklich ein innerer Wandel oder auch nur eine politische Bewusstseinsmachung stattgefunden hat. Selbst wenn Personen erst mit der Wende zu der Überzeugung gelangten, rechtsstaatliche Demokratie ist die erstrebenswerte Staatsform, ist das für mich o.k., solange sie vorher nicht derart agierten, dass Menschen wegen ihres Handels ihrer Freiheit oder Lebenschancen beraubt wurden. Bei letzterem finde ich, wie bei den Nazis, darf einfach nicht die Vergangenheit zu den Akten gelegt werden. Das ist man den Opfern schuldig, denen es nicht zuzumuten ist, ihre Täter im gemachten Nest zu sehen, während sie selbt ggf. arbeitsunfähig die Folgen tragen müssen.
Unabhängig davon, für mich steht die CDU - nicht auch die FPD trotz des Einsatzes von Genscher - wie keine andere Partei für die Deutsche Einheit. Die CDU zeichnete sich in meinen ersten bewussten politischen Gedanken als eine Partei aus, die für Freiheit steht. Dass es also Personen mit dem Schild CDU gibt, die sagen, man solle vorsichtig sein mit der Bewertung der DDR als Unrechtsstaat, ist für mich persönlich ein Handeln wider der Grundsätze der CDU und es findet doch statt.
Die SPD, die für mich das Gegenteil in der Prgrammatik war, indem ihr Ansatz die Gleichheit ist, ist in meinem persönlichen historischen "Gedächnis" die Partei, für die Menschenrechte im Vordergrund stand. An dem Einstehen für Demokratie der SPD hatte ich in meiner politischen Sozialisierung keine Zweifel - mit der Zeit und dem Erwachsenwerden relativiert sich alles. Aber, dass es auch in dieser demokratischen Partei Stimmen gibt, die sagen, kein Unrechtsstaat, ist für mich ein Zeichen, dass in Deutschland nach der Wende doch einiges verschoben hat. Das paktieren auf Landesebene mit der SED fand ich nicht akzeptabel, sah darin aber opportunistische Gründe, von denen ich dachte, sie werden der SPD noch um die Ohren fliegen, denn sie machen so jemanden gesellschaftsfähig, der dann nicht zur Regierung verhilft, sondern der SPD das Wasser abgraben wird. So ist es auch geschehen.
Aber, dass aus demokratischen Parteien, die über jahrzehnte unsere Demokratie mit gestalteten und weiterentwickelten, Säulen unserer Demokratie sind, solche Äußerungen sytematisch getätigt werden, zeigt mir in aller Schärfe, dass in Deutschland ein weitreichenderer Bewusstseinswandel stattgefunden hat, der offensichtlich durch oder wegen den/s Fall/s der Mauer gesellschaftsfähig wurde.
Zitat Zweiter bemerkenswerter Befund: Was den "Ausstieg aus der Atomenergie" angeht, der jahrelang eine breite Mehrheit in der Bevölkerung gehabt hatte, wird er jetzt nur noch von den Anhängern der Oppositionsparteien eindeutig bejaht (Grüne 91 Prozent, SPD 72 Prozent und Linke 71 Prozent).
Ist da tatsächlich eine Veränderung zu beobachten? Ich hätte intuitiv gesagt, dass die Zustimmung / Ablehnung in den vergangenen Jahren bei Anhängern der linken und rechten Parteien in den genannten Mustern verläuft, von kurzfristigen Ausreißern bei "Zwischenfällen" oder Meldungen über Energieegnpässe bzw. russische Politmanöver mal abgesehen.
Ich suche, lieber FTT, noch nach Daten, die zeigen, wie sich die Haltung zum "Atomausstieg" in Abhängigkeit von der Parteipräferenz im letzten Jahrzehnt entwickelt hat.
Bisher habe ich solche Daten leider nicht gefunden, bin aber bei der Recherche auf ein hübsches Beispiel für Parteilichkeit in der deutschen Wikipedia gestoßen; sie reicht bis in die Bezeichnung der weiterführenden Links am Ende des Artikel "Atomausstieg" (Hervorhebungen von mir):
Zitat von WikipediaGründe für den Atomausstieg aus Sicht des Bundesumweltministeriums, zahlreiche Dateien zum Thema
Monitoring-Bericht des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie zur Versorgungssicherheit mit Elektrizität, August 2008
Studie (Greenpeace, Nov. 2007), die ein umfassendes Konzept vorlegt, wie Atomausstieg mit Erreichen hoher Klimaschutzziele speziell für Deutschland vereinbar wäre (PDF-Datei; 1,09 MB)
Lobby-Seite der Nuklearindustrie zum Thema Atomausstieg
Zitat von R.A.Natürlich ist die FDP in den Umfragen noch lange nicht wieder auf ihrem Höchststand. Aber ohne das konsequente Gegenhalten Westerwelles würde sie immer noch ganz unten hocken und zum Gespött werden.
Was wäre gewesen, wenn? Haben Sie, lieber R.A., nicht oft in anderen Diskussionen zu historischen Themen darauf hingewiesen, daß man darüber allenfalls spekulieren kann?
Ich habe - wir wissen das ja - ein etwas anderes Bild als Sie.
Ich bin wie Döring der Meinung, daß die FDP das Potential hat, zu einer dritten, wenn auch kleineren Volkspartei neben der Union und der SPD zu werden; so, wie das die Liberalen in anderen Ländern sind (in Frankreich zum Beispiel lange Zeit die UDF, die allerdings 2007 in zwei Teile zerbrach; in der Schweiz die FDP.Die Liberalen mit einem Stimmenanteil um 18 Prozent).
Das kann sie aber nur durch Sacharbeit erreichen, die breite Anerkennung findet. Daran hapert es bei den momentanen Ministern; und das ist meines Erachtens zusammen mit dem Dauerstreit mit der Union, der - zu Recht oder zu Unrecht - der FDP attribuiert wird, der Grund für den Rückgang der Zustimmung.
Das mag kurzfristig durch eine Mobilisierungskampagne wie jetzt die von Westerwelle aufgefangen werden; mittelfristig wird diese Kampagne nach meiner Überzeugung verheerende Folgen haben. Von einem Außenminister-Bonus wird Westerwelle nur noch träumen können. Übrigens frage ich mich auch, wie es eigentlich international gesehen wird, wenn ein frischgebackener Außenminister sich derart vehement am innenpolitischen Streit beteiligt. An Statur als Diplomat dürfte er dadurch nicht gewinnen.
Zitat von R.A. wir doch mal an, die aktuelle Infratest-Umfrage wäre dann auch das Wahlergebnis. Dann würde sich die FDP am Wahlabend von letztens 6% auf 10% steigern - das ist fast eine Verdoppelung. Das wäre ein Riesenerfolg, den könnte die Journaille auch nicht durch Verweis auf das noch bessere Bundestagswahl-Ergebnis kaputt reden.
Forsa gibt der FDP in einer einen Tag zuvor veröffentlichten Umfrage für NRW allerdings gegenwärtig nur 6 Prozent. Ach so, ich hatte vergessen, Forsa ...
Zitat von R.A.Gleichzeitig würde allerdings die schwarz-gelbe Regierung ihre Mehrheit verlieren. Das wäre natürlich nicht gut. Aber es wäre völlig klar, daß diese Niederlage einzig alleine der CDU anzulasten ist. Ein deutliches Signal für den Bund, daß die Anti-FDP-Kampagne der CDU der FDP nicht schadet, wohl aber massiv der CDU. Und natürlich den gemeinsamen Erfolg kaputt macht.
Ich kann das, lieber R.A., nicht so einseitig sehen. Ein Erfolg der FDP bei einem gleichzeitigen Verlust der christlich-liberalen Regierungsmehrheit wäre aus meiner Sicht eine Katastrophe für NRW; vor allem dann, wenn man Ende eine Ampel rechnerisch möglich wäre und die FDP sich darauf einlassen würde. Dann noch lieber Rotgrün mit den Kommunisten auf die eine oder andere Weise dabei; dann herrschen wenigstens klare Verhältnisse.
Zitat von R.A.Eine solche Lektion für die CDU könnte wichtiger sein als die Bundesratsmehrheit.
Da sind wir halt verschiedener Meinung. Die jetzige Dauerkrise der Regierung ist keineswegs der Union allein anzulasten; sie hat wie auch die FDP das primäre Interesse, gemeinsam gute Regierungsarbeit zu machen.
Man hat gemeinsam vieles verbockt; aus Profilierungssucht auf beiden (oder genauer auf allen drei) Seiten. Die CSU hatte ihr schlechtestes Wahlergebnis seit Jahrzehnten, die CDU ihr zweitschlechtestes seit 1949. Die FDP andererseits glaubte, mit ihrem ausgezeichneten Ergebnis im Rücken jetzt die Regierungpolitik maßgeblich bestimmen zu können. Da war der Konflikt angelegt; und es fehlte auf allen Seiten die Einsicht, daß er allen nur schaden kann.
Wenn sich diese Einsicht nicht einstellt, dann wird man eben gemeinsam untergehen; und zwar zu Recht. Zu einem Paartherapeuten können ja Parteien leider nicht gehen.
Zitat von ZettelHaben Sie, lieber R.A., nicht oft in anderen Diskussionen zu historischen Themen darauf hingewiesen, daß man darüber allenfalls spekulieren kann?
Sicher, aber spekulieren ist ja nichts Ehrenrühriges ;-) Ich halte diese meine Spekulation jedenfalls für recht realitätsnah. Denn die FDP war im Tief, nicht nur bei den Umfragen, sondern in der Stimmung von Mitgliedern und Kernwählerschaft. Und auf die kommt es an, wenn man überzeugen will. Die Medien-Kampagne mit den absurden Vorwürfen zu Hotels und Spenden etc. hat da echt Wirkung gezeigt. Ein weiteres passives Hinnehmen wäre bestimmt falsch gewesen, sachliche Entgegnungen waren eben wegen der Kampagnen-Absicht chancenlos. Man kann jetzt diskutieren, ob eine andere Reaktion besser gewesen wäre. Nur fällt mir keine geeignetere ein.
Zitat Ich bin wie Döring der Meinung, daß die FDP das Potential hat, zu einer dritten, wenn auch kleineren Volkspartei neben der Union und der SPD zu werden
Gut möglich - aber eine so große Verändungen wird nie im Konsens möglich sein. Da muß man Denkgewohnheiten aufbrechen, Streit anfangen über Punkte, die bisher allgemein akzeptiert wurden, aber eben nicht mehr richtig sind.
Zitat Das kann sie aber nur durch Sacharbeit erreichen, die breite Anerkennung findet.
Die muß auch sein, findet auch statt. Wird aber für die öffentliche Wahrnehmung nicht viel bringen.
Zitat Daran hapert es bei den momentanen Ministern ...
Dem kann ich so pauschal nicht zustimmen. Zum Beispiel macht Rösler eine gute Sacharbeit. Und wird genauso von den Medien in die Pfanne gehauen wie die anderen FDP-Minister. Während sich die CDU-Minister derzeit ziemlich alles erlauben können. Selbst die Unions-skeptischen Medien sind derzeit so durch FDP-Bashing ausgelastet, daß sie daraus nichts machen.
Zitat Das mag kurzfristig durch eine Mobilisierungskampagne wie jetzt die von Westerwelle aufgefangen werden; mittelfristig wird diese Kampagne nach meiner Überzeugung verheerende Folgen haben. Von einem Außenminister-Bonus wird Westerwelle nur noch träumen können.
Das sehe ich relativ gelassen. Solche Stimmungen ändern sich schnell wieder. Genscher war nach dem angeblichen "Verrat" 1982 einer der meistgehaßten Politiker der Republik - und galt einige Jahre später als großer Wundertäter.
Es ist richtig (und bedauerlich), daß sich einige potentielle FDP-Wähler jetzt verunsichert fühlen. Mittelfristig wäre es durchaus besser gewesen, wenn die Mobilisierungskampagne nicht nötig gewesen wäre. Aber auf sie zu verzichten wäre m.E. viel schlimmer gewesen.
Zitat Übrigens frage ich mich auch, wie es eigentlich international gesehen wird, wenn ein frischgebackener Außenminister sich derart vehement am innenpolitischen Streit beteiligt.
Das ist dem Ausland ziemlich egal. Wir achten doch auch nicht darauf, was andere Außenminister zu Hause so treiben.
Zitat Ach so, ich hatte vergessen, Forsa ...
Richtig.
Aber im Ernst: Ich habe ja nicht gesagt, daß die Infratest-Zahlen bestimmt so kommen werden. Aber wenn ein Ergebnis ungefähr so aussehen würde (und die Wahrscheinlichkeit dafür ist nicht gering), dann würde die Welt plötzlich ganz anders aussehen. Und ich könnte darauf wetten, daß die Medien dann ganz plötzlich die Schiene wechseln. FDP-Bashing wäre dann einfach nicht mehr verkäuflich, dann würden sie sich ein neues Opfer suchen (von der SPD ist z. B. kaum noch die Rede).
Zitat Ein Erfolg der FDP bei einem gleichzeitigen Verlust der christlich-liberalen Regierungsmehrheit wäre aus meiner Sicht eine Katastrophe für NRW
Richtig. Aber wenn die Wähler das nun wollen, müssen sie auch die Folgen ausbaden.
Zitat vor allem dann, wenn man Ende eine Ampel rechnerisch möglich wäre und die FDP sich darauf einlassen würde.
Wird sie nicht, da können wir gerne wieder eine Wette machen ;-)
Zitat Da sind wir halt verschiedener Meinung.
Und werden das wie üblich gut aushalten
Zitat Die jetzige Dauerkrise der Regierung ist keineswegs der Union allein anzulasten; sie hat wie auch die FDP das primäre Interesse, gemeinsam gute Regierungsarbeit zu machen.
Das sehe ich eben anders. Für die Union ist der gemeinsame Regierungserfolg derzeit völlig nebensächlich, sie verfolgt in erster Linie das strategische Ziel, die FDP als Machtkonkurrent nieder zu halten. Erst wenn sie sieht, daß das ein Eigentor wird, wird sie wieder zu normaler Regierung-Kooperation bereit sein.
Zitat Die FDP andererseits glaubte, mit ihrem ausgezeichneten Ergebnis im Rücken jetzt die Regierungpolitik maßgeblich bestimmen zu können.
Das sehe ich nicht. Die FDP war kompromißbereit - das sieht man doch am Koalitionsvertrag. Und der muß jetzt auch umgesetzt werden, genau hier verweigert sich die Union.
Und absurderweise sabotiert die Union (eben weil es ihr in erster Linie um Machtkampf geht) ausgerechnet die Themen, die sie selber vor der Wahl vertreten hat. Streit um Steinbach oder Schröders Pflegeideen wäre noch normaler Koalitionsalltag. Aber wenn die Union nun bei Steuersenkungen und vor allem der Kopfpauschale bremst, dann geht das konträr zu ihren eigenen Inhalten.
Zitat Die jetzige Dauerkrise der Regierung ist keineswegs der Union allein anzulasten; sie hat wie auch die FDP das primäre Interesse, gemeinsam gute Regierungsarbeit zu machen.
Das sehe ich eben anders. Für die Union ist der gemeinsame Regierungserfolg derzeit völlig nebensächlich, sie verfolgt in erster Linie das strategische Ziel, die FDP als Machtkonkurrent nieder zu halten.
Das haben Sie schon einmal geschrieben, lieber R.A.; kurz danach habe ich im "Spiegel" gelesen, daß offenbar viele in der FDP so denken.
Warum ich diese Sicht für falsch halte, das habe ich ja damals schon geschrieben: Der Machtkonkurrent der Union ist ja nicht die FDP, sondern die Volksfront. Gerade aus Machtinteresse hat die Union ein vitales Interesse daran, mit der FDP an einem Strang zu ziehen. Eine Große Koalition - wenn sie denn Nahles und Gabriel übernaupt wollten, was ich bezweifle - könnte allenfalls für eine Übergangszeit eine Option sein; eine längerfristige Machtperspektive bietet sie der Union nicht.
Und Schwarzgrün? Nicht mit den gegenwärtigen Grünen. Es gab kürzlich eine Umfrage - ich kann die Quelle jetzt aus dem Gedächtnis nicht mehr nennen -, die zeigt, wie weit links die Mehrheit der Grünen nach wie vor steht und wie ideologisch gefestigt man bei allen Öko-Themen ist.
Mit diesen Grünen zu regieren, die selbst Schröder nur mittels der Vertrauensfrage halbwegs bändigen konnte, wäre für die Union nachgerade selbstmörderisch; und warum sollten die Grünen das wollen?
Also bleibt auch aus der Perspektive der Union nur die christlich-liberale Koalition. Sie ist das einzig Vernünftige.
Woher also diese ständige Fingerhakelei, diese gegenseitigen Tritte ans Schienbein? Ich habe versucht, zu sagen, wie ich das sehe. Ich versuche es jetzt noch mal allgemeiner: Wenn sich Machtverhältnisse verschieben, dann gibt es meist solche Krisen. Wenn der Jungbauer den Altbauern verdrängen will; wir kennen das aus dem Heimatfilm. Wenn, um a bisserl die Ebene zu wechseln, eine Nation ihren "Platz an der Sonne" einfordert, weil sie wirtschaftlich und militärisch so mächtig geworden ist wie andere, Etablierte.
So ist es auch in dieser Koalition. Die Union muß einsehen, daß aufgrund des Wahlergebnisses die Machtverhältnisse nicht mehr so sind wie unter Kohl. Die FDP hat den berechtigten Anspruch, die Regierungspolitik stärker zu bestimmen als damals. Die FDP ihrerseits muß einsehen, daß sie immer noch der deutliche kleinere Partner ist und nicht erwarten kann, die Regierungspolitik prägen zu dürfen.
Das wird seit dem Oktober austariert; nur leider nicht wie unter vernünftigen Erwachsenen, sondern nach der Art von Buben, die sich auf dem Schulhof herumbalgen. Und drum herum stehen die Anderen und feixen.
Zitat von ZettelDer Machtkonkurrent der Union ist ja nicht die FDP, sondern die Volksfront.
Die Volksfront ist der Gegner. Aber der Hauptkonkurrent um Wählerstimmen (d.h. die Partei, bei der die Union die größten Wählerverluste befürchten muß), das ist die FDP.
Alle Ihre Koalitionsüberlegungen sind ja richtig. Natürlich ist eine Koalition mit den Grünen keine gute Option für die Union. Natürlich ist sie noch von einer großen Koalition begeistert (obwohl man oft das Gefühl hatte, die passen ganz gut zueinander). Langfristig will die Union natürlich in erster Linie mit der FDP koalieren.
Aber eben mit einer klassischen Klein-FDP. Und die Union war schon immer dazu bereit, kurzfristige Nachteile in Kauf zu nehmen, um ihre langfristige strategische Position zu verbessern.
So mal als Beispiel: 1992 hat die CDU in Baden-Württemberg lieber die ungeliebte große Koalition akzeptiert, anstatt mit den Republikanern einen inhaltlich und vom Kabinettsanteil viel vorteilhaftere Koalition einzugehen. Und das hatte nichts mit demokratischen Skrupeln zu tun. Die Reps sind keine sehr edle Partei, aber doch keine Nazis. Sie waren nicht schlimmer als die Schills, mit denen die CDU in Hamburg sehr wohl koaliert hat. Aber durch diese klare Verweigerung wurden die Reps wieder ins Abseits getrieben, ohne Aussicht auf Durchsetzung ihrer Forderungen - sie verschwanden wieder aus dem Parlament. Und die CDU bekam wieder "ihre" Wähler zurück.
Die Union agiert hier ganz anders als die SPD, die jederzeit für kurzfristige Vorteile jede strategische Überlegung über Bord wirft und damit erst die Grünen und dann die Kommunisten als Konkurrenz etabliert hat.
Zitat Die Union muß einsehen, daß aufgrund des Wahlergebnisses die Machtverhältnisse nicht mehr so sind wie unter Kohl.
Müßte sie - bisher tut sie es nicht.
Das beste Beispiel ist die Kopfpauschale. Sonst überall bin ich ja der Meinung, daß die FDP die Reformpartei ist. Aber im Gesundheitswesen war es die CDU, die die Idee der Kopfpauschale vorangebracht hat. Das war Merkels Wahlkampfschlager 2005, das hat sie hartnäckig versucht, wenigstens teilweise in der großen Koalition durchzusetzen.
Und jetzt steht sie im Koalitionsvertrag, eindeutig ein Erfolg für die Union. Und Rösler soll sie jetzt umsetzen. Und was passiert? Plötzlich kommt die lauteste Kritik an der Kopfpauschale aus der Union. Und Merkel läßt das laufen.
Das werden Sie, lieber Zettel, nicht mehr mit den üblichen Zänkereien erklären können. Wenn Merkel und die CDU ein so zentrales Element der eigenen Politik zur Disposition stellen, dann kann nur strategisches Kalkül dahinter stehen. Nämlich eben die Schwächung der FDP.
Zitat von R.A.Die Volksfront ist der Gegner. Aber der Hauptkonkurrent um Wählerstimmen (d.h. die Partei, bei der die Union die größten Wählerverluste befürchten muß), das ist die FDP.
Es bleibt aber im Lager und stellt daher kein größeres Problem dar, weil die FDP keine Alternativen besitzt, als eine Koalition mit der CDU. Das konnte man ja bei der Bundestagswahl sehen. Da ist Merkel bewusst nach links gerutscht, um die Stimmen in der "Mitte" zu sammeln und die Konservativen und Marktliberalen an die FDP zu verleihen. Solange es keine ernstzunehmende Partei rechts der CDU gibt, geht das auch einigermaßen auf.
Zitat Alle Ihre Koalitionsüberlegungen sind ja richtig. Natürlich ist eine Koalition mit den Grünen keine gute Option für die Union. Natürlich ist sie noch von einer großen Koalition begeistert (obwohl man oft das Gefühl hatte, die passen ganz gut zueinander). Langfristig will die Union natürlich in erster Linie mit der FDP koalieren. Aber eben mit einer klassischen Klein-FDP. Und die Union war schon immer dazu bereit, kurzfristige Nachteile in Kauf zu nehmen, um ihre langfristige strategische Position zu verbessern.
In NRW habe ich irgendwie das Gefühl, dass der CDU dort eigentlich egal ist, mit wem sie koalieren. Da interessiert es eher die Bundespartei (Bundesratsmehrheit), ob die FDP oder die Grünen ins Boot geholt werden. Rüttgers selber wird das wohl relativ egal sein.
Zitat So mal als Beispiel: 1992 hat die CDU in Baden-Württemberg lieber die ungeliebte große Koalition akzeptiert, anstatt mit den Republikanern einen inhaltlich und vom Kabinettsanteil viel vorteilhaftere Koalition einzugehen. Und das hatte nichts mit demokratischen Skrupeln zu tun. Die Reps sind keine sehr edle Partei, aber doch keine Nazis. Sie waren nicht schlimmer als die Schills, mit denen die CDU in Hamburg sehr wohl koaliert hat. Aber durch diese klare Verweigerung wurden die Reps wieder ins Abseits getrieben, ohne Aussicht auf Durchsetzung ihrer Forderungen - sie verschwanden wieder aus dem Parlament. Und die CDU bekam wieder "ihre" Wähler zurück. Die Union agiert hier ganz anders als die SPD, die jederzeit für kurzfristige Vorteile jede strategische Überlegung über Bord wirft und damit erst die Grünen und dann die Kommunisten als Konkurrenz etabliert hat.
Da haben Sie natürlich Recht. Nur an Schill konnte man ja z.B. erkennen, dass man ihn durch die Regierungsbeteiligung entzaubern konnte. Dadurch, dass die CDU mit den Reps keine Koalition eingegangen ist, haben sie sich aber ein Restrisiko ausgesetzt. Denn eine große Koalition hätte durchaus zu einer Stärkung und Etablierung führen können. Daher kann man sehen, dass in HH und BaWü zwei verschiedene Möglichkeiten im Umgang mit "rechter" Konkurrenz doch zum Ziel geführt haben. Neben den taktischen Fehler der SPD führte vorallem die Medienpräsenz (früher im Privatfernsehen, nun überall) und die hervorragenden Strukturen aus der DDR zu dem Erfolg der Linkspartei. Beides war den Republikanern nicht gegönnt.
Zitat Müßte sie - bisher tut sie es nicht. Das beste Beispiel ist die Kopfpauschale. Sonst überall bin ich ja der Meinung, daß die FDP die Reformpartei ist. Aber im Gesundheitswesen war es die CDU, die die Idee der Kopfpauschale vorangebracht hat. Das war Merkels Wahlkampfschlager 2005, das hat sie hartnäckig versucht, wenigstens teilweise in der großen Koalition durchzusetzen. Und jetzt steht sie im Koalitionsvertrag, eindeutig ein Erfolg für die Union. Und Rösler soll sie jetzt umsetzen. Und was passiert? Plötzlich kommt die lauteste Kritik an der Kopfpauschale aus der Union. Und Merkel läßt das laufen. Das werden Sie, lieber Zettel, nicht mehr mit den üblichen Zänkereien erklären können. Wenn Merkel und die CDU ein so zentrales Element der eigenen Politik zur Disposition stellen, dann kann nur strategisches Kalkül dahinter stehen. Nämlich eben die Schwächung der FDP.
Es steht ein strategisches Kalkül dahinter, aber nicht die Schwächung der FDP. Das Kalkül liegt darin bloß keine Position zu beziehen und nirgends anzuecken. Die Reformen sollen möglichst "Sozial gerecht" gestaltet werden, weil man die Stimmen aus der Mitte will. Das haben Merkel und "Muttis Lieblinge" ja unmissverständlich erklärt. Dadurch stärkt man aber langfristig die FDP, weil die enttäuschten Wähler der CDU sonst nirgends hin können.
Zitat von R.A.Sonst überall bin ich ja der Meinung, daß die FDP die Reformpartei ist. Aber im Gesundheitswesen war es die CDU, die die Idee der Kopfpauschale vorangebracht hat. Das war Merkels Wahlkampfschlager 2005, das hat sie hartnäckig versucht, wenigstens teilweise in der großen Koalition durchzusetzen.
Und jetzt steht sie im Koalitionsvertrag, eindeutig ein Erfolg für die Union. Und Rösler soll sie jetzt umsetzen. Und was passiert? Plötzlich kommt die lauteste Kritik an der Kopfpauschale aus der Union. Und Merkel läßt das laufen.
Das werden Sie, lieber Zettel, nicht mehr mit den üblichen Zänkereien erklären können. Wenn Merkel und die CDU ein so zentrales Element der eigenen Politik zur Disposition stellen, dann kann nur strategisches Kalkül dahinter stehen. Nämlich eben die Schwächung der FDP.
"Kann nur ..." stimmt historisch selten, lieber Geschichtswissenschaftler R.A.
Man kann das Handeln von Akteuren in aller Regel unterschiedlich erklären. Hier liegen die alternative Erklärungen auf der Hand:
Erstens geht der Widerstand gegen die "Kopfpauschale" (wann findet ähnlich jemand ein weniger bescheuertes Wort?) vor allem von der CSU aus. Diese hatte ihre frühere absolute Mehrheit ihrem populistischen Image verdankt; sie war eben auch eine Arbeitnehmerpartei. Das ist seit den letzten Landtagswahlen in Frage gestellt; weniger die FDP als die Freien Wähler machen populistisch Konkurrenz. Also muß sich die CSU arbeitnehmerfreundlich geben. Das tut Seehofer mit Hingabe; er war ja auch schon als Gesundheitsminister nicht für die Kopfpauschale gewesen, wenn ich mich recht erinnere.
Zweitens ist ja auch die CDU strategisch nach links gerückt; diesem Umstand verdankt Schwarzgelb den Wahlsieg. Die Gegner einer Kopfpauschale, die es auch 2005 schon in der Union gab, haben dadurch jetzt eine stärkere Position.
Und drittens gibt es den offensichtlichen Gesichtspunkt, daß ein Modell, das die Staatskasse zusätzlich belastet, vielleicht nicht unbedingt in der jetzigen Finanzsituation durchgesetzt werden sollte.
Sie mögen finden, lieber R.A., daß diese Erklärungen für das Verhalten der Union nicht überzeugend sin d. Aber daß es eine mögliche Erklärung ist und somit die Ihrige nicht die einzig mögliche - das werden Sie doch vielleicht einräumen?
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