Ich fand diesen Beitrag von Dirk im Thierse-Thread so wichtig, daß ich bei ihm angefragt habe, ob er daraus nicht einen Gastbeitrag in ZR machen wollte.
Ein kleiner, bescheidener, aber energischer Zwischenruf zu einem hervorragenden Beitrag
Zitat Was jedoch fast gänzlich fehlt, ist die zweite Dimension: Die Frage nach der Legitimität und Illegitimität von Handlungen. Was gut ist, ist nicht automatisch auch zulässig. Und umgekehrt: Was man schlecht findet, muss man nicht unbedingt mit Gewalt unterdrücken. Das ist die Idee der Toleranz.
Dieser Satz spiegelt zu einem sehr grossen Teil mein eigenes Verstaendnis* von Liberalitaet, von Rechtsstaatlichkeit, von rule of law wieder. Mir ist das schlichte Wort 'Toleranz' daher zu schwach. -> Das ist die Idee von Liberalismus, von liberaler Moral, von Rechtsstaatlichkeit, von - wenn man den Begriff mag - natuerlicher Ordnung.
*Ich war versucht hier 'Politik' zu schreiben, aber Politik ist etwas anderes. Es ist die Wissenschaft vom Durchsetzen eigener Ziele.
Zitat Offenbar unterscheiden viele Bürger und Politiker nur auf der moralischen Dimension, nur zwischen "gut" und "schlecht", und erwarten vom Staat, daß er sein Handeln daran orientiert: Was gut ist, das muss staatlich verordnet, mindestens aber subventioniert werden; seien es Kindertagesstätten oder Energiesparlampen. Und was schlecht ist, das gehört verboten - je nach Couleur Burka, Diskriminierung, Killerspiele, Rauchen oder Fast Food.
Ich stimme Ihnen vollkommen zu, lieber Dirk. Die moralische Dimension prinzipiell über alle anderen Kriterien der Beurteilung menschlichen Handelns zu stellen, ist tatsächlich eine vor allem in Deutschland heute sehr weit verbreitete Haltung, die man vielleicht als "Gutmenschentum" bezeichnen kannn, solange niemand ein besseres Wort vorschlägt. Ich habe zu dem Thema einen Beitrag verfasst, der zu lang ist, um ihn hier einzufügen. Deshalb füge ich ihn als Anhang bei. Mich würde Ihre Ansicht dazu interessieren.
Bevor mir Fragen oder Ergänzungen beim zweiten und dritten Lesen einfallen ... darf ich mir die Datei kopieren? Ihr Einverständnis vorausgesetzt, würde ich den Text in meinen persönlichen Argumentationsspeicher übernehmen.
Mit besten Grüßen, Calimero
---------------------------------------------------- Mein derzeitiger Avatar bezeugt meine Solidarität mit unseren Jungs, die derzeit in irgendwelchen politisch-medial nicht unterstützten Kriegen verheizt werden. Das Truppenabzeichen im Hintergrund ist das des Fallschirmjägerbataillons 373, dem ich mich persönlich stark verbunden fühle. Kameraden, Glück ab!
Zitat Bevor mir Fragen oder Ergänzungen beim zweiten und dritten Lesen einfallen ... darf ich mir die Datei kopieren? Ihr Einverständnis vorausgesetzt, würde ich den Text in meinen persönlichen Argumentationsspeicher übernehmen.
Ich freue mich über ihre Zustimmung, lieber Calimero, und habe natürlich nichts dagegen, dass Sie die Datei kopieren, sonst hätte ich sie ja auch nicht frei verfügbau in ZR eingestellt. Ich wäre sehr an Fragen und Ergänzungen interessiert. Sie können mir das Doument auch gerne mit Anmerkungen zuschicken. Das gilt natürlich für alle anderen ZR-Leser ebenfalls.
GM ist mE kein Massenphänomen, sondern eher ein Wohlfühlhobby der "schwatzenden Zunft", bzw. notwendige Attitüde für gesellschaftlich Überlebenswillige. Die Unterschicht interessiert sich für Gutmenschentum garantiert nicht, die arbeitende (wertschaffende) Bevölkerung macht sich darüber lustig, bzw. kann nur noch den Kopf schütteln. Übrig bleiben lediglich Angehörige von peer-groups (Studenten, Lehrer, im Fokus der Gesellschaft stehende), die auf keinen Fall den angeblich herrschenden Common-sense verlassen dürfen.
Gerade in Blogs merkt man, wieviele offensichtlich intelligente und unabhängige Menschen sich ihrem Herzen Luft machen wollen und diesen ganzen GM-Kram nur noch zum Teufel wünschen. Offen auftretende GM's sind entweder jung und von Eltern und Gesellschaft finanziert, oder sie hängen am staatlichen Transfertropf bzw. müssen sich keine finanziellen Sorgen machen.
Gutmenschentum widerspricht diametral dem gesunden Menschenverstand mit all seinen Vorurteilen und althergebrachten Gruppenwissen. So ein Hobby muss man sich leisten können, ein Massenphänomen ist es IMHO nicht.
Beste Grüße, Calimero
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Zitat GM ist mE kein Massenphänomen, sondern eher ein Wohlfühlhobby der "schwatzenden Zunft", bzw. notwendige Attitüde für gesellschaftlich Überlebenswillige. Die Unterschicht interessiert sich für Gutmenschentum garantiert nicht, die arbeitende (wertschaffende) Bevölkerung macht sich darüber lustig, bzw. kann nur noch den Kopf schütteln.
Ich stimme Ihnen zu, lieber Calimero, dass die Unterschicht wenig Interesse an GM hat. Daraus folgt aber leider nicht, dass es sich nicht um ein Massenphänomen handelt. Die Masse der deutschen Bevölkerung gehört nämlich nicht zur Unterschicht. Ich habe täglich mit Leuten zu tun, die starke GM-Tendenzen aufweisen und nicht zur "schwatzenden Zunft" gehören. Ich diskutiere z. B. fast täglich in unserer Kantine mit einem technisch hochqualifizierten, fleißigen und sehr intelligenten Arbeitskollegen, der meistens die GM-Positionen vertritt. Woher kommt denn die tiefe Abneigung der Mehrheit der Bevölkerung gegen den früheren US-Präsidenten George W. Bush, woher die Liebe zu Obama? Warum hat die SZ mehr Leser als die FAZ? Warum hat Rot-Rot-Grün eine Mehrheit gegen Schwarz-Gelb? Warum wird die Abgrenzung zwischen Schwarz und Grün immer unschärfer? Warum glauben die meisten Leute Greenpeace viel eher als einem Ölkonzern? Machen wir uns nichts vor, lieber Calimero: GM ist in Deutschland die einflussreichste geistige Strömung, von der gerade die am besten ausgebildeten Menschen, nicht nur iunn den Medien (wenn auch dort besonders) am stärksten betroffen sind. Wer dazu beitragen will, dass sich das ändert, sollte versuchen, das Phänomen besser zu verstehen. Dazu möchte ich mit meiner "Kleinen Theorie" beitragen.
Zitat von Abraham GM ist in Deutschland die einflussreichste geistige Strömung, von der gerade die am besten ausgebildeten Menschen, nicht nur iunn den Medien (wenn auch dort besonders) am stärksten betroffen sind.
Zustimmung. Die einflussreichste Strömung derzeit ja, aber ... Noch! Ich sehe die GM-Ideologie mittlerweile auf einem absteigenden Ast. Ihre Kantinen-Schilderung könnte auch auf mich passen, und das ist vielleicht erst 6-8 Jahre her. Damals war ich auch voll auf dem GM-Trip und habe in Wirtschaft und Establishment immer etwas latent Böses gesehen. Am Kneipentresen, in der Teeküche auf der Arbeit oder dem Dorfstammtisch wähnte ich mich im Besitz der einzigen Wahrheit, denn ich war ja Spiegel-Leser und bestens informiert. Ich wusste, was gut ist.
Das "Volk", oder selbstständige Unternehmer wussten damals auch, dass ich eigentlich Quatsch rede, sobald ich den Horizont des gesunden Menschenverstandes überschritt, aber ich, der Gutmensch, war halt renitent. Irgendwann haben es die GM-Apologeten aber übertrieben mit ihren ganzen Gedöns-Beauftragten und Sozialklempnern. Immer und überall wird (nicht vorhandenes) Geld hingeschaufelt, ohne auch nur ein einziges Problem zu lösen. Stattdessen tauchen immer mehr staatlich alimentierte Doppelnamen-Frauen mit hässlichen Frisuren auf, die eine Welt ohne, ohne, ohne ... verwirklichen wollen. Widerlich.
Die Masse sieht das ebenso. Bevor bei mir der Knoten geplatzt ist sah sie, die Masse, es schon genau so. Und, die Masse ... das sind nicht die gebildeten Akademiker, diese sind lediglich Multiplikatoren (welche sich eventuell einfach nur aus reiner Existenzangst opportun verhalten).
Blogs wie dieser, oder auch diverse andere, erreichen immer mehr Menschen ... und das sind die Multiplikatoren der Gegenwart und Zukunft. Die GM haben ihr Blatt einfach überreizt. Außerhalb der "Eliten" lacht man nur noch über sie. Sarrazzin, Buschkowsky, Henkel, Slotterdijk und Bolz sind nur die ersten, die das GM-Schiff verlassen haben. Der Lappen ist ausgewrungen.
Beste Grüße, Calimero
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Zitat -------------------------------------------------------------------------------- GM ist in Deutschland die einflussreichste geistige Strömung, von der gerade die am besten ausgebildeten Menschen, nicht nur iunn den Medien (wenn auch dort besonders) am stärksten betroffen sind.
Zustimmung. Die einflussreichste Strömung derzeit ja, aber ... Noch! Ich sehe die GM-Ideologie mittlerweile auf einem absteigenden Ast.
Um Prognosen für die weitere Entwicklung wagen zu können, bräuchten wir eine GM-Theorie, die weit über meine bescheidenen Versuche hinausgeht, lieber Calimero. Wir müssten viel genauer wissen, woher diese Ideologie kommt, welches die sozialen Triebkräfte sind. Ich denke, dass wir davon nur eine vage Vorstellung haben. Und das ist kein Wunder, weil gerade die Sozialwissenschaftler, die eine solche Analyse leisten könnten, selbst sehr stark vom "GM-Virus" betroffen sind.
Ich sehe zwar auch Hoffnungsschimmer, etwa eine etwas kritischere Berichterstattung über die angeblich drohende "Klimakatastrophe", aber keine eindeutige Anti-GM-Tendenz. Gewiss gibt es Anti-GM-Blogs. Aber haben Sie einen Überblick darüber, wieviele GM-Blogs es gibt, wieviele tägliche Zugriffe sie haben etc.? Aus dem oben genannten Grund hat so etwas wohl noch niemand untersucht.
vielen Dank für das Lob und Ihren Text. Ich sehe es so wie Sie, GM füllt die Lücke, die durch die schwindenden Bedeutung der Religionen entstanden ist. Moralische Argumente haben den Vorteil, dass man sie als nicht mehr rechtfertigen muss, sie werden nicht mehr zur Diskussion gestellt und im Kaffeeklatsch wie auf Coktail-Parties wird man nur Zustimmung ernten. Sie dienen dazu ein harmonisches Weltbild zu erzeugen, in dem jeder einer Meinung ist und jeder das gleiche Ziel anstrebt. Sprich in dem es so etwas gibtg wie einen universellen Lebenssinn. Das alles wäre ja nicht weiter schlimm, wenn nicht, wie Sie schreiben, die Ziele widersprüchlich wären und die Mittel (Staat vor privat) oftmals ungeeignet.
Ich habe auch keine schlüssige GM-Theorie anzubieten, lieber Abraham, aber ich sehe Strömungen die parallel zur Gutmenschitis verlaufen.
Erstens die Infantilisierung der Gesellschaft. Forever young, forever naiv möchte man meinen. Viele von uns können sich mittlerweise den Luxus leisten, ihre Kindheit und Adoleszenz bis zur Lebensmitte hin auszuweiten. Erwachsensein ist nicht erstrebenswert, weil es das Tor zum Altern aufstößt (ich nehme mich da nicht aus!). Damit geht auch eine gewisse Blauäugigkeit einher, indem man sich seine Kindheits- und Jugendträume bewahren kann. GrünenpolitikerInnen sind da das beste Beispiel.
Man wird heut halt nicht mehr zwangsläufig mit 16, oder 18 Jahren ins kalte Wasser der Verantwortung für sein Leben geschmissen. Sogar mit 25 wird teilweise noch das Jugendstrafrecht angewandt, man kann mit Anfang/Mitte 30 noch locker Student sein etc. Der Staat, die Eltern, die Gesellschaft puffern ja alles schon irgendwie ab. Wer möchte da nicht solange wie möglich sorgloses Kind sein?
Zweitens: Die Verweiblichung der Gesellschaft. Wir leben seit über 60 Jahren in Frieden. Der Mann als Beschützer seiner Familie oder der Gemeinschaft ist nicht mehr gefragt. Auch als Ernährer hat er weitgehend ausgedient, denn im Zweifelsfall springt ja der Staat ein. Die Bedeutung des Mannes wurde also marginalisiert, während die der Frau dramatisch angestiegen ist. Damit einher geht natürlich die Aufwertung der Stärken der Frau, sprich ihrer Kommunikationstalente. Konflikte sollen weggeredet werden, für jeden offensichtlichen Fall von Regelübertretung soll ein Sozial- irgendwas - Berater/Coach/Arbeiter geholt werden etcpp.
Anekdote am Rande: Während meiner Meisterschule sagte mir der Personalführungsdozent wörtlich (wenn auch mit spöttischem Unterton): Sollte dir ein Mitarbeiter mal so richtig auf den Sack gehen, dass du ihm am liebsten einen in die Fresse hauen würdest - nimm ihn in den Arm.
Fazit: Solange es uns gut geht, können wir uns große Kinder und übermächtige Frauen leisten (wobei diese selbst den ganzen (z.B. Gender-)Quatsch auch nicht ernst nehmen, es sei denn, sie arbeiten bei der "schwatzenden Zunft"). Sollte es aber eine wirkliche Krise geben, wird die Verniedlichungs- und Euphemismustretmühle der GM zum Stillstand kommen und wir werden vor einem gesellschaftlichen Scherbenhaufen stehen, wenn wir feststellen, dass wir nur noch erwachsene Kinder, sich selbst nachhaltig überschätzende Frauen und Männer im aufgezwungenen Drohnenstatus an Bord haben.
Beste Grüße, Calimero
P.S. An alle mitlesenden Damen: Ich will euch nicht, aber auch garnicht beleidigen. Im Gegenteil, erst diverse Mädels haben mir diese Gedankengänge eingegeben. Starke Frauen wollen starke Männer, keine weichgespülten Guties.
P.P.S. @Dirk: Ein toller Gastbeitrag!
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Zitat Erstens die Infantilisierung der Gesellschaft. Forever young, forever naiv möchte man meinen. Viele von uns können sich mittlerweise den Luxus leisten, ihre Kindheit und Adoleszenz bis zur Lebensmitte hin auszuweiten. Erwachsensein ist nicht erstrebenswert, weil es das Tor zum Altern aufstößt (ich nehme mich da nicht aus!). Damit geht auch eine gewisse Blauäugigkeit einher, indem man sich seine Kindheits- und Jugendträume bewahren kann. GrünenpolitikerInnen sind da das beste Beispiel.
Tut mir Leid, lieber Calimero. Solche Gutmenschen gibt es sicher auch, aber ich habe einige Beispiele vor Augen, für die das absolut nicht zutrifft, Leute, die durchaus tüchtig, fleißig und engagiert sind, Kinder haben und diese erfolgreich großgezogen haben bezw dabei sind, das zu tun. Man kann ihnen wirklich nicht vorwerfen, noch immer infantil zu sein. Ich glaube nicht, dass sich eine starke positive Korrelation von GM und Infantilität nachweisen ließe. Ist Heribert Prantl (Süddeutsche Zeitung, für mich Inbegriff eines Gutmenschen) infantil? Sicher nicht.
Zitat Zweitens: Die Verweiblichung der Gesellschaft. Wir leben seit über 60 Jahren in Frieden. Der Mann als Beschützer seiner Familie oder der Gemeinschaft ist nicht mehr gefragt. Auch als Ernährer hat er weitgehend ausgedient, denn im Zweifelsfall springt ja der Staat ein. Die Bedeutung des Mannes wurde also marginalisiert, während die der Frau dramatisch angestiegen ist. Damit einher geht natürlich die Aufwertung der Stärken der Frau, sprich ihrer Kommunikationstalente.
Das scheint mir schon eher ein Teil der Erklärung zu sein. Wer abgesehen von Kinder-Prügeleien noch nie im Leben Gewalt angewendet hat oder damit konfrontiert wurde (wie ich z. B.), wird wahrscheinlich eher zu GM neigen, als jemand, der Gewalt häufig kennengelernt hat. Ich glaube aber nicht, dass dies eine ausreichende Erklärung für GM als Massenphänomen ist, denn GM gibt es nur in westlichen Gesellschaften in großem Umfang. Die Japaner haben z. B. ebenso lange keinen Krieg geführt wie die Deutschen. Trotzdem spielt dort GM meines Wissens keine vergleichbare Rolle wie bei uns. Andererseits haben die USA in den letzten Jahrzehnten Kriege geführt. Trotzdem ist das GM-Denken bei einem großen Teil der Bevölkerung verbreitet.
Einige GM fördernde Faktoren sind m. E.: - Überfluss: kein Kampf mehr ums Überleben - Rückgang der jenseitsorientierten Religionen und Diskreditierung von Nationalismus und Kommunismus als diesseitiger Heilslehren: Bedarf nach einer überzeugenderen diesseitigen Heilslehre - "Eine Welt" durch die Medien: echte Probleme von Armut und Umweltzerstörung werden viel sichtbarer, als das früher der Fall war
Pi mal Daumen würde ich sagen, dass auf dem Humus der westlich-abendländischen Kultur (und nur dort!) vor allem diese Faktoren (neben dem von Ihnenn genannten Faktor des Verschwindens der unmittelbaren Gewalterfahrung) etwa ab den 1960er Jahren zur Ausbreitung von GM geführt haben.
Das ist offensichtlich nur eine sehr vage Vorstellung. Vor allem erlaubt sie es kaum, Prognosen für die Zukunft abzuleiten. Dass GM vor allem durch die Vermehrung von Anti-GM-Blogs wie "Zettels Raum" der Garaus gemacht wird, glauben Sie sicher auch nicht.
Weil ich nicht mehr weiß, habe ich mich in meiner "Kleinen Theorie" darauf beschränkt, eine Definition von GM vorzuschlagen und einige Aussagen über die Problematik von GM daraus abzuleiten. Ich hoffe, dass klügere Leute als ich weiter gehen werden.
ich habe mir Ihren Beitrag durchgelesen. Er enthält einige richtige Aussagen, vor allem zu den Entstehungsbedingungen dieses Phänomens. Rückgang der Religion, Wohlstand aber nicht Reichtum.
Was ist denn der Unterschied zwischen guten Menschen und Gutmenschen?
Gutmenschen ereifern sich über die und das, aber sie handeln nicht. Andere Menschen, die Probleme und Mängel erkannt haben, handeln. Sie antworten auf eine gesellschaftliche Nachfrage, die manchmal nur wenigen bewußt ist, mit einem Angebot. Das ist auch gegenwärtig der Fall. Viele Themen, die Gutmenschen bewegen, aber nur ihr Herz und ihre Stimme, bewegen Unternehmende zu Handlungen. Sie unternehmen. Gutmenschen liegt mehr das Reden, sie lassen unternehmen. Man delegiert. Man ist ja voll humaner Wärme. Aber doch nicht zu voll. Alles mit Maßen mit Weile und vor allem ohne ihr Zutun. Sie sehen sich um nach einem staatlichen oder privaten Kümmerer, an dem sie und Andere ihren Ablass zahlen. Dann konsumiert man beglückt, wie die Kümmerer sich um die Bekümmerten sorgen. Aus der sicheren Entfernung, so daß nur ein Abbild, aber kein Bild des Kümmerns der Kümmerer entsteht. Eben eine Wunschvorstellung, wie das Kümmern aussehen sollte. Ob es wirklich so ist, interessiert dann weniger, denn man ist ja schon beim nächsten Thema.
Es ist wirklich eigenartig. Jeder kennt mindestens einen Gutmenschen. Die Unternehmenden, die über die Themen der Gutmenschen nicht reden, sondern pragmatisch handeln und Unternehmen aufbauen, kennt kaum jemand. Diese Menschen interessieren weder die Gutmenschen noch ihre Kritiker.
Eigennutz steht der Hilfe anderer nicht entgegen. Der Eigennutz kann gerade das Motiv für das Helfen sein. Adam Smith half ja auch Menschen, die recht arm waren. Aber im Gegensatz zu den Heutigen, die Geld spenden, kannte er die Menschen, die er unterstützte. Der arme Neffe, der auf eine reiche Erbschaft gehofft hatte.
Ich habe in meinem Leben schon viele Biographien von Unternehmern gelesen. Die Wenigsten von Ihnen wurden Unternehmer, um reich zu werden. Das war das Ergebnis ihres unternehmerischen Handeln. War die Möglichkeit reich zu werden, der Antrieb? Selten. Eine Vorstellung von Unternehmen zu verwirklichen, das war der Antrieb. Produkte, Verfahren, Dienstleistungen in die Welt zu bringen, die zu Beginn der Laufbahn nur im Kopf des Unternehmenden existierten. Das sind Antriebe. Interessant am Reichtum ist doch weniger der Reichtum an sich. Es ist Handlungsfreiheit als Unternehmer, das nicht mehr abhängig sein müssen von Geldgebern. Das ist der Nutzen des Reichtums für einen Unternehmenden.
Es ist vielleicht kennzeichnend für die gegenwärtige Zeit, Unternehmer zu werden, um Jahrzehnte später von seinem Reichtum leben zu können. In der Finanzwirtschaft ist das sicherlich möglich. Woanders könnte man mit dieser Einstellung scheitern.
Libero
Man sollte vorsichtig sein in der Wahl seiner Feinde: Früher oder später wird man ihnen ähnlich.
so interessant die bisherige Diskussion in diesem Thread ist - sie scheint mir den Kerngedanken Ihres Artikels eigentlich zu verfehlen.
Dieser ist, wenn ich ihn richtig verstehe: Staat und Gesellschaft sind zwei verschiedene Ebenen.
In der Gesellschaft kann man vieles gut finden oder ablehnen; es ist dann eine Frage der Diskussion, wer am Ende welcher Meinung zuneigt. Er hat das Recht, das in seinem Umfeld - also privat - zu realisieren zu versuchen, was ihm wünschenswert erscheint.
Lifestyle heißt das heutzutage. Jemand kann fromm oder ungläubig sein, ein Nationalist oder ein Internationalist, ein Öko oder ein Energieverschwender, ein Homosexueller oder ein Voyeur, ein Anhänger Schopenhauers oder von Bayern München: Nichts davon geht den Staat an.
Denn der hat nur dafür zu sorgen, daß alle gedeihlich zusammenleben können. Er ist der Nachtwächter.
Der Staat - so verstehe ich Sie, und so sehe ich es auch - hat überhaupt nicht die Aufgabe, irgend etwas durchzusetzen, was denen, die gerade die Mehrheit stellen, wünschenswert erscheint. Denn es gibt ja immer andere, denen das gar nicht wünschenswert erscheint.
Der Staat ist ein Schiedsrichter, der für einen regelkonformen Ablauf der gesellschaftlichen Prozesse sorgen sollte. Aber ein Schiedsrichter, der Partei ergreift, ist ein miserabler Schiedsrichter.
es ist richtig, der Staat ist der Schiedsrichter. Nicht nur der Nachwächter.
Ein ranghohes Mitglied des Staates ist zu allererst Schiedsrichter. Er ist natürlich auch Bürger und damit nicht nur Schiedsrichter, sondern auch Mitspieler. Aber eins darf er nicht. Er darf nicht die Regeln mißachten, deren Einhaltung er als Schiedsrichter zu überwachen hat. Das ist wie beim Eltern-Kinder Verhältnis. Der Vater, die Mutter, die von den Kindern etwas fordert, was sie selbst mißachtet, wird nicht geachtet und zwar zu recht.
Ein Schiedsrichter darf andere Schiedsrichter nicht behindern, die Einhaltung der Regeln gegen ihn als Mitspieler durchzusetzen. In der Situation ist er nicht nur der Bürger.
Ich sehe ja die besagten Herren der Gegenpartei gelegentlich. Ich habe nicht den Eindruck, daß ihre Bereitschaft zur Einhaltung von Regeln sonderlich ausgeprägt sind. Außer natürlich und da sind sie eisern, es handelt sich um IHRE Regeln. Das ist bei den Linksextremen nicht anders. Erste Regel ist auf beiden Seiten. Die Regeln der Bürger gelten für uns nicht. Das haben sie mit vielen Bürgern gemeinsam.
Veränderungen in der Gesellschaft finden nicht durch Diskussionen und schon gar nicht durch Meinungsänderungen statt. Dazu sind die meisten Menschen auch gar nicht in der Lage, durch neue Informationen ihre Meinung zu überdenken und dann gar zu ändern.
Übrigens unterschätzen die meisten Menschen die Bedeutung des Nachwächters. Die größte Gefahr einer mittelalterlichen Stadt war der Stadtbrand. Viele Städte sind durch Unachtsamkeit beim Umgang mit Feuer abgebrannt. Nicht umsonst gab es bei vielen Städten außerhalb der Stadtmauern Scheunenviertel, in denen die leichtbrennbaren Güter gelagert wurden.
Libero
Man sollte vorsichtig sein in der Wahl seiner Feinde: Früher oder später wird man ihnen ähnlich.
Zitat Was ist denn der Unterschied zwischen guten Menschen und Gutmenschen?
Gutmenschen ereifern sich über die und das, aber sie handeln nicht. Andere Menschen, die Probleme und Mängel erkannt haben, handeln. Sie antworten auf eine gesellschaftliche Nachfrage, die manchmal nur wenigen bewußt ist, mit einem Angebot.
Solange es keine allgemein anerkannte Definition gibt, was unter GM zu verstehen ist, steht es natürlich jedem frei, lieber Libero, unter GM zu verstehen was er will. Sinnvoll ist meiner Ansicht nach aber nur eine Definition, die GM von anderen Phänomenen deutlich abgrenzt. Bei Ihrer Definition ist das nicht der Fall. Außer GM-Anhängern gibt es viele andere Menschen, die sich "über dies und das ereifern, aber nicht handeln".
In meinem Papierchen habe ich eine andere Definition gegeben:
"GM ist das Bestreben, moralischen Zielen auf allen Gebieten Priorität einzuräumen, eigennützige Ziele gar nicht oder nur mit sehr niedrigem Stellenwert gelten zu lassen und für die Durchsetzung der Ziele nur moralisch unangreifbare Mittel einzusetzen. Ein Gutmensch ist eine Person, die mit sich selbst nur im Einklang steht, soweit sie das aus ihrer Sicht wirklich praktiziert, und ansonsten unter Gewissensbissen leidet.
.....
"Ein Gutmensch ist nach dieser Definition also nicht jeder Mensch, der eines oder mehrere der GM-Ziele besonders engagiert vertritt, sondern nur jemand, der prinzipiell GM-Zielen Priorität gibt, eigennützige Ziele geringschätzt und für die Durchsetzung der GM-Ziele nur GM-Mittel einzusetzen bereit ist."
Wenn ich die GM-Anhänger, die ich kenne, Revue passieren lasse, ist das eine Definition, die passt und sie tatsächlich von anderen Menschen abgrenzt. Bevor man diskutiert, wie GM entsanden ist und welche Probleme es damit gibt, sollte man m. E. erst einmal diese Frage klären, was es denn überhaupt ist.
Zitat von Liberoes ist richtig, der Staat ist der Schiedsrichter. Nicht nur der Nachwächter.
Sie haben Recht, das ist nicht dasselbe. Aber die beiden Metaphern beleuchten aus meiner Sicht die beiden Funktionen, die der Staat aus liberaler Sicht haben sollte: Diejenige des Polizisten und diejenige des Richters. Er muß dafür sorgen, daß sich alle an die Spielregeln halten, und er muß diese auslegen, wenn es darüber Streit gibt.
Zitat von LiberoVeränderungen in der Gesellschaft finden nicht durch Diskussionen und schon gar nicht durch Meinungsänderungen statt. Dazu sind die meisten Menschen auch gar nicht in der Lage, durch neue Informationen ihre Meinung zu überdenken und dann gar zu ändern.
Das sehe ich anders. Wie sonst sollten Veränderungen stattfinden? Marx hatte die naive Vorstellung, daß irgendwie schon der Überbau hinter den eigentlichen, also den ökonomischen Veränderungen hinterherhinken würde. Aber es gibt keinen Hinweis darauf, daß das so ist. Wir Menschen haben ein Weltbild, das offen für ständige Revision ist; vielleicht einer der evolutionären Vorteile, die uns hat überleben lassen. Die Revision findet in der Regel im Gespräch mit anderen statt.
Zitat von LiberoÜbrigens unterschätzen die meisten Menschen die Bedeutung des Nachwächters. Die größte Gefahr einer mittelalterlichen Stadt war der Stadtbrand. Viele Städte sind durch Unachtsamkeit beim Umgang mit Feuer abgebrannt. Nicht umsonst gab es bei vielen Städten außerhalb der Stadtmauern Scheunenviertel, in denen die leichtbrennbaren Güter gelagert wurden.
Daher also kommt dieser Begriff? Zu meinem Vergnügen beim Lesen Ihrer Beiträge, lieber Libero, gehört es, solche interessanten Details zu erfahren.
Zitat von LiberoVeränderungen in der Gesellschaft finden nicht durch Diskussionen und schon gar nicht durch Meinungsänderungen statt.
In Demokratien stellt dieses Vorgehen (Diskussionen und Meinungsänderung) den einzig sinnvollen Weg zu Veränderungen dar. Wo dies nicht klappt, führt es geradewegs Richtung Hölle.
Uwe Richard
-- Political language – and with variations this is true of all political parties, from Conservatives to Anarchists – is designed to make lies sound truthful and murder respectable, and to give an appearance of solidity to pure wind – George O.
so interessant die bisherige Diskussion in diesem Thread ist - sie scheint mir den Kerngedanken Ihres Artikels eigentlich zu verfehlen.
Dieser ist, wenn ich ihn richtig verstehe: Staat und Gesellschaft sind zwei verschiedene Ebenen.
Lieber Zettel, auf die Trennung zwischen Staat und Gesellschaft würde ich in der Tat gerne hinaus. Ich halte das für die entscheidende gegenwärtige Herausforderung. Früher, als man die Kirche mit größerer Berechtigung als Repräsent der Gesellschaft ansehen konnte, genügte die die Trennung von Staat und Religion. In der heutigen Zeit aber reicht das nicht mehr aus. (Hier wäre es interessant zu erfahren inwieweit die Trennung von Staat und Religion von Bedeutung war weil sie neben den Kirchen auch den Staat entmachtete). Im öffentlichen Raum dominieren - weit mehr als in den USA - Politiker. Repräsentanten der Gesellschaft, Kirchen, Persönlichkeiten tauchen mir zuwenig auf und wenn, dann sind es Liedermacher oder Theatermacher oder Schauspieler - Gutmenschen halt.
Der Beitrag selber aber beschäftigte sich eher mit den Vorbedingungen für eine solche Trennung, nämlich die Einsicht, dass moralische Antworten, die ich zum großen Teil spärer auf der Ebene der Gesellschaft verorten würde, etwas anderes sind als solche die durch ein amoralsiches, weil formales, politisches Verfahren gewonnen werden - und es eine zweite Frage ist, ob man moralische Ansichten auch politisch, also mit Gewalt durchsetzen möchte. Meiner Meinung nach bestehen hier schon kognitive Schwierigkeiten (polemisch (in der von der NRW-Wahl beeinflussten Stimmung) könnte ich sagen "Das geht in ein SPD Hirn nicht herein")
Übrigens habe ich heute wieder etwas gelernt. Ich war zum ersten Mal seit vielen Jahren wieder im Phatasialand, einem Vergnügungspark mit Achter- und Geisterbahnen. Ich merkte, dass mir all die rasanten Achterbahnfahrten gar keinen Adrenalin-"kick" mehr geben. Die Attraktionen nehme ich als Kuriosität zur Kenntnis - mehr aber nicht. Früher war das, und das ist das, was mich so erstaunte, ganz ganz anders. Erst dachte ich, mit mir sei irgendetwas nicht in Ordnung, vielleicht hatte ich mich noch nicht vom Alkohol vom Vorabend erholt, aber den anderen ging es genauso. Ein ähnliches Erlebnis hatte vor kurzem als ich eben nicht erschrak als ein großer Hund auf mich zustürmte. Offenbar gibt es einen Sinn für mögliche Gefahren und Adrenalin und Gefühle prägen dann die Wahrnehmung. Sie sensibilisieren für potenzielle Gefahrenquellen. Bei Kindern ist das viel extremer ausgeprägt, Erwachsene sind da ruhiger. Aber es wird sehr große Unterschiede geben. Zum Beispiel verstehe ich nicht, warum Westwelle bei vielen so schlecht ankommt, während ich bei Renate Künast oder Sigmar Gabriel teilweise Ekel spüre.
Was ich sagen will, ist, dass vieles von Wahrnemungsmustern abhängt, von Denkkategorien, die man sich im Laufe der Zeit antrainiert hat und möglicherweise auch Gefühlen, die Bedrohungen für eingefleischte Werte irgendwie internalisieren. Und das ist bei vielen Menschen unterschiedlich, das ist sozusagen pfad-abhängig, hängt vom bisherigen Lebensweg ab. Mit rein rationalen Argumenten kommt man da nicht nicht weiter - zumal von den wenigsten erwarten kann, dass sie sich mit jeder politischen Frage intensiv beschäftigen, so dass sie auf ihr eigenes Urteil bauen können, ohne auf Heuristiken wie Vertrauen zurückzugreifen. Bei mir geht bei anmaßendem Staatshandeln ständig eine Alarmleuchte an, aber vielen anderen ist das nicht so. Wie aber wollen liberale vor dem Staat warnen, wenn die zu warnenden die Alarmleuchte gar nicht besitzen? Das funktioniert nicht, man muss, um liberale Politik kommunizieren zu können, vorher die Wahrnehmungsmuster erstellen. Linke sind da extrem gut drin.
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