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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 21 Antworten
und wurde 2.761 mal aufgerufen
 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
Zettel Offline




Beiträge: 20.200

25.10.2010 17:16
Notizen zu Sarrazin (5): Bildungsreserven Antworten

Wie kommt es, daß in der DDR im Jahr vor der Wiedervereinigung prozentual nur ungefähr halb so viele Arbeiterkinder studierten wie in der Bundesrepublik? Anmerkungen zur Erblichkeit von Intelligenz und zur Ausschöpfung von "Bildungsreserven".

patzer Offline



Beiträge: 359

25.10.2010 17:31
#2 RE: Notizen zu Sarrazin (5): Bildungsreserven Antworten
Marriex Offline



Beiträge: 185

25.10.2010 17:56
#3 RE: Notizen zu Sarrazin (5): Bildungsreserven Antworten

Die meisten angeworbenen Türken stammten aus armen, aber nicht den ärmsten gebieten: Eher östliches Zentralanatolien und Schwarzmeerregion als Ostanatolien.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

25.10.2010 18:13
#4 RE: Notizen zu Sarrazin (5): Bildungsreserven Antworten

Zitat von Marriex
Die meisten angeworbenen Türken stammten aus armen, aber nicht den ärmsten gebieten: Eher östliches Zentralanatolien und Schwarzmeerregion als Ostanatolien.


Danke! Dann bin ich einem Klischee aufgesessen. Wird korrigiert.

Herzlich, Zettel

Dagny Offline



Beiträge: 1.096

25.10.2010 19:01
#5 RE: Notizen zu Sarrazin (5): Bildungsreserven Antworten

Man sollte sich an diese Stelle mit der Frage beschaeftigen, wie sozialer Aufstieg funktioniert. Mir selber liegt ein Artikel dazu zwar seit Jahren auf der Zunge, aber irgendwie hab ich nie einen passenden Kontext gefunden, da man sich doch mit Begriffen wie 'Klassen, Schicht oder Mileau' beschaeftigen muesste. Naja, vielleicht packe ich diesen Artikel doch noch mal an.

Marriex Offline



Beiträge: 185

25.10.2010 20:11
#6 RE: Notizen zu Sarrazin (5): Bildungsreserven Antworten

Na ja, vor allem, dass man sich nur in zwei Bundesländern überhaupt bemüßt fühlt zu evaluieren.

Calimero ( gelöscht )
Beiträge:

25.10.2010 20:31
#7 Arbeiterkinder Antworten

Mich würde bei der Gelegenheit mal interessieren, wie so ein "Arbeiterkind" eigentlich definiert wird. Und dabei, wieviele davon mag es überhaupt noch geben?

Arbeiterkind sollte ja heißen, dass beide Eltern entweder Arbeiter sind, oder wenigstens ein Elternteil der Arbeiterklasse zugerechnet werden kann, während der andere z.B. den Haushalt schmeißt. Was ist aber, wenn ein Arbeiter und ein(e) Akademiker(in) die Eltern sind? Und wo ist überhaupt die Abgrenzung ab der man nicht mehr als Arbeiter gilt?
Ist eine Sozialversicherungs-Fachangestellte oder z.B. eine Kindergärtnerin eine Arbeiterin? Wo gibt es denn heute noch die reinen Muskelarbeiter im Gegensatz zu den Kopfarbeitern? Ist diese Arbeiterkind-Zuordnung nicht schon weitgehend obsolet?

Ist es nicht eigentlich so, dass sich mittlerweile eher Einkommensschichten herauskristallisiert haben, die weitgehend die Funktion der früheren Erwerbstätigkeits-Gruppen abbilden? Sucht man sich nicht eher seinen Partner in der annähernd gleichen Schicht, als nach dem Ausbildungsstatus? Ich denke, dass es sehr wohl intelligente Arbeiter/Angestellte (mit gutem Einkommen) gibt, wie auch intellektuell minderbevorzugte Akademiker. Und dann mischt sich das ganze auch noch ... wo ist es dann, das Arbeiterkind?

Oder anders gefragt: Sind die Unterschichtenkinder nicht die neuen "Arbeiterkinder"?

Fragend, Calimero

----------------------------------------------------
Wir sind alle gemacht aus Schwächen und Fehlern; darum sei erstes Naturgesetz, dass wir uns wechselseitig unsere Dummheiten verzeihen. - Voltaire

C. Offline




Beiträge: 2.639

26.10.2010 00:56
#8 RE: Notizen zu Sarrazin (5): Bildungsreserven Antworten

Zitat von Zettel
Allerdings zeichnet sich gegenwärtig die Gefahr ab, daß von den Türkischstämmigen, die in Deutschland Studium und sozialen Aufstieg geschafft haben, viele wieder in die Türkei zurückkehren, wo sie mit den in Deutschland erworbenen Kenntnissen begehrte Arbeitskräfte sind.



Ist diese "Gefahr" realistisch oder die nächste Sau, die aus ideologischen Gründen durchs Dorf getrieben wird? Mit konkreten Zahlen wurde diese Gefahr bisher nicht untermauert, es kursieren lediglich ein paar Studien wie die TASD, die nicht repräsentativ sind und ohne Hintergrundswissen von interessierter Seite instrumentalisiert werden

Zitat von Zettel
Begabte Türkischstämmige sollten gefördert werden. Die Politik sollte mit Entschlossenheit darauf hinwirken, daß sie sich für Deutschland entscheiden statt für eine Rückkehr in die Türkei.



In den letzten Jahren haben international operierende Firmen aus verschiedenen Gründen (Lohntruktur, zu erwartender EU-Beitritt, aber auch Energiekosten) erhebliche Investitionen in der Türkei getätigt. Wenn es zur Abwanderung türkischstämmiger Hochqualifizierter kommt, liegt es in der Regel daran, das diese Firmen lukrative Angebote machen, was ich für einen völlig normalen Vorgang halte und an den die Politik nichts ändern kann und darf. Es macht keinen großer Unterschied in der Betrachtung, ob das Angebot jetzt aus Istanbul oder aus Los Angeles kommt und ob der Auswanderungswillige eine türkischen, polnischen, russischen oder gar keinen Migrationshintergrund hat.

Das Problem ist generell die Abwanderung hochqualifizierter Steuerzahler. Eine Konzentration auf diejenigen mit türkischem Migrationshintergrund ist populistisch und nicht hilfreich.

Nachtrag:Auswandern statt Einwandern? Warum wir den Kampf um Köpfe verlieren
Der Versuch einer populistischen Ausschlachtung einer nicht repräsentativen Studie: Jüngere Studien belegen, dass auch hochqualifizierte, hier geborene Migrantinnen und Migranten Deutschland den Rücken kehren. Fehlendes Heimatgefühl, alltägliche Diskriminierung und das Problem trotz bester Qualifikationen keinen Arbeitsplatz zu finden sind die Hauptgründe. Nach Angaben des Krefelder Instituts futureorg planen 38% der gut ausgebildeten türkischen Migrantinnen und Migranten, Deutschland zu verlassen

http://www.iceagenow.com/

Thanatos Offline



Beiträge: 232

26.10.2010 02:20
#9 RE: Arbeiterkinder Antworten

@Calimero

"Arbeiterkind" sollte man nicht beschränken auf "Industriearbeiter". Die unteren Bürojobs sind auch nichts anderes als Arbeiterklasse. Handwerker gehören ebenso zur Arbeiterklasse. Ich würde die Grenze da ziehen, wo beide Eltern ein Abitur haben und/oder dazu eine akademische Ausbildung.

"Wo gibt es noch den Muskelarbeiter"

Ich lese schon lange immer wieder von der Einschätzung, daß die Arbeiterjobs am Verschwinden sind. Ich begreife nicht, wie man darauf kommt. Ein Land wie Deutschland mit seiner Exportquote und Industrieproduktion wie auch seinem hohen Infrastrukturstandard, wird immer manuell arbeitende Menschen in Massen brauchen. Und das trotz Automatisierung und Maschinen! (Vermutlich kann sich das der PC-Arbeiter nicht so ganz vorstellen, wer weiß). Ich versuche das zu konkretisieren.

Wo immer etwas gegossen wird, sind die Gußstücke zu entgraten. Jeder Motorblock, jeder Getriebeträger, unzählige Metallteile, vom kleinsten bis zum größten. Das machen Arbeiter mit der Hand. Die allermeisten Maschinen (ja, auch cnc-gesteuerte Bearbeitungszentren!) brauchen einen oder mehrere Bediener. Irgendjemand muß irgendwo Rohteile einlegen und Fertigteile entnehmen, andere müssen diese Teile messen (auch wenn sie dazu 3D-Meßmaschinen haben). Der Materialfluß erfordert Transportarbeiter, das heißt, allüberall werden Staplerfahrer gebraucht, die Produktionslinien beschicken, einlagern, auslagern, LKWs be- und entladen. Die überwältigende Mehrzahl aller Maschinen braucht einen Bediener zum Funktionieren - sei es Chemie, sei es Färberei, sei es Papierproduktion, sei es Textilindustrie (auch die gibts noch in D!!) sei es die Metallbranche.

Als Staplerfahrer findest du in Deutschland immer einen Job! Und genau das Gleiche gilt für: Elektroinstallateure, Mechatroniker, Schweißer, Schlosser, Heizungs- und Lüftungsbauer oder Metallbauer oder CNC-Fräser oder Werkzeugmacher. Arbeiterberufe allesamt.

Oder betrachten wir die Telekommunikation. Die Computerisierung hat sicher Jobs eingespart, aber mindestens genauso viele neue geschaffen. Der Ausbau der Mobilfunknetze alleine! Wieviele Antennen wurden auf Häusern installiert, wieviele Masten wurden gestellt? Tausende und Abertausende. Dazu bedarf es der Metallbauer, dazu bedarf es der Antenneninstallateure, und alle diese Anlagen wollen gewartet werden. Die Elektronik will produziert werden. Viele Tausende von Arbeitsplätzen sind damit verbunden, viele davon Handarbeit! (Es ist harte Arbeit, eine neue Antenne, einen neuen Umsetzer auf einem 40-Meter-Mast zu installieren!)

Wer verlegt die Telekomkabel? Monteure, die auf Masten klettern, in Gräben steigen, Muffen setzen etc. pp. Alles Handarbeit, wird nie von Maschinen gemacht werden. Ebenso wie das Stromnetz. Neuerdings kommt die Infrastruktur für die unsägliche Solarwirtschaft dazu. Monteure für die Solardach-Mafia werden händeringend gesucht! Alles Handarbeit!

Ich könnte hier fast endlos fortsetzen. PKWs, LKWs, Busse, Schienenfahrzeuge - alles muß ständig gewartet und repariert werden - alles Arbeiterjobs! Die werden niemals weniger!

In Deutschland herrscht Ingenieurmangel? Ja, aber es herrscht auch Facharbeitermangel. Ich kenne VW-Werke und deren Zulieferer intensiv von innen, ich weiß, was an ganz althergebrachter körperlicher Arbeit vorhanden ist. Das wird nicht weniger, trotz aller Roboter und automatisierter Fertigung. Auch die Roboter müssen von Arbeitern zusammengeschweißt, montiert, aufgestellt, ans Versorgungsnetz angeschlossen werden. Und nach einem Jahr repariert werden. Genau wie die Windmühlen. Nein, es wird immer genügend Jobs für körperlich Arbeitende geben, es wird sogar daran Mangel herrschen, weil nachkommende Generationen nicht mehr arbeiten können und/oder wollen.

(etwas OT, aber....)

Gruß

Thanatos

--

Unmögliches erledigen wir sofort.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

26.10.2010 02:30
#10 RE: Arbeiterkinder Antworten

Zitat von Thanatos
Ich kenne VW-Werke und deren Zulieferer intensiv von innen, ich weiß, was an ganz althergebrachter körperlicher Arbeit vorhanden ist. Das wird nicht weniger, trotz aller Roboter und automatisierter Fertigung. Auch die Roboter müssen von Arbeitern zusammengeschweißt, montiert, aufgestellt, ans Versorgungsnetz angeschlossen werden. Und nach einem Jahr repariert werden. Genau wie die Windmühlen. Nein, es wird immer genügend Jobs für körperlich Arbeitende geben, es wird sogar daran Mangel herrschen, weil nachkommende Generationen nicht mehr arbeiten können und/oder wollen.


Danke, lieber Thanatos, für diesen informativen und glänzend geschriebenen Beitrag. Solche konkreten Einblicke in Lebensbereiche - sei es nun Ihre Schilderung, die Berichte von Gansguoter aus dem Schulalltag; seien es viele andere hier im Forum - finde ich immer besonders lesenswert.

Wie armselig dagegen das, was - sagen wir - Wallraff an vorgeblicher Authentizität liefert.

Herzlich, Zettel

Thanatos Offline



Beiträge: 232

26.10.2010 02:45
#11 Einflußfaktoren auf den Bildungsweg und die soziale Stellung Antworten

Der Faktor Intelligenz ist sicherlich wichtig für die erreichbare Bildung und den beruflichen Aufstieg. Aber er ist bei weitem nicht der einzige Faktor. Das Leben ist schließlich komplex.

Ich kann das an einem Beispiel verdeutlichen, das über drei Generationen reicht. Der Großvater, immerhin aus einem Unternehmerelternhaus, wird durch den 2.WK an einer guten Ausbildung gehindert, findet sich danach in der DDR wieder. Da er (als Christ) bereits gegen die Nazis war, entzieht er sich ebenso deren ideologischen Nachfolgern, den Kommunisten. Ohne Zugeständnisse an den Staat bleibt nur das unterste Level: einfacher Handwerker. Damit ist auch ein bestimmtes Milieu verbunden!

Sein ältester Sohn, direkt nach dem Krieg geboren, hat wohl alle (genetischen) Voraussetzungen für Bildung und Karriere. Er schreibt die besten Aufsätze, aber _gegen_ das Regime. Er wird konfirmiert statt jugendgeweiht. Er geht zu den Bausoldaten. Er beteiligt sich an der "Jungen Gemeinde". Fazit: er wird nie eine Chance auch nur für die EOS haben, geschweige denn für ein Studium. Er bleibt daher sein Leben lang Kfz-Schlosser mit unerfüllten Ambitionen.

Sein ältester Sohn, 1978 eingeschult, war stets Klassenbester. Jedoch bedingen seine Abstinenz von allen kommunistischen Vereinen und seine Konfirmation anstatt Jugendweihe, daß der Staat nicht vorhat, ihm eine höhere Bildung zu gewähren - Arbeitersohn hin oder her, 1,0-Abschluß hin oder her. Dazu kommt, daß die gesamte familiäre Erfahrung schon gar nicht mehr den Gedanken zuläßt, "etwas werden zu können" (Bildung und Aufstieg). Das ist völlig außerhalb des Horizonts, also wird auch dieser Sohn einfacher Industriearbeiter, und selbst dessen jüngerer Bruder, der "nach der Wende" immerhin das Abitur als Jahrgangsfünftbester ablegte, wird nichts anderes.

Dazu fehlte einfach das Mittelschichtmilieu mit seinem Aufstiegswillen, denn zu einer akademischen Karriere gehört zumindest erst einmal das Bewußtsein, daß so etwas möglich ist und in Betracht kommt.

Der entsprechende "Stallgeruch" (z.B. "Vater: Arzt") hievt den Sohn nämlich auch ohne Intelligenz in die entsprechende Karriere. Was zählt, ist schließlich auch der Habitus (Geschmacksfragen, Kleidung, Urlaubsorte, Auslandsreisen, Auslandsjahre, Konversation mit anderen Mittelschichtlern) und eben auch Beziehungen. Man kann ein Abi auch ohne Intelligenz schaffen (heute wird einem in den harten Fächern vieles geschenkt!) und danach gibt es genug "weiche" Studienfächer, wo man sich als "Dummer" viel wohler fühlt als ein Intelligenter.

Wie gesagt: das Leben ist komplex.

Gruß

Thanatos

--

Unmögliches erledigen wir sofort.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

26.10.2010 02:49
#12 RE: Notizen zu Sarrazin (5): Bildungsreserven Antworten

Zitat von C.

Zitat von Zettel
Allerdings zeichnet sich gegenwärtig die Gefahr ab, daß von den Türkischstämmigen, die in Deutschland Studium und sozialen Aufstieg geschafft haben, viele wieder in die Türkei zurückkehren, wo sie mit den in Deutschland erworbenen Kenntnissen begehrte Arbeitskräfte sind.


Ist diese "Gefahr" realistisch oder die nächste Sau, die aus ideologischen Gründen durchs Dorf getrieben wird? Mit konkreten Zahlen wurde diese Gefahr bisher nicht untermauert, es kursieren lediglich ein paar Studien wie die TASD, die nicht repräsentativ sind und ohne Hintergrundswissen von interessierter Seite instrumentalisiert werden.



Ich kenne keine amtlichen Erhebungen oder repräsentative Umfragen, dear C., sondern habe nur das eine oder andere gelesen oder gesehen; zum Beispiel diesen Bericht. Gut, das ist WDR, also mit größter Vorsicht zu beurteilen. Kürzlich gab es einen weiteren TV-Bericht, den ich aber nicht gesehen habe, sondern von dem mir nur berichtet wurde.

Wie auch immer diese Quellen zu bewerten sind - die Gefahr scheint mir jedenfalls real zu sein. Denn es ist doch sehr plausibel, daß jemand, der in Deutschland eine gute Ausbildung bekommen hat, damit in der Türkei in vielen Bereichen glänzende berufliche Aussichten hat. Man kann das vielleicht mit einem deutschen Wissenschaftler vergleichen, der längere Zeit in den USA gearbeitet hat und sich dann entschließt, nach Deutschland zurückzukehren - auch der schlechteste hat noch beste Aussichten, nur wegen dieses Faktors; I know what I'm talking about.

Instrumentalisiert wird das vermutlich; aber das mindert ja nicht das reale Problem. Die zentrale Aussage Sarrazins ist eben eine demographische und keine ethnische. Wir können es uns nicht leisten, daß Qualifizierte abwandern und wenig Qualifizierte gern hier bleiben und in der sozialen Hängematte schaukeln.

Nichts wäre fataler, als wenn die Wirkung des Buchs von Sarrazin auf ein "Ausländer raus!" hinauslaufen würde. Diese Sorge hat er ja offenbar auch selbst. Ich teile sie, deshalb habe ich diese Passage in den Artikel eingefügt.

Herzlich, Zettel

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

26.10.2010 03:06
#13 RE: Einflußfaktoren auf den Bildungsweg und die soziale Stellung Antworten

Zitat von Thanatos
Der Faktor Intelligenz ist sicherlich wichtig für die erreichbare Bildung und den beruflichen Aufstieg. Aber er ist bei weitem nicht der einzige Faktor. Das Leben ist schließlich komplex.


Ich stimme Ihnen vollkommen zu; und gerade Ihre Schilderung aus der DDR zeigt, daß es eben auch andere Faktoren gibt, die über den beruflichen Aufstieg entscheiden.

In der DDR waren das wohl vor allem politische; in der Bundesrepublik waren und sind es vielfältige Faktoren, die - wie Sie es beschreiben - auch etwas mit Ambitionen zu tun haben.

Ein Beispiel aus dem Uni-Bereich:

Dort gibt es zwei ganz verschiedene Arten von "Mittelbauern".

Das eine sind diejenigen, für die der Mittelbau eine Durchgangsstufe ist; die wissenschaftlichen Mitarbeiter, wissenschaftlichen Angestellten, wissenschaftlichen Assistenten mit befristetem Vertrag. Die meisten habilitieren sich entweder oder verlassen die Hochschule zugunsten einer anderen Karriere.

Und dann gibt es einige - eine viel geringere Zahl -, die ihr berufliches Leben lang im Mittelbau verbleiben. Sie sind meist entweder Akademische Räte (und werden irgendwann zum Akademischen Oberrat befördert), oder sie sind Wissenschaftliche Angestellte mit einem unbefristeten Vertrag (faktisch unkündbar).

Für qualifizierte Wissenschaftler ist es wenig erstrebenswert, daß ihre Karriere so endet; die meisten sehen das als einen schmerzlichen Abschied vom Traum von der Professur an. Aber ich habe solche Mittelbauern kennengelernt, die das ganz anders sehen.

Einer war gelernter Werkzeugmacher gewesen, hatte auf dem Zweiten Bildungsweg Abitur gemacht, studiert und promoviert. Für ihn war die Position eines Akademischen Rats ein ungeheurer sozialer Aufstieg. Auch bei einem anderen war es so, daß er als einziger in der ganzen großen Verwandtschaft studiert hatte; nun gar promoviert war und eine Position an der Uni hatte. Dieser letzere war ein hochbegabter Wissenschaftler, der vielen Professoren in seinem Fach überlegen war. Aber er wollte sich nicht habilitieren; der Aufstieg, den er erreicht hatte, genügte ihm.

Also, solche Faktoren sind zu bedenken. Und dann ist natürlich, vom Sozialen abgesehen, auch die Intelligenz nicht das einzige relevante Persönlichkeitsmerkmal. Ausdauer, Beharrlichkeit und Belastbarkeit, auch die kommunikativen Fähigkeiten spielen ja auch eine wesentliche Rolle.

Ich hatte hochbegabte Studenten, aus denen nicht viel geworden ist. Von einem weiß ich, daß er jetzt als Fotograf für ein Lokalblättchen jobbt, ein anderer hat es bis zum Taxifahrer gebracht und ist damit - er hat mich einmal zufällig gefahren - seiner Aussage nach zufrieden.

Herzlich, Zettel

Nola ( gelöscht )
Beiträge:

26.10.2010 08:55
#14 RE: Notizen zu Sarrazin (5): Bildungsreserven Antworten

Zitat
Zitat Zettel
Man kann das vielleicht mit einem deutschen Wissenschaftler vergleichen, der längere Zeit in den USA gearbeitet hat und sich dann entschließt, nach Deutschland zurückzukehren - auch der schlechteste hat noch beste Aussichten, nur wegen dieses Faktors;



Ja das paßt in das heutige Deutschlandbild, der schlechteste ist eher zu kriegen (wahrscheinlich auch noch preiswert und mit dem richtigen Parteibuch) und was ihm an Qualifikation fehlt, wird dementsprechend ausgeschmückt, daß man glauben muß, hier ist jetzt eine fachliche Kompetenz gewonnen worden.


Hierz.B. wird anhand von zwei Beispielen deutlich, welche Folgen das hat.

Zitat
(9. März 2009) 130.000 Euro. Soviel wollte Tom Tuschl, Laborleiter an der New Yorker Rockefeller Universität, als Jahresgehalt in Berlin bekommen. Der Freie Universität Berlin versucht seit zwei Jahren, den prominenten Exildeutschen zurück in die Heimat und an ihre Hochschule zu locken (...)

(...)Doch die Gehaltsforderung Tuschls war zuviel für den FU-Präsidenten Dieter Lenzen. Empört gab er unlängst zu Protokoll, der Bewerber Tuschl habe sich mit dieser Forderung "unmöglich gemacht". Tuschl hätte ja mehr verdient als der, jawohl, Wissenschaftssenator!, habe Lenzen beklagt.(...)

(...)Zuviel gefordert?

Tom Tuschl hat in seinen bisher 16 Jahren als Forscher (zwischen 1993 und 2009) 85 Paper veröffentlicht (im Medline-Suchkasten "tuschl t" eingeben). Die überwiegende Zahl dieser Paper erschien in so unbedeutenden Randjournalen wie Cell (4 Publikationen), Nature (9x), Science (5x), PNAS (3x), RNA (8x), Nucleid Acids Research (7x), New England Journal of Medicine, PloS Biology, Nature Biotechnology und Nature Methods (je 1x).

Tuschl hat 2002 nebenbei eine Firma mit inzwischen 130 Mitarbeitern mitgegründet, in die der Roche-Konzern vorletztes Jahr 330 Millionen Dollar investiert hat und die Medikamente gegen Infektionskrankheiten und Krebs entwickelt, und war als Nobelpreiskandidat im Gespräch.(...)



Und was ist mit dem Wissenschaftssenator um den es ging? Dessen Gehalt ca. in der gleichen "Preisklasse" liegt und nicht überboten werden darf? Er heißt E. Jürgen Zöllner und hat die miserablen Bildungszustände in Berlin zu verantworten. Einer, der mit offenen Briefen von Schulbehörden und Gewerkschaft immer häufiger konfrontiert wird, damit es nicht hinterher wieder heißt, es hätte zuvor keine Mitteilungen gegeben. Einer, dem man per offenem Brief anmahnen muß, daß er für die Zahlung der Gehälter für Aushilfslehrer und befristete Arbeitsverhältnisse im Schuldienst doch bitte Sorge tragen möchte.
http://www.gew-berlin.de/documents_publi...fener_Brief.pdf

Und so ist weiterhin dem Laborjournal zu entnehmen:

Zitat
Jemanden wie Zöllner sollte man ganz bestimmt nicht mit einem international geschätzten Spitzenmann wie Tom Tuschl vergleichen, dessen Anwesenheit in Berlin unter Garantie weitaus mehr wert wäre als die vergleichsweise moderaten 130.000 Euro, die er als Gehalt verlangte ...

... und der, was FU-Präsident Lenzen wohlweislich verschweigt, vor allem erst mal seinen vier derzeitigen Laborleitern von der Rockefeller-Uni Dauerstellen in Berlin verschaffen wollte - was die dortige FU bzw. deren Boss Lenzen jedoch kategorisch ablehnte.



Soviel zu Qualität, die ihren Preis hat, nur nicht in Deutschland, denn dies ist kein Einzelfall.

♥lich Nola



"Die Wahrheit vor der Wahl - das hätten Sie wohl gerne gehabt." – Sigmar Gabriel, zu angeblichen rot-grünen Steuererhöhungsplänen, Rheinische Post, 1. Oktober 2002

Gorgasal Offline




Beiträge: 4.095

26.10.2010 10:08
#15 Akademischer Mittelbau Antworten

Zitat von Zettel
Und dann gibt es einige - eine viel geringere Zahl -, die ihr berufliches Leben lang im Mittelbau verbleiben. Sie sind meist entweder Akademische Räte (und werden irgendwann zum Akademischen Oberrat befördert), oder sie sind Wissenschaftliche Angestellte mit einem unbefristeten Vertrag (faktisch unkündbar).

Für qualifizierte Wissenschaftler ist es wenig erstrebenswert, daß ihre Karriere so endet; die meisten sehen das als einen schmerzlichen Abschied vom Traum von der Professur an. Aber ich habe solche Mittelbauern kennengelernt, die das ganz anders sehen.


Die Mittelbau-Option hatte ich auch unlängst und habe dann rein aus finanziellen Gründen darauf verzichtet.

Wenn ich mir Professoren in meiner Bekanntschaft anschaue, dann finde ich deren Tätigkeit überhaupt nicht mehr erstrebenswert. Anträge schreiben, Kooperationspartner pflegen, eine Hühnerherde von Doktoranden und Diplomanden hüten (mit all den zwischenmenschlichen Konflikten, die man als Chef glätten muss), Diplomarbeiten und Dissertationen lesen, Ausschüsse für dieses und jenes. Ganz schlimm ist man als Frau in einer ingenieurwissenschaftlichen Fakultät dran - weil es fast keine Professorinnen gibt, aber in jeder Berufungskommission eine Frau drin sitzen muss, sitzt jede Ingenieurswissenschaftlerin dauernd in Berufungskommissionen, ob sie etwas vom Fach versteht oder nicht. Über ein Problem nachzudenken, dazu kommt man fast gar nicht mehr. Denken tun die unter einem. Man selbst managt die Mitarbeiter. Das hat mit Wissenschaft, wie ich sie verstehe, nicht mehr viel zu tun - wenn ich ins Management will, gehe ich in die Wirtschaft, da sind die Gehälter und Budgets besser.

--
Civilización es la suma de represiones internas y externas impuestas a la expansión informe de un individuo o de una sociedad. - Nicolás Gómez Dávila, Escolios a un Texto Implícito

C. Offline




Beiträge: 2.639

26.10.2010 15:19
#16 RE: Notizen zu Sarrazin (5): Bildungsreserven Antworten

Zitat von Zettel
zum Beispiel diesen Bericht. Gut, das ist WDR, also mit größter Vorsicht zu beurteilen.



Ja, der WDR bezieht sich auf die gleiche Studie. Es ist mir vollkommen unverständlich, wie aus einer nicht repräsentativen Erhebung* mit 254 Befragten** solche weitreichende Schlüsse gezogen werden. Da kann ich auch meine feuchten Finger in die Luft halten oder mich in meinem Bekanntenkreis umhören, der vermutlich repräsentativer ist.

* http://tasd.futureorg.de/?id=tasd-studie

** http://tasd.futureorg.de/pdf/drei.pdf



Zitat von Zettel
Wir können es uns nicht leisten, daß Qualifizierte abwandern und wenig Qualifizierte gern hier bleiben und in der sozialen Hängematte schaukeln.



Auch wenn "wir es uns nicht leisten können", so funktioniert Marktwirtschaft, in diesem Fall der globale Arbeitsmarkt.



Zitat von tacheles.tv
„Die Jobmöglichkeiten als Jurist in Deutschland sind nicht gut“, daher spielt die Türkei in seiner Zukunftsplanung eine große Rolle. Serhat Ö. hat bereits ein Jahr in Istanbul studiert und erhofft sich als zweisprachiger Jurist gute Chancen: „Ich möchte in der Türkei bei einem deutschen Unternehmen arbeiten, zum Beispiel in der Rechtsberatung“.



http://www.tacheles.tv/tuerkische-bildun...-wandert-ab.php

Zitat von Auswärtiges Amt
Deutschland ist mit einem Volumen von über 7,6 Milliarden US-Dollar seit 1980 der größte ausländische Investor in der Türkei. Die Zahl deutscher Unternehmen bzw. türkischer Unternehmen mit deutscher Kapitalbeteiligung ist inzwischen auf über 4.000 gestiegen. Sie reichen von der Industrieerzeugung und dem Vertrieb sämtlicher Produkte bis zu Dienstleistungsangeboten aller Art sowie der Führung von Einzel- und Großhandelsbetrieben.



http://www.auswaertiges-amt.de/diplo/de/.../Bilateral.html



Diese Unternehmen bieten hervorragende Zukunftschancen für hochqualifizierte und (nicht nur) türkischstämmige Deutsche und die Abwanderung verspricht ein Gewinn für beide Seiten. Unternehmer denken weder demographisch noch ethnisch noch ethisch, sondern wirtschaftlich im Rahmen der Gesetze. Es ist auch einem Unternehmen nicht zu verdenken seinen Standort zu verlagern.


Zitat von Zettel
Nichts wäre fataler, als wenn die Wirkung des Buchs von Sarrazin auf ein "Ausländer raus!" hinauslaufen würde. Diese Sorge hat er ja offenbar auch selbst. Ich teile sie, deshalb habe ich diese Passage in den Artikel eingefügt.



Ich nehme an, dass immer noch die wenigsten der Qualitätsjournalisten das Buch gelesen haben, auch wenn fast jeder, wenn er sich dem Thema Integration widmet, bemüht ist, mindestens einen Seitenhieb auf Sarrazin loszuwerden, der allerdings auf Hörensagen beruht.

Auch das reflexhafte Gejaule über Diskriminierung von Bewerbern und Berufstätigen mit Migrationshintergrund ist faktenfern, da es im Interesse eines Unternehmens ist einen Arbeitsplatz aus seiner Sicht optimal zu besetzen und es schnuppe ist ob jemand aus Tuvalu oder Helsinki stammt, wenn er dem Anforderungsprofil entspricht. Dabei spielen allerdings auch Erfahrungswerte eine Rolle. Nach einer Reihe von "Einzelfällen", bei denen die Religion eine große Rolle spielt, wird man vorsichtiger.

Aufgabe von Politik sollte es sein, den Unternehmen zu ermöglichen möglichst viele attraktive Arbeitsplätze in der freien Wirtschaft zu schaffen, das löst weitaus mehr Probleme als eine Kompanie von staatlich finanzierten Experten und Sozialarbeitern.

http://www.iceagenow.com/

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

26.10.2010 15:40
#17 RE: Notizen zu Sarrazin (5): Bildungsreserven Antworten

Zitat von C.

Zitat von Zettel
zum Beispiel diesen Bericht. Gut, das ist WDR, also mit größter Vorsicht zu beurteilen.


Ja, der WDR bezieht sich auf die gleiche Studie. Es ist mir vollkommen unverständlich, wie aus einer nicht repräsentativen Erhebung* mit 254 Befragten** solche weitreichende Schlüsse gezogen werden. Da kann ich auch meine feuchten Finger in die Luft halten oder mich in meinem Bekanntenkreis umhören, der vermutlich repräsentativer ist.


Nochmal, dear C.: Auch ich mißtraue ja solchen Sendungen. Aber in diesem Fall kommt mir das Berichtete plausibel vor.

Übrigens auch deswegen, weil nach amtlichen Zahlen - der "Spiegel" hat sie in seiner Sarrazin-Titelgeschichte zitiert - die Wanderungsbilanz mit der Türkei inzwischen leicht negativ ist. Es ist doch unplausibel, daß es die Sozialhilfeempfänger aus Neukölln sind, die zurück in die Türkei streben, um dort in die Armut abzusacken. Aber irgendwer muß es ja sein.

Plausiblilität, mehr nicht. Aber solche Überlegungen erscheinen mir vernünftig, solange man keine präzisen Zahlen hat.

Zitat von C.

Zitat von Zettel
Wir können es uns nicht leisten, daß Qualifizierte abwandern und wenig Qualifizierte gern hier bleiben und in der sozialen Hängematte schaukeln.


Auch wenn "wir es uns nicht leisten können", so funktioniert Marktwirtschaft, in diesem Fall der globale Arbeitsmarkt.



Ja eben. Die gesuchten Arbeitskräfte gehen dorthin oder verbleiben dort, wo sie die günstigeren Bedingungen haben. Dafür zu sorgen, daß sie diese hier in Deutschland vorfinden, das halte ich für erforderlich. So wie ich Regelungen ähnlich wie in den USA für erforderlich halte, daß man nicht nach der Einwanderung nach Deutschland sofort Anspruch auf Sozialhilfe in voller Höhe hat.

Wir leisten uns eine Politik, die schlecht Qualifizierte geradezu magisch anzieht und die gut Qualifzierte ziehen läßt. Das ist nachgerade absurd.

Herzlich, Zettel

C. Offline




Beiträge: 2.639

26.10.2010 16:54
#18 RE: Notizen zu Sarrazin (5): Bildungsreserven Antworten

Zitat von Zettel
Es ist doch unplausibel, daß es die Sozialhilfeempfänger aus Neukölln sind, die zurück in die Türkei streben, um dort in die Armut abzusacken. Aber irgendwer muß es ja sein.



Da gibt es sehr viele weitere Möglichkeiten. Viele kehren jetzt nach einem arbeitsreichen Leben in Deutschland wieder zurück in das selbst gebaute Haus und kurven mit ihrem Mercedes einmal die Woche zur nächsten Stadt.
Die Eltern einer Freundin haben sich ein Hotel gekauft und leben jetzt vom Tourismus. Eine andere Freundin hat das Angebot angemommen innerhalb eines deutschen Konzerns zu wechseln, zumal sie die amerikanische Schule dort für weitaus geeigneter für ihre Tochter findet. Ich glaube wir finden so viele Gründe für eine Auswanderung wie es Auswanderer gibt und das gilt ja nicht nur für Türken. Die Auswanderung von deutschen Leistungsträgern wird im Vergleich dazu viel zu wenig thematisiert.

Vor allem junge Deutsche und ältere
Migranten wandern aus


Zitat von DIW
Insgesamt sind darüber hinaus
klare Alterseffekte erkennbar. Während in der
deutschen Bevölkerung eher die jüngeren Personen
(bis 35 Jahre) auswandern, ist Auswanderung
bei den Migranten vor allem ein Phänomen der
Personen im Alter zwischen 56 und 70 Jahren
.
Darüber hinaus wandern Ostdeutsche seltener
aus als Westdeutsche.
Innerhalb der deutschen Population sind es vor
allem Alleinlebende und Akademiker, die häufiger
auswandern. ...

Unter den Migranten verlassen vor allem die
Menschen Deutschland, die nicht (mehr) in den
Arbeitsmarkt integriert sind
. Bei der deutschen
Bevölkerung ergibt sich hingegen ein heterogenes
Bild. Einerseits zeigen Arbeitslose und Menschen
in Ausbildung eine höhere Auswanderungswahrscheinlichkeit
als die Vergleichsgruppe der Facharbeiter
und mittleren Angestellten. Andererseits
verlassen aber auch Selbständige und Beschäftigte
in leitenden Funktionen eher ihre Heimat.
...

Gleichzeitig gibt es
außerdem erhebliche Schwankungen je nach Nationalität
– vor allem Spanier, Portugiesen und
Griechen verlassen Deutschland. Im Vergleich
der verschiedenen Nationalitäten haben Türken
im hier geschätzten Modell die niedrigste Auswanderungswahrscheinlichkeit.





(Auch hier ist anzumerken, dass die Untersuchung nicht repräsentativ ist.)


Seltsam, nicht wahr? Gerade die Gruppe, die am wenigsten zur Auswanderung neigt, wird am meisten thematisiert. Unabhängig davon ist anzumerken, dass es in deutschen Medien fast eine obsessive Besessenheit mit Türken, Araber und Islam gibt. Ich habe als Quelle Tacheles TV angeführt, angeblich eine Talkskshow der evangelischen Kirche. Es wirkt allerdings als würde die evangelische Kirche in Deutschland ihre Existenzberechtigung aus Zuwanderung, Integration und Islam saugen. Kein Wunder, dass diesem Verein so viel den Rücken kehren.

http://www.tacheles.tv/

Zitat von Zettel
Wir leisten uns eine Politik, die schlecht Qualifizierte geradezu magisch anzieht und die gut Qualifzierte ziehen läßt. Das ist nachgerade absurd.



Ja.

Aber wenn ich mir die Politik insgesamt anschaue ist "das Absurde" Programm, so dass ich nicht mehr an Zufall oder Unvermögen glauben kann, allerdings habe ich den großen Plan, der dahinter steckt, noch nicht entdeckt. Eins ist lediglich abgesichert: Wenn jemand wie Sarrazin den Finger in die Wunde liegt, ist der Aufschrei groß, dann kommt die Phase der Diskussion, dicht gefolgt von der Phase des Aktivismus (zumindest in Form von überbordenden Vorschlägen) und dann die Hoffnung ein neues Thema zu finden.

http://www.iceagenow.com/

Gorgasal Offline




Beiträge: 4.095

26.10.2010 18:17
#19 RE: Notizen zu Sarrazin (5): Bildungsreserven Antworten

Zitat von C.
Aber wenn ich mir die Politik insgesamt anschaue ist "das Absurde" Programm, so dass ich nicht mehr an Zufall oder Unvermögen glauben kann, allerdings habe ich den großen Plan, der dahinter steckt, noch nicht entdeckt.


Zitat
Never attribute to malice that which is adequately explained by stupidity.


http://en.wikipedia.org/wiki/Hanlon%27s_razor

Bleibt also noch zu diskutieren, wo die "adäquate Erklärung" aufhört.

--
Civilización es la suma de represiones internas y externas impuestas a la expansión informe de un individuo o de una sociedad. - Nicolás Gómez Dávila, Escolios a un Texto Implícito

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

26.10.2010 19:30
#20 RE: Notizen zu Sarrazin (5): Bildungsreserven Antworten

Zitat von C.

Zitat von Zettel
Es ist doch unplausibel, daß es die Sozialhilfeempfänger aus Neukölln sind, die zurück in die Türkei streben, um dort in die Armut abzusacken. Aber irgendwer muß es ja sein.


Da gibt es sehr viele weitere Möglichkeiten. Viele kehren jetzt nach einem arbeitsreichen Leben in Deutschland wieder zurück in das selbst gebaute Haus und kurven mit ihrem Mercedes einmal die Woche zur nächsten Stadt.
Die Eltern einer Freundin haben sich ein Hotel gekauft und leben jetzt vom Tourismus. Eine andere Freundin hat das Angebot angemommen innerhalb eines deutschen Konzerns zu wechseln, zumal sie die amerikanische Schule dort für weitaus geeigneter für ihre Tochter findet.



Das sind aber, dear C., alles Beispiele für Leute, die in Deutschland erfolgreich waren. Bei den Alten kann es uns egal sein, wo sie die in Deutschland erworbene Rente verzehren - aber die anderen hätten wir doch lieber in Deutschland, oder?

Zitat von C.
Seltsam, nicht wahr? Gerade die Gruppe, die am wenigsten zur Auswanderung neigt, wird am meisten thematisiert. Unabhängig davon ist anzumerken, dass es in deutschen Medien fast eine obsessive Besessenheit mit Türken, Araber und Islam gibt.


Hm, von obsessiver Besessenheit will ich nicht sprechen, aber gibt es dieses Interesse nicht auch anderswo?

Zitat von C.
Ich habe als Quelle Tacheles TV angeführt, angeblich eine Talkskshow der evangelischen Kirche.


Ach sooo. Und ich dachte, das ist wieder eine deiner witzigen Verballhornungen.

Zitat von C.

Zitat von Zettel
Wir leisten uns eine Politik, die schlecht Qualifizierte geradezu magisch anzieht und die gut Qualifzierte ziehen läßt. Das ist nachgerade absurd.


Ja.
Aber wenn ich mir die Politik insgesamt anschaue ist "das Absurde" Programm, so dass ich nicht mehr an Zufall oder Unvermögen glauben kann, allerdings habe ich den großen Plan, der dahinter steckt, noch nicht entdeckt.



Es gibt, glaube ich, keinen großen Plan, aber sehr wohl so etwas wie ein großes Bauchgefühl: Daß alles, was man nur entfernt irgendwie mit einem positiven Bild von Deutschland in Zusammenhang bringen kann, des Teufels ist. Schon der Gedanke, deutsche Interessen zu vertreten und nicht die der Mühseligen und Beladenen in aller Welt, ist des Teufels.

Wenn Deutschland sich die Einwanderer aussuchen würde, die es braucht - das bedeutet doch, daß man Menschen nach ihrem wirtschaftlichen Nutzen bewertet, gar als "Humankapital", ist das nicht schrecklich?

Wenn man sich fragt, wie es auch bei intelligenten Zeitgenossen zu diesen seltsam irrationalen Meinungen kommen kann - ob zur Genetik, zur Demographie, zur Einwanderung, zu unseren nationalen Interessen, zu Fremdem jeder couleur, aktuell zur Präimplantationsdiagnostik - immer findet man als Erklärung, daß man alles um jeden Preis genau umgekehrt sehen will wie die Nazis.

Nimm dazu das tiefsitzende Ressentiment gegen Wissenschaft und Technik, das bis in die Romantik zurückreicht, nimm dazu einen aggressiven Feminismus - und du hast die Komponenten des Bauchgefühls beisammen, das für so ungefähr alles das Absurde verantwortlich ist, das wir gemeinsam beklagen.

Herzlich, Zettel

C. Offline




Beiträge: 2.639

27.10.2010 16:38
#21 RE: Notizen zu Sarrazin (5): Bildungsreserven Antworten

Zitat von Zettel
Bei den Alten kann es uns egal sein, wo sie die in Deutschland erworbene Rente verzehren -


Das wäre schön, aber ganz egal ist es nicht oder um spitzfindig zu sein, sie haben nicht ihre Rente erworben, sondern einen Rentenanspruch.

Für ihre Beiträge wurden keine Rücklagen gebildet, sondern die Rentenansprüche anderer befriedigt. Jetzt hoffen sie darauf, wie auch die Rentner
auf Mallorca oder Gran Canaria, dass sich nachfolgende Generationen dem Generationenvertrag verpflichtet fühlen. Auch denjenigen gegenüber die außer Sichtweite sind und noch nicht einmal etwas für den Binnenumsatz und Mehrwert-, Mineralöl-, Tabaksteuereinnahmen tun. Immerhin mildern sie etwas den Handelsbilanzüberschuss ab, was für die Exportwirtschaft gar nicht so schlecht ist.

Zitat von Zettel
aber die anderen hätten wir doch lieber in Deutschland, oder?



Sicherlich, aber wollen wir deutsche Firmen Investitionen im Ausland untersagen und verbieten, dass sie bewährten Mitarbeitern Angebote machen, die sie nicht ablehnen können. Oder soll der deutsche Staat mit einer Bleibeprämie das Hierbleiben fördern, die so hoch ist, dass sie die Vorteile durch Abwanderung kompensiert? Auch ist die Mittelmeerküste schwer nach Mannheim zu verlegen, bei den hiesigen Grundstücks- und Baupreisen hilft auch die Umsatzsteuerreduzierung für das Hotelgewerbe nicht weiter.

Es handelt sich also bei dieser Abwanderung um einen völlig normalen Prozess, den es schon seit Jahrhunderten gibt, ganz gleich welcher Herkunft der Abwandernde ist.

Zitat von zettel
Hm, von obsessiver Besessenheit will ich nicht sprechen, aber gibt es dieses Interesse nicht auch anderswo?



Mein Interesse gilt vor allem dieser obsessiven Besessenheit, die so ausgeprägt ist, dass es äußerst zeitaufwändig ist, hinter die vielen Lügen, Manipulationen, Täuschungen, die von der Migrations- und Islamindustrie verbreitet werden, zu kommen. Ein Beispiel ist die obengenannte Studie von "futureorg", aus der die Grünen sofort Blut für politische Propaganda gesaugt haben.

Zitat von verkommene Islampartei
Warum empfinden hier geborene Migrantinnen und Migranten Deutschland nicht als Heimat? Was läuft falsch im „Wettbewerb um die Köpfe“? Wie ist die Mehrheitsgesellschaft von den Potentialen der Einwanderer zu überzeugen? Brauchen wir Nachbesserungen beim Antidiskriminierungsgesetz? Wie schaffen wir ein besseres Integrationsklima?



Wohlgemerkt: Anlass ist eine Studie über türkische Migrationshintergründler, die bisher keine signifikante Auswanderungsaktivitäten zeigen, sondern über gefühlte temparatur gefragt wurden, wohingegen die Migrationshintergrundlosen oder Andersalstürkischarabischmigrationshintergründler Deutschland busweise verlassen, ohne dass es die Grünen juckt. Ich stelle die These auf, dass mehr hervorragend ausgebildete Deutsche Deutschland wegen den Grünen verlassen als Türken wegen Diskriminierung durch Deutsche. Aber für Grüne scheint dieser Umstand gewünscht zu sein.

Interessant ist lediglich, dass sich ausgerechnet die Grünen Gedanken zum „Wettbewerb um die Köpfe“ machen. Ich wusste bisher nicht, dass Wettbewerb im Wortschatz der Grünen vorhanden ist. Aber vermutlich verstehen sie etwas anderes als ich darunter, denn hochqualifizierte Zuwanderer sind für Grüne moralisch nicht vertretbar, da sie ihren Herkunftsländen verloren gehen und, viel wichtiger, weil sie der staatlich alimentierten Migranten-Nanny keine Betreuungsaufgabe geben.


Zitat von Zettel

Es gibt, glaube ich, keinen großen Plan, aber sehr wohl so etwas wie ein großes Bauchgefühl: Daß alles, was man nur entfernt irgendwie mit einem positiven Bild von Deutschland in Zusammenhang bringen kann, des Teufels ist. Schon der Gedanke, deutsche Interessen zu vertreten und nicht die der Mühseligen und Beladenen in aller Welt, ist des Teufels ....



Ja! (uneingeschränkt)

http://www.iceagenow.com/

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

27.10.2010 17:00
#22 RE: Notizen zu Sarrazin (5): Bildungsreserven Antworten

Zitat von C.

Zitat von Zettel
Bei den Alten kann es uns egal sein, wo sie die in Deutschland erworbene Rente verzehren -


Das wäre schön, aber ganz egal ist es nicht oder um spitzfindig zu sein, sie haben nicht ihre Rente erworben, sondern einen Rentenanspruch.





Das hatte ich auch erst geschrieben, aber dann stimmt es mit dem Verzehren nicht. Sie verzehren ihre Rente, und den Anspruch haben sie erworben. Das kurz zu sagen ist mir nicht gelungen, und ich dachte, es merkt keiner. Aber da kenne ich die Ziemmerleute schlecht, und vor allem a certain C.

Zitat von C.

Zitat von Zettel
aber die anderen hätten wir doch lieber in Deutschland, oder?


Sicherlich, aber wollen wir deutsche Firmen Investitionen im Ausland untersagen und verbieten, dass sie bewährten Mitarbeitern Angebote machen, die sie nicht ablehnen können. Oder soll der deutsche Staat mit einer Bleibeprämie das Hierbleiben fördern, die so hoch ist, dass sie die Vorteile durch Abwanderung kompensiert?



Neinein, es muß ja nicht alles der Staat machen. Es geht mir um das gesellschaftliche Klima. Die von Sarrazin angestoßene Diskussion war und ist dringend erforderlich, aber ich sehe schon die Gefahr, daß dabei von manchen alle Türkischstämmigen in einen Topf geworfen werden. Ich habe zB kein Verständnis für die aus meiner Sicht überzogene Kritik an der Ministerin Özkan, deren Berufung doch ein wichtiger und richtiger Schritt war.

Zitat von C.
Auch ist die Mittelmeerküste schwer nach Mannheim zu verlegen


Abwarten und schön weiter CO2 in die Luft pusten.

Herzlich, Zettel

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