Liest man die beiden Stellungnahmen parallel, die den Aufruf vom vergangenen Donnerstag kommentieren, dann fällt vor allem die große Übereinstimmung auf.
Eine Übereinstimmung, was die Analyse und die eigentlich erforderliche Therapie angeht. Nur erwarten Sinn und Krämer von einer solchen Therapie verheerende Nebenwirkungen, während Hellwig und seine Mitautoren sich von ihr Erfolg versprechen.
Zitat von FTDDerweil scheinen die ersten der rund 200 Unterzeichner des Aufrufs um Ifo-Chef Sinn einen Rückzieher zu machen. Bis Montagnachmittag unterzeichneten mindestens neun von diesen Wirtschaftswissenschaftlern auch den später vom Berliner Ökonomen Frank Heinemann initiierten Aufruf - der eine europäische Bankenunion als unverzichtbar für eine dauerhafte Lösung der Krise ansieht. Er zählt nun binnen drei Tagen ebenfalls über 100 Anhänger. Die auf den Widerspruch angesprochenen Volkswirte argumentierten auf Nachfrage der FTD vor allem inhaltlich und beteuerten, dass eine Bankenunion in der aktuellen Lage durchaus sinnvoll sein könnte - sofern sie "gut gemacht" sei. Manche beteuerten, die beiden Dokumente ergänzten sich.
Wer da mal vergleichen möchte, kann sich die Unterzeichnerliste für Hellwig/Heinemann hier angucken.
Der bei Zettel als "der dritten Gruppe, mit nicht der geballten wissenschaftlichen Reputation, wie die beiden anderen" zugehörige Gustav Horn ist darob nun auch ein bissl biestig.
Zitat von ftd"Diese Kollegen machen es sich zu einfach", sagte Gustav Horn, Chef des IMK. "Ich hätte großen Respekt, wenn sie ihre Unterschrift unter den Krämer/Sinn-Aufruf nun für falsch hielten." Besonders die fehlende Distanzierung von der hetzerischen Sprache des sarrazinesken Sinn-Aufrufs sei ärgerlich. "Das zeigt die in der gegenwärtigen Situation unverantwortliche Beliebigkeit und Oberflächlichkeit mancher Ökonomen."
(Hervorhebung von mir)
Das ist ja ein Hauen und Stechen da bei Ökonomens! Wer alles richtig machen will, unterschreibt halt sicherheitshalber alles was man ihm hinhält. Und dann kriegt man doch seinen Teil ab - wegen mangelnder Distanz zu Sarrazin oder so. Was'n dorschenanner! Zuerst dachte ich ja sogar noch, dass es da inzwischen sogar eine vierte Unterschriftensammler-Truppe gibt ... aber was dem einen sein Hellwig, ist dem anderen halt der Heinemann.
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Es gibt ja die zumal in dünkelhaften Intellektuellenkreisen verbreitete Überzeugung, bei den Ökonomen handle es sich um die moderne Ausprägung des Hofnarren, die lustige Fatzen machen und ihrem Souverän schon mal eine lange Nase drehen dürfen, auf die schlußendlich aber niemand hört ("&-das-ist-gut-so...": nicht zuletzt, weil in dü.Int.-Kreisen die Ökonomie noch weit unterhalb der Astrologie angesiedelt ist: wer an die Macht der Sterne glaubt, gibt immerhin die Existenz höherer Mächte zu - auch wenn er Analphabet im Entziffern ihrer Spuren ist; aber Ökonomen halten das Weltgeschehen für Menschenwerk; und dann noch für Ungeplantes. Pfui.) Mit einer "Unterschriftenaktion" schließt sich dieser Stand ja eher an alte 68er Traditionen an: jeden Monat ein neuer Wisch, gegen Nixon, für Onkel Ho, vornweg Grass, Enzensberger, Staeck ... und genauso schnell vergessen & allen Beteiligten hinterher peinlich.
Zitat von Zettel im Beitrag #1Liest man die beiden Stellungnahmen parallel, die den Aufruf vom vergangenen Donnerstag kommentieren, dann fällt vor allem die große Übereinstimmung auf.
Eine Übereinstimmung, was die Analyse und die eigentlich erforderliche Therapie angeht. Nur erwarten Sinn und Krämer von einer solchen Therapie verheerende Nebenwirkungen, während Hellwig und seine Mitautoren sich von ihr Erfolg versprechen.
Lieber Zettel,
ich lese nicht unbedingt einen Unterschied im Grad der Skepsis heraus. Die beiden Gruppen haben völlig unterschiedliche Zielrichtungen: Hellwig und Mitautoren schreiben von einer Stabilität das Systems, Sinn und Krämer sorgen sich um die Vergemeinschaftung der Verluste. Wollten Hellwig et al. das System um den Preis der Vergemeinschaftung der Verluste stabilisieren, dann gäbe es selbst in diesem Punkt keinen Widerspruch, sondern nur mangelnden Klartext seitens Hellweg et al., was die Bewertung in Bezug auf Vertragskonformität angeht. Sinn und Krämer stellen klar fest, dass eine direkte Bankenrettung nicht durch die Verträge und letztlich durch das Gesetz abgedeckt ist.
Zitat von Ulrich Elkmann im Beitrag #3Mit einer "Unterschriftenaktion" schließt sich dieser Stand ja eher an alte 68er Traditionen an: jeden Monat ein neuer Wisch, gegen Nixon, für Onkel Ho, vornweg Grass, Enzensberger, Staeck ... und genauso schnell vergessen & allen Beteiligten hinterher peinlich.
Mit dem Unterschied, lieber Ulrich Elkmann, daß sich in diesem Fall Leute zu einem Thema äußern, die davon etwas verstehen.
Zitat von Calimero im Beitrag #2Der bei Zettel als "der dritten Gruppe, mit nicht der geballten wissenschaftlichen Reputation, wie die beiden anderen" zugehörige Gustav Horn ist darob nun auch ein bissl biestig.
Lieber Calimero,
so wie zitiert hat sich Horn damit als seriöser Wissenschaftler (ist er das?) selbst disqualifiziert.
Das Muster kommt einem bekannt vor. Gegen die Ausbürgerung von Wolf Biermann hatten hundert Schriftsteller in einem offenen Brief protestiert. Viele haben es sich später noch mal überlegt und die Unterschrift wieder zurückgezogen. Nein, ich will keine unschicklichen Vergleiche anstellen. Aber da haben gestandene Männer, die schon einige Stufen auf der Karriereleiter hochgeklettert sind und mehrere zehn Heizperioden erlebt haben, eine Erklärung unterschrieben, von der vorher klar ist, dass die in der Öffentlichkeit viel beachtet werden wird. Und diese gestandenen Männer ziehen nolens volens die Unterschrift zurück? Schwer zu glauben, dass da kein gewaltiger Druck aufgebaut wurde.
Zitat von ESKA im Beitrag #7Und diese gestandenen Männer ziehen nolens volens die Unterschrift zurück? Schwer zu glauben, dass da kein gewaltiger Druck aufgebaut wurde.
Soweit ich sehe, hat bisher niemand seine Unterschrift zurückgezogen. Einige haben auch den Hellwig-Text unterzeichnet. Was - siehe meinen Artikel - durchaus Sinn macht.
Das sind eben diejenigen, die im Grad ihrer Skepsis zwischen den einen und den anderen liegen.
Zitat von ESKA im Beitrag #7Und diese gestandenen Männer ziehen nolens volens die Unterschrift zurück?
Nee, eleganter. Die ziehen ja nicht zurück, sondern unterschreiben auf der anderen Liste auch noch. Das ist ja das Witzige. Wer weiß was da in manchen Köpfen ablief:
Hm, doppelt hält besser! Ich finde alles gut, außer Gustav Horn! Oh, ein Papier! Kommt in die Zeitung! Oh, noch ein Papier! Kommt das auch in die Zeitung? Verdammt, ich werde ja vom Staat bezahlt!
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Zitat von Zettel im Beitrag #5Mit dem Unterschied, lieber Ulrich Elkmann, daß sich in diesem Fall Leute zu einem Thema äußern, die davon etwas verstehen.
Lieber Zettel,
ich habe den Verdacht, dass diese Ökonomen zwar ein ganz gutes Verständnis der gesamten Abläufe im Groben haben, und diese qualitativ einigermaßen beschreiben können, aber das war es dann. Sie waren nicht in der Lage, die Finanzkrise vorherzusagen, und sie 'entdecken' auch nur peu á peu neue Mechanismen, die ihnen immer wieder die Prognose verhageln. Vermutlich wissen sie auch nicht allzu viel über die Mechanismen der Geld (Kredit) - Schöpfung.
Die Vertreter der Finanzindustrie dürften ihnen mehr als eine Nasenlänge voraus zu sein, mit der Unterstützung von modernsten Rechensystemen und Algorithmen. Es mutet deshalb immer wieder etwas lustig an, wenn Hilfspakete geschnürt werden, um Investoren zu beruhigen. Soweit die Investoren wirkliche Profis sind lassen sie sich nicht durch Psychologie steuern. Und Klein-Erna hat nicht genügend Milliarden oder Billionen als Manövermasse zur Verfügung.
... hier noch der Link zu einem, der den Hellwig-Aufruf unterschrieben hat und nicht den von Sinn und Krämer und der trotzdem den Aufruf von Sinn und Krämer irgendwie besser findet :http://www.oekonomenstimme.org/artikel/2...es-oder-nichts/
-- L'État, c'est la grande fiction à travers laquelle tout le monde s'efforce de vivre aux dépens de tout le monde. (Frédéric Bastiat)
Zitat von Calimero im Beitrag #2Schon interessant diese Ökonomen.
Zitat von FTDDerweil scheinen die ersten der rund 200 Unterzeichner des Aufrufs um Ifo-Chef Sinn einen Rückzieher zu machen.
Ich würde eher diese dreiste Manipulation durch die Journalisten "interessant" nennen.
Da wird versucht zu suggerieren, daß die Unterstützerfront für Sinn bröckelt. Obwohl nicht einer der Unterzeichner einen Rückzieher gemacht hat.
Sie haben einen zweiten Aufruf unterschrieben, der eben nicht im Widerspruch zum ersten steht (wie Zettel das dargestellt hat). Und die FTD stellt das dar, als wäre das eine faule Ausrede von Leuten, die von den Journalisten beim Rückzieher ertappt wurden.
Urs Birchler und Monika Bütler sind auf voxeu ganz Zettels Meinung:
Zitat The two positions might be closer than one thinks. The ‘dueling open letters’ differ mainly in their interpretation of the resolutions of the EU summit and the implementation of the proposed measures. The judgement one makes depends upon whether one puts faith in:
•The desired outcome; or •The likely reality.
The ideas behind the desired outcome are completely sound. [...]
However, the likely reality might be less sound. As with many of the past EU summit decisions, this looks like a money-today-against-a-promise-to-pay-back-tomorrow. And that is a promise which foreseeably will never be met.
In diesem kleinen Video sucht Keynes, gespielt von Charlie Sheen und auf dem Boden seiner finanziellen Tatsachen angekommen, Rat bei einem Praktiker. Und erhält eine verblüffend einfache Erklärung: http://www.youtube.com/watch?v=r5SxKNxTSQo&feature=related
Zitat von Calimero im Beitrag #2Schon interessant diese Ökonomen.
Zitat von FTDDerweil scheinen die ersten der rund 200 Unterzeichner des Aufrufs um Ifo-Chef Sinn einen Rückzieher zu machen.
Ich würde eher diese dreiste Manipulation durch die Journalisten "interessant" nennen.
Da wird versucht zu suggerieren, daß die Unterstützerfront für Sinn bröckelt. Obwohl nicht einer der Unterzeichner einen Rückzieher gemacht hat.
Sie haben einen zweiten Aufruf unterschrieben, der eben nicht im Widerspruch zum ersten steht (wie Zettel das dargestellt hat). Und die FTD stellt das dar, als wäre das eine faule Ausrede von Leuten, die von den Journalisten beim Rückzieher ertappt wurden.
Das ist ein ganz mieses Niveau.
Die FTD und das "Handelsblatt" haben sich erstmal gründlich vom seriösen Journalismus in dieser Frage verabschiedet. Die FTD-Truppe um Fricke, Münchau und Konsorten sowie beim Handelsblatt Olaf Storbeck befinden sich schon seit Jahren auf einem Kreuzzug gegen ihnen politisch nicht genehme ökonomische Schlussfolgerungen und jene, die sie äußern. Während Storbeck sich mit seinen jüngsten Beiträgen auch im Stil mächtig vergreift und in seiner Verzweiflung sogar zwei bei der Bremer Landesbank angestellte Bankkaufleute zu "Volkswirten" erhebt, weil er sie als Unterstützer gegen Sinn ins Feld führen möchte, befleißigt sich die die FTD eines eigenartig selektiven Zitierens, wobei selbst diese Aussagen noch z.T anders dargestellt werden als sie offensichtlich gemeint sind.
Das sehe nicht nur ich so:
Zitat Request to the journalists from the Handelsblatt and FTD: instead of siding with one and villifying the other party, please, please foster the debate between the various groups in an evenly mannered way (why does Bert Rürup – clearly very close to Berlin politics – get a large interview with the ZEIT instead of having a discussion with him and Sinn or Krämer and Hellwig)? The issues are way too important not to do that.
Zitat More generally, the FTD is simply a journalistic embarrassment, cherry-picked people to support their biased agenda, instead of honest and balanced reporting.
Beide Zitate stammen vom Ökonomen Rüdiger Bachmann, der als "Lumpenökonom" bloggt.
-- L'État, c'est la grande fiction à travers laquelle tout le monde s'efforce de vivre aux dépens de tout le monde. (Frédéric Bastiat)
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