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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 9 Antworten
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Fluminist Offline




Beiträge: 2.015

24.03.2015 23:49
Ei gugg emol Antworten

Google hat sich der "Wahrheit" verschrieben, berichtet der New Scientist. Während die Zitierwürdigkeit einer Website bisher durch die Zahl der Verlinkungen von anderen Seiten her bestimmt wurde, will Google sich künftig auf Fakten stützen und einen Wahrheitsindex für die Website berechnen, bei dem es für falsche Aussagen Minuspunkte gibt. Das klingt auf den ersten Blick intelligent; aber man braucht sich nicht einmal sehr eingehend mit der Problematik der Erkenntnistheorie beschäftigt zu haben, um zu ahnen, daß es mit den Fakten nicht so einfach ist. Wer weiß schon, was wahr ist? (Abgesehen davon, daß eine Aussage auf einer Website ja auch ironisch gemeint oder bewußt als Beispiel für eine falsche Aussage zitiert sein kann.)

Als Ersatz für die absolute Wahrheit soll ein seit einer Weile gesammeltes Reservoir von aus dem Internet geernteten Informationen dienen, die Google für "Fakten" hält:

Zitat
The software works by tapping into the Knowledge Vault, the vast store of facts that Google has pulled off the internet. Facts the web unanimously agrees on are considered a reasonable proxy for truth. Web pages that contain contradictory information are bumped down the rankings.

Die Software stützt sich auf die "Schatzkammer des Wissens", die riesige Faktensammlung, die Google aus dem Internet gezogen hat. Fakten, über die sich das Netz einstimmig einig ist, werden als brauchbarer Ersatz für die Wahrheit angesehen. Webseiten, die widersprüchliche Informationen enthalten, werden heruntergestuft.


Man kann hier zunächst einmal an den markierten Formulierungen bemäkeln, daß 1. eine Aussage auf einer Webseite, die einem "Faktum" widerspricht, die Einstimmigkeit der Zustimmung aufhebt - in der Praxis wird es also wohl eher auf die überwiegende Mehrheit hinauslaufen, die die "Wahrheit" definiert - und daß 2. widersprüchliche Informationen ohne Rückbezug auf ein Repositorium der Wahrheit erkennbar wären, also wohl eher der Datenbasis widersprechende Informationen gemeint sind.

Dieser ganze Ansatz erfüllt mich mit einem gewissen Unbehagen, weil ich nichts davon halte, absolute Wahrheiten in Form schriftlicher Aussagen haben zu wollen. Wenn es etwas Absolutes gibt, dann ist es die durch Empirie zu erkundende Wirklichkeit, aber unsere Beschreibung derselben unterliegt einem fortlaufenden Prozeß der Korrektur und Verfeinerung. Durch das Festschreiben von "Fakten" (noch dazu per Abstimmung zu solchen erklärten) wird das Durchdringen neuer Erkenntnisse und Einsichten behindert. Wollen wir wirklich ein Wahrheitsministerium haben, selbst wenn es einer privaten Firma wie Google gehört?

Die Absicht hinter dem neuen Verfahren ist wohl, Verschwörungstheorien und krude Thesen zugunsten reinlicher Wahrheiten der Art, wie man sie im Guardian und der Zeit lesen kann, in den Hintergrund zu schieben. Das sieht schlecht aus für die fliegenden Untertassen aus Neuschwabenland und ihresgleichen - oder doch nicht? Vielleicht haben sie ja, übers Internet gerechnet, viel weniger Widerspruch als die manchmal arg tendenziösen "unbequemen Wahrheiten" und erscheinen demnächst ganz vorne in den Suchergebnissen?

Nola Offline



Beiträge: 1.719

25.03.2015 09:35
#2 RE: Ei gugg emol Antworten

Zitat
Zitat Fluminist
Als Ersatz für die absolute Wahrheit soll ein seit einer Weile gesammeltes Reservoir von aus dem Internet geernteten Informationen dienen, die Google für "Fakten" hält:



Lieber Fluminist, sehr guter Hinweis und noch besser Ihre Hinterfragung.

Zuerst fällt mir dazu ein, dass es etliche "Wahrheitsbeiträge" von diversen Zeitungen und Blogs im Netz nicht mehr gibt. Es gibt sie zwar noch im Sinne von vorhanden, früher zumeist im Cache abrufbar, aber auch das ist durch Google über die "Weisungsbefugnis" der PC verbunden mit den EU-weiten Paragraphvorgaben durch die jeweiligen Landesregierungen eingestellt worden. Ob nun Hassparagraph oder Pressekodex, die im Laufe der Jahre immer neue Einstufungen erfahren haben, bis hin zu Volksverhetzung, alles steht auf einem neuen Prüfstand und neuer Definition.
Dagegen ist formal nichts einzuwenden, wenn, ja wenn ...

Die "Blogosphäre" dagegen nicht um sehr viele kritische Blogs ärmer geworden wäre und das sicher nicht nur, weil Inhalt und Userantworten anfechtbar im Sinne von siehe oben, sondern m. E. auch weil politisch unbequem oder entlarvend.

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Zur Erinnerung:



edit: Link entfernt, nachzuschauen unter " Die nicht ganz ernst genommene Naivität der Kanzlerin "


Beiträge: 959
03.11.2013 10:01
Zitat und Antwort von Nola an Llarian

#128 RE: Die nicht ganz ernst genommene Naivität der Kanzlerin


Zitat
Zitat von Llarian im Beitrag #127

Was ich mich immer bei den Verfechtern des starken Staates, der Überwachung und Kontrolle immer frage ist das folgende: Die allermeisten gehen davon aus, dass "unser" Staat ja nur das beste will und schliesslich keine Diktatur ist und nur die freiheitlich, demokratische Grundordnung schützen will. Nehmen wir für einen Moment an, dass dem heute so wäre. Warum überlegen sich dann so wenige, was wohl mit diesen Instrumenten passiert, wenn mal Leute, die es nicht so ganz mit der Freiheit haben, beispielsweise Wagenknecht, Lafontaine oder Trittin an die Macht kommen ? Glauben Sie, die legen die dann weg ? Was heute das Instrument sein soll, um die deutsche Mafia zu suchen, ist morgen das Instrument, um zu überwachen, dass niemand mehr die falschen Seiten ansurft, keine "Flucht" ins Ausland vorbereitet und sich nicht kristisch gegen die linke Staatslinie ausspricht.




Zitat
http://www.taz.de/!105533/

aus 2012
BERLIN dapd | Deutschland ist bei Löschanfragen an den Suchmaschinenkonzern Google erneut europaweit an der Spitze. Das geht aus Statistiken hervor, die Google in der Nacht zu Mittwoch veröffentlichte. Demnach erhielt das US-Unternehmen zwischen Januar und Juni dieses Jahres 180 Verfügungen deutscher Gerichte zur Löschung von Inhalten.

Auch die Zahl der staatlichen Anfragen nach Nutzerdaten wuchs. Deutsche Behörden forderten Google mehr als 1.500 Mal zur Herausgabe von Nutzerdaten auf, betroffen waren mehr als 2.000 Nutzerkonten. Damit liegt Deutschland weltweit auf dem fünften Platz knapp hinter Frankreich. Spitzenreiter sind auch hier die USA.

aus 2011:
BERLIN dapd | Deutsche Behörden und Gerichte verlangen vergleichsweise häufig das Entfernen von Inhalten aus Googles Suchergebnissen und von Seiten wie Youtube. 60 gerichtliche Anordnungen gab es hier von Juli bis Dezember 2011, wie aus Statistiken hervorgeht, die Google am Montag veröffentlichte. Mehr gab es nur aus Brasilien und den USA.

Zitat
Das hatten wir doch schon mal für 2009:




Zitat Nola
Zitat

http://www.spiegel.de/netzwelt/netzpolit...,690278,00.html

Sperren, löschen, Personen identifizieren: Google macht jetzt erstmals öffentlich, welche Staaten solche Anfragen stellen. Bei der Entfernung von Videos, Blogeinträgen und Suchtreffern landet Deutschland auf Platz zwei hinter Brasilien - die Gründe sind überraschend banal.(…)

(…)188 Mal wurden Google zufolge nicht näher benannte deutsche Behörden zwischen dem 1. Juli und dem 31. Dezember 2009 tätig, um von Google Löschungen oder Sperrungen zu verlangen. Mehr forderte nur Brasilien mit 291 Anfragen - zumindest suggeriert das die Google-Statistik.(…)




und hier:
Deutschland - Zensur-Vizeweltmeister

Wieso statt Jahreszeitraum nur ca. 6 Monate jeweils in der Statistik genannt sind kann ich nicht sagen. Fakt ist, hier wird schon kräftig mitgemischt von Staatswegen. Und dieser wird natürlich behaupten, alles nur Pädophilenseiten (wobei die mal in Regierungsverantwortung gestandene Grünen-Partei immer noch die Personen aufweist, die eindeutig den Sex mit Kindern legalisieren wollten per Gesetz).
Weiterhin wird der Deutsche Staat (wenn überhaupt) uns auch den Terrorismus und Schwerstkriminalität als Basis der Löschungen und Sperrungen benennen. So what?
Man müßte mal bei den kleinen Anfragen im Bundestag nachschauen, meist sind die Linken da ganz "neugierig".

♥lich Nola




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Übrigens ist eine letzte Bastion hinsichtlich Zeitzeugen und Artikel der "Spiegel".
Alles archiviert und abrufbar. Und natürlich auch ZR durch unermüdlichen Einsatz von Kallias.

♥lich Nola

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Status quo, nicht wahr, ist der lateinische Ausdruck für den Schlamassel, in dem wir stecken.
Zettel im August 2008

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

25.03.2015 11:57
#3 RE: Ei gugg emol Antworten

Ich verstehe die Aufregung mal wieder nicht. Google geht, wenn ich mir das so ansehe, ganz ähnlich vor wie ich bei Recherchen:
http://seo.at/nichts-als-die-wahrheit-go...t-von-websites/
Es geht deshalb auch gar nicht um eine oder die Wahrheit, noch um eine absolute Wahrheit, sondern um die Vertrauenswürdigkeit von Seiten.
Und um belegbare Fakten. Etwas das hier von den Autoren auch gewünscht wird, so weit mir bekannt.
Also, so what?

Viele Grüße, Erling Plaethe

Fluminist Offline




Beiträge: 2.015

25.03.2015 12:28
#4 RE: Ei gugg emol Antworten

Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #3
Also, so what?

OK, hier ist ein konkretes Beispiel. Nehmen wir diese beiden Seiten:

Zitat von Mail Online, 30. August 2014
Myth of Arctic meltdown: Stunning satellite images show summer ice cap is thicker and covers 1.7million square kilometres MORE than 2 years ago...despite Al Gore's prediction it would be ICE-FREE by now


Zitat von Guardian, 1. September 2014
New satellite maps show polar ice caps melting at 'unprecedented rate'


Meinen Sie wirklich, daß die Frage nach Vertrauenswürdigkeit und belegbaren Fakten durch eine simple Wortanalyse à la "achtarmige Kellnerin" entschieden werden kann? Was den "6-jährigen Präsidenten" anbelangt, dann kann es sich z.B. um einen Druckfehler und einen 66-jährigen Präsidenten handeln. Das wäre zugegeben zwar immer noch falsch, aber Druckfehlerfreiheit ist vielleicht nicht so wesentlich wie inhaltliche Korrektheit.

Welche Aussagen vertrauenswürdig sind, ist eine schwierige Frage, insbesondere wenn die Aussage zwischen den Zeilen steht, man also den Text wirklich verstanden haben muß, um ihn zu beurteilen. Wie wir gerade bei den jüngeren Diskussionen hier im kleinen Zimmer immer wieder sehen konnten, ist das selbst für einigermaßen intelligente Menschen keine leichte Aufgabe. Das durch die Formulierung Suggerierte ist oft viel wesentlicher als "Fakten".

Nun haben Sie insofern recht, als es zunächst nur um ein Vorsortieren, kein endgültiges Urteil geht. Aber der Anspruch, mit dem Google hier auftritt, und die dominierende Stellung dieses Unternehmens legt nahe, daß wir es hier mit einem künftigen de facto Standard zu tun haben. "Was wahr ist, das bestimmen wir!" - so nach diesem Motto.
Sollen wir nicht über die Mordtat der achtarmigen Kellnerin informiert werden, nur weil so etwas vorher noch nie vorgekommen ist?

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

25.03.2015 12:54
#5 RE: Ei gugg emol Antworten

Sollte Google tatsächlich seine Monopolstellung nutzen um "seine Wahrheit" auf die ersten Seiten zu bringen, wird das alternative Suchmaschinen stärken und auf dem Markt attraktiver machen, meinen Sie nicht?
Dieses System muss erst einmal in der Praxis getestet werden, aber vielleicht auch ein guter Zeitpunkt andere Suchmaschinen mal wieder zu nutzen.
Andererseits gehe ich davon aus, dass Google keine eigenen Wahrheiten verbreiten, sondern seine Qualität verbessern will.

Viele Grüße, Erling Plaethe

Dennis the Menace Offline




Beiträge: 459

25.03.2015 14:16
#6 RE: Ei gugg emol Antworten

Sehr interessanter Link, lieber Fluminist, Ihr Kommentar dazu ebenso.

Die Wahrheit ist nun mal ein ganz heißes Eisen, an dem die Philosophie seit Jahrtausenden herumschmiedet. Interessanterweise wird es nicht kalt sondern produziert ständig neue Überlegungen.

Weil das so kompliziert ist, sehnen sich offenbar viele nach dem Wahrheitsministerium, wo alles wunderbar einfach wird.

Z.B. Herr Lenin, der die Dinge so sah:

Zitat von Lenin
Die Lehre von Karl Marx ist allmächtig, weil sie wahr ist. Sie ist in sich geschlossen und harmonisch, sie gibt den Menschen eine einheitliche Weltanschauung, die sich mit keinerlei Aberglauben, keinerlei Reaktion, keinerlei Verteidigung bürgerlicher Knechtung vereinbaren lässt.




Google denkt anscheinend so ähnlich, denn als zweiter Satz, der Frage nachgestellt, warum die Lehre wahr ist, folgt --- eine pure Meinung. Ähnlich strukturiert wie die Wahrheit, dass Nudelsalat besser schmeckt als Kartoffelsalat, wobei wesentlich ist, wie viele dem zustimmen, daraus erwächst sodann evtl. Wahrheit. - indessen wollte Lenin auf diesen Test wohl eher verzichten, google anscheinend nicht, immerhin.

Denn in der Tat ist dieser konsensuale Wahrheitsbegriff (worauf google offenbar abzielt) nicht gänzlich unakzeptabel - insofern man im Hinterkopf behält, dass es auch andere (wichtigere) Wahrheitsbegriffe gibt - viele Wahrheiten über die Wahrheit . Der Wahrheit, dass Nudelsalat besser schmeckt als Kuhfladen kann man vertrauen, auch ohne das auszuprobieren - allein wegen des massiven Konsenses und auch ein Blinder kann darauf vertrauen, dass der Mond tatsächlich rund ist - alle sagen es, die Information, er sei viereckig, ist einfach zu selten - kann man also allein aus diesem Grund als unwahr beiseite schieben. Oder: Es wird schon einen wahren Grund geben, wenn alle Leute zum Notausgang rennen - also renn' ich mit.

Mit dem augenscheinlichen "Faktum", dass sich die Sonne um die Erde dreht (sieht man doch!) wird's dann wieder schwierig. Auch in "Fakten" offenbart sich nicht so ohne Weiteres die ganze Herrlichkeit der Wahrheit und auch die Konsenswahrheit stößt an Grenzen der Brauchbarkeit - eigentlich ist sie eher selten brauchbar - zumal aus liberaler Sicht .

Welchem Wahrheitskonzept sind welche Aussagen (oder Befunde betreffend das Zeugs da draußen) überhaupt und inwieweit zugänglich und inwieweit lässt sich das sinnvoll quantifizieren - worum es google ja letztlich geht? Das sich aus dieser Fragestellung ergebende komplizierte Kuddelmuddel will google anscheinend radikal "vereinfachen". Das kann nicht gut gehen. Zu befriedigenden Ergebnissen führt das bestimmt nicht. Auch ganze Gebirge von Algorithmen nutzen nicht viel, wenn die Problemstellung, die Gegenstand der Veranstaltung ist, von Anfang an mehr oder weniger unbrauchbar ist - oder gar politisch (im welchem Sinn auch immer, inkl. kommerziell) hinterlistig - das kommt ja womöglich hinzu.

Herzlichst
Dennis

Fluminist Offline




Beiträge: 2.015

25.03.2015 16:13
#7 RE: Ei gugg emol Antworten

Zitat von Dennis the Menace im Beitrag #6
Mit dem augenscheinlichen "Faktum", dass sich die Sonne um die Erde dreht (sieht man doch!) wird's dann wieder schwierig.

Ein sehr gutes Beispiel! Wie es in der Judenbuche so schön heißt:

Zitat
Le vrai n'est pas toujours vraisemblable.

Das Wahre ist nicht immer wahrscheinlich.

Ulrich Elkmann Online




Beiträge: 13.551

26.03.2015 01:02
#8 RE: Ei gugg emol Antworten

Das Unternehmen Google hat, wie jedes Unternehmen dieser Art - einigermaßen komplex, bis heute am Markt & so nahe am der Marktbeherrschung, wie es in diesem Metier möglich ist - jede Menge Totgeburten im Keller. Allein die Versuche, FB etwas an die Seite zu stellen, füllen einen Raum. Google Answers, Google Labs, Google Health, Google Friend Connect... Das hier scheint ein paar Absichten von KNOL aufzugreifen: auch eine jener Ideen, deren Scheitern, zumindest hinterher, so vorprogrmmiert scheint, daß man sich wundert, wie so etwas die Brainstorming-Phase überstehen konnte. Auf der -Seite steht, daß Google für die meisten Nutzer tatsächlich wohl eine Art Monopol darstellt; auf der -Seite, daß es sich schnell herumspricht, daß dem nicht so ist, wenn sich so etwas spürbar wie eine Zensur (ob nun intendiert oder unbeabsichtigt) auswirkt; daß die kritischen, skeptischen, "verschwörerischen" Websites ja genauso anspielbar bleiben wie bislang; daß sich 98 % aller Websuchen davon nicht tangiert werden; daß "die Wahrheit" (die "Seriosität" einer Seite) für Fragen, wo's drauf ankommt, sich nicht ermitteln lässt (aus aktuellem Anlass: die Frage "war Richard III. nu ne fiese Möp oder nicht?" dürfte bei 3 verschiedenen Historikern 6 verschiedene Antworten erzeugen); daß Ausblendungsstrategien bei denen, die mitmachen, nur dazu führen, daß man selbst nicht nur unsichtbar, sondern, schlimmer, belanglos wird. Die Times war mal die Zeitung #1 der Welt; seit sie hinterm Kassenhäuschen hockt, weoß keiner mehr, daß sie überhaupt existiert; die spanische Presse hat sich mit ihrer Linklöschungspolitik geschlossen von der Weltbühne absentiert. Marktwirtschaft ist Darwinismus & wirkt auf den ersten Blick genauso abschreckend: "nature red in tooth & claw" <=> "reiner cash nexus"; das survival of the fittest heißt hier Marktakzeptanz; und Cyber ist Markt hoch 2. Und das führt dazu, das Greshams Law auf Dauer keine Chance hat. Google kann "das Wissen der Welt" gar nicht kontrollieren oder kanalisieren. Aber die Furcht davor dürfte zu einem hartnäckigen Phantom werden. Das 1. Mal spukte das vor 15 Jahren bei der Neuordnung/Erweiterung der Domänen-Kürzel herum: huch, die Amis kontrollieren, ob etwas im Netz auffindbar ist!

Zitat von Dennis the Menace im Beitrag #6
Das sich aus dieser Fragestellung ergebende komplizierte Kuddelmuddel will google anscheinend radikal "vereinfachen". Das kann nicht gut gehen.

Das (neben der "inneren Repräsentation" auf Metaebene; sind wohl 2 Seiten derselben Medaille) dürfte wohl das hartnäckigste Problem der Schwachen KI sein: das läuft seit Ende der 60er Jahre völlig unverändert im Kreis. Die Schweizer Radaraugen, die jüngst Kühe für Tiefflieger hielten; die automatische Bildauswertung für Drohnen & Satellitenbilder, dis in den US-Labors 1982 bei getarnten Panzern durch Besenstiele getäuscht werden konnte, machen genau das, woran Marvin Minskys Perzeptrone 1968 gescheitert sind.

Fluminist Offline




Beiträge: 2.015

26.03.2015 09:50
#9 RE: Ei gugg emol Antworten

Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #3
Ich verstehe die Aufregung mal wieder nicht.

Keine Aufregung, lieber Erling Plaethe, und ich will auch Google gar keine finsteren Motive unterstellen. Meine milde Irritation rührt daher, daß wir es hier mit einem Fall von Techniker-Hybris zu tun haben, die sich anheischig macht, ein schwieriges, tiefes und vielschichtiges Problem auf technischem Wege zu lösen, es aber weniger löst als vielmehr umdefiniert. Jedenfalls haben Wörter wie "Faktum", "vertrauenswürdig" u. dgl., wenn Google mit ihnen fertig ist, eine andere Bedeutung als bisher.

Noch ein Beispiel: Michelson und Morley waren nach damaligem und heutigem Standard vertrauenswürdig, weil sie bis zum Beweis des Gegenteils redliche Wissenschaftler waren, die nach dem Stand der Zeit besten wissenschaftlichen Methoden anwandten und die Details ihres Experiments für jeden nachprüfbar veröffentlichten. Nach der neuen Googleschen Definition waren sie aber nicht vertrauenswürdig(TM), weil ihre Aussage im Widerspruch zu dem damals einhellig akzeptierten und auch evidenten (wie sonst sollte es elektromagnetische Wellen geben?) Faktum(TM) der Existenz eines Lichtäthers mit gewissen Eigenschaften stand.

Sicher, niemand ist gezwungen, Google zu verwenden. Aber innerhalb des Google-Universums werden nun ein gewisses naives Weltbild und eine mit den erfolgreichen Baconschen Prinzipien nicht ganz im Einklang stehende Methodik festgeschrieben, eine automatisierte Scholastik, die den consensus omnium, eine crowdgesourcte Autorität höher stellt als den Fortschritt der Einsicht. Das alte linkzählende System ist primitiver, aber offener und ehrlicher, da es weniger Anspruch erhebt.

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

26.03.2015 20:45
#10 RE: Ei gugg emol Antworten

Zitat von Fluminist im Beitrag #9

Sicher, niemand ist gezwungen, Google zu verwenden. Aber innerhalb des Google-Universums werden nun ein gewisses naives Weltbild und eine mit den erfolgreichen Baconschen Prinzipien nicht ganz im Einklang stehende Methodik festgeschrieben, eine automatisierte Scholastik, die den consensus omnium, eine crowdgesourcte Autorität höher stellt als den Fortschritt der Einsicht. Das alte linkzählende System ist primitiver, aber offener und ehrlicher, da es weniger Anspruch erhebt.

Das linkzählende System wird, wie ich das verstanden habe aber auch nicht ersetzt. Es bleibt ja erhalten, wird eben nur erweitert. Ich kann Ihre Bedenken schon nachvollziehen und ich teile sie auch. Technik-Hybris ist wohl eine Begleiterscheinung des IT-Zeitalters der man sich immer stärker ausgesetzt sieht.

Viele Grüße, Erling Plaethe

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