Seit einigen Monaten wird in der Presse immer mal wieder von der geplant größten Batterie der Welt berichtet - zum Beispiel hier. Geplant ist ein ehemaliges Salzbergwerk mit Kunststoffteilchen sogenannten Polymeren zu füllen und elektrisch aufzuladen. Das Projekt nennt sich Brine4Power und wird von EWE auf der Grundlage der Redox-Flow-Batterie, welche die Universität in Jena entwickelt hat in drei Projektphasen durchgeführt. Wenn ich es richtig interpretiere, könnte die Zufallsenergie eventuell ja doch noch grundlastfähig werden. Es soll laut Eigenwerbung quasi die Lösung sein und das auch zu relativ günstigen Preisen:
Zitat Die Kosten einer Kavernenbatterie pro Kilowatt Leistung entsprechen etwa denen von Pumpspeicherkraftwerken oder herkömmlichen Batterien. Durch die Möglichkeit große Energiemenge / MWh zu speichern wird b4p storage jedoch unschlagbar günstig sein. Durch diese Megabatterien wird erneuerbare Energie zukünftig jederzeit in ausreichender Menge zur Verfügung stehen.
Kann jemand von Ihnen beurteilen wie viele ehemalige Bergwerke mit einer solchen Technologie ausgestattet sein müssten, um annähernd den erforderlichen Speicher vorhalten zu können? Ist das realistisch überhaupt machbar?
Die letztliche Umsetzung in Deutschland halte ich derweil für unwahrscheinlich. Solche Großprojekte haben in Deutschland sobald es Ernst wird einfach eine zu schlechte Presse. Die einzige Chance sehe ich darin, dass das Projekt bislang ein mehr oder weniger privatwirtschaftliches ist und somit die geballte politische Inkompetenz vorerst nicht daran beteiligt wird.
Freundliche Grüße,
ffreiberger
"Wie reziprok die Freundlichkeit ist, das sagt somit etwas aus über die Offenheit einer Gesellschaft; über die Freiheit, die in ihr herrscht." Zettel
Zitat von ffreiberger im Beitrag #1Kann jemand von Ihnen beurteilen wie viele ehemalige Bergwerke mit einer solchen Technologie ausgestattet sein müssten, um annähernd den erforderlichen Speicher vorhalten zu können?
Lassen Sie uns das doch mal kurz überschlagen. Laut statista.de gibt es in Deutschland etwa 40,96 Mio Privathaushalte. Wenn ein solcher Speicher 75.000 Haushalte für einen Tag versorgen kann, benötigt man also 546 Speicher für einen Tag. Will man auch eine zweiwöchige Dunkelflaute überstehen, benötigt man schon 7.645 Speicher. Damit würden dann nur die Privathaushalte versorgt, noch nicht die Industrie.
Political Correctness ist nichts anderes als betreutes Denken.
Zitat von Tiefseetaucher im Beitrag #2Lassen Sie uns das doch mal kurz überschlagen. Laut statista.de gibt es in Deutschland etwa 40,96 Mio Privathaushalte. Wenn ein solcher Speicher 75.000 Haushalte für einen Tag versorgen kann, benötigt man also 546 Speicher für einen Tag. Will man auch eine zweiwöchige Dunkelflaute überstehen, benötigt man schon 7.645 Speicher. Damit würden dann nur die Privathaushalte versorgt, noch nicht die Industrie.
Ok, damit ist es also gar nicht so unrealistisch.
Zitat von EWEFür die weltgrößte Batterie werden zwei Kavernen mit je 100.000 Kubikmetern Volumen verwendet. Sie werden mit Wasser in Salzstöcke gespült, wodurch die benötigte Sole gleich vor Ort entsteht.
Insgesamt gibt es ein Kavernenspeichervolumen von 13.200 Millionen Kubikmetern in Deutschland lt. Bundesverband Erdgas, Erdöl und Geoenergie e.V., also das Volumen für 66.000 gleich großer Batterien.
Zitat von BVEGKavernenspeicher sind Hohlräume in unterirdischen Salzstöcken, die durch einen Solprozess angelegt werden. Insgesamt betreiben die BVEG-Mitglieder in Deutschland 244 Kavernen in 27 Speicheranlagen. Das Speichervolumen dieser Kavernen beträgt 13,2 Milliarden Kubikmeter. Dadurch verfügen die Kavernen inzwischen über einen Anteil von 55 Prozent an dem gesamten installierten Speichervolumen in Deutschland.
In 2015 wurden lt. Umweltbundesamt in Deutschland insgesamt 521 Terrawattstunden über alle Verbraucher (Industrie, Gewerbe, Handel, Verkehr und Haushalte) hinweg benötigt. Das bedeutet, dass in 2 Wochen ungefähr 20 Terrawattstunden Energie verbraucht werden.
Wenn ich richtig gerechnet habe und nicht zu Blöde bin, können im Speichervolumen von 13.200 Millionen Kubikmetern maximal 46,2 TWh gespeichert werden, also mehr als doppelt soviel als im Szenario "14 Tage Windstille bei bedecktem Himmel" benötigt würde.
Zitat Forschung zum Thema Energiespeicher und –systeme in Niedersachsen Kompetenzen und Potenziale Ein Beitrag des Niedersächsischen Arbeitskreises "Forschungskonzept Energiespeicher und -systeme" Goslar, 16.10.2014
"Wie reziprok die Freundlichkeit ist, das sagt somit etwas aus über die Offenheit einer Gesellschaft; über die Freiheit, die in ihr herrscht." Zettel
"Ok, damit ist es also gar nicht so unrealistisch"
Wir haben in Deutschland 4700 ungenutzte, aber bebaubare Bergwerke? Das ist mir neu.
___________________ Kommunismus mordet. Ich bin bereit, über die Existenz von Einhörnern zu diskutieren. Aber dann verlange ich außergewöhnlich stichhaltige Beweise.
Zitat von ffreiberger im Beitrag #1Kann jemand von Ihnen beurteilen wie viele ehemalige Bergwerke mit einer solchen Technologie ausgestattet sein müssten, um annähernd den erforderlichen Speicher vorhalten zu können? Ist das realistisch überhaupt machbar?
Die letztliche Umsetzung in Deutschland halte ich derweil für unwahrscheinlich. Solche Großprojekte haben in Deutschland sobald es Ernst wird einfach eine zu schlechte Presse. Die einzige Chance sehe ich darin, dass das Projekt bislang ein mehr oder weniger privatwirtschaftliches ist und somit die geballte politische Inkompetenz vorerst nicht daran beteiligt wird.
Das klingt ziemlich interessant, ist mir auch komplett neu. Ich kenne nur die Vorschläge mit dem Wasserstoffgas (da sind die Holländer seit den 80ern dran, passiert ist mW noch nix) und konventionelle Pumpen (das ist vor allem bei den Kohlebergwerken im Ruhrgebiet immer wieder im Gespräch).
Übrigens ist nicht immer die Presse schuld, das "Zechen-zu-Pumpspeicher"-Thema wird weitgehend gefeiert, weil es einfach eine tolle Story bietet. Das Problem ist hier eher, warum EWE (das übrigens komplett in öffentlicher Hand ist, der Aufsichtsratschef ist der Landrat von Leer ) die Investition anpacken sollte, wenn sie (wie im Artikel auch erwähnt) mit ihren Kavernen als Gasspeicher gutes Geld verdienen.
Aber zu Ihrer Grundfrage: Man muss ja nicht die komplette Spitzenlast in Deutschland als Speicher vorhalten. Es würde schon reichen, wenn man die Regelleistung damit abdecken könnte (das sind so 8-10 GW). Ich sehe allerdings eine Schwierigkeit, die die Autoren nicht bedacht haben: Die meisten Bergwerke und Salzstöcke sind ebenfalls nicht im Süden, wo der Strom gebraucht wird. Die Lösung würde zwar helfen, dass weniger Windstrom verloren geht, aber das Leitungsbauproblem stellt sich in gewisser Hinsicht immer noch.
naja, wenn Sie weitergelesen hätten, wäre Ihnen vielleicht aufgegangen, dass ich als Bezug das Volumen gewählt habe. Es benötigt gar nicht so viele Bergwerke, sondern nur ausreichend große. Diese sind vorhanden. Allerdings wie Meister Petz zurecht anmerkt, werden diese bislang gewinnbringend als Gasspeicher verwendet.
Freundliche Grüße,
ffreiberger
"Wie reziprok die Freundlichkeit ist, das sagt somit etwas aus über die Offenheit einer Gesellschaft; über die Freiheit, die in ihr herrscht." Zettel
Zitat von ffreiberger im Beitrag #1Es soll laut Eigenwerbung quasi die Lösung sein und das auch zu relativ günstigen Preisen:
Zitat Die Kosten einer Kavernenbatterie pro Kilowatt Leistung entsprechen etwa denen von Pumpspeicherkraftwerken oder herkömmlichen Batterien. Durch die Möglichkeit große Energiemenge / MWh zu speichern wird b4p storage jedoch unschlagbar günstig sein. Durch diese Megabatterien wird erneuerbare Energie zukünftig jederzeit in ausreichender Menge zur Verfügung stehen.
Wenn ich sowas lese, springt sofort mein Bullshit-Detektor an.
Erst das:
Zitat Die Kosten einer Kavernenbatterie pro Kilowatt Leistung entsprechen etwa denen von Pumpspeicherkraftwerken oder herkömmlichen Batterien.
Die Kosten pro kW waren noch nie das große Problem von Speichern, egal von welchen. Es ist also nicht viel mehr als eine Nullaussage.
Dann das:
Zitat Durch die Möglichkeit große Energiemenge / MWh zu speichern wird b4p storage jedoch unschlagbar günstig sein.
Man kann auch mit Akkus oder Pumpspeichern oder weiß der Geier was große Energiemengen speichern. Warum wird es dadurch unschlagbar günstig?
Zahlen wären hier echt hilfreich...SPON sagt: kostenmäßig vergleichbar mit Akkus und Pumpspeichern. Also dramatisch teuer und nicht unschlagbar günstig.
Mal ein Datenpunkt: für den Hausgebrauch gibt es die Tesla Powerwall (zumindest im Prospekt). Derzeit 13,5 kWh Kapazität und 5 kW Leistung. Kostenpunkt 6000€ ohne Installation. Wenn wir 100% EE wollen und nicht die gesamte landwirtschaftliche Anbaufläche mit Energiepflanzen vollhauen wollen, würde ich mal 100 TWh an benötigter Speicherkapazität für Deutschland in den Raum stellen. Rechnen darf jeder selber :-)
Noch ein Datenpunkt: Haushalte brauchen nur rund ein Viertel des Gesamtstroms in Deutschland. Verkehr ist derzeit extrem wenig, wird, falls sich der Wahnsinn der E-Mobilität durchsetzt, durch die Decke gehen.
Wenigstens muss das Projekt keine Angst vor amoklaufenden Umweltschützern haben, denen die Idee, "Fremdstoffe" in eine Kaverne zu füllen, doch suspekt sein müsste (siehe auch: Fracking, Endlager für Atommüll). Für die "gute Sache" wird sicher gerne auf die übliche Hysterie verzichtet.
Die Anwendungsgebiete auf deren Homepage lesen sich da recht realistisch: Minutenreserve und Schwarzstart, das würde vermutlich gehen und ist nicht so preissensibel wie "wir machen EEs grundlastfähig".
Wirtschaftlich gesehen konkurriert diese Lösung ja gegen "Windgas" - also Erdgas, das mittels Überschussstrom aus erneuerbaren Energien erzeugt wird. Das Problem bei Windgas (wie bei Wasserstoff) ist der recht niedrige Gesamtwirkungsgrad der Kette von vielleicht 25-30%. Aber man muss das kostentechnisch trotzdem durchrechnen, ob das nicht vielleicht viel preiswerter ist. Zumal Erdgas ja auch als Treibstoff für den Verkehr dienen könnte, man also nicht Geld für Akkus im Fahrzeug verschwenden müsste. Wikipedia spricht von 70% Wirkungsgrad bei der Redox-Flow-Kavernentechnik. Auch nicht berühmt, aber auf Augenhöhe mit Pumpspeichern.
Gruß hubersn
2017-12-13 18:48h leicht editiert für bessere Verständlichkeit
Das Problem aktuell ist ein ganz anderes: Wenn man den Aspekt der Versorgungssicherheit anschaut, dann lohnt es sich aktuell einfach nicht, in Speicher oder andere "Flexibilitäten" zu investieren. Es scheint tatsächlich so zu sein, dass unsere Energie-Planungskommission die Fehler, den sie bei der abstrusen Förderung von zB PV und bei der Vernachlässigung des Netzausbaus gemacht hat, um einen weiteren Fehler ergänzt. Indem sie nämlich um des Fetischs der einheitlichen Netzentgelte ein Konzept, das auf der alten Energieinfrastruktur basiert, einfach weiter durchzieht. Das ist aber ganz und garer Unsinn - der ganze Energiewendeschnickschnack beruht ja darauf, dass volatiler Strom die Eigenschaft hat, teuer zu sein, wenn wenig da ist, und billig, wenn viel da ist.
Die dena (meine bevorzugte Quelle für seriöse Analysen, da gibts nicht so viele) hat dazu heuer eine Studie angefertigt, die echt interessant ist. Und zwar haben sie mal - entgegen der deutschen Gewohnheit, die allumfassende vegane eierlegende Wollmilchsau zu finden (was mich in der Diskussion grunsdätzlich von allen Seiten am meisten stört) ein paar Usecases analysiert, die alle irgendwo als heißer Scheiß gehandelt werden. Und dabei sind sie zum Ergebnis gekommen, dass das aktuelle Regelwerk der Vergütung von Systemdienstleistungen geradezu zwangsläufig verhindert, da zu investieren.
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