Es ist ja meistens nicht leicht, beim Kollegen Elkmann irgendwo eine Bildungslücke zu finden, aber ich probiere mal meine Assoziation - ein Lied der völlig zurecht vergessenen österreichischen Band "The Hubbubs": https://www.youtube.com/watch?v=CNxBJUXmTuY
Für Freunde der österreichischen Unterhaltung: Es gibt in irgendeiner frühen Tohuwabohu-Folge einen sensationellen Clip mit Franz Suhrada und Lukas (Kottan) Resetarits, wo dieses Teil als Playback läuft, daher kenne ich es auch...EDIT: Habs gefunden https://www.youtube.com/watch?v=dcXNh3Lg70Y
Was die Frage nach der Mehrheitsfähigkeit betrifft, läßt sich die Antwort bündeln: Kein Grund zum Jubeln, aber auch kein Anlaß, nur Trübsinn zu blasen. Rein rechnerisch gesehen, läßt sich auch für das Jahr 1987 ein Erfolg nicht ausschließen. Politisch betrachtet, bleiben Vorbehalte genug: Auch nach dem tristen Sommertheater in Bonn verfügt die CDU/CSU über ein stabiles Wählerpotential (44 bis 45 Prozent). Die FDP darf hoffen, nicht für immer unter die Fünf-Prozent-Grenze abzurutschen. Für die Grünen lassen sich auch zweistellige Ergebnisse bei Wahlen nicht ausschließen. Doch die Sozialdemokraten haben Mühe genug, das Potential, das Demoskopen sehen, von derzeit 40 Prozent zur Urne zu bringen. No future für die SPD?
Innerhalb von 30 Jahren haben sie sich also etwa halbiert - hoffen wir, daß es mit der nächsten Halbierung schneller geht!
Das Marsupilami war der Kandidat aus meiner Longlist, der es nicht aufs Siegertreppchen geschafft hat. Zum einen wegen seiner hier symbolisch störenden gelben Farbe, zum anderen, weil sich die westrheinischen Bezüge bei Franquin auf QRM sur Bretzelburg beschränken (obschon André F. immer abgestritten hat, den westlichen Nachbarn gemeint zu haben). Bei dem Album fiel mir 1987 angesichts der Neuausgabe bei Carlsen 1987 im Vergleich zu der alten Kauka-Fassung von 1969 auf, daß eine Neuübersetzung genauso störend wirken kann wie eine Neusynchronisation, ungeachtet der größeren Nähe zum Original.
Zitat Und es ist nun einmal ein Factum brutum, daß keine Nachricht, keine Meldung unserer Medien eine Haltbarkeit von mehr als zwölf Stunden besitzt. Danach verschwindet sie - und zwar egal um worum es sich dabei handelt, ohne jede Folge, ohne jede Konsequenz weit hinten in einem nachgerade prähistorischen Hinterland
Wie wahr. Da bin ich mal drei Tage lang nicht bei Zettel und lese diesen Artikel entsprechend zu spät. Denn inzwischen sind die 12 Stunden längst vorbei und von "KoKo" ist bei der SPD und in den Medien schon lange keine Rede mehr. Wie gut, daß Du da noch rechtzeitig aufgespießt hast!
Mir ist ohnehin nicht so ganz klar, was der SPD eine "KoKo" machttechnisch bringen soll.
In normalen Koalitionen ist es ja so, dass Beschlüssen Einstimmigkeit vereinbart wird: Nur dann, wenn alle Koalitionspartner einer Maßnahme zustimmen wird sie beschlossen.
D.h. in einer normalen Koalition hätte die SPD immer ein Veto-Recht.
In einer "KoKo" wäre das anders: Alle Koalitionspartner hätten das Recht, sich andere Mehrheiten im Parlament zu suchen. Die SPD gäbe also ihr Veto-Recht auf und bekäme dafür das Recht, sich andere Mehrheiten zu basteln.
Welche Mehrheiten könnten das aber nun konkret sein? SPD+Grün+Links hat im Parlament KEINE Mehrheit.* Auch SPD+Grün+FDP hat keine Mehrheit. Mit der AfD will die SPD ja nicht zusammenarbeiten. Aber selbst wenn sie es wollte: auch z.B. SPD+FDP+AfD hätte keine Mehrheit.
Die einzige Mehrheit, die die SPD ggf. ohne die Union basteln könnte wäre daher SPD+FDP+Grün+Linke. In der Praxis wird es aber für kaum ein Projekt jemals ein solches Bündnis geben, bei dem man Linke und FDP gleichzeitig im Boot hätte. (Ok, für bestimmte gesellschaftspolitische Vorhaben mag das mal zustandekommen. Aber das wären dann exotische Ausnahmen).
Hingegen gäbe es für die Union in Einzelfällen durchaus mögliche Mehrheiten ohne die SPD. Zum Beispiel Union+FDP+Grüne. Oder vielleicht sogar Union+FDP+AfD.
In der politischen Praxis wäre es also einzig die Union (und die möglichen fallweisen Bündnispartner der Union wie Grüne, FDP und evtl. AfD) aber auf keinen Fall die SPD, die vom zusätzlichen Spielraum einer "KoKo" profitieren könnte.
Also was soll das der SPD bringen?
(*Man beachte, dass die Sachlage 2013-2017 eine andere gewesen wäre: Damals HATTE SPD+Grün+Linke eine Mehrheit im Bundestag. Hätte damals die SPD auf eine "KoKo" bestanden, hätte sie echten zusätzlichen Gestaltungsspielraum gehabt.)
Das Marsupilami war der Kandidat aus meiner Longlist, der es nicht aufs Siegertreppchen geschafft hat. Zum einen wegen seiner hier symbolisch störenden gelben Farbe, zum anderen, weil sich die westrheinischen Bezüge bei Franquin auf QRM sur Bretzelburg beschränken (obschon André F. immer abgestritten hat, den westlichen Nachbarn gemeint zu haben). Bei dem Album fiel mir 1987 angesichts der Neuausgabe bei Carlsen 1987 im Vergleich zu der alten Kauka-Fassung von 1969 auf, daß eine Neuübersetzung genauso störend wirken kann wie eine Neusynchronisation, ungeachtet der größeren Nähe zum Original.
Zitat Mir ist ohnehin nicht so ganz klar, was der SPD eine "KoKo" machttechnisch bringen soll.
Als altem Spötter fällt mir dabei sofort mindestens ein Grund ein:Einige Posten, vielleicht sogar als Minister, nebst Dienstwagen behalten und trotzdem -gelegentlich- Opposition vorgaukeln.
Versorgungstechnisch für einige Genossen sicher sehr interessant.
Zitat von Florian im Beitrag #8Mir ist ohnehin nicht so ganz klar, was der SPD eine "KoKo" machttechnisch bringen soll.
Sie spekuliert vermutlich darauf, nach vier Jahren KoKo bei den Wahlen besser abzuschneiden als bei Neuwahlen im Frühjahr 2018. Die wären nämlich kaum noch zu vermeiden, wenn die GroKo-Verhandlungen jetzt scheitern, zum Beispiel am Widerstand der Parteibasis. Der Basis kann man wahrscheinlich KoKo leichter verkaufen als GroKo, so dass die Gefahr von Neuwahlen dabei geringer wäre.
Zitat von Florian im Beitrag #8Mir ist ohnehin nicht so ganz klar, was der SPD eine "KoKo" machttechnisch bringen soll.
Sie spekuliert vermutlich darauf, nach vier Jahren KoKo bei den Wahlen besser abzuschneiden als bei Neuwahlen im Frühjahr 2018.
Ich muss meine Frage noch mal präzisieren:
Meine Frage war nicht "Ist Koko besser als Opposition oder Neuwahlen?" Sondern: Warum ist "KoKo" aus Sicht der SPD besser als "GroKo"?
Ich sehe beim Vergleich dieser Alternativen (wie oben geschrieben) nur Nachteile für die "KoKo". Es gibt realistischweise keine Vorhaben, die die SPD in einer "KoKo" leichter durchsetzen könnte als in einer "GroKo". Hingegen gibt es für die Union ggf. fallweise Möglichkeiten, zusammen mit anderen Parteien Vorhaben gegen die SPD durchzusetzen.
Seltsamerweise war es aber die SPD, die die "KoKo" ins Spiel brachte. Und die Union, die auf einer regulären "GroKo" besteht. Dass die Union eine "normale" Regierung irgendwelchen Experimenten vorzieht ist m.E. nachvollziehbar. Mir ist aber unklar, welchen Nutzen die SPD aus irgendwelchen Experimenten ziehen will, die ihr keinerlei taktische Vorteile zu bringen scheinen.
Zitat von Florian im Beitrag #13 Meine Frage war nicht "Ist Koko besser als Opposition oder Neuwahlen?" Sondern: Warum ist "KoKo" aus Sicht der SPD besser als "GroKo"?
Das setzt voraus, dass die SPD tatasechlich Sachen umsetzen moechte. Wie ich die SPD aber so kenne, basiert deren ganzes Politikverstaendnis auf dem Feindbild CDU und Wirtschaft. Deren Wunsch ist es, keine Kompromisse eingehen zu muessen. Jeder CDU Vorschlag ist schliesslich Verrat. Entweder an der Arbeiterklasse oder der gruenen Funktionaersklasse. Und genau das erlaubt die KoKo. Und dazu gibt es noch Ministerposten.
Zitat von Florian im Beitrag #13 Meine Frage war nicht "Ist Koko besser als Opposition oder Neuwahlen?" Sondern: Warum ist "KoKo" aus Sicht der SPD besser als "GroKo"?
Das setzt voraus, dass die SPD tatasechlich Sachen umsetzen moechte. Wie ich die SPD aber so kenne, basiert deren ganzes Politikverstaendnis auf dem Feindbild CDU und Wirtschaft. Deren Wunsch ist es, keine Kompromisse eingehen zu muessen. Jeder CDU Vorschlag ist schliesslich Verrat. Entweder an der Arbeiterklasse oder der gruenen Funktionaersklasse. Und genau das erlaubt die KoKo. Und dazu gibt es noch Ministerposten.
Nochmal: in einer normalen Koalition HAT die SPD doch ein Veto-Recht. Das ist ganz normaler Koalitions-Standard in Deutschland: Alle Koalitions-Partner müssen einem Vorhaben zustimmen. Irgendwelche Zugeständnisse an "die Wirtschaft" kann die SPD daher in einer normalen Koalition immer blockieren. Genau dieses Veto-Recht gibt sie aber in einer "KoKo" aus der Hand. Da darf die Union sich dann nämlich andere Mehrheiten organisieren. Etwa Union+Grün+FDP. Gleiches dürfte die SPD zwar auch. Aber aufgrund der jeweiligen Fraktionsstärken gibt es kaum plausible Szenarien, in denen die SPD im Bundestag eine Mehrheit ohne Beteiligung der Union zustandebekommen könnte.
Wenn die SPD statt einer GroKo eine KoKo anstrebt, dann gibt sie also ihr übliches Veto-Recht auf. Und bekommt faktisch keinen zusätzlichen Gestaltungsspielraum. Also nochmal: Was soll der Blödsinn?
Zitat von Florian im Beitrag #15Also nochmal: Was soll der Blödsinn?
Der "Blödsinn" wird erst nachvollziehbar, wenn man der SPD als Ziel nicht unterstellt, in einer jetzt zu bildenden Regierung das Maximale an ihrer Politik herauszuholen. Das war schließlich schon die letzten vier Jahre so, aber das aus Sicht der Sozis Gute wurde Merkel zugeschrieben und nur das nicht Erreichte der SPD. Das Ergebnis ist bekannt. Nein, das Ziel der SPD ist zwar, an einer Regierung beteiligt zu sein, in dieser dann aber den Kanzler zu stellen, dem die beschlossenen Wohltaten dann auch zugute kommen sollen. Das geht jetzt erst nach der nächsten Wahl.
"KoKo" wäre dafür nun die perfekte Vorbereitung. Man beschließt zusammen mit der Union irgendwelche Sozi-Leuchtturmprojekte und lässt sich dafür feiern, während die Gesetze, für die sich die Union ihre Mehrheit woanders sucht, nach Lust und Laune verdammt werden können. Die Möglichkeit einer Zustimmung der AfD verschafft der SPD dann zusätzliche Rhetorik-Munition und erschwerte der Union, die wenigen Dinge, die sie sich noch vornimmt, einfach so locker auf die Tagesordnung zu setzen, nur weil diese mehrheitlicher Zustimmung sicher wären. Da man gleichzeitig - im Gegensatz zur tolerierten Minderheitsregierung - auch einige Ministerien unter sich hätte, böte sich die einmalige Chance, mit den Mitteln einer Regierung fallweise Opposition zu spielen.
Wer auf solche Ideen kommt, muss seine potenziellen Partner schon für vollkommen verblödet halten. Oder annehmen, dass die zur Sicherung einer Kanzlerschaft wirklich jeden - ich zitiere: - Blödsinn mitmachen.
-- Bevor ich mit den Wölfen heule, werd‘ ich lieber harzig, warzig grau, verwandele ich mich in eine Eule oder vielleicht in eine graue Sau. (Reinhard Mey)
Eine Koko würde über kurz oder lang zu einer anderen Republik führen: wenn erst einmal innerhalb einer Koalition keine Abstimmdisziplin mehr herrscht, wie sollte die dann noch innerhalb einer Fraktion aufrechterhalten werden?
Angenommen, die SPD in einer fiktiven Regierung mit der Union entschlösse sich insgesamt, dem Familiennachzug zuzustimmen, den wiederum der Regierungspartner Union ablehnt. Wie will man nun einzelnen SPD-Abgeordneten, die mit der Union stimmen wollen, ein solches Stimmverhalten streitig machen? Es liefe auf das Ende der Fraktionsdisziplin und damit der Berechenbarkeit des Parlaments hinaus.
Zitat von schattenparker im Beitrag #17 Es liefe auf das Ende der Fraktionsdisziplin und damit der Berechenbarkeit des Parlaments hinaus.
Das wäre mehr als man zu hoffen wagen könnte. DAS genau ist doch Sinn des Parlaments, das die Abgeordneten eben nach ihrem Gewissen abstimmen und eben keiner Fraktionsdisziplin unterliegen. Wir haben uns in Deutschland so daran gewöhnt den Sand zu trinken, dass wir gar nicht mehr wissen wie Wasser schmeckt.
Ein Parlament ist eben gerade keine blöde Schwatzbude, wo das Ergebnis schon am Vorabend ausgekungelt wurde und alle nur noch brav auf Kommando den Arm heben. Dann bräuchten wir den Verein nicht.
Es ist bezeichnend, dass vor einigen Tagen das englische Parlament es "wagte" der Regierungschefin vors Schienbein zu treten und sich einfach das Recht herausnahm anderer Meinung zu sein. In Deutschland sieht man das als Schwäche. Was in Wirklichkeit eine große Stärke ist.
Das Besondere an den diesjährigen Koalitionsgesprächen ist ja, dass eigentlich keiner so recht in die Regierung will.
Eigentlich ist das ganze Streben einer Partei ja, die Regierung stellen zu können. Nur dieses Mal ist alles anders: Speziell FDP und SPD suchen verzweifelt nach Argumenten, warum sie nicht in die Regierungsverantwortung müssen.
Es sagt viel über den Regierungs-Stil von Frau Merkel aus, dass sich alle die schon mal mit ihr zu tun hatten mit Händen und Füßen gegen eine erneute Zusammenarbeit wehren.
Dass z.B. die FDP aus den Jamaica-Verhandlungen ausgestiegen ist, war im Kern ein Misstrauensvotum gegen Merkel. Man befürchtete, von ihr wieder mal über den Tisch gezogen zu werden. Und auch bei der SPD gibt es ja nicht ernsthaft inhaltliche Bedenken. Sondern die Bedenken sind taktischer Natur. Also auch hier letztlich die Befürchtung, von Merkel den Todeskuss zu bekommen.
Es ist atemberaubend, wie Merkel als Regierungs-Chefin bei ihren Koalitionspartnern verbrannte Erde hinterlassen hat.
Zitat von Florian im Beitrag #19Nur dieses Mal ist alles anders: Speziell FDP und SPD suchen verzweifelt nach Argumenten, warum sie nicht in die Regierungsverantwortung müssen.
Nicht speziell. Ausschließlich. Alle anderen Parteien (okay, bis auf die AfD, aber die könnte eh nur mit absoluter Mehrheit...) würden nur allzu gerne müssen. Die Diagnose "Merkel" ist hier schon richtig, obwohl doch eigentlich ihren beiden Koalitionspartnern eher das Gegenteil geschah. Die FDP wurde von der Union über den Tisch gezogen und im Koalitionsvertrag mit "Prüf"-Versprechen abgespeist, so dass sie nur auf den Feldern Erfolge feiern konnte, die zwar im Netz ungeheuer populär sind (z.B. Verhinderung der Vorratsdatenspeicherung), für die sich der Rest der Welt aber meist wenig interessiert, während sie da, wo sie mit vollmundigen Versprechungen in den Wahlkampf startete, in der Regierung zum Schluss als Bettvorleger landete (vor allem beim Thema Steuern). Daran ist natürlich nicht wirklich Merkel schuld, sondern vor allem die falsche Strategie des damaligen FDP-Chefs, der auf einen falschen Berater (Genscher) hörte und statt des Finanzministeriums den Grüßaugust-Posten des Außenministers anstrebte, und die Naivität der Verhandler beim Koalitionsvertrag. Merkel nutzte diese Fehler allerdings im Stil einer Spitzenmannschaft aus.
Bei den Sozis war es doch genau umgekehrt. Die haben gut verhandelt und fast alle ihrer Lieblingsprojekte umsetzen können, so dass ihnen jetzt beim Fordern nur noch die alten Hüte "Bürgerversicherung" und "höhere Steuern" einfallen. Zum Schluss bekamen sie sogar noch die "Ehe für alle" mit auf die Reise, und einer der Ihren wurde Bundespräsident. Entgegenkommender kann eine Kanzlerin gegenüber ihren Juniorpartnern schon gar nicht mehr sein. Und dennoch brach auch die SPD bei der anschließenden Wahl ein. Der Effekt muss für eine Partei, die den Anspruch hat, die Kanzleralternative zu stellen, als ähnlich traumatisch wie der Rauswurf der FDP angesehen werden, nur eben auf einem höheren Ausgangslevel.
Aus diesen Unterschieden erschließt sich Merkels Strategie: Linkes umarmen, alles andere ignorieren. Diese Strategie beruht wiederum selbst auf einem Schock, nämlich den der beinahe verloren gegangenen Wahl 2005. Merkel lernte daraus, dass es mit wirtschaftsliberalen Positionen in diesem Land keinen Blumentopf zu gewinnen gibt und dass ihr die Übernahme grüner und linker Forderungen erst den Beifall der Medien und dann die Zustimmung des harmoniesüchtigen deutschen Volkes einbringen würde.
Dass es jetzt mit dem gemeinsamen Regieren schwierig wird, liegt an den Konsequenzen, die Merkels Opfer jeweils gezogen haben. Für die FDP ist klar: "Prüf"-Aufträge als De-facto-Absagen begreifen, Formelkompromisse als der Interpretation des Stärkeren dienend zu verstehen, und wichtige eigene Programmpunkte im Koalitionsvertrag wiederfinden. So, wie die Jamaika-Sondierungen liefen, wurden alle diese Kriterien nicht erfüllt. Die SPD hat ein anderes Problem: Eine Regierung, in der sie nur den Junior-Partner stellt, darf eigentlich keine Erfolgsbilanz vorweisen, denn damit entfiele ja der Grund, an der Spitze etwas zu ändern. Und zugleich muss sie zeigen, dass sie in der Regierung doch etwas erreicht hat. Der Spagat ist eher unmöglich. Deswegen setzt sie jetzt vor allem auf Abgrenzung. Mit einer starken Führungspersönlichkeit an der Spitze hätte sie eine Chance, wenn sie sich angesichts der programmatischen Leere und der Fixierung der Union auf eine entzauberte Kanzlerin als die eigentliche Führungsmacht in diesem Land inszenieren könnte, als eine, die da auch den De-facto-Kanzler stellt. Mit Bätschi-Andrea wird das nicht gelingen, aber auch in den Ländern gibt es noch keine zu dieser Jobbbeschreibung passende Persönlichkeit.
-- Bevor ich mit den Wölfen heule, werd‘ ich lieber harzig, warzig grau, verwandele ich mich in eine Eule oder vielleicht in eine graue Sau. (Reinhard Mey)
Zitat von Werwohlf im Beitrag #20Daran ist natürlich nicht wirklich Merkel schuld, sondern vor allem die falsche Strategie des damaligen FDP-Chefs, der auf einen falschen Berater (Genscher) hörte und statt des Finanzministeriums den Grüßaugust-Posten des Außenministers anstrebte, und die Naivität der Verhandler beim Koalitionsvertrag.
Jein. Das Außenministerium war natürlich ein Fehler. Und die Strategie und der Vertrag waren falsch - aber das stellte sich eben erst hinerher heraus! Sowohl Westerwelle wie seine Berater bzw. die regierungserfahrenen Fraktionsmitglieder hatten sich auf eine übliche Koalition eingestellt, in der "Prüfen" auch wirklich prüfen bedeutet und man bei der Lösung dieser Punkte und bei neu auftauchenden einen gewissen Interessenproporz zwischen den Koalitionspartnern einhält. So hatte das Kohl immer extrem fair gehandhabt, und so laufen eigentlich alle Koalitionen auf Landesebene. Die Aggressivität, mit der die Union über vier Jahre lang alle FDP-Punkte weggebissen hat (selbst wenn sie dann selber wenig durchsetzen konnte), die war neu, die war nicht zu erwarten, und das war natürlich zentral Merkels Verantwortung.
Zitat Bei den Sozis war es doch genau umgekehrt. Die haben gut verhandelt und fast alle ihrer Lieblingsprojekte umsetzen können ...
Richtig. Die sind nicht an Merkel und nicht an der GroKo gescheitert. Sondern an zwei zentralen eigenen Fehlern: Zum Einen waren alle diese "Lieblingsprojekte" vom linken Flügel konzipiert, um die "Linke" zurückzudrängen und die SPD von Hartz IV zu distanzieren. Damit wurden aber letztlich nur die Interessen von Leuten bedient, die trotzdem lieber das linke Original wählen. Die SPD-Stammwähler haben sich für alle diese "Erfolge" fast nicht interessiert. Ein Facharbeiter oder Angestellter verdient fast immer deutlich mehr als Mindestlohn - der hätte lieber, daß "seine" Partei seinen Golf-Diesel verteidigt (und sich bei "Flüchtlingen" zurückhält). Und zum Anderen hat Schulz den zentralen taktischen Fehler gemacht, den ganzen Wahlkampf als Oppositionswahlkampf aufzuziehen. "Zeit für soziale Gerechtigkeit" war eigentlich ein massiver Angriff auf die Regierungspartei, die alle für "Soziales" zuständigen Ministerien verwaltet hatte - also die SPD.
Eigentlich wäre GroKo für die SPD kein Problem, auch nicht als Juniorpartner. Aber sie hat ein grundsätzliches Problem damit, die Interessen der eigenen Wählerbasis zur Kenntnis zu nehmen und sie hat sich taktisch völlig in die Sackgasse gefahren.
Zitat von R.A. im Beitrag #21 Die Aggressivität, mit der die Union über vier Jahre lang alle FDP-Punkte weggebissen hat (selbst wenn sie dann selber wenig durchsetzen konnte), die war neu, die war nicht zu erwarten, und das war natürlich zentral Merkels Verantwortung.
Ja, aber, sach ich mal .
Denn Seehofer darf man nicht vergessen, der diesbezüglich gehörigen Anteil hatte. Bei der einigermaßen zeitgleichen Koalition in Bayern hat das Wegbeißen noch viel effektiver geklappt. Vom FDP-Anteil in der Münchener Regierung hat praktisch keiner was gemerkt.
Kohl hatte eine andere Strategie. Die FDP als Zweitmarke mit 'n bissle gespielter Konkurrenz nebst Schauturnen erschien ihm CDU-nützlich, war ja auch so, deshalb der Schonwaschgang. Seine mageren Ergebnisse nach 1983 wurden von der FDP ausgeglichen.
Die Merkel/Seehofer-Linie korrespondiert mit Adenauer und später Kiesinger: Mit dem Instrument Wahlrechtsänderung wegharken war damals erste Wahl. Da Wahlrechtsänderung heutzutage nicht mehr geht, sind etwas mildere Wege angezeigt, wie die von Ihnen geschilderten.
In den Fällen Adenauer und Kiesinger wurde die FDP bekanntlich jeweils durch die SPD gerettet, muss man auch mal erwähnen .
Zitat von R.A. im Beitrag #21 Die Aggressivität, mit der die Union über vier Jahre lang alle FDP-Punkte weggebissen hat (selbst wenn sie dann selber wenig durchsetzen konnte), die war neu, die war nicht zu erwarten, und das war natürlich zentral Merkels Verantwortung.
Ja, aber, sach ich mal .
Denn Seehofer darf man nicht vergessen, der diesbezüglich gehörigen Anteil hatte. Bei der einigermaßen zeitgleichen Koalition in Bayern hat das Wegbeißen noch viel effektiver geklappt. Vom FDP-Anteil in der Münchener Regierung hat praktisch keiner was gemerkt.
Für die CSU in München war das auch eine sinnvolle Strategie. Immerhin hat die CSU ja das plausible Ziel der absoluten Mehrheit. Je mehr kleine Parteien über 5% kommen, desto schwerer wird es, dieses Ziel zu erreichen. Es ist daher für die CSU sinnvoll, die FDP möglichst aus dem Landtag rauszuhalten.
Für die CDU im Bund ist die Lage aber anders: Absolute Mehrheiten sind hier eher nicht zu erwarten. Auch dann nicht, wenn die FDP an den 5% scheitert. Und unter dem Gesichtspunkt "Macht-Maximierung" ist es für die Union eigentlich besser, wenn sie eine Koalition mit einem kleinen Partner machen kann als mit einem großen. Wäre 2013 die FDP über 5% geblieben, hätte die Schwarz-Gelbe Regierung fortgesetzt werden können. Und die Union hätte deutlich mehr Ministerposten bekommen als unter Schwarz-Rot. Und hätte auch in der Koalition mehr durchsetzen können. Machtpolitisch ist es für die CDU also kurzsichtig gewesen, die FDP zu versenken. (Außer natürlich wenn man als CDU ohnehin SPD-Politik betreiben WILL und die FDP-Positionen nur noch als Zumutung empfindet. Mag sein, dass in der CDU-Parteiführung die Mehrheit mittlerweile so tickt. In dem Fall ist natürlich eine niemals endende große Koalition das Wunschergebnis)
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