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ZETTELS KLEINES ZIMMER

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Dieses Thema hat 2 Antworten
und wurde 606 mal aufgerufen
 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
Llarian Online



Beiträge: 6.920

12.05.2021 00:54
Wie man heute Gesetze macht Antworten

Ein kleines Streiflicht und eine Antwort auf die ewige Frage ob Politiker überhaupt ihre eigenen Gesetze lesen.

Florian Offline



Beiträge: 3.136

12.05.2021 03:58
#2 RE: Wie man heute Gesetze macht Antworten

Lieber Llarian, ehrlich gesagt wäre ich froh, wenn die Verlängerung der ganzen Corona-Regeln einfach per copy-paste gemacht würden.
Die Realität ist nämlich viel schlimmer.

Ich berichte mal von der Situation in Bayern.
Aus meiner Sicht als von den Corona-Einschränkungen betroffener Einzelhändler.

Ich habe mittlerweile aufgehört zu zählen, wie viele neue Regeln und Gesetze ich zum Thema Corona immer wieder neu beachten muss.
Aber grob überschlagen:

Seit einem Jahr hat sich die grundsätzliche Situation, ob ich meine Läden überhaupt öffnen darf ungefähr 10 mal hin und her verändert.
Aber selbst in der Zeit, in der ich öffnen durfte, haben sich die Regel, auf wie vielen Quadratmetern ich welche Sortimente verkaufen darf mindestens 12 mal geändert.
Nicht mitgezählt "kleinere" Änderungen bei den erlaubten Sortimenten:
mal sind Schuhe erlaubt, dann nicht, dann doch, dann wieder nicht, dann doch, dann wieder nicht.
Mal sind Gartenmarktartikel erlaubt, dann nicht, dann doch wieder, dann wieder nicht, dann doch wieder, dann wieder nicht.
(Im Detail sind die Änderungen für Gartenmarkt allein seit Februar wie folgt: erst in Bayern und im Bund verboten, dann in Bayern erlaubt und im Bund verboten, dann genau umgekehrt: im Bund erlaubt und in Bayern verboten, dann in Bayern und im Bund erlaubt).
Mal ist Schulbedarf erlaubt, dann wieder nicht, dann doch wieder, dann wieder nicht, dann doch wieder, dann wieder nicht. (wobei die Frage, ob Schulranzen zum Schulbedarf zählen, noch mal eine ganz andere ist).
Änderungen gab es außerdem in der Frage, welche Masken meine Kunden und meine Mitarbeiter tragen müssen oder dürfen. Plexiglausmasken z.B. waren erst erlaubt, dann verboten, dann erlaubt dann wieder verboten. Für Mitarbeiter waren erst beliebige Masken erlaubt, dann alles außer Plexiglas, dann nur noch FFP2, jetzt nur noch OP-Masken oder FFP2.
Wieviele Kunden ich gleichzeitig in den Laden lassen darf hat sich mittlerweile mindestens 12 mal verändert.
Ständig kommen neue Vorschriften dazu: erst die Maskenpflicht, dann Höchstflächenzahlen, dann Höchstkundenzahlen. Später dann nur noch Kunden mit Terminvereinbarung. Dann auch noch mit Kontaktdatenverfolgung. Und jetzt ganz neu mit Negativ-Test-Pflicht.
Click&Collect war im Dezember zwischenzeitlich verboten, dann doch wieder erlaubt. (Wobei die Details, wie das abzulaufen hat, sich noch öfters geändert haben).

Irgendeine Logik ist in den ständigen Änderungen nicht zu erkennen. Und auch nicht in den haarfeinen Unterscheidungen, was in welcher Branche zu beachten ist.
Ein Schreibwarenladen darf z.B. in Bayern ein Kunde pro 10qm einkaufen. Es gibt unabhängig von der Inzidenz keine Kontaktverfolgung, keine Terminvereinbarung, keine Testpflicht.
Ein gleich großer Spielwarenladen darf hingegen nur 1/4 so viele Kunden in den Laden lassen. Und es gibt Kontaktverfolgung und Terminvereinbarung und zusätzlich Testpflicht.
Jetzt könnte man ja eigentlich daraus folgern, dass im Spielwarenladen die Hygiene-Situation deutlich besser sein müsste als im Schreibwarenladen. Immerhin müssen da viel mehr Regeln eingehalten werden. Aber trotzdem muss der Spielwarenladen ab Inzidenz 150 schließen. Während der Schreibwarenladen auch noch bei Inzidenz 1000 öffnen darf (und auch dann noch viel weniger Vorschriften beachten muss, als der Spielwarenladen bei Inzidenz 100). Logik? Keine.

Alle diese Regeländerungen werden in Bayern typischerweise in einer Pressekonferenz des Herrn Söder angekündigt. (Sagen wir mal: an einem Mittwoch). Dann dauert es aber typischerweise bis ungefähr Samstag oder Sonntag, bis die neuen Regeln tatsächlich schriftlich vorliegen. Und am Montag muss ich sie aber bereits umsetzen - bei Nichtbefolgung drohen ziemlich hohe Strafen und man ist immer wieder überrascht, wie viele Leute Ladenbetreiber bei den Behörden anschwärzen.
Es gab aber auch schon die Situation, dass es überhaupt keine klaren Ausführungsbestimmungen gab, in denen man nachlesen konnte, was man nun genau machen soll.
(Ein kleines Beispiel: Als in Bayern die Testpflicht eingeführt wurde, wurde die dazu gehörende Verordnung am Samstag abend veröffentlicht. Einzuhalten waren die neuen Regeln ab Montag. Aber in der Verordnung waren viele Details gar nicht geklärt. Zum Beispiel: Ab welchem Alter brauchen Kinder einen Test? Welchen Test-Nachweis kann ich akzeptieren? usw. Diese Info kam erst 9 Tage, nachdem die Verordnung schon in Kraft war.)

Wenn Verordnungen geändert werden, dann wird i.d.R. übrigens nicht die komplett neue Verordnung veröffentlicht. Sondern nur die Änderungen.
Da steht dann z.B. "in §7 Abs.2 der 12.BayHygSchVO wird im 2. Absatz 1. Satz "bis zu 3 Tage" verändert zu "bis zu 5 Tage".
Was das genau bedeutet, darf man sich dann aus altem Verordnungstext und Änderungs-Verordnung selbst zusammenpuzzeln.
Und darf darauf hoffen, dass dann irgendwann ein neuer Gesamt-Text für die Verordnung nachgereicht wird.

Geändert werden die Verordnungen und Gesetze extrem häufig, typischerweise spätestens alle 2 Wochen.
(Auch nachdem das Bundesgesetz erlassen wurde, sind in Bayern einige neue Regeln erlassen wurden. Teilweise übrigens im Widerspruch zum Bundesgesetz. Viel Spass rauszufinden, an was man sich nun als Händler genau halten muss).

Aber selbst wenn die Verordnungslage mal tatsächlich 2 Wochen am Stück unverändert bleibt (was schon lange nicht mehr vorgekommen ist):
Es reicht ja, wenn sich im Landkreis die Inzidenz ändert. Dann habe ich auch bei gleichbleibenden Verordnungen ganz unterschiedliche Möglichkeiten was ich darf und was nicht.

Insgesamt bin ich praktisch nur noch damit beschäftigt, die gerade geltenden Regeln herauszubekommen und mein Geschäft immer und immer und immer wieder anzupassen.
Es ist so ermüdend, ich kann es gar nicht mehr in Worte fassen.

Und jetzt ist das immerhin mein Beruf. Meine Kunden sind damit ja noch viel mehr überfordert. Viele machen das einfach nicht mehr mit. Bevor man einen Einkaufsbummel in der Fußgängerzone macht, muss man erst einmal eine aufwändige Recherche betreiben, was für welchen Laden denn nun genau gilt. In meiner bayerischen Kleinstadt gibt es in der Fußgängerzone jede Menge Läden, für die jeweils ganz unterschiedliche, sich ohnehin ständig ändernde Regeln gelten. Für die Kunden eine einzige Zumutung.

Da wäre ich wirklich froh, wenn die Regeln nicht verändert würden sondern einfach per copy&paste in die Zukunft verlängert würden ...

Johanes Offline




Beiträge: 2.424

12.05.2021 08:48
#3 RE: Wie man heute Gesetze macht Antworten

Dass in NRW bisweilen seltsame Gesetze beschlossen werden, ist ja bekannt.

Es war mir nur unklar, welche Auswüchse das inzwischen hat. Danke für den Hinweis.

 Sprung  



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