Nein, wie beim Catchen ist es beim Fußball nicht. Aber eine schauspielerische Komponente hat der heutige Fußball schon. Auf dem Rasen herumrollende Opfer eins Fouls, sich vor Schmerzen krümmende armes Spieler, die zwei Minuten später wieder munter umherrennen - muß das sein? Darüber ein Besinnungsaufsatz.
Den Rekord dabei stellt wohl eindeitig der kolumbianische Nationalspieler Carlos Valderrama, der bei der WM 1990 erstmal den sterbenden Schwan gab, sich minutenlang behandeln ließ, sich dann raustragen ließ und weiterbehandeln ließ und dann in der Nachspielzeit rumhüpfte, als wäre nnichts gewesen und dann noch den Ausgleich erzielt hat (Endstand 1:1; war das einzige Spiel bei der WM´90, das Deutschland nicht gewann).
Diese Schauspieler mag ich auch nicht, unddass die SChiedsrichter angehalten sind, gegen sie vorzugehen, ist völlig richtig. Manchmal schaltet sich auch der DFB mit ein (mittlerweile wohl eher die DFL, da haben sich ein paar Sachen geändert), allerdings sind diese Instanzen gern mal blind und vergehen sich in schlimmsten Ausreden, wenn es darum geht, Spieler eines bestimmten Vereins namens FC Bayern München nicht bestrafen zu müssen.
Zitat von SparrowhawkDiese Schauspieler mag ich auch nicht, unddass die SChiedsrichter angehalten sind, gegen sie vorzugehen, ist völlig richtig.
Darin sind wir uns vermutlich mit so ziemlich allen Fans einig, lieber Sparrowhawk.
Nur, wie sollen sie's richten, die Schiedsrichter?
Um es nochmal zu sagen:
Schauspielerei für sich ist ja ziemlich leicht zu erkennen. Kein Stoß bringt einen Menschen dazu, erst zu Boden zu fallen und dann drei, vier Mal zu rollen. Das geht physikalisch nicht; der Betreffende ist ja kein mathematischer Zylinder.
Das Problem ist, daß die Burschen auch dann rollen, wenn sie wirklich gefoult wurden. Daß sie sich krümmen wie ein Wurm, auch wenn man ihnen wirklich wehgetan hat.
Und dann pfeift der Schiedsrichter bisher ein Foul; der Schauspieler bleibt ungeschoren, weil er ja wirklich gefoult wurde.
Der Vorschlag - nicht richtig ernst gemeint, sondern ungefähr wie das Zettel'sche Gesetz: ich würde mich über Meinungen dazu freuen - ist deshalb: Sobald jemand rollt, sich krümmt usw., wird automatisch gegen ihn gepfiffen, und der Foulende - oder nicht Foulende, das ist eben oft schwer zu entscheiden - kommt davon.
Dann würde die Schauspielerei mit einem Schlag aufhören.
Nur - würde nicht auch der Show- Wert des Fußballs abnehmen?
Oh, da täusch dich mal nicht. Mal eine Frage: hast du je Fußball gespielt ? Ich schon ein wenig, zwar nicht im Verein, sondern eher mal in der Schule oder auf dem Hinterhof... auf allen Positionen vom Torwart bis zum Angreifer. Als Verteidiger konnte ich sehr unangenehm werden , da hat auch schonmal der eine oder andere unfreiwilligen Flugunterricht bekommen.
Physikalisch dürften da so Sachen wie Massenträgheit, Geschwindigkeit etc. nachwirken, aber das kann ein Physiker besser erklären als ich. Also, wenn jemand aus vollem Lauf eins in die Beine bekommt, dann fliegt der wirklich und rollt dann auch den einen oder anderen Meter weiter... und schmerzhaft ist es obendrein... vor allem, wenn schmerzträchtige Gegenden getroffen werden wie z.B. das Schienbein - so richtig fies, wird es, wenn das Schienbeinköpfchen knapp unterhalb des Knies getroffen wird - oder der Knöchel... so ein ordentlicher Schlag auf die Bänder treibt auch gestandenen Profis die Tränen in die Augen... (wenn sie reißen, erst recht, das wiederum kenne ich sehr gut... kam allerdings nicht durch ein Foul zustande, sondern durch eine unglückliche Landung). Wenn jemand aus dem Lauf heraus einen Stoß bekommt, dann bleibt der auch nicht automatisch stehen, sondern kommt ins Straucheln und, wenn er sein Gleichgewicht nicht halten kann, fällt hin, rollt sich ab und macht dabei noch ne Umdrehung.
Allerdings nutzen das viele Fussballprofis leider nur zu gern, um Elfmeter oder rote Karten zu schinden oder einfach um zu provozieren, und das ist nicht immer leicht auseinanderzuhalten... der SChiedrichter hat nunmal eben keinen Videobeweis.
Zitat von SparrowhawkMal eine Frage: hast du je Fußball gespielt ?
Gezwungenermaßen in der Schule, lieber Sparrowhawk.
Wenn die Mannschaften "gewählt" wurden, blieb ich meist als der letzte übrig und wurde dann vom Lehrer derjenigen Mannschaft zugeteilt, die nach seiner Ansicht ohne mich zu stark gewesen wäre.
Allerdings tat er damit zuviel des Guten, denn die Mannschaft, in der ich war, verlor unweigerlich.
Also, als Spieler war ich eine Katastrophe. Aber mit wissenschaftlichem Blick hingeguckt habe ich schon damals.
Und habe nie gesehen, daß jemand, der gerempelt wird und zu Boden geht, anschließend aufgrund rein physikalischen Kräfte dahinrollt wie eine Billardkugel.
Wo soll denn überhaupt der Impuls für eine Drehbewegung herkommen, wenn jemand zu Boden gestoßen wird? Stell dir mal vor, es wäre eine Leiche, die du aufstellst und dann kräftig umstößt - würde die rollen?
In Antwort auf:aber das kann ein Physiker besser erklären als ich.
Kann er nicht.
Schade! Ich hatte auch viel Hoffnungen auf Sie gesetzt, lieber Feynman. So ein Name verpflicht doch.
Also, nach meiner bescheidenen Meinung ist das ungefähr so: Das, was so ein Stoß mechanisch bewirkt, kann man in erster Annäherung sehen, wenn man einen Dummy auf dieselbe Art stößt und guckt, was passiert (es muß ja nicht die Leiche sein, von der ich gesprochen hatte).
Wenn dieser Dummy gut ist, also nicht nur dieselbe Massenverteilung hat wie ein Mensch, sondern auch Gelenke mit jeweils derselben Zahl von Freiheitsgraden, wenn er Fußballkleidung trägt und ansonsten eine Oberfläche hat, die in Elastizität und Reibungswiderstand ungefähr der menschlichen Haut entspricht - dann müßte dieser Dummy doch so fliegen, fallen, rollen, wie es ein Mensch täte, dessen Muskulatur nicht selbst mithilft, oder?
Jetzt stelle ich mir einen solchen Dummy vor, den ich mit dem Ellenbogen zu Boden stoße. Würde der anschließend zwei, drei, vier Umdrehungen über den Rasen rollen? Nee.
Der bliebe liegen wie ein Sack.
Allerdings bleibt eines zu bedenken: Auch die quergestreifte menschliche Muskulatur unterliegt nicht völlig der willkürlichen Kontrolle. Wen man einen Menschen, der noch lebt und der wach ist, stößt, dann bestimmen nicht nur physikalische Parameter den Ablauf, sondern auch Stell- und Lagereflexe sowie Schutzreflexe. Auch im Training erworbene Automatismen spielen eine Rolle.
Der Gefoulte wird also unwillkürlich versuchen, im Gleichgewicht zu bleiben und dann, wenn er fällt, sich nicht zu verletzen.
Aber rollen? Nein, rollen lassen ihn auch diese Automatismen und Reflexe nicht. Das Rollen ist, ebenso wie das schmerzverzerrte Gesicht, wie der Griff zur Brust oder zur Stirn, um sich diese vor Schmerz zu halten, nur Theater für den dummen Zuschauer.
Und eben auch dann - ceterum censeo -, wenn der Betreffende wirklich gefoult wurde. Foul und Schauspielerei sind keine Alternativen, sondern kommen häufig zusammen.
Mit Physik kenne ich mich ein wenig aus, aber mit Fussball so gut wie gar nicht. Ein Modell, welches einigermaßen realistisch Bewegungs- und Stürzablaufe beim Fussball simulieren kann, das ist nicht einfach. Computerspiele basteln glaube ich auch noch aus vorgegebenen Bewegungsablaüfen alles zusammen, und dort werkeln genug Experten daran.
Es kommt eben darauf an, ob der "Rolling Stone" aus dem Stand gestoßen wird oder nicht. Wenn jemand steht und er wird gestoßen, kann er durchaus aus dem Gleichgewicht geraten und auf dem Hintern landen. Vielleicht kann er sich einmal abrollen, um Schlimmeres zu verhindern. Das sollte es dann auch gewesen sein. Wenn jemand aber läuft oder gar rennt, sieht die Sache völlig anders aus, aber, lieber Zettel, dazu müsste ich dich einmal aus vollem Lauf umsensen , wobei du der Laufende wärst, nicht unbedingt ich
Zitat von Sparrowhawk... aber, lieber Zettel, dazu müsste ich dich einmal aus vollem Lauf umsensen , wobei du der Laufende wärst, nicht unbedingt ich
Lieber Sparrowhawk, ich würde dir das ja gern erlauben.
Und als besondere Vergünstigung dir das Recht übertragen, diese Erlaubnis weiterzugeben. Mancher aus vergangenen Forenzeiten würde dir vermutlich seinen letzten Euro dafür zahlen, daß du ihm das Recht abtrittst, Zettel umzusensen.
Im englischen Fußball sind "diver" eher geächtet. Trotzdem fallen auch da Spieler manchmal spektakulär zu Boden, vor allem, wenn sie in vollem Lauf "ausgehebelt" werden. Sparrowhawk dürfte also recht haben.
Es ist aber auch in der Bundesliga schon vorgekommen, dass Schiedsrichter gerade deshalb nicht auf Elfmeter entschieden haben, weil der tatsächlich oder angeblich Gefoulte allzu theatralisch abhob. Sehr beliebt ist ja auch die klassische Flugeinlage, wie sie beispielhaft von Hölzenbein im WM-Finale 1974 praktiziert wurde: Körper lang machen, Arme über den Kopf ausstrecken.
Was ich aber noch viel lächerlicher finde, sind die gestandenen Kerle, die in Situationen, wo der Ball ruht, bei leichten Berührungen plötzlich wie vom Blitz gefällt zu Boden gehen und sich dort wälzend die Hände vor den Kopf halten, um das ganze Ausmaß der verruchten Tat zu demonstrieren. Wenn eine Fernsehkamera einen solchen Typen mal entlarvt hat, sollte der lebenslang oder wenigstens für eine komplette Saison weltweit gesperrt werden. Vielleicht hören diese Mätzchen dann mal auf.
-- L'État, c'est la grande fiction à travers laquelle tout le monde s'efforce de vivre aux dépens de tout le monde. (Frédéric Bastiat)
Die neueste Methode, Elfer zu schinden, ist das sogenannte "Einfädeln." Der Elferschinder hakt sich beim Gegner so ein, dass er hinfallen muss, und da es meistens so aussieht, als sei das ein Foul, wird gepfiffen. Besonders bleiebt ist es, wenn der Gegner am Boden liegt und man sozusagen mit dem Fuß einfädelt. Der Gegner kann normalerweise sein Bein gar nicht mehr zurückziehen...
"Was ich aber noch viel lächerlicher finde, sind die gestandenen Kerle, die in Situationen, wo der Ball ruht, bei leichten Berührungen plötzlich wie vom Blitz gefällt zu Boden gehen und sich dort wälzend die Hände vor den Kopf halten, um das ganze Ausmaß der verruchten Tat zu demonstrieren."
Dem ist nichts hinzuzufügen... außer, daß das hin und wieder auch schonmal Trainer machen, wenn ich da so an Norbert Meier denke...
Zitat von SparrowhawkDie neueste Methode, Elfer zu schinden, ist das sogenannte "Einfädeln." Der Elferschinder hakt sich beim Gegner so ein, dass er hinfallen muss, und da es meistens so aussieht, als sei das ein Foul, wird gepfiffen. Besonders bleiebt ist es, wenn der Gegner am Boden liegt und man sozusagen mit dem Fuß einfädelt. Der Gegner kann normalerweise sein Bein gar nicht mehr zurückziehen...
Auch dafür gibt es eine Referenz: Fabio Grosso im Spiel Australien gegen Italien bei der WM 2006. Um Weltmeister zu werden, muss man eben alle Aspekte des Spiels beherrschen.
Das Problem bei "Schwalben", so hatte ich argumentiert, besteht darin, daß viele Spieler heutzutage nicht nur dann schauspielern, wenn ihnen gar kein Leid getan wurde; sondern daß sie auch dann, wenn sie tatsächlich gefoult wurden, eine Theatralik entwickeln, die es immer schwerer macht, Foul und Nichtfoul zu unterscheiden.
Beim gestrigen Spiel Rußland gegen Spanien gab es eine Szene, die das eindrucksvoll demonstriert hat, und zwar in Form einer Gegenprobe.
Da war dem Spieler David Villa etwas zugestoßen, was normalerweise zum Bild eines sich am Boden wälzenden, wimmernden Opfers führt: Er hatte sich heftig verletzt; so heftig, daß er auch für das Endspiel ausfällt.
Aber diese Verletztung war ganz ohne Einwirkung eines Gegners passiert. Er hatte beim Ausführen eines Freistoßes eine unglückliche Bewegung gemacht.
Und wie verhielt sich Villa? Er saß da.
Saß einfach da, auf dem Feld. Auf Hilfe wartend. Kein Wälzen, kein schmerzverzerrtes Sich-das-Bein-Halten. Ein Häuflein Elend vielleicht, aber kein leidendes Opfer.
So ungefähr würden Spieler (meist, oder so ungefähr) nach einem Foul aussehen, wenn sie nicht längst alle gelernt hätten, daß Fußball (auch) eine darstellende Kunst ist.
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