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Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 18 Antworten
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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
Zettel Offline




Beiträge: 20.200

14.03.2008 21:28
Marginalie: Was tun Venezolaner auf Curaçao? Antworten

Sie spielen im Spielcasino.

Naja, nicht eigentlich. Eigentlich fliegen sie dorthin, um - wie Frankfurter hier im Forum schon berichtet hat - ihr Geld vor dem Sozialismus zu retten. Dazu ein paar Einzelheiten.

Frankfurter Offline



Beiträge: 233

15.03.2008 08:30
#2 RE: Marginalie: Was tun Venezolaner auf Curaçao? Antworten

Lieber Zettel

seit den 20er Jahren gibt es Menschen, die versuchen ihre Mitmenschen über die Realitäten des Sozialmus/Kommunismus aufzuklären. Trotz des Scheiterns aller, aber wirklich aller Versuche den Sozialismus umzusetzen, mit teilweise Hekatomben von Opfern, gibt es immer noch jede Menge von Traumtänzern, die glauben Sozialismus ist machbar. In dieser Hinsicht ist anscheinend ein Grossteil der Menschheit unbelehrbar.

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"In times of universal deceit, telling the truth will be a revolutionary act." George Orwell, 1984

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

15.03.2008 17:26
#3 RE: Marginalie: Was tun Venezolaner auf Curaçao? Antworten

Lieber Frankfurter,

Zitat von Frankfurter
Trotz des Scheiterns aller, aber wirklich aller Versuche den Sozialismus umzusetzen, mit teilweise Hekatomben von Opfern, gibt es immer noch jede Menge von Traumtänzern, die glauben Sozialismus ist machbar. In dieser Hinsicht ist anscheinend ein Grossteil der Menschheit unbelehrbar.

Ja, wie das kommt, das frage ich mich schon lange. Ich vermute zwei Gründe:

Erstens hat das Heilsversprechen des Sozialismus - alle lieben sich, alle sind gleich, allen geht es gut - ja einen ausgesprochen religiösen Charakter. Und damit ersetzt es die Religionen, die an Bedeutung für viele Menschen verloren haben. Man glaubt daran, so, wie man an das Ewige Leben oder die Hauris des Paradieses glaubt.

Und zweitens ist es ja gar nicht so einfach, zu erkennen, warum der Sozialismus notwendig scheitert (bzw. sich zur Kenntlichkeit verändert; man kann durchaus darüber streiten, ob nicht zB die DDR ziemlich genau den Sozialismus hatte, den Marx sich vorstellte).

Darüber sollten wir vielleicht mal ausführlich diskutieren - warum endet eigentlich jedes sozialistische Experiment in Armut und Unterdrückung?

Herzlich, Zettel

Kaa Offline




Beiträge: 658

15.03.2008 20:11
#4 RE: Marginalie: Was tun Venezolaner auf Curaçao? Antworten
Dieser mein Beitrag geht gegen die Behauptung, daß weil der Kommunismus immer scheitern muß, der Kapitalismus die Lösung ist. _Das_ habt ihr noch nicht belegt.

Ich steuere mal meine weiterhin existierenden Vorurteile bei. Dieses Forum und die Realität von über 50% Sozialabgaben und Reallohnsenkungen über Jahre hat zwar dazu beigetragen daß ich den Regulationismus voll Sch... äh, daß ich ihm kritisch gegenüber stehe. (Ich will ja das Niveau dieses Forums wenigstens halten.)

Aber das heißt noch lange nicht, daß ich den Kapitalismus gut finde. Ihr (Zettel, Frankfurter) redet immer so, als würde ein Scheitern des Kommunismus (Sozialismus, egal) belegen, daß der Kapitalismus gut ist. Wieso ich für den Sozialismus war - und das ist jetzt total subjektiv und soll einer Lösung dienen und keine Beichte sein und nicht dazu führen, daß man auf mich einschlägt.

Erst mal: Wallraff - gemerkt habe ich mir ein dumpfes Gefühl gegen Ausbeutung und, erstaunlicherweise, daß vor über 20 Jahren Geburt Bildungsvorteile mit sich brachte. Heute ist das noch viel viel schlimmer.

Das schlimmste, wirklich das allerschlimmste was in mir AntiAmerikanische Gefühle bewirkt hat ist folgendes - ich schreibe aus der Erinnerung und damals gab es auch noch kein Internet, es war in einer Zeitung (und ich war jung). Die Folterknechte eines lateinamerikanischen Landes haben in Zusammenarbeit mit dem CIA folgendes gelernt: erst mal das übliche: Vergewaltigung falls weiblich, Schläge, Brechen aller Knochen. Dann geht es weiter: Augen ausstechen. Auf ein heißes Blechdach legen. Und zum Ende zur Abschreckung der nicht gefangenen von einem Hubschrauber raus auf die Erde schmeißen.

Wie gesagt - ich habe das vor über 20 Jahren gelesen. Ich weiß nicht ob es stimmt, aber ich glaube schon. Die USA ist selbstverständlich Experte in Foltern und Grauen verbreiten. Warum sollten sie irgendwo drin schlecht sein? (Ob sie es anwenden, ist eine andere Frage, aber ich glaube, damals haben sie es gelehrt).

Im Moment neige ich dazu, für den Kapitalismus zu votieren - denn was zur Zeit passiert ist erschreckend. Der Staat plant und scheitert. Globale Planung muß notgedrungen scheitern. Bald sind wir beim fünf-jahres-plan.

Doch hätten wir einen wirklichen Kapitalismus, wie wir ihn ja vor 20, 30 Jahren viel reiner hatten - haben wir andere Probleme. Hatten wir, nicht wahr? Oder wurde ich damals nur belogen? Ich warte eine Antwort ab, bevor ich näher auf die Probleme eingehe.

Kaa

Der neue Faschismus wird nicht sagen: Ich bin der Faschismus. Er wird sagen: Ich bin der Antifaschismus. (Wörtlich nicht von mir)

Kaa Offline




Beiträge: 658

15.03.2008 20:15
#5 RE: Marginalie: Was tun Venezolaner auf Curaçao? Antworten

Was laut Zettel gegen den Kommunismus spricht, ist, daß er im Gebiet "Devisen" eine schlechte Figur macht. Natürlich täte er eine bessere Figur machen, wäre er von lauter kommunistischen Ländern umgeben. Also, dieses Argument ist keines.


Kaa

Der neue Faschismus wird nicht sagen: Ich bin der Faschismus. Er wird sagen: Ich bin der Antifaschismus. (Wörtlich nicht von mir)

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

15.03.2008 23:51
#6 Lob des Kapitalismus; Verteidigung der USA Antworten

Zitat von Kaa
Dieser mein Beitrag geht gegen die Behauptung, daß weil der Kommunismus immer scheitern muß, der Kapitalismus die Lösung ist. _Das_ habt ihr noch nicht belegt.

Der Kapitalismus ist das einzige gegenwärtige Wirtschaftssystem, das Wohlstand für alle schaffen kann. Das belegt Nordamerika, das belegte erst West- und belegt jetzt Osteuropa. Das belegt China. In Südamerika erlebt Chile dank eines liberalen Kapitalismus ein Wirtschaftswunder, von dem die umliegenden Länder nur träumen können.

Das heißt aus meiner Sicht nicht, liebe Kaa, daß der Kapitalismus sozusagen automatisch Wohlstand für alle hervorbringt. Im Frühkapitalismus, wie er jetzt in China und Rußland herrscht, gibt es krasse soziale Gegensätze und schlimme Ausbeutung (wenn auch längst nicht so schlimm wie im Sozialismus auf einer analogen Stufe der "ursprünglichen Akkumulation").

Aber je mehr sich der Kapitalismus entwickelt, umso reicher werden sozusagen notwendigerweise alle. Denn - das haben ja Marx und Lenin richtig gesehen - der Kapitalismus verlangt und erzeugt Wachstum. Und das gibt es auf Dauer nur, wenn alle daran teilhaben; jedenfalls die große Mehrheit. Man kann die Produktion nicht ständig steigern, ohne daß sich auch die Nachfrage ständig erweitert.

Prognosen sind eine andere Sache. Wie die Welt in hundert Jahren aussieht, wissen wir alle nicht.
Zitat von Kaa
Ihr (Zettel, Frankfurter) redet immer so, als würde ein Scheitern des Kommunismus (Sozialismus, egal) belegen, daß der Kapitalismus gut ist.

Daß er besser ist. Und eine perfekte Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung kann man zwar halluzinieren, aber man wird sie nicht herbeizaubern können.
Zitat von Kaa
Erst mal: Wallraff - gemerkt habe ich mir ein dumpfes Gefühl gegen Ausbeutung und, erstaunlicherweise, daß vor über 20 Jahren Geburt Bildungsvorteile mit sich brachte. Heute ist das noch viel viel schlimmer.

Auf Wallraff bin ich auch reingefallen, liebe Kaa. Noch auf seinen Riesenknüller "Ganz unten". Heute frage ich, wie ich jemandem auch nur ein Wort glauben konnte, der das Lügen und Täuschen ja zu seiner professionellen Spezialität gemacht hat.

Was Ungleichheiten angeht: Ja, die gibt es. Ich weiß nicht, ob es eine Gesellschaft geben kann, in der wohlhabende Eltern keine Möglichkeiten haben, die damit verbundenen Vorteile an ihre Kinder weiterzugeben. Ich bin mir auch gar nicht sicher, daß das wünschenswert wäre. Denn wer strengt sich noch an, wenn seine Kinder wieder bei null anfangen müssen? Ein wesentliches Leistungsmotiv für viele Menschen ist es doch, etwas für ihre Familie zu erreichen, und nicht nur für sich selbst.

Aber wie dem auch sei - jedenfalls hat es im Zwanzigsten Jahrhundert keine Gesellschaft gegeben, deren herrschende Klasse sich so schamlos Privilegien angeeignet und diese an ihr Kinder weitergereicht hat wie der real existierende Sozialismus.

Und das war (und ist in Cuba, China, Nordkorea usw.) ja nicht nur eine Ausbeutergesellschaft mit Klassenschranken, wie sie im Kapitalismus nicht einmal im 19. Jahrhundert existierten - sondern auch innerhalb der Klasse der ausgebeuteten Untertanen wird nach Belieben selegiert.

Wir waren vor ein paar Monaten in der Stasi-Ausstellung. Die Frau, die uns durch die Ausstellung geführt hat, hat erzählt, warum sie in der DDR nicht hatte studieren "dürfen": Weil sie Christin ist.
Zitat von Kaa
Die Folterknechte eines lateinamerikanischen Landes haben in Zusammenarbeit mit dem CIA folgendes gelernt: erst mal das übliche: Vergewaltigung falls weiblich, Schläge, Brechen aller Knochen. Dann geht es weiter: Augen ausstechen. Auf ein heißes Blechdach legen. Und zum Ende zur Abschreckung der nicht gefangenen von einem Hubschrauber raus auf die Erde schmeißen.

Bis du sicher, daß sie das "in Zusammmenarbeit mit dem CIA gelernt" haben? Nein, das bist du nicht, liebe Kaa. Es gehört zum Horror-Szenario antiamerikanischer Propaganda, solche Behauptungen zu verbreiten.

Daß überall auf der Welt gefoltert wird, ist entsetzlich. Die islamistischen, die sozialistischen Länder sind die schlimmsten. Auch in kapitalistischen kam es vor; im Algerien-Krieg zum Beispiel, massiv. Auch der CIA foltert und hat das gelehrt. Aber daß das in irgendeiner Weise schlimmer war als das, was nicht nur die Sowjetunion, Nordvietnam, Cuba, China usw. veranstaltet haben, sondern auch nur die Grausamkeit der Folter erreichte, die im Algerien-Krieg üblich war - das würde ich gern erst einmal nachgewiesen haben wollen.

Von den unglaublichen Grausamkeiten, die die "Volksbefreiungsbewegungen" weltweit immer in ihrem Repertoire haben, wird so wenig berichtet, wie von jedem Verstoß der USA ausführlich berichtet wird.

Das fing mit den Mau-Mau an. Im Vietnamkrieg haben die Vietkong Fallen gebaut, in die US-Soldaten fallen sollten. Sie waren mit Zweigen und Laub abgedeckt. Unten waren scharf geschliffene Bambusstäbe, von denen die Opfer durchbohrt wurden. Natürlich meist, ohne gleich tot zu sein. Da hingen sie dann.

Wo, glaubst du, liebe Kaa, waren die Schulen, in denen so etwas gelehrt wurde? In der Kanalzone?



Du merkst, das Thema läßt mich nicht kalt; es ist empörend, wie einseitig den USA solche Dinge in die Schuhe geschoben werden.

Wir könnten darüber viel reden (wozu ich auch bereit bin); mit antiamerikanische Propaganda habe ich mich a bisserl beschäftigt.
Zitat von Kaa
Die USA ist selbstverständlich Experte in Foltern und Grauen verbreiten.

Nein, liebe Kaa, du bist der Propaganda zum Opfer gefallen.

Nicht die USA verbreiten Grauen, sondern über die USA werden Horror-Geschichten verbreitet.

Während das Morden und Foltern, das weltweit stattfindet, kaum auf Beachtung trifft.

Herzlich, Zettel

Frankfurter Offline



Beiträge: 233

16.03.2008 06:06
#7 RE: Lob des Kapitalismus; Verteidigung der USA Antworten
Um noch einmal auf die Überlegenheit der Marktwirtschaft oder Kapitalismus, wie manche das hier nennen, zurück zukommen.
Der Sozialismus geht von einem ganz falschen Menschenbild aus. Der normale Mensch ist nun mal nicht uneigennützig und nur am Gemeinwohl interessiert. Er hat von Natur aus einen Sinn für Eigentum, dass er gern behalten und nicht wegggeben will. Er arbeitet lieber für sich selbst, als für den Sozialismus. Das kann man doch schon bei Babies sehen. Man muss nur beobachten, was passiert, wenn ein Baby einem anderen Baby die Puppe wegnehmen will.

Dagegen nimmt die Marktwirtschaft den Menschen, so wie er ist. Wenn heute jemand sich selbstständig macht, und dabei sein Geld und seine Zeit investiert mit einem hohen Risiko des Scheiterns, macht er das nicht, weil er ein Philantrop ist, der der Menschheit helfen will,sondern weil er Geld verdienen will. Aber dazu muss er ein Produkte oder Dienstleistung anbieten, die nachgefragt werden. Dabei steht er in Konkurrenz zu anderen, die ähnliche Produkte bzw. Dienstleistungen anbieten. Es besteht ein ewiger Druck es den Nachfragern recht zu machen. Sei es über einen billigeren Preis oder ein besseres Produkt. Um die Preise günstig zu halten, ist er gezwungen kostengünstig und effektiv zu arbeiten. Das heisst u.a. Vermeidung von Leerlauf, optimale Ausnutzung der Resourcen usw. Wenn da jemand nachlässt, ist er weg vom Fenster.

Deswegen ist die Marktwirtschaft so effektiv, und dem Sozialismus, was die Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen angeht, um Welten überlegen. Natürlich ist auch die Marktwirtschaft nicht perfekt, aber ich wüsste kein besseres System.
Alles Andere sind Utopien und Heilserwartungen, die ich eher im Bereich Religionsersatz ansiedeln würde.

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"In times of universal deceit, telling the truth will be a revolutionary act." George Orwell, 1984

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

16.03.2008 07:00
#8 Devisenprobleme und Nationalismus im Sozialismus Antworten

Zitat von Kaa
Was laut Zettel gegen den Kommunismus spricht, ist, daß er im Gebiet "Devisen" eine schlechte Figur macht. Natürlich täte er eine bessere Figur machen, wäre er von lauter kommunistischen Ländern umgeben. Also, dieses Argument ist keines.

Es ist schon eines, liebe Kaa. Aber vielleicht muß man das a bisserl erläutern.

Warum ist es denn so, daß überall, wo der Sozialismus herrscht, dieses Devisenproblem auftritt?

Es ist immer so etwas wie eine Zangenbewegung. Einerseits gibt der Staat zu viel Geld aus. Andererseits wird im Sozialismus zu wenig Geld verdient. Die Folge ist eine de-facto-Inflation. (Der Staat gibt aus vielen Gründen zu viel Geld aus: Weil er ineffizient arbeitet, wir sind ja im Sozialismus; weil er die Bevölkerung durch soziale Wohltaten ruhig zu stellen versucht; weil es im Sozialismus Verschwendung ohne Ende gibt. Es wird immer weniger Geld verdient, weil der Sozialismus mangels Wettbewerb nicht innovativ ist; weil die Bürokratie jeden Fortschritt zu unterbinden versucht usw.).

Also, eine de-facto-Inflation liegt aus diesen Gründen im Wesen des Sozialismus. Und nun gibt es zwei Möglichkeiten: Erstens, der Staat läßt diese Inflation zu. So war es damals nach 1981 unter der Volksfront in Frankreich, wo der Franc ständig abgewertet werden mußte. Dann versuchen logischerweise die Menschen aus dieser Währung in eine stabilere zu flüchten. Es kommt also zu Kapitalabflüssen, die die Wirtschaft endgültig in die Knie zu zwingen drohen.

Also wird Devisenbewirtschaftung eingeführt. Die Franzosen sollten damals von der sozialistisch-kommunistischen Regierung gezwungen werden, bei ihrem Franc zu bleiben, der ständig an Wert verlor.

Oder man fährt, wie alle Staaten, wenn der Sozialismus schon fest im Sattel sitzt, einen harten Kurs. Der Kurs de Währung wird künstlich stabil gehalten, indem einfach ein unrealistischer amtlicher Wechselkurs festgesetzt wird. Die Folge ist ein gespaltener Devisenmarkt.

Hast du das damals erlebt, liebe Kaa, bei Reisen in den "Ostblock"? Man lebte als Westler wirklich wie im Land, wo Milch und Honig fließt. Sowohl in Prag als auch in Moskau und dem damaligen Leningrad konnten wir das Geld überhaupt nicht ausgeben, das wir (wie alle das taten) schwarz getauscht hatten. Manche haben buchstäblich pfundweise Kaviar gegessen. In Prag (und bei einer anderen Reise in Bratislava) sind wir in die besten Lokale gegangen und haben die teuersten Gerichte bestellt - die kosteten dann vielleicht, nach Schwarzmarktkurs, drei oder vier Mark.

Heute ist es auf Cuba ja nicht anders; Frankfurter hat kürzlich auf die zwei Währungen dort hingewiesen. Dort lebt der Tourist, der zu Hause ein kleiner Lohnempfänger ist, besser als jeder cubanische Arzt oder Hochschullehrer. Und die einzigen, denen es einigermaßen gut geht, sind diejenigen, die Zugriff auf die zweite Währung haben; Frankfurter hat das ja sehr anschaulich beschrieben.



Nun schreibst du, liebe Kaa, die sozialistischen Länder würden eine bessere Figur machen, wenn sie von anderen sozialistischen Staaten umgeben wären. So ganz nicht, denn auch im Verkehr zwischen den Staaten des Comecon (Rats für gegenseitige Wirtschaftshilfe; der Wirtschaftsorganisation der Ostblockländer) hätte es diese Devisenprobleme gegeben, wenn man nicht einfach die Preis künstlich festgelegt hätte. Das war ein Instrument der Ausbeutung der "Bruderstaaten" durch die Russen; ich habe nach 1990 noch Leute in der Ex-DDR kennengelernt, die damit als staatliche Planer zu tun hatten und die Horrorgeschichten davon erzählten, wie die "Brüder" die DDR ausgenommen haben wie eine Gans.

Nebenbei, liebe Kaa: Der Sozialismus erzeugt auch unweigerlich Nationalismus. In diesem ganzen künstlichen System versucht jede den anderen zu übervorteilen; am Ende entscheidet die Truppenstärke. Daß die SED-Nachfolgepartei heute neben der NPD die einzige nationalistische Partei in Deutschland ist, hat (auch) diesen Hintergrund. Diese Leute haben ihr Leben lang gelernt, in nationalen Kategorien zu denken.

Insofern ist es nicht ganz falsch, zu sagen: Jeder Sozialismus ist ein Nationalsozialismus.

Herzlich, Zettel

Feynman ( gelöscht )
Beiträge:

16.03.2008 11:40
#9 RE: Marginalie: Was tun Venezolaner auf Curaçao? Antworten
In Antwort auf:
Doch hätten wir einen wirklichen Kapitalismus, wie wir ihn ja vor 20, 30 Jahren viel reiner hatten - haben wir andere Probleme. Hatten wir, nicht wahr? Oder wurde ich damals nur belogen? Ich warte eine Antwort ab, bevor ich näher auf die Probleme eingehe.



Wirklichen Kapitalismus hat es nie gegeben, So wie ihn sich einige liberale und libertäre Autoren vorstellen. Aber das nur am Rande.
Feynman ( gelöscht )
Beiträge:

16.03.2008 11:46
#10 RE: Lob des Kapitalismus; Verteidigung der USA Antworten
In Antwort auf:
Im Vietnamkrieg haben die Vietkong Fallen gebaut, in die US-Soldaten fallen sollten. Sie waren mit Zweigen und Laub abgedeckt. Unten waren scharf geschliffene Bambusstäbe, von denen die Opfer durchbohrt wurden. Natürlich meist, ohne gleich tot zu sein. Da hingen sie dann.


Solche Fallen sind primitiv, und hat es schon in der Steinzeit gegeben.
Vorteiele: Im Dschungel ist dafür reichlich Baumaterial vorhanden, es wird kein Metall oder Sprengstoff verbaut (der Vietkong kämpfte mit minimaler Versorgung), also billig und Aufsprüren mit Metalldetektoren unmöglich.
Nachteil: Viel arbeitsintensiver als Minen,die man einmal dabei haben muss und auch nicht sofort töten.

Nachtrag: Ein schwer verletzter Soldat braucht Versorgung, Abtransport, usw., er bindet mehr Ressourcen als ein toter Soldat, sein Geschrei ist demoralisierend für die eigene Truppe.

Herzlich Feynman
Zettel Offline




Beiträge: 20.200

16.03.2008 15:25
#11 Wirklicher Kapitalismus Antworten

Zitat von Kaa
Doch hätten wir einen wirklichen Kapitalismus, wie wir ihn ja vor 20, 30 Jahren viel reiner hatten - haben wir andere Probleme. Hatten wir, nicht wahr? Oder wurde ich damals nur belogen?

War Deutschland, war Europa vor zwanzig, dreißig Jahren, einem "wirklichen Kapitalismus" näher als heute?

Hm, schwer zu sagen. Frankreich war es ganz sicher weniger, da gab es ja Anfang der achtziger Jahre den Rückschritt der Volksfront, an dem das Land noch heute leidet. Und de Gaulle hatte die planification eingeführt, mit richtigen Vierjahres- oder Fünfjahresplänen (da müßte ich nachsehen)

Aber Deutschland? Die ganzen siebziger Jahre über war die Freiheit der Wirtschaft immer mehr eingschränkt worden. 1974 hatte ein unverantwortlicher Streik im Öffentlichen Dienst Lohnerhöhungen von 11 Prozent (!) erzwungen; der Rest der Wirtschaft mußte nachziehen. Mitbestimmungsmodelle wurden diskutiert und teils eingeführt. "Investitionslenkung" war ein vieldiskutiertes Stichwort.

Kurz, Deutschland war damals auf dem Weg in den Sozialismus light, mit den typischen Merkmalen steigende Arbeitslosigkeit, massive Staatsverschuldung, lahmende Wirtschaft.

Das hat der Graf Lambsdorff in seinem berühmten "Lambsdorff-Papier" vom 9. Spetember 1982 (es ist immer noch sehr lesenswert) schonungslos analysiert.

So bedeutend Helmut Schmidt als Kanzler war - seine Abwahl 1982 war dringend nötig, um ein Abrutschen Deutschlands in immer weniger Kapitalismus zu verhindern.

In den achtziger Jahren versuchte dann die Regierung Kohl, Deutschland auf den Weg in Richtung mehr "wirklichen Kapitalismus" zu bringen. Aber bevor das richtig in die Gänge kam, hat die Wiedervereinigung alles über den Haufen geworfen und für Jahrzehnte andere Prioritäten gesetzt.

Herzlich, Zettel


Frankfurter Offline



Beiträge: 233

16.03.2008 17:55
#12 RE: Devisenprobleme und Nationalismus im Sozialismus Antworten

Zu dem Thema Devisen im Sozialismus, hat der russische Autor Michael S. Voslensky in seinem Buch "Nomenklatura" ,übrigens ein sehr lesenwertes Buch über die Sowjetunion, geschrieben, dass einer der Gründe für den teilweise absurden offiziellen Kurs Sowjetische Rubeln zu Devisen gewesen wäre, dass bestimmte Leute eben die Nomenklatura, ihre Rubeln zu diesem Kurs in Devisen wechseln durften, und damit die entsprechenden Güter kaufen konnten, aber halt die grosse Masse nicht.

Dadurch konnte man nach aussen zeigen: Bei uns herrscht Gleichheit. Bei uns verdient fast jeder das Gleiche. Während die grosse Mehrheit der Bevölkerung mit ihren Rubeln nichts bekam, bzw. gerade genug um zu überleben, konnten halt die Kader in Sondergeschäften mit Rubeln Produkte kaufen, die der normale Sowjetbürger nur vom Hörensagen kannte, und sogar in Falle von höheren Kadern ihre Rubel zu diesem extrem günstigen Kurs in Devisen wechseln, und damit westliche Produkte kaufen.

Aber wie sagte schon George Orwell: "Alle Tiere sind gleich, aber einige Tiere sind gleicher".

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"In times of universal deceit, telling the truth will be a revolutionary act." George Orwell, 1984

Kane Offline




Beiträge: 133

16.03.2008 18:24
#13 RE: Devisenprobleme und Nationalismus im Sozialismus Antworten

In Polen gabe es die "Pewex" Geschäfte, wo man mit Devisen (westliche)Sachen kaufen konnte, die es sonst nicht zu kaufen gab.

Meine Eltern haben mir erzählt wie schwer es war einen Kinderwagen für mich zu kaufen. Erst als nachdem genug Dollars eingesammelt wurden (Freunde, Verwandte)konnten sie einen Kinderwagen in einem "Pewex" Geschäft kaufen.

Ich kann mich noch erinnern, wie oft ich mit meinem Bruder in das "Pewex" in meiner Heimatstadt gingen und die unglaublichen Sachen bestaunten, die es dort gab: Kaugummis, Elektrogeräte und ganz besonders Spielzeug.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

16.03.2008 21:33
#14 RE: Devisenprobleme und Nationalismus im Sozialismus Antworten

Zitat von Frankfurter
Während die grosse Mehrheit der Bevölkerung mit ihren Rubeln nichts bekam, bzw. gerade genug um zu überleben, konnten halt die Kader in Sondergeschäften mit Rubeln Produkte kaufen, die der normale Sowjetbürger nur vom Hörensagen kannte, und sogar in Falle von höheren Kadern ihre Rubel zu diesem extrem günstigen Kurs in Devisen wechseln, und damit westliche Produkte kaufen.

Das ist die eine Möglichkeit, den Zugang zu solchen Geschäften auf Privilegierte zu beschränken. In der DDR gab es das ja auch, zum Beispiel die für DDR-Verhältnisse paradiesische Versorgung in Wandlitz.

Die andere Möglichkeit ist es, Devisenläden einzurichten, wie die Delikat- und Exquisit-Läden in der DDR. Dort konnte - meines Wissens - im Prinzip jeder einkaufen, nur mußte er eben D-Mark oder Dollar haben.

Die Folge war, daß noch viel beliebter als das "Päcken nach drüben" D-Mark-Zuwendungen an DDR-Bürger waren.

1990, als gerade die Währung umgestellt war, aber die DDR noch existierte, hat mir ein DDR-Bürger gesagt: Niemals im Leben wird er jetzt mehr Geld leichtfertig ausgeben. Denn D-Mark, das ist etwas ganz Besonderes, dessen Wert er nie vergessen wird.

Mit dem Euro war damal noch nicht zu rechnen.

Herzlich, Zettel




Zettel Offline




Beiträge: 20.200

16.03.2008 21:41
#15 RE: Devisenprobleme und Nationalismus im Sozialismus Antworten

Zitat von Kane
In Polen gabe es die "Pewex" Geschäfte, wo man mit Devisen (westliche)Sachen kaufen konnte, die es sonst nicht zu kaufen gab.

Gerade habe ich, lieber Kane, als Antwort an Frankfurter über die entsprechenden Läden in der DDR geschrieben.

Es ist ja im Grunde schon erstaunlich, wie offen im Sozialismus (überall, in Cuba ja zB auch) die Klassenherrschaft durch solche Regelungen und Einrichtungen demonstriert wird.

In den sechziger Jahren habe ich das erstmals in Moskau erlebt. Da gab es damals auf den Hauptstraßen eigene Fahrspuren für Regierungsfahrzeuge. Ich war auf einem Kongreß. Man saß mit den sowjetischen Kollegen zusammen und hörte und diskutierte Vorträge. Aber beim Mittagessen konnte man die Diskussionen nicht fortsetzen, denn wir wurden in einem Restaurant (für russische Verhältnisse) fürstlich bewirtet, während die Einheimischen ihre eigene Mensa hatten; keine durften in das Restaurant der anderen.

Es wird oft behauptet, im Sozialismus werde die Gleichheit auf Kosten der Freiheit verwirklicht. Es gibt kaum eine größere Lüge über den Sozialismus. Tatsächlich wird dort als Ergänzung zur Unfreiheit eine Ungleichheit verwirklicht, wie es sie heute sonst nirgendwo auf der Welt gibt.

Herzlich, Zettel

Frankfurter Offline



Beiträge: 233

17.03.2008 07:53
#16 RE: Devisenprobleme und Nationalismus im Sozialismus Antworten

Zitat von Zettel

In Antwort auf:
eine Ungleichheit verwirklicht, wie es sie heute sonst nirgendwo auf der Welt gibt


Jung Chang schreibt in ihrer sehr lesenswerten Mao Biographie, dass es alleine in der KPCh 45 Ränge gab. Dabei wurde alles geregelt, ob einem eine Villa zustand oder eine Hütte mit gestampften Lehmboden, ob man flog oder im Zug in der 3. Klasse auf Holzbänken saß, in welchen Kantinen man essen durfte usw.

Eine gewisse Gleichheit gab an sich nur für die Menschen, die nicht Parteikader waren. Die haben alle gleich elend gelebt. Von Ausnahmen, wie berühmte Wissenschaftler und Sportler einmal abgesehen. Aber Wissenschaftler konnte nur der werde, der einen Studienplatz bekam. Studienpätze bekamen nur diejenigen, die zeitlebens die richtige Gesinnung zeigten, bzw. aus den richtigen Familien kamen, was sich meistens überlappte.

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Zettel Offline




Beiträge: 20.200

17.03.2008 16:18
#17 Die Klassengesellschaft des Sozialismus Antworten

Zitat von Frankfurter
Jung Chang schreibt in ihrer sehr lesenswerten Mao Biographie, dass es alleine in der KPCh 45 Ränge gab. Dabei wurde alles geregelt, ob einem eine Villa zustand oder eine Hütte mit gestampften Lehmboden, ob man flog oder im Zug in der 3. Klasse auf Holzbänken saß, in welchen Kantinen man essen durfte usw.

Interessant, lieber Frankfurter. Es zeigt ja auch, wie der Kommunismus die jeweils bestehenden obrigkeitsstaatlichen Traditionen aufgenommen und perfektioniert hat.

Denn just ein solches kompliziertes System von Rängen und Privilegien gab es ja in der kaiserlichen chinesischen Beamtenschaft. So, wie in der Roten Armee die Offiziere so brutal mit den einfachen Soldaten umgingen, wie das die zaristischen adligen Offiziere mit den Bauern in der Mannschaft gemacht hatten. Genauso, wie in der DDR das gesamte Herrschaftssystem der Nazis übernommen wurde, mit Austausch von Personen (begrenzt) und Ideologie.

Der Totalitarismus ist eben - aber das habe ich ja schon oft genug gesagt - ein Übergangsphänomen auf dem Weg in die Moderne. Schon modern, was die Technik, Militär usw. angeht. Ansonsten noch nicht in der Aufklärung angekommen.

Herzlich, Zettel

Frankfurter Offline



Beiträge: 233

02.04.2008 13:38
#18 RE: Versorgungsprobleme im Sozialismus Antworten

Hier der neueste Wahnwitz aus Venezuela:

"Paraguay liefert Milch und Fleisch an Venezuela"
...Venezuelas Unternehmen exportieren zu viele Lebensmittel - der Bevölkerung fehlt es deshalb an Grundnahrungsmitteln. Jetzt hilft Paraguay aus und liefert Milch und Fleisch im Austausch gegen Öl.
.."

Der Grund ist:

"...Die Exporteure machen für den Engpass hingegen die seit fünf Jahren geltenden staatlichen Preisvorschriften verantwortlich. Diese machen es lukrativ, Lebensmittel auszuführen und sie dort zu höheren Preisen zu verkaufen..."

http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,544868,00.html

Kommunisten und Sozialisten werden nie verstehen, wie eine Wirtschaft funktioniert. Übrigens gem. dem obigen Artikel hat Chavez den Lebensmittelherstellern mit Verstaatlichung gedroht, wenn die Versorgung nicht bald besser wird.


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Zettel Offline




Beiträge: 20.200

02.04.2008 16:51
#19 RE: Versorgungsprobleme im Sozialismus Antworten

Zitat von Frankfurter
Übrigens gem. dem obigen Artikel hat Chavez den Lebensmittelherstellern mit Verstaatlichung gedroht, wenn die Versorgung nicht bald besser wird.

Es bleibt ihm kaum etwas anderes übrig, lieber Frankfurter.

Ein allmählicher, "friedlicher" Übergang zum Sozialismus entwickelt seine Eigentdynamik. Je mehr die unternehmerische Freiheit eingeschränkt wird, umso schlechter funktioniert logischerweise die Versorgung, was die Sozialistn mit immer mehr Einschränkungen der unternehmerischen Freiheit beantworten.

Je mehr die staatlichen Ausgaben der Wirtschaftsleistung davonlaufen, umso wertloser wird die Währung. Umso mehr Devisenkontrollen usw. müssen also eingeführt werden.

Je mehr die Wirtschaft dadurch abgewürgt ist, umso mehr wächst natürlich der Widerstand in der Bevölkerung. Umso mehr muß also der staatliche Repressionsapparat ausgebaut werden.

Selbst wenn Chávez so etwas wie einen Sozialismus mit menschlichem Antlitz gewollt haben sollte - diese Eigendynamik führt unweigerlich in eine neue Variante des real existierenden Sozialismus.

Es sei denn, der ganze Traum vom Sozialismus wird aufgegeben; auf welchem Weg auch immer.

Herzlich, Zettel


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