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ZETTELS KLEINES ZIMMER

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Dieses Thema hat 2 Antworten
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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
Zettel Offline




Beiträge: 20.200

11.04.2008 16:03
China und Olympia Antworten

Viele Beiträge in ZR befassen sich mit dem Kommunismus, mit seiner Unmenschlichkeit und seinen Verbrechen. Der Kommunismus in China ist da keine Ausnahme.

Aber diese Aufgeregtheit, die im Augenblick um China und Olympia herrscht, kann ich nicht nachvollziehen.

Daß China Tibet vor mehr als einem halben Jahrhundert überfallen hat und es seither wie eine Kolonie behandelt, ist ja nichts Neues. Daß China ein brutaler Polizeistaat ist, der jede Kritik unterbindet und jede Demonstration erbarmungslos niederknüppelt, weiß jeder oder kann es wissen.

Warum regt sich jetzt auf einmal alle Welt über Dinge auf, über die sich aufzuregen es seit fast sechzig Jahren jeden Grund gibt?

Enha Offline



Beiträge: 59

11.04.2008 17:17
#2 RE: China und Olympia Antworten

In Antwort auf:
Friday, April 11, 2008

Warum also jetzt die Aufgeregtheit?

Je länger dieses Spektakel der Behinderung des Stapellaufs mit der Flamme dauert, umso mehr werden die Chinesen ins Recht gesetzt: Sie haben nun einmal die Spiele; also haben sie auch das Recht auf eine geordnete Abwicklung.

Statt Krawall zu machen, sollten diejenigen, die etwas gegen die kommunistische Herrschaft tun wollen, in Peking offen und öffentlich ihre Meinung sagen. Sie werden als Teilnehmer der Olympischen Spiele keine Nachteile davon haben.

Und sie werden sich dann, anders als die jetzigen Krawallbrüder, die den Fackellauf zu stören versuchen, im Recht befinden.



Lieber Zettel,
warum jetzt? Weil sich jetzt die Gelegenheit bot! Es ist sicher müßig, anhand der historischen Entwicklung der Beziehungen zwischen China und Tibet über ein "Recht" Chinas auf Tibet zu diskutieren. Was mich aber an Ihrem Beitrag ein wenig nachdenklich macht, ist der Tenor des "So aber nicht!" Schon vor etlichen Jahren gab es das Bonmot, dass man in Deutschland keine Revolutionen macht, "weil man den Rasen nicht betreten darf". Mit dieser Einstellung ist man jedem entschlossenen Radikalismus unterlegen. Dann bleibt nur noch die Politik der weichen Kompromisse, die sich auf den kleinsten gemeinsamen Nenner einigt. Unsere Kanzlerin ist darin beispielhaft.
Sie schlagen vor, dass die Teilnehmer an den Olympischen Spielen in Peking ihre Meinung sagen sollen, obwohl die westlichen Veranstalter doch mehrfach zum Ausdruck gebracht haben, dass Sport und Politik zu trennen seien. Anhand ihrer Äußerungen kann man durchaus davon ausgehen, dass die meisten Sportler sich als unpolitisch empfinden. Überdies: Wann, in welchem Zusammenhang und gegenüber wem soll denn der mit seiner Wettkampfdisziplin beschäftigte Sportler seine politische Meinung in Peking äußern? Von den Sponsoren ist sowieso nichts zu erwarten, das das erhoffte Geschäft beeinträchtigen könnte.
Die bisherigen Proteste haben erreicht, dass China und Tibet in aller Munde ist. Welche Folgen sich daraus ergeben, weiß wohl niemand. Aber es ist wenigstens etwas geschehen - im Gegensatz zur Vergangenheit.
Vielleicht ist das der berühmte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat.
Herzlich,
Enha

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

11.04.2008 18:18
#3 RE: China und Olympia Antworten

Lieber Enha,

Zitat von Enha
Zitat:Friday, April 11, 2008

Wie ich Sie kenne, steckt im Zitieren dieser Zeile eine leise Kritik.

Nein, das ist weder ein Versehen noch eine Aufmotzerei mit Englisch. Sondern es hat einen technischen Grund: Ich habe die englische Version von Blogger; aus diversen Gründen. Und die liefert den Wochentag logischerweise nur auf Englisch. Ich hoffe, es ist nicht allzu störend.
Zitat von Enha
warum jetzt? Weil sich jetzt die Gelegenheit bot!

Hm, hätte sich nicht zB beim Besuch des Dalai Lama in Deutschland ebenso die Gelegenheit geboten, gegen die Tibetpolitik Chinas zu protestieren?

Schauen Sie, lieber Enha, was mich stört - und was den Artikel motiviert hat -, das ist der Umstand, daß Krawall belohnt wird.

Und zwar doppelt.

Die friedlichen Tibeter, die seit Jahrzehnten auf die Unterdrückung ihres Volkes aufmerksam machen, werden stets höflich auf die nun mal bestehende Interessenlage hingewiesen - und ein Mob, der plündernd und brandschatzend durch Lhasa zieht, erreicht das, was die Friedlichen und Anständigen nicht erreicht haben: Internationale Proteste.

Und diese finden - zweitens - wiederum nur deshalb ein breites Medienecho, weil sie in Form von Krawallen ablaufen. Die Plünderer und Diebe in Tibet werden durch Aufmerksamkeit belohnt, die Krawallbrüder im Westen werden durch Aufmerksamkeit belohnt.

Die Chinesen haben aber das Recht, daß der Fackellauf geordnet abläuft und daß die betreffenden Staaten, in denen er stattfindet, das auch sicherstellen.

Man kann doch nicht eine Diktatur damit bekämpfen, daß man selbst die Gesetze bricht.

Zitat von Enha
Es ist sicher müßig, anhand der historischen Entwicklung der Beziehungen zwischen China und Tibet über ein "Recht" Chinas auf Tibet zu diskutieren.

Vielleicht sollte man es doch einmal tun? Denn dieses Argumentieren mit "historischem Recht" ist ja so eine Sache. Entsteht ein Recht, ein Volk zu kolonisieren und zu unterdrücken, daraus, daß es auch früher schon kolonisiert und unterdrückt wurde? Meines Erachtens nicht.

China hat 1950 ein souveränes Land überfallen und annektiert. Es hat damit das gemacht, was im Wesen des Kommunismus liegt: Seinen Herrschaftsbereich auszudehnen, soweit es irgend geht. Schließlich will man ja die Weltrevolution, und Lenin hat sich bekanntlich Deutschland als Sowjetrepublik gewünscht.

Wenn dieser Imperialismus damit "gerechtfertigt" wird, daß doch Tibet auch früher schon zum chinesishen Reich gehört hat, dann kann ich dieses Argument nicht aktzeptieren. Auch Griechenland hat einmal zum Osmanischen Reich gehört.
Zitat von Enha
Was mich aber an Ihrem Beitrag ein wenig nachdenklich macht, ist der Tenor des "So aber nicht!" Schon vor etlichen Jahren gab es das Bonmot, dass man in Deutschland keine Revolutionen macht, "weil man den Rasen nicht betreten darf". Mit dieser Einstellung ist man jedem entschlossenen Radikalismus unterlegen. Dann bleibt nur noch die Politik der weichen Kompromisse, die sich auf den kleinsten gemeinsamen Nenner einigt.

Das sehe ich halt anders, lieber Enha. Sozusagen radikal anders.

Das Zitat mit dem Rasen stammt, wenn ich mich recht erinnre, von Peter Schneider; heute ein angesehener Schriftsteller, damals, 1967, ein Revoluzzer, der in dieser Rede sinngemäß sagte: Solange wir brav das Verbot befolgt haben, den Rasen zu betreten, hat niemand uns beachtet. Erst seit wir die Regeln verletzen, gewinnen wir Studenten Aufmerksamkeit.

Ich bin, lieber Enha, überhaupt nicht für weiche Kompromisse. Aber ich bin für das Recht, und zwar radikal (das ist halt der Konservative in mir). Wer das Recht bricht, darf daraus keinen Vorteil ziehen. Egal, ob das Neonazis sind oder die Krawallmacher von Heiligendamm oder jetzt diejenigen, die beim Fackellauf Randale machen. Oder damals die Studenten, die Randale gemacht haben und sich dann wunderten, daß der Staat sich das nicht unbegrenzt gefallen ließ.
Zitat von Enha
Unsere Kanzlerin ist darin beispielhaft.

Aus meiner Sicht ist sie beispielhaft darin, die Menschenrechte in ihre Politik einzubeziehen, soweit das nur irgend möglich ist. Auch sie hat freilich auf andere Faktoren Rücksicht zu nehmen; diplomatische, wirtschaftliche.
Zitat von Enha
Sie schlagen vor, dass die Teilnehmer an den Olympischen Spielen in Peking ihre Meinung sagen sollen, obwohl die westlichen Veranstalter doch mehrfach zum Ausdruck gebracht haben, dass Sport und Politik zu trennen seien. Anhand ihrer Äußerungen kann man durchaus davon ausgehen, dass die meisten Sportler sich als unpolitisch empfinden.

Ja, das ist ja ihr gutes Recht. Nur, wenn man etwas dazu beitragen will, den Kommunismus in China zu stürzen, dann kann man das nach meiner Überzeugung nicht durch Krawalle tun, sondern nur durch das Ausnützen von Spielräumen. Und diese bieten die Spiele, weil die Veranstalter es sich nicht werden leisten können, Ausländern den Mund zu verbieten.

Das wäre auch ein sinnvolles Signal an die chinesische Bevölkerung. Während die jetzigen Krawalle ja geradezu zu einer Solidarisierung der Chinesen mit dem Regime führen müssen.
Zitat von Enha
Die bisherigen Proteste haben erreicht, dass China und Tibet in aller Munde ist. Welche Folgen sich daraus ergeben, weiß wohl niemand. Aber es ist wenigstens etwas geschehen - im Gegensatz zur Vergangenheit.

Ja, niemand kann die Folgen abschätzen, da stimme ich Ihnen zu.

Aber man kann Vermutungen anstellen. Meine ist, daß a) diese Aktionen gegen die Spiele zu der besagten Solidarisierung führen werden, b)das Regime die Repression verstärken wird, um künftig einen solchen Aufruhr wie in Tibet von vornherein zu unterbinden und c)die Chinesen, die jetzt tödlich beleidigt sind, generell in nächster Zeit härter auftreten werden.

Vielleicht habe ich Unrecht; ich wünsche es mir. Aber daran, daß die jetzige Aufgeregtheit irgend etwas Positives bewirkt, kann ich nicht glauben.

Herzlich, Zettel

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