Daß mit einer Entscheidung für eine Kandidatur von Gesine Schwan zugleich auch die Weichen für eine Volksfront im Herbst 2009 gestellt werden sollen, erscheint mir naheliegend; aber andere mögen das anders sehen.
Ein anderer Aspekt aber scheint mir offensichtlich zu sein, wie auch immer man die Bereitschaft der SPD-Spitze für die Volksfront sieht: Wieder einmal betreibt die SPD unter Beck, wie im Fall der Regierungsbildung in Wiesbaden, eine geradezu täppische Geheimhaltungspolitik.
Daß zu einem SPD-Spitzentreffen mit hochkarätiger Besetzung die Professorin Schwan eingeladen worden wäre - zwar Mitglied der SPD, aber ohne ein relevantes Parteiamt - , wenn es nicht um die Wahl des Bundespräsidenten gegangen wäre, ist ausgeschlossen. Der Generalsekretär Heil aber stellt sich hin und nennt alle möglichen Themen des Treffens, nur nicht das der Wahl des Bundespräsidenten.
Ich habe manchmal den Eindruck, als sei die SPD entschlossen, wie Erhard Eppler auch den Propagandisten der politischen Lüge Franz Walter zu ihrem "Vordenker" zu erheben.
Das Wort "täppisch" (das heute wohl weitgehend unbekannt sein dürfte) trifft auf Beck natürlich genau zu. Im SPON gibt es übrigens unter der Rubrik Spam in den letzten Monaten immer wieder Fotos mit Beck, die diese Eigenschaft sehr treffend auf den Punkt bringen. Zurück: In der Tat sucht die SPD krampfhaft Wege, das Koalieren mit den ganz Linken so zu bemänteln, daß "das Volk" es versteht und es als "notwendigen Schritt" ansieht. Es ist jedoch ein fataler Weg, der allerdings von Erfolg gekrönt sein wird. Assistiert wird die SPD (auch wenn die überragende Mittelmäßigkeit von Beck dort durchaus gesehen und verwünscht wird) von der in großen Teilen gleichgeschalteten Presse (ich benutze dieses Wort vorsätzlich). Da fällt mir spontan das Interview mit Wolf Biermann zum Thema "Beck und die Linken" im DLF am 23.02.08 ein: "In unserer Demokratie lassen sich die SPD-Leute nochmals fressen von diesem Pack." Biermann hat hiermit ins Schwarze getroffen.
Welche Alternativen hat die SPD, wenn sie Opposition Mist findet? Als Juniorpartner in einer großen Koalition ohne Option jemals den prestigeträchtigen Kanzler zu stellen? Gegen die CDU (ohne die CSU) wirkt die SPD wie der Arbeitskreis Komposthaufen des Kleingartenvereins "Zur Radrennbahn". Und wie sollte sie sich in der Opposition gegen eine Kaderpartei profilieren können?
@ C.: Alternative wäre, eine vernünftige, von Überlegung und Nachdenken geprägte Politik FÜR das Land zu machen. Aber diesen Wunsch gab es schon zu allen Zeiten - und wurde NIE erfüllt. Wenn SPD-Leute Clement als "Gesinnungstäter" bezeichnen (heute morgen im Radio gehört), dann ist das tatsächlich der "Komposthaufen des Kleingartenvereins" - nur leider mit viel größerem Einfluß.
ich stimme Ihnen in allem zu; nur nicht bei dieser Bemerkung:
Zitat von HStafoAssistiert wird die SPD (auch wenn die überragende Mittelmäßigkeit von Beck dort durchaus gesehen und verwünscht wird) von der in großen Teilen gleichgeschalteten Presse (ich benutze dieses Wort vorsätzlich).
Lassen Sie mich dazu ein paar allgemeine Worte sagen:
Ich halte es für problematisch, für Dinge, die inkommensurabel sind, dieselben Begriffe zu verwenden.
Ich weiß, oft ist das sozusagen gut gemeint. Es geschieht, um auf den Ernst von etwas hinzuweisen, um durch Übertreibung auf etwas aufmerksam zu machen. Aber ich halte das für falsch. Erstens, weil das Ausgesagte eben, nimmt man es wörtlich, nicht stimmt. Zweitens, weil dadurch gerade das, was man möchte, leicht diskreditiert wird.
So war es, als jemand auf den Gedanken kam, die Käfighaltung von Hühnern als "Hühner-KZ" zu bezeichnen. Der Betreffende wollte seiner Abscheu über diese Praktik Ausdruck geben. Aber der Vergleich war so abwegig, daß er zu Recht Kopfschütteln ausgelöst hat.
So ist es aus meiner Sicht, wenn - wie heute zu lesen, behauptet wird, jeder achte Deutsche lebe in Armut. Wer so etwas sagt, der hat offenkundig keine Ahnung davon, was es bedeutet, in Armut zu leben. Ich habe dazu einmal in einer kleinen Serie etwas geschrieben.
Und so, lieber HStafo, sehe ich es auch, wenn Sie von einer "in großen Teilen gleichgeschalteten" deutschen Presse schreiben.
Der Begriff "Gleichschaltung" hat nun einmal seine Bedeutung; so, wie "arm" bedeutet, daß jemand nicht ausreichend ernährt ist, keine ausreichende medizinische Versorgung, keinen Zugang zu Schulbildung usw. hat.
Die Gleichschaltung der deutschen Presse durch die Nazis bestand darin, daß alle Presseorgane entweder verboten oder unter direkte staatliche Kontrolle gestellt wurden. Bekanntlich gab Goebbels täglich eine sogenannte "Sprachregelung" heraus, die bis ins Detail festlegte, worüber wie berichtet werden mußte.
Nichts dergleichen ist heutzutage in Deutschland der Fall. Daß die deutsche Presse in diesem historisch richtigen Sinn des Worts gleichgeschaltet sei, davon kann keine Rede sein.
Ich weiß - vermute jedenfalls sehr stark -, daß Sie das auch nicht meinen, lieber HStafo. Was Sie - vermute ich - meinen, ist etwas, das ich auch konstatiere und bedaure: Es gibt eine linke Meinungsdominanz in den Medien, und es gibt eine bedauerliche Neigung, den Leitmedien wie SpOn, der ARD, der "Zeit" zu folgen, wenn diese bestimmte Meinungen verbreiten.
Aber mit Gleichschaltung hat das nichts zu tun.
Sie können, wenn Sie es wollen, beliebige andere Meinungen lesen; nicht nur in ZR. Sie können sich, je nach Gusto, aus der "Jungen Freiheit" oder der "Jungen Welt" informieren. Sie können, wenn Sie den "Spiegel" nicht lesen mögen, "Focus" lesen. Wenn Ihnen die "Zeit" nicht zusagt, dann vielleicht der "Rheinische Merkur"?
Nehmen Sie mir meine deutliche Reaktion bitte nicht übel, lieber HStafo. Ich bin, zugegeben, in diesem Punkt empfindlich. Ich finde es grundfalsch, die Verhältnisse in dem freien Land, in dem demokratischen Rechtsstaat, in dem wir leben, mit Begriffen zu belegen, die nun einmal als Bezeichnungen für die Verhältnisse in Diktaturen passen. Wir leben aber nicht in einer Diktatur, auch nicht in einer "Demokratur" sondern, bei aller Kritikwürdigkeit, in einem der freiesten Länder der Welt und in dem freiesten Staat, den es jemals in Deutschland gegeben hat.
Zettels Einwänden gegen die fahrlässige Verwendung von "gleichgeschaltet" stimme ich vollständig zu. Aber, verehrter Zettel, gibt es die von Ihnen perhoressierte "linke Meinungsdominanz in den Medien" wirklich? Die Verurteilung von Beck und Ypsilanti im Gefolge der Hessenwahl war doch einhellig, oder? Der anschließende demoskopische Absturz der SPD spricht für sich. Und auch
[quote="Rembert"]Zettels Einwänden gegen die fahrlässige Verwendung von "gleichgeschaltet" stimme ich vollständig zu. Aber, verehrter Zettel, gibt es die von Ihnen perhorreszierte "linke Meinungsdominanz in den Medien" wirklich? Die Verurteilung von Beck und Ypsilanti im Gefolge der Hessenwahl war doch einhellig, oder? Der anschließende demoskopische Absturz der SPD spricht für sich.
Bitte um Nachsicht, daß ich - als Newcomer - einen Text losgeschickt habe, der noch nicht fertig war.
Als Argument gegen Ihr recht pauschales Verdikt kann ich außerdem auf das Thema Immigration/Integration verweisen. Hier geraten die Verhältnisse seit einiger Zeit ins Tanzen - in den Medien, aber auch in den linken Partein.
Zitat von RembertAber, verehrter Zettel, gibt es die von Ihnen perhoressierte "linke Meinungsdominanz in den Medien" wirklich? Die Verurteilung von Beck und Ypsilanti im Gefolge der Hessenwahl war doch einhellig, oder? Der anschließende demoskopische Absturz der SPD spricht für sich.
Lieber Rembert,
es gibt meines Erachtens eine linke Meinungsdominanz im folgenden Sinn (und die Einschränkungen muß man wirklich machen, deshalb bin ich Ihnen dankbar für den Einwand):
1) Diese Dominanz umfaßt längst nicht alle Medien. Ich habe ja in der Antwort an HStafo Beispiele für andere, auch einflußreiche Medien genannt, die man nicht links nennen kann
2) Diese Dominanz gilt nicht im parteipolitischen Sinn. Die SPD kommt keineswegs besonders gut weg; die Kommunisten allerdings erstaunlich gut, wenn man bedenkt, daß diese Partei immerhin vierzig Jahre Diktatur zu verantworten hat.
3) Die Dominanz gilt aber nach meinem sehr ausgeprägten Eindruck in Bezug auf Werte und in Bezug auf Einstellungen.
Nehmen wir das Stichwort "neoliberal", das ich gerade in einem Artikel behandelt habe. Können Sie sich an einen Beitrag in einem ARD-Sender erinnern, in dem der Neoliberalismus positiv dargestellt und/oder kommentiert wurde? In dem zum Beispiel die Erfolge neoliberaler Wirtschaftspolitik (Beispiel Chile) dargestellt wurden?
Nehmen wir die Berichterstattung über den US-Wahlkampf. Vergleichen Sie bitte einmal, wie ( = wie umfangreich und mit welcher Wertung) über Obama und über McCain berichtet wird. Des gleichen die Berichte über Italien. Wieviele waren positiv, wieviele negativ in Bezug auf Berlusconi, in Bezug auf Veltroni?
Oder nehmen wir die Berichterstattung über Arbeitskämpfe. Wieviele der Berichte lassen Sympathie für die Arbeitnehmer erkennen, wieviele für die Arbeitgeber, wieviele sind neutral?
Oder die Berichterstattung über Kriminalität. Vergleichen Sie bitte einmal Berichte über die Kriminalität von Türken oder Türkendeutschen mit den Berichten über white collar-Krimininalität, etwa die kürzlichen Fälle von Steuerhinterziehung. Wie oft haben Sie gelesen, daß man "den Reichen", "den Managern" usw. Vorwürfe machte? Wie oft haben Sie gelesen, daß man "den Türken" oder "den Ausländern" Vorwürfe machte?
Das sind, lieber Rembert, beliebige Beispiele, wie sie mir gerade eingefallen sind.
Das vermutlich drastischste Beispiel ist die Berichterstattung über den Extremismus. Vergleichen Sie einmal, mit welchen Wertungen, mit welchem Vokabular links- und rechtsextreme Politkriminelle belegt werden. Oder auch, wie über die "Die Linke" und "Die Republikaner" berichtet wird. Oder über die DKP und die NPD.
Herzlich, Zettel
PS: Willkommen im "kleinen Zimmer"! Ich freue mich auf weitere interessante Beiträge von Ihnen.
Zitat von C.Welche Alternativen hat die SPD, wenn sie Opposition Mist findet? Als Juniorpartner in einer großen Koalition ohne Option jemals den prestigeträchtigen Kanzler zu stellen?
Die Alternative zur Zementierung eines Volksfronts- und eines liberalkonservativen Lagers sind, dear C., instabile Bündnisse - Große Koalition, Ampel, Jamaika. Etwas Besseres gibt es in keinem Land mit Verhältniswahlrecht, in dem die Extremisten stark sind.
Wenn die SPD mit demokratischen Parteien keine Mehrheit hat, dann kann sie halt nicht regieren. Wenn sie in einem Bündnis mit demokratischen Parteien nicht die stärkste ist, dann kann sie halt nicht den Kanzler stellen.
In Frankreich hätte die demokratische Rechte (UNR, UDR, RPR, UDF, wie immer sie sich gerade nannte) fast jede linke Regierungsperiode verhindern können, wenn sie Wahlbündnisse mit dem FN eingegangen wäre; bei der französischen Variante des Mehrheitswahlrechts hätte das bedeutet, daß viele Wahlkreise dann an die Rechte gefallen wären. Sie hat das nicht getan.
Die rechten Parteien haben lieber den Linken die Macht überlassen, als daß sie mit den Rechtsextremen paktiert hätten. Warum kann man das nicht auch in Bezug auf die Linksextremen von der SPD verlangen?
@Zettel: Ich gestehe es vorbehaltlos zu - die Nutzung des "G-Wortes" war sehr provokant. Und wahrscheinlich haben Sie recht, daß es in diesem Zusammenhang nichts verloren hat. Ich nehme es also zurück. Gleichwohl: Der linke Meinungsdruck ist meines Erachtens stark und nachhaltig. Er wirkt bereits über viele Jahre und führt dazu, daß bei einer Vielzahl von Themen gewisse Dinge nicht mehr ausgesprochen werden dürfen. "Wahrheiten" und Interpretationen werden den Erfordernissen entsprechend zurechtgezimmert.
Das erinnert schon stark an Orwell und einen der Schlüsselsätze aus "1984": "Was kann ich dagegen machen, daß ich sehe, was ich vor Augen habe? Zwei und zwei macht vier!" "Manchmal, Winston. Manchmal macht es drei. Manchmal fünf. Manchmal alles zusammen. Sie müssen sich mehr Mühe geben. Es ist nicht leicht, vernünftig zu werden."
Wenn Meinungen und Standpunkte gefiltert werden, wenn offensichtliche Lügen im öffentlichen Raum sowie politische (und andere) Euphemismen völlig normal sind und bei Abweichungen von gewissen Denkschablonen reflexartig große (!) Teile der Medien unisono reagieren, dann ist das schon bedenkenswert und bringt einen schon auf gewisse Vergleiche - auch wenn sie zur Zeit schief sind.
Zitat von HStafoWenn Meinungen und Standpunkte gefiltert werden, wenn offensichtliche Lügen im öffentlichen Raum sowie politische (und andere) Euphemismen völlig normal sind und bei Abweichungen von gewissen Denkschablonen reflexartig große (!) Teile der Medien unisono reagieren, dann ist das schon bedenkenswert und bringt einen schon auf gewisse Vergleiche - auch wenn sie zur Zeit schief sind.
Lieber HStafo, da stimme ich vollständig zu. Ich habe ja in meiner Antwort an Rembert einige Beispiele genannt, die das auch mir zu belegen scheinen.
Ein eklatantes Beispiel für dieses "reflexartige Reagieren", wie Sie schreiben, war der "Fall Oettinger", über den ich damals etliche Artikel geschrieben habe; zuletzt diesen, diesen und diesen.
Die Anfänge von dieser damaligen Diskussion finden Sie hier, hier und hier (ich hoffen, bei den Links ist keine Doublette ).
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