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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 6 Antworten
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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
Zettel Offline




Beiträge: 20.200

28.05.2008 09:52
Zettels Meckerecke: Oskar Lafontaines Bildungsnachweis Antworten

Als Gregor Gysi sich kürzlich in einer Rede bei der Rosa-Luxemburg-Stiftung um das Amt des Außenministers der Volksfront beworben hat, versuchte er sich im Duktus einer akademischen Rede. Die Absicht war zwar unverkennbar, aber die Rede war gut und zeigte, daß Gysi ein gebildeter Mann ist.

Jetzt wollte, so scheint es, auch Oskar Lafontaine seine GenossInnen an seiner Bildung teilhaben lassen. Aber das Ergebnis ist doch sehr gemischt ausgefallen.

F.Alfonzo Offline



Beiträge: 2.004

28.05.2008 14:37
#2 RE: Zettels Meckerecke: Oskar Lafontaines Bildungsnachweis Antworten

Herr L. scheint ja ein echtes Allround-Talent zu sein. Warum nur ist der Mann nicht bei der Physik geblieben? Vielleicht deshalb, weil man sich die Welt in dieser Disziplin nicht beliebig zurechtlegen kann?

Die ökonomische Argumentation des Herrn L., falls mir diese Anmerkung erlaubt ist, folgt übrigens einem ähnlichen Prinzip: Man pickt sich aus den Arbeiten anderer das jeweils Angenehme, Verwertbare heraus, lässt das Unangenehme unter den Tisch fallen und konstruiert sich so seine eigene Logik zusammen. Unnötig zu erwähnen, dass diese dann nicht mehr im Sinne des Verfassers ist.

Grüße,
F.Alfonzo

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

28.05.2008 14:41
#3 RE: Zettels Meckerecke: Oskar Lafontaines Bildungsnachweis Antworten

Zitat von F.Alfonzo
Die ökonomische Argumentation des Herrn L., falls mir diese Anmerkung erlaubt ist, folgt übrigens einem ähnlichen Prinzip: Man pickt sich aus den Arbeiten anderer das jeweils Angenehme, Verwertbare heraus, lässt das Unangenehme unter den Tisch fallen und konstruiert sich so seine eigene Logik zusammen. Unnötig zu erwähnen, dass diese dann nicht mehr im Sinne des Verfassers ist.

Stimmt, lieber F. Alfonzo. Er ist halt ein Schaumschläger.

Gysi zwar auch, aber ein intelligenter.

Das wird man heute Nachmittag wieder erleben. Man darf gespannt sein, wie er diesmal den Kopf aus der Schlinge zieht, Reineke Gysi.

Pardon für das Off Topic.

Herzlich, Zettel

Ingo_Way Offline



Beiträge: 29

29.05.2008 00:26
#4 RE: Zettels Meckerecke: Oskar Lafontaines Bildungsnachweis Antworten

Lieber Zettel,

vor einigen Jahren habe ich mich intensiv mit dem Werk von Peter Hacks beschäftigt. (Bis ich dann der Universitätsgermanistik den Rücken gekehrt habe, aber das ist eine andere Geschichte.)

Keine Frage, daß von diesem Autor eine ungeheure Faszination ausgeht. Wer sich auf seine Lyrik und seine Essays einläßt, die nicht so ganz dem 20. Jahrhundert zu entstammen scheinen, weiß, was ich meine.

Geradezu verzweifelt habe ich in Hacks' Hymnen auf Stalin, den Kommunismus und die DDR nach dem doppelten Boden gesucht, nach der Ebene, die das ganze als uneigentliche Rede entlarvt. Denn es kann doch wohl nicht sein, so dachte ich, daß jemand, der so leicht, elegant und heiter zu schreiben versteht, der an der Sprache Wielands, Goethes und Heines geschult ist, der so emphatisch das Individuum, den Genuß und die Erotik feiert - daß so jemand Anhänger eines totalitären Systems ist.

Ich wurde nicht fündig.

Nein, Hacks meint das alles wirklich so, seine einzige Kritik an der DDR war die, daß sie nicht stalinistisch genug war.

Hacks war einer der vielen Intellektuellen des 20. Jahrhunderts, die ihr Können, ja ihr Genie, in den Dienst einer totalitären Ideologie gestellt haben. Nur eben einer, der das besonders lange durchhielt, bis in eine Zeit, in der er selbst zum Anachronismus wurde.

Dieses Anachronistische ist, glaube ich, ein Teil der Erklärung für die erwähnte Faszination des Hacks'schen Oeuvres. Das man durchaus genießen kann. Aber wenn jemand es inhaltlich ernst nimmt, so wie Lafontaine, und diese Inhalte verwirklicht sehen will, ist höchste Vorsicht geboten.

Hat nicht irgendjemand einmal gesagt, Kunst und Literatur seien dazu da, die Wahnsinnigen von der Politik abzuhalten?

Gruß, I.W.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

29.05.2008 08:18
#5 RE: Zettels Meckerecke: Oskar Lafontaines Bildungsnachweis Antworten

Zitat von Ingo_Way
Hacks war einer der vielen Intellektuellen des 20. Jahrhunderts, die ihr Können, ja ihr Genie, in den Dienst einer totalitären Ideologie gestellt haben. Nur eben einer, der das besonders lange durchhielt, bis in eine Zeit, in der er selbst zum Anachronismus wurde.

Dieses Anachronistische ist, glaube ich, ein Teil der Erklärung für die erwähnte Faszination des Hacks'schen Oeuvres. Das man durchaus genießen kann.

Das Problem, lieber Ingo Way, scheint ja viel brisanter zu sein, wenn es um rechts- statt linkstotalitäre Präferenzen oder Verstrickungen geht.

Mir ist es mit Ernst Jünger und Gottfried Benn ähnlich gegangen wie Ihnen mit Hacks. Beide schätze ich außerordentlich (Benn als Essayisten noch mehr denn als Lyriker) und habe mich natürlich gefragt, ob ich denn ihre politische Haltung einfach ausklammern kann. Ja, ich konnte.

Zu Arno Schmidt hat es ja auch solche Diskussionen gegeben, wenn auch auf einer anderen Ebene. Er war ein Liebling von Linken, die dann a bisserl schockiert waren, als sie seine politischen Auffasssungen (etwa in der Goethepreis-Rede) zur Kenntnis nehmen mußten.

Mit Jünger oder Benn nicht vergleichbar, aber ein Linker war Arno Schmidt halt nicht. Dieter Kuhn hat eine ganze Schrift dazu verfaßt; ich glaube, sie hieß "Das Mißverständnis".

Meine Meinung ist, daß man das Werk eines Schriftstellers nach ästhetischen und nicht politischen Kriterien beurteilen sollte. Allerdings wird es schwierig, wenn er in seinem Selbstverständnis ein eminent politischer Autor war/ist, wie eben Hacks oder auch Brecht. Das waren Jünger und Benn ja nicht.



Hacks ist mir leider ziemlich fremd. Ich hatte "zu DDR-Zeiten" überhaupt kein inniges Verhältnis zur dortigen Literatur; mit Ausnahme von Günter de Bruyn, den ich verehre. Hermann Kant fand ich abscheulich, schon bevor ich davon erfuhr, welche Rolle er beim Rausschmiß von Mißliebigen aus dem Schriftstellerverband gespielt hatte. Und mit Heiner Müllers Ästhetik kann ich wenig anfangen; auch wenn ich gern einräume, daß er ein brillanter Dramatiker war.

Herzlich, Zettel

Thomas Pauli Offline




Beiträge: 1.486

29.05.2008 12:02
#6 RE: Zettels Meckerecke: Oskar Lafontaines Bildungsnachweis Antworten

Liber Zettel,

hast Du schon mal etwas von Strittmatter gelesen? Mir scheint er ein sorbischer Schelm unter den Wölfen zu sein!

Herzlich, Thomas

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

29.05.2008 13:53
#7 RE: Zettels Meckerecke: Oskar Lafontaines Bildungsnachweis Antworten

Zitat von Thomas Pauli
hast Du schon mal etwas von Strittmatter gelesen? Mir scheint er ein sorbischer Schelm unter den Wölfen zu sein!

Ich habe, lieber Thomas, mal eine TV-Verfilmung von "Der Laden" gesehen.

Gelesen habe ich nichts von ihm; ich dachte, er gehöre zum "Sozialistischen Realismus". Aber vielleicht liegt das nur an mangelnder Kenntnis.

Solche Schubladen sind ja oft ganz falsch. Auf de Bruyn bin ich irgendwann in den Siebzigern einmal zufällig gestoßen und war so angetan, daß ich dann alles gelesen habe, was ich von ihm bekam. Wer weiß, wie es mir mit Strittmatter gehen würde?

Man sollte bei den Nornen, Moiren oder Parzen Sonder-Lebenszeit als Lesezeit beantragen.

Herzlich, Zettel

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