Also wirklich! Auf am Rande des Bodens strauchelnde Politiker soll man weder im übertragenen noch im verbalen Sinne eintreten. Der Beck ist ja nicht weniger sprachbegabt als seine Kollegen. Mir fällt das immer wieder auf, daß sich Politikersprache durch eine Kombination von besonders großem Wollen und besonders geringem Können auszeichnet. Jeder Alki an der Pommesbude hat eine bessere Rhetorik. Jeder Hauptschüler hat seine Redewendungen, Floskeln und Sprichwörter treffsicher sitzen. Aber der Eintritt in eine Partei scheint das Sprachzentrum zu schädigen. Vielleicht liegt es auch daran, daß man jahrelang Sprachregelungen und vorgekaute Argumente nachplappern muss, ohne über deren Sinn nachzudenken oder selbst zu formulieren. Man will ja die Reihen geschlossen halten. Das hat sicher auch seine Auswirkungen auf die Sprache.
Klug und fleißig - Illusion Dumm und faul - das eher schon Klug und faul - der meisten Laster Dumm und fleißig - ein Desaster The Outside of the Asylum
Zitat von ZettelDaß er sich als ein brillanter Intellektueller erweisen würde, hat niemand von Kurt Beck erwartet. Aber für einen soliden Charakter, für eine ehrliche Haut hat man ihn gehalten. Dieses Bild hat er gründlich beschädigt, als er sich hinter die Tricksereien der Andrea Ypsilanti stellte. Was bleibt da noch?
Was wollen Sie denn eigentlich mit Ihrem kuriosen Kurzkommentar sagen, lieber Zettel? Was hat der Charakter mit unbeholfen formulierten Floskeln zu tun? Oder kann man einem unsoliden Charakter die Floskeln vorhalten, während man sie einem soliden nachsehen soll?
Ich glaube auch nicht, daß er sein Bild beschädigt hat, indem er die Tricksereien unterstützte, sondern daß aus den Tricksereien dank Frau Metzger nichts wurde, macht ihm zu schaffen. Andernfalls wäre er jetzt der Held, und hinter jeder schiefen Metapher würde man veritable politische Kraft verspüren.
Zitat von califaxAlso wirklich! Auf am Rande des Bodens strauchelnde Politiker soll man weder im übertragenen noch im verbalen Sinne eintreten.
Zitat von califaxVielleicht liegt es auch daran, daß man jahrelang Sprachregelungen und vorgekaute Argumente nachplappern muss, ohne über deren Sinn nachzudenken oder selbst zu formulieren. Man will ja die Reihen geschlossen halten.
Man darf nichts riskieren. Denken Sie an die "Partei der Besserverdienenden", was wohl selbstironisch gemeint war, oder an "Peanuts", solche Fehler versenden sich nicht, sondern führen sofort zu Riesenärger und bleiben dann jahrzehntelang kleben und müssen somit unbedingt vermieden werden. Bewährte Bausteine aus dem Floskelbastelkasten helfen da sehr.
Zitat von califaxDer Beck ist ja nicht weniger sprachbegabt als seine Kollegen. Mir fällt das immer wieder auf, daß sich Politikersprache durch eine Kombination von besonders großem Wollen und besonders geringem Können auszeichnet.
Es ist, lieber Califax, glaube ich, sehr verschieden. Es gab und gibt erfolgreiche Politiker, die auch sehr redegewandt sind - Schröder, Obama zum Beispiel. Es gibt diejenigen, die sogar Meister darin sind, nie etwas Dummes zu sagen - Konrad Adenauer, Helmut Schmidt, Angela Merkel zum Beispiel.
Dann gibt es diejenigen, die sogar sprachgewaltig wie ein Schriftsteller sind; naja, es gab sie - Churchill, de Gaulle, Bismarck.
Und dann gibt es diejenigen, die mit der Sprache auf Kriegsfuß stehen, wie Heinrich Lübke, Helmut Kohl, George W. Bush und eben Kurt Beck. Das muß nichts über ihre politischen Fähigkeiten sagen.
Was mir an Beck besonders auffällt, das ist der defensive Gebrauch einer Floskelsprache. Man spürt förmlich, wie er in jeder Frage auch des gutmütigen Peter Frey eine Falle, mindestens einen Angriff wittert, und wie er das so zu parieren versucht, wie er es eben in seiner Karriere gelernt hat:
Bloß nix sagen. Geschickt ausweichen (d.h. was er für geschickt hält). Eine Überlegenheit mimen, der sozusagen aus allen Knopflöchern guckt, wie wenig überlegen, wie unsicher er sich fühlt.
Zitat von califaxVielleicht liegt es auch daran, daß man jahrelang Sprachregelungen und vorgekaute Argumente nachplappern muss, ohne über deren Sinn nachzudenken oder selbst zu formulieren. Man will ja die Reihen geschlossen halten.
Ja, das spielt eine Rolle; jedenfalls vermute ich das auch. Nichts Falsches sagen, nichts, das unerwünschte Reaktionen nach sich ziehen könnte.
Das ist es ja auch, was die "diplomatische Ausdrucksweise" der Diplomaten hervorgebracht hat. Nur daß deren Kunst eben darin besteht, es elegant und intelligent zu machen.
Zitat von ZettelNichts Falsches sagen, nichts, das unerwünschte Reaktionen nach sich ziehen könnte.
Ja, das hat Jörg Haider einmal den Landeshauptmann-Sessel gekostet. Eines sei noch hinzugefügt: Nicht verbindliches sagen, sondern nur schwammige Floskeln verbreiten. "Die Familie stärken", "die Arbeitslosigkeit verringern", "mehr für den Umweltschutz tun", "Steuerlast verringern", bla. Kaum ein Politiker würde sich darauf einlassen konkrete Vorstellungen oder gar Zahlen zu nennen, also: "die Mineralölsteuer muss meiner Ansicht nach um 50 Prozent verringert werden". Erinnert auch ein bisschen an unsere tapferen Streiter wider den Klimakollaps, die - je nach Auslegung - ein oder zwei Grad globale Erwärmung bis 2100 befürchten. Nun, in hundert Jahren wird wohl keiner mehr von uns übrig sein, diese Prognosen zu bestätigen oder zu entkräften. In diesem Sinne: Österreich wird Fußballweltmeister 2106!
Zitat von BeckWir haben eine veritable Kandidatin.
Gemeint war wohl etwas wie: "Gesine Schwan ist keine Zählkandidatin, so wie bei den anderen Parteien, die nur dann eine Frau aufstellen, wenn diese chancenlos ist, siehe Hamm-Brücher, Schipanski usw. Wir Sozialdemokraten wollen jetzt wirklich endlich einmal eine Bundespräsidentin haben."
All das hat Beck mit dem einen Wort "veritabel" in scheinbarer Unbeholfenheit gekonnt auf den Punkt gebracht.
Zitat von BeckWas die CSU derzeit macht, [hat mit sachlich begründeter Politik nichts zu tun, sondern] das ist [von ihrer] Furcht vor dem Wähler [verursacht] - nicht mehr [, also keineswegs rational Ernstzunehmendes] und nicht weniger [, sie haben nämlich tatsächlich schreckliche Angst, steckt dahinter].
Hier erweist er sich als Meister der Ellipse.
Er will einfach nicht als der Sprachkünstler gelten, der er in Wahrheit ist.
Zitat von BeckWir haben eine veritable Kandidatin.
Gemeint war wohl etwas wie: "Gesine Schwan ist keine Zählkandidatin, so wie bei den anderen Parteien, die nur dann eine Frau aufstellen, wenn diese chancenlos ist, siehe Hamm-Brücher, Schipanski usw. Wir Sozialdemokraten wollen jetzt wirklich endlich einmal eine Bundespräsidentin haben." All das hat Beck mit dem einen Wort "veritabel" in scheinbarer Unbeholfenheit gekonnt auf den Punkt gebracht.
Darauf bin ich, lieber Kallias, gar nicht gekommen. Ich glaub's auch nicht, daß er das gemeint hat. Aber zugegeben, es könnte sein. Jedenfalls kann man ihn so raushauen, das muß ich zugeben.
Zitat von Kallias
Zitat von BeckWas die CSU derzeit macht, [hat mit sachlich begründeter Politik nichts zu tun, sondern] das ist [von ihrer] Furcht vor dem Wähler [verursacht] - nicht mehr [, also keineswegs rational Ernstzunehmendes] und nicht weniger [, sie haben nämlich tatsächlich schreckliche Angst, steckt dahinter].
Hier erweist er sich als Meister der Ellipse. Er will einfach nicht als der Sprachkünstler gelten, der er in Wahrheit ist.
Ich will Ihnen nicht zu nahe treten, sehr geschätzter Kallias - aber Sie hätten das Zeug zum Regierungssprecher.
Zitat von ZettelDaß er sich als ein brillanter Intellektueller erweisen würde, hat niemand von Kurt Beck erwartet. Aber für einen soliden Charakter, für eine ehrliche Haut hat man ihn gehalten. Dieses Bild hat er gründlich beschädigt, als er sich hinter die Tricksereien der Andrea Ypsilanti stellte. Was bleibt da noch?
Was wollen Sie denn eigentlich mit Ihrem kuriosen Kurzkommentar sagen, lieber Zettel? Was hat der Charakter mit unbeholfen formulierten Floskeln zu tun? Oder kann man einem unsoliden Charakter die Floskeln vorhalten, während man sie einem soliden nachsehen soll?
Tja, was wollte ich sagen? Ich wollte sagen, daß man (na gut: ich) in Beck einen jener soliden alten Sozialdemokraten sah, denen man vertrauen konnte und bei denen man - eben weil sie diese anderen Qualitäten hatten - über Unbeholfenheiten hinwegsah. Wenn es aber nun nix mit der Vertrauenswürdigkeit ist, dann mag jedenfalls ich nicht mehr darüber hinwegsehen.
Irgendwie so. A bisserl unwohl war mir ja auch dabei, als ich das aufgespießt habe; das steht ja am Anfang zu lesen.
Weil natürlich vor meinem geistigen Áuge viele, viele Zeigefinger sich erhoben, die mir sagen wollten: Das ist aber billig, sich darüber zu mokieren, daß jemand, dessen Lebensweg nun mal nicht über eine Uni führte, was ja nicht seine Schuld war, nicht so sicher mit Fremdwörtern ist wie Sie, der Sie sich da mokieren, Sie eingebildeter Schnösel!
Irgendsowas stand vor meinem geistigen Auge bzw. Ohr, und eine innere Stimme flüsterte: Tu's nicht, Zettel, tu's nicht!
Ich glaube, lieber Kallias, deshalb hab ich's getan.
In Antwort auf:Weil natürlich vor meinem geistigen Áuge viele, viele Zeigefinger sich erhoben, die mir sagen wollten: Das ist aber billig, sich darüber zu mokieren, daß jemand, dessen Lebensweg nun mal nicht über eine Uni führte, was ja nicht seine Schuld war, ...
Diesen Zeigefingern sollte man dann aber entgegnen, daß es völlig irrelevant ist, was an Becks Lebensweg nun wessen Schuld war.
Es interessiert mich ja auch nicht, warum unser Hausmeister nicht Medizin studiert hat. Sein Lebensweg - egal wie er zustande gekommen sein mag - legt auf jeden Fall nahe, sich nicht von ihm operieren zu lassen.
Und genauso muß man bei Beck feststellen, daß sein Lebensweg ihm nicht die nötige Ausbildung geboten hat, um Führungsverantwortung für ein Land wie das unsere anvertraut zu bekommen. Da sind seine Formulierungsschwächen nur ein Indiz von vielen.
In Antwort auf:Das ist aber billig, sich darüber zu mokieren, daß jemand, dessen Lebensweg nun mal nicht über eine Uni führte, was ja nicht seine Schuld war, nicht so sicher mit Fremdwörtern ist wie Sie, der Sie sich da mokieren, Sie eingebildeter Schnösel!
Zum einen muss man kaum ein eingebildeter Schnösel sein, um darauf hinzuweisen, dass sich jemand nicht ausdrücken kann. Es ist Kurt Beck, der davon träumt Kanzler des Landes zu werden und nicht derjenige, der dies kritisiert (anders wäre es, wenn Sie, lieber Zettel, endlich ihre Kandidatur verkünden würden :) ). Von einem Kanzler kann man ruhig mehr erwarten als von sich selbst.
Aber um das grundlegende aufzugreifen, es ist keine Frage von Schuld ob jemand eine gute Bildung, eine gute Kinderstube, einen guten Ausdruck oder ein besonderes Talent hat. Nur das ob selbst ist wichtig. Der Posten eines Bundeskanzlers (oder meinetwegen auch Oppositionsführerers) kann und sollte schlecht danach vergeben werden, wer an etwas schuld ist oder nicht, sondern schlicht ob er qualifiziert ist oder nicht. Ein Politiker muss kein großer Redner sein, wenn er dafür andere Talente aufweist. Das was zum Beispiel ein Stoiber alles in Reden verhaspelt hat, ist geradezu erschütternd, was ihn aber nicht daran gehindert hat, ein erhebliches Fachwissen aufzuweisen und eine klare Linie geführt zu haben. Führungsqualität kann sich auf verschiedene Art und Weise äussern. Nur ist bei Kurt Beck ja nun wirklich gar nichts, was man damit assoziieren könnte, seine Unfähigkeit gut zu reden ist ein reines Synonym für seine ganze Person. Weder ist er ein guter Redner, noch glänzt er durch tiefes Fachwissen noch könnte man ihm gute Noten in Ehrlichkeit oder Anstand vorwerfen. Es ist mir, ganz ohne jede Rethorik, unbegreiflich, wie es sein kann, dass so eine Person in einer derartige Machtposition kommen kann, dass ernsthaft die Gefahr besteht, sie könne eines Tages Kanzler sein.
Ehrlich gesagt glaube ich, dass die SPD lieber einen "Besentiel mit Hut" an seine Stelle setzen sollte, der würde sich deutlich weniger blamieren.
Zitat von LlarianZum einen muss man kaum ein eingebildeter Schnösel sein, um darauf hinzuweisen, dass sich jemand nicht ausdrücken kann.
Man muß nur ein hämischer Linker sein, lieber Llarian. Ich habe diese Hetzjagd auf den Bundespräsidenten Lübke noch in sehr genauer Erinnerung. Ebenso bei Kohl, bei Stoiber, bei Bush.
Wir Liberale machen sowas im Allgemeinen nicht. Deshalb mein leises Unbehagen, als ich diesen Artikel geschrieben habe.
Zitat von LlarianEs ist mir, ganz ohne jede Rethorik, unbegreiflich, wie es sein kann, dass so eine Person in einer derartige Machtposition kommen kann, dass ernsthaft die Gefahr besteht, sie könne eines Tages Kanzler sein.
Die Ursache hat einen Namen, nämlich Andrea Nahles. Sie wollte den Vorsitzenden Müntefering demontieren und sich selbst als Generalsekretärin und heimliche Vorsitzende installieren. Es war der mieseste Akt der Iloyalität, den es in der SPD in den letzten Jahrzehnten gegeben hat.
Als Müntefering mehr Charakter zeigte als Nahles und, nachdem Nahles den PV hinter sich gebracht hatte, seinen Hut nahm, war weit und breit niemand zu sehen, der es gekonnt und gewollt hätte.
Außer Wolfgang Clement. Aber für einen Vorsitzenden Clement ist die SPD längst viel zu weit nach links gerutscht. Platzeck, der es nicht gewollt hatte, ließ sich in die Pflicht nehmen. Als er nach nur vier Monaten das Handtuch warf, war da nur noch Kurt Beck.
Er hat sich auch nicht dazu gedrängt, Vorsitzender zu werden. Er hat es vermutlich ebenfalls aus Pflichtgefühl auf sich genommen.
Genießen wir, lieber Frank, den Beck. Die Nahles wird schrecklich werden.
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