Übers Wochenende war ich verreist und habe dadurch die Einzelheiten dessen, was sich da im Willy-Brandt-Haus abspielte, nur bruchstückhaft verfolgt.
Deshalb kommentiere ich nicht diese aktuellen Ereignisse, von denen ich nicht weiß, ob man sie mit einem Shakespeare'schen Königsdrama oder doch vielleicht eher mit einem Stück von Nestroy vergleichen soll.
Stattdessen der Versuch, ein wenig das zu ordnen, was aus der traditionsreichen SPD, deren Mitgliederzahl sich einmal der Million näherte, den heutigen traurigen Haufen gemacht hat.
In Antwort auf:Zitat Zettel aus ZR In der dritten Periode ist die SPD jetzt nicht nur kraftlos, sondern - schlimmer - ziellos. Sie hatte es in den achtziger Jahren versäumt, eine moderne, die Globalisierung bejahende Partei der linken Mitte zu werden; auch wenn Gerhard Schröder 1998 mit der Mogelpackung "Neue Mitte" Wahlkampf gemacht hatte. Sie hatte das Pech, nach den Wahlen 2005 nicht in die Opposition versetzt zu werden; dies hätte ihr vielleicht eine Regenerierung ermöglicht.
Aber wie lange, lieber Zettel, sollte denn die SPD noch in der Opposition verharren? Wohl am besten immer. Sie war ja vor 1998 schon lange genug in der Opposition. Das bedeutet doch eigentlich nur, so sehe ich das, das immer wenn die SPD gefordert war und die Verantwortung übertragen bekam, etwa seit Beginn der Schröder-Ära, wurden Handtücher geworfen, Mitglieder sowieso aber auch aus der Führungsebene aufs schlimmste hintergangen. Insgesamt vermittelt sich das Bild eines insich zerrissenen Selbstdarsteller-Studenten-Kreis, die immer noch am liebsten zur Demo gehen würden.
Ein weiteres "Urgestein" der SPD, Herr Schreiner, war gestern in einem Gespräch mit Heiner Geisler auf ntv ziemlich niedergeschlagen, erstaunlich ruhig und wortkarg und ganz offensichtlich sehr betroffen von diesem allgemeinen "Gebäudezustand" der SPD. Ich denke, hier ist eine Gebäudersanierung nicht mehr möglich, hier muß im Keller neu begonnen werden.
Eine Anmerkung noch, mir ist ganz extrem aufgefallen, das selbst Heiner Geisler in dem Gespräch mit Schreiner fast freundschaftlich kommuniziert hat und man konnte auch Solidarität parteiübergreifend feststellen um nicht zu sagen Mitleid, mit eben diesem Urgestein der SPD. Es wäre jetzt einfach gewesen, wenn Geisler den Finger neuerlich in die noch offene Wunde gelegt hätte. Nicht so ein Heiner Geisler, den ich übrigens für einen der besten Politiker halte, so billig würde er niemals versuchen zu punkten.
Ein kleiner Fehler war mir aufgefallen. Im zweiten Absatz: Es war der damals amtierende Bundeskanzler Gerhard Schröder, der am 21. März 2004 den Parteivorsitz an "Münte" übergab. Oskar Lafontaine schmiss sämtliche Brocken bereits am 11. März 1999 hin.
Zitat von BerndEs war der damals amtierende Bundeskanzler Gerhard Schröder, der am 21. März 2004 den Parteivorsitz an "Münte" übergab. Oskar Lafontaine schmiss sämtliche Brocken bereits am 11. März 1999 hin.
Vielen Dank, lieber Bernd! Da hatte ich den Text umgeschrieben, aber nicht komplett. Ist korrigiert.
Es freut mich, daß Ihnen der Artikel gefällt. Die SPD beschäftig mich halt immer noch.
das war einmal mehr eine schöne Abhandlung, die mir erheblich mehr über die SPD sagt, als etwa dieser (http://www.zeit.de/online/2008/37/politiker-rueckzug-privat) Artikel in der "Zeit". Wenn eine Arbeitumgebung (um den Parteivorsitzenden) die Leute in so rapidem Tempo verschleißt sollte man doch eher nach den dortigen Konditionen fragen als über sich ändernde innere persönliche Faktoren räsonnieren! Wieder so ein Versuch, über das Offensichtliche hinwegzusehen, scheint mir.
Erst habe ich mich, lieber Thomas, ja über das Lob gefreut, aber als ich dann diesen Artikel gelesen habe ... .
Es ist schon bemerkenswert, was alles man auf die Ebene Mann-Frau heruntertransformieren kann. Nachdem sie die Rücktritte von Lafontaine, Platzeck, Müntefering geschildert hat, meint Tanja Dückers:
Zitat von Tanja DückersPhänomene wie diese können nur als markante, öffentlichkeitswirksame Symptome einer sich wandelnden Gesellschaft interpretiert werden - einer Gesellschaft, in der sich keiner mehr fürchten muss, ein Argument wie "ich ziehe mich aus der Politik zurück, um meine Frau zu pflegen", würde sein Ansehen vollständig und dauerhaft ramponieren. Es ist ein stückweises Ausloten neuer Spielräume für Männer, das hier stattfindet.
Neue Spielräume ergaben sich bisher eher für Frauen: In einem zähen Kampf haben sie über Jahrzehnte langsam an Macht und Einfluss gewonnen ...
Lafontaine, Platzeck, Müntefering als Softies, die aus der angestammten Männerrolle ausbrechen.
Zitat von Thomas Paulimir flimmert's ja schon vor Augen, wenn ich wieder mal "stückweise" lese...
Ein "stückweises Ausloten", lieber Thomas - das ist eine gelungene Metapher. Wir sehen vor uns den Ausloter, wie er Stück für Stück Felsens in den Schacht wirft und dem Klang nachlauscht.
Weniger dürfen wir von einer Autorin nicht erwarten, die schon einen Förderpreis, tja, "gewonnen" hat:
Zitat von Die ZeitTanja Dückers, 1968 geboren in West-Berlin, Studium der Kunstgeschichte, Amerikanistik und Germanistik 1999 veröffentlicht sie ihren ersten Roman "Spielzone" 2000 erhält sie den Förderpreis des "Literaturpreises Ruhrgebiet" Zuletzt erschienen 2006 ihr Roman "Der längste Tag des Jahres" und 2007 der Essayband "Morgen nach Utopia"
So ist das eben bei der "Zeit". Anderswo schreiben schnöde Journalisten, dort veritable DichterInnen.
Herzlich, Zettel
Nola
(
gelöscht
)
Beiträge:
29.09.2008 16:42
#10 Dreimal SPD- Kurt Beck und seine heutige Buchbesprechung
Ein durchaus hörenswertes Interview auf Phönix läuft zur Zeit, das den Menschen und Politiker Kurt Beck, sympatisch macht und nicht als tumben Politiker darstellt. Er hat Rückgrat und steht zumindest zu seinen Aussagen. Selten in der heutigen Zeit und des halb von mir - Hut ab.
Bitte beachten Sie diese Forumsregeln: Beiträge, die persönliche Angriffe gegen andere Poster, Unhöflichkeiten oder vulgäre Ausdrücke enthalten, sind nicht erlaubt; ebensowenig Beiträge mit rassistischem, fremdenfeindlichem oder obszönem Inhalt und Äußerungen gegen den demokratischen Rechtsstaat sowie Beiträge, die gegen gesetzliche Bestimmungen verstoßen. Hierzu gehört auch das Verbot von Vollzitaten, wie es durch die aktuelle Rechtsprechung festgelegt ist. Erlaubt ist lediglich das Zitieren weniger Sätze oder kurzer Absätze aus einem durch Copyright geschützten Dokument; und dies nur dann, wenn diese Zitate in einen argumentativen Kontext eingebunden sind. Bilder und Texte dürfen nur hochgeladen werden, wenn sie copyrightfrei sind oder das Copyright bei dem Mitglied liegt, das sie hochlädt. Bitte geben Sie das bei dem hochgeladenen Bild oder Text an. Links können zu einzelnen Artikeln, Abbildungen oder Beiträgen gesetzt werden, aber nicht zur Homepage von Foren, Zeitschriften usw. Bei einem Verstoß wird der betreffende Beitrag gelöscht oder redigiert. Bei einem massiven oder bei wiederholtem Verstoß endet die Mitgliedschaft. Eigene Beiträge dürfen nachträglich in Bezug auf Tippfehler oder stilistisch überarbeitet, aber nicht in ihrer Substanz verändert oder gelöscht werden. Nachträgliche Zusätze, die über derartige orthographische oder stilistische Korrekturen hinausgehen, müssen durch "Edit", "Nachtrag" o.ä. gekennzeichnet werden. Ferner gehört das Einverständnis mit der hier dargelegten Datenschutzerklärung zu den Forumsregeln.