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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 25 Antworten
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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
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Zettel Offline




Beiträge: 20.200

10.11.2008 03:24
Zitat des Tages: Autobahnen und Raketen Antworten
Wenn in einem abgelegenen Gebiet das Straßennetz plötzlich mit großem finanziellen Einsatz ausgebaut wird, sollte man hellhörig werden. Wenn das in einem Gebiet geschieht, das als dasjenige mit der größten Dichte militärischer Einrichtungen in Europa gilt, dann sollte man sehr hellhörig werden. Und wenn in diesem Gebiet demnächst ein neues Raketensystem aufgestellt werden wird, dann sollte man die Lauscher ganz weit aufsperren. Dazu ein Zitat und einige Informationen.
califax Offline




Beiträge: 1.502

10.11.2008 03:46
#2 RE: Zitat des Tages: Autobahnen und Raketen Antworten

Paßt ins Bild. Exklaven sind der Alptraum jedes Militärstrategen. Man muß sie besser anbinden.
Besonders, wenn man sie zur Bedrohung des umgebenden Gebiets benutzt.
Nachdem aus der deutschen Politik, bzw. der politischen Presse, anläßlich des Georgienkriegs der Beistandsschutz der NATO auch in Bezug auf Baltikum und Osteuropa abgeschwächt und in Frage gestellt wurde, stellt sich für Moskau natürlich die Frage, ob es da isolierte Dominosteine gibt.
Das ist das Spiel, das schon seit einigen Jahren läuft: Man testet die Dehnbarkeit der Grenzen aus und nutzt dafür jede Schwachstelle von NATO und EU.
In einer anderen Diskussion hat ein Vertreter der bisherigen Rußlandstrategie des Westens schön zusammengefaßt: Höfliches Ignorieren.
Das hat die Russen auf die Palme gebracht, weil es Arroganz ist. Und sie haben es seit Jahren immer wieder klar ausgesprochen.
Das höfliche Ignorieren wird aufhören müssen, solange wir noch einigermaßen darüber bestimmen können, zu welchen Bedingungen die neue Grenzlinie zwischen russischem Imperium und Westen gezogen wird.

Klug und fleißig - Illusion
Dumm und faul - das eher schon
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Dumm und fleißig - ein Desaster

The Outside of the Asylum

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

10.11.2008 09:56
#3 RE: Zitat des Tages: Autobahnen und Raketen Antworten
Zitat von califax
Nachdem aus der deutschen Politik, bzw. der politischen Presse, anläßlich des Georgienkriegs der Beistandsschutz der NATO auch in Bezug auf Baltikum und Osteuropa abgeschwächt und in Frage gestellt wurde, stellt sich für Moskau natürlich die Frage, ob es da isolierte Dominosteine gibt. (...) Das höfliche Ignorieren wird aufhören müssen, solange wir noch einigermaßen darüber bestimmen können, zu welchen Bedingungen die neue Grenzlinie zwischen russischem Imperium und Westen gezogen wird.

Ich stimme Ihrer Analyse vollständig zu, lieber Califax.

Zwischen Westeuropa und Osteuropa hat es, glaube ich, ein großes Mißverständnis gegeben, was die Osterweiterung der Nato angeht. Für die Osteuropa war der Beitritt zur Nato mit der Hoffnung auf Schutz gegen den russischen Imperialismus verbunden. Die USA mögen das verstanden haben, die Westeuropäer nicht. Sie interessieren die Märkte im Osten,und sie haben wohl den Beitritt dieser Länder zur Nato als eine Formalie gesehen.

Wie schon oft hier diskutiert: Niemand weiß, welche Politik ein Präsident Obama machen wird.

Was es mit seiner Distanzierung von "Washington" auf sich hatte, haben wir soeben gesehen, als er einen den berüchtigsten Drahtzieher von "Washington" zu seinem Stabschef machte. Niemand kennt seine Europapolitik. Vielleicht tritt er den Russen noch entschlossener entgegen als Bush. Vielleicht interessiert ihn auch Europa überhaupt nicht, und er macht mit den Russen einen Deal, der ihnen erlaubt, das Imperium bis an die deutsche Grenze wieder herzustellen.

Westeuropa wird sich den Russen nicht in den Weg stellen. Wie sollte es auch? Es hat ja gar nicht die Mittel, um irgendeine russische Drohung mit einer Gegendrohung zu beantworten.

Bemerkenswert an dem Zitat ist, daß ein hoher russischer Militär ausdrücklich Deutschland als Zielbereich russischer Raketen nennt. Meines Wissens ist dies das erste Mal seit dem Fall des Kommunismus, daß Rußland wieder eine so konkrete militärische Drohung gegen Deutschland äußert.

Ich vermute, sie wird überhaupt nicht von den Medien zur Kenntnis genommen werden. Ob vom AA und der Hardthöhe, werden wir vermutlich nicht erfahren.

Herzlich, Zettel
Dagny Offline



Beiträge: 1.096

10.11.2008 10:26
#4 RE: Zitat des Tages: Autobahnen und Raketen Antworten

Erstaunlicherweise laesst mich die Meldung relativ kalt. Offenbar bin ich von der Haltung, wie sie die dt. Presse vermittelt schon eingenommen. (die da ist, USA-Raketenschirm: Gefahr fuer die Stabilitaet in Europa, Russland (Atom)Raketen vor der Tuer: Der Nachbar stellt seine Gartenzwerge um).

In der Bewertung des Beitritts der Osteuropaeer in Hinblick auf Russland stimme ich aber ausdruecklich zu. Was soll ein Land auch machen, wenn es sich auf den riesen Nachbarn nicht verlassen kann?

Pentas ( gelöscht )
Beiträge:

10.11.2008 10:34
#5 RE: Zitat des Tages: Autobahnen und Raketen Antworten

Mann sollte soch das ganze Bild sehen: 48 polnische F-16 Block 52 mit umfangreichen Waffenpaket, Polen will weiters Patriots, der PAC-3 Flugkörper ist genau für diese Art von Bedrohung ausgelegt.


Die Iskander sind doch nicht ernsthaft mit Nuklearsprengköpfen bestückt? Das würde gegen einige (Ab)rüstungsverträge vertossen.

Herzlich, Pentas

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

10.11.2008 10:43
#6 RE: Zitat des Tages: Autobahnen und Raketen Antworten

Zitat von Pentas
Mann sollte soch das ganze Bild sehen: 48 polnische F-16 Block 52 mit umfangreichen Waffenpaket, Polen will weiters Patriots, der PAC-3 Flugkörper ist genau für diese Art von Bedrohung ausgelegt.

Interessant, lieber Pentas. Ich hatte schon a bisserl damit auf Ihre Kompetenz gerechnet.

Was bleibt Polen anderes übrig, als seinerseits aufzurüsten? Die Russen haben ein Wettrüsten eröffnet. Die 10 Abwehrraketen sind der, ziemlich lächerliche, Vorwand.
Zitat von Pentas
Die Iskander sind doch nicht ernsthaft mit Nuklearsprengköpfen bestückt? Das würde gegen einige (Ab)rüstungsverträge verstossen.


Verträge kann man kündigen. Siehe zum Beispiel hier und hier.

Herzlich, Zettel

Dagny Offline



Beiträge: 1.096

10.11.2008 11:03
#7 RE: Zitat des Tages: Autobahnen und Raketen Antworten

Zitat von Pentas

Die Iskander sind doch nicht ernsthaft mit Nuklearsprengköpfen bestückt? Das würde gegen einige (Ab)rüstungsverträge vertossen.

Herzlich, Pentas


Korrekt. Ich hab mich da von einer Pressemeldung fehlinformieren lassen. lt. Wikipedia ist die SS-26 / Iskander die Antwort auf das Patriot-System und fuer die Bekaempfung etwa von FlaRakStellungen oder Flugplaetzen ausgelegt.

Wuerde das ganze auch nicht soooo hoch haengen. - Lt. Wikipedia wurden 3 Iskander im Georgienkrieg eingesetzt.
In der Mittagspause mal googeln, ob ueber den Erfolg etwas bekannt ist.

Pentas ( gelöscht )
Beiträge:

10.11.2008 11:07
#8 RE: Zitat des Tages: Autobahnen und Raketen Antworten
Zettel Offline




Beiträge: 20.200

10.11.2008 12:28
#9 RE: Zitat des Tages: Autobahnen und Raketen Antworten

Zitat von Pentas
Skurill: http://informationdissemination.blogspot...carries-in.html

In der Tat, lieber Pentas. Aber den Franzosen traue ich es zu, für die Russen einen Flugzeugträger zu bauen, jedenfalls ihn mitzubauen. Sie würden damit ja einmal mehr ihre Unabhängigkeit gegenüber den USA demonstrieren.

Sie können den militärischen Aspekt besser beurteilen als ich; mir erscheint es plausibel, daß in nächster Zeit die Flugzeugträger immer wichtiger werden. Wenn Kriege mal hier, mal da ausbrechen können und wenn es darum geht, deren Verlauf und Ausgang im eigenen Interesse zu beeinflussen, dann sind Flugzeugträger vermutlich ein wichtiges Instrument. Bisher weitgehend ein Privileg der USA (die Franzosen haben, wenn ich mich recht entsinne, küzrlich einen stillgelegt). Es läge in der Logik der Entwicklung, wenn die aufstrebenden Militärmächte Rußland und China jetzt nachziehen würden.

Herzlich, Zettel

Pentas ( gelöscht )
Beiträge:

10.11.2008 13:19
#10 RE: Zitat des Tages: Autobahnen und Raketen Antworten
Richtig Flugzeugträger und Hubschrauberträger werden auch in Zukunft wichtig sein. Viele Länder haben ernsthafte Trägerprogramme. Spanien baut an einem zweiten (~27.000t), der zweite italienische (~27.000t) ist schon fertig, Australien bestellte 2 von der spanischen Variante, plant aber zur Zeit keine Flugzeuge dafür anzuschaffen. Japan und Südkorea haben erst vor kurzem einen Hubschrauberträger (nur eine Sprungschanze unterscheidet diese Schiffe von den kleinen europäischen Trägern) fertiggestellt.

Frankreich hat 2 alte kleiner Träger der Clementau (?) Klasse schon vor Jahren durch die größere (42.000t) atomangetriebene de Gaulle ersetzt, und plant zusätzlich einen großen konventionell betriebenen Träger von bis zu 74.000t zu bauen (eben an diesen Entwurf hat Russland Interesse), dazu hat Frankreich 2 neue 20.000t schwere Hubschrauberträger.

Flugzeugträger sind sexy, eine nukleare Abschreckung auf See noch mehr, und dafür hat Frankreich in den letzten Jahren viele Milliarden ausgegeben, tut Russland zur Zeit auch, China mehr oder weniger geheim und Indien möchte auch in dieser Liga mitspielen.
Dagny Offline



Beiträge: 1.096

10.11.2008 13:31
#11 RE: Zitat des Tages: Autobahnen und Raketen Antworten
Chripa Offline



Beiträge: 132

10.11.2008 14:05
#12 RE: Zitat des Tages: Autobahnen und Raketen Antworten

Die USA sind besser für Deutschland. Aber man kann von den Russen nicht erwarten,
dass sie mit amerikanischem Militär weniger Probleme haben als mit ihrem eigenen.
Und da ist es nun einmal so, dass die USA sowohl gegenüber China als auch
gegenüber Russland eine Einkreisungspolitik betreiben. Es geht ja nicht
ausschließlich um diese Defensivraketen, die USA haben in vielen Ländern
Truppen aller Art.
http://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_M...aten_im_Ausland
Ich bin mir bewusst, dass Wikipedia da aus recht tendenziös-unappettitlichen Quellen zitiert.
Um einen möglichen Einwand vorwegzunehmen, ja, die USA werden oft von den anderen
Staaten gebeten, Truppen zu senden. Aber danach wird man es den Russen wohl kaum
verwehren können, auf ihrem eigenen Territorium aufzurüsten. Oder auf Einladung
befreundeter Staaten in der Nähe der USA Basen zu errichten. 1962 ist das aber
nicht besonders gut angekommen. Ich vermute mal, dass das heute im Fall von
Venezuela auch nicht anders wäre. Man sollte auch nicht argumentieren, dass man
zwischen Demokratien und Diktaturen unterscheiden müsse. Ich sehe diesen Unterschied
zwar auch, aber zum einen kann man nich einfach allen Diktaturen Legitimität
absprechen, dazu sind es zu viele und zum anderen kooperieren die USA auch mit
vielen Staaten militärisch, die nicht gerade Westminster-Demokratien sind.

Chripa Offline



Beiträge: 132

10.11.2008 14:22
#13 RE: Zitat des Tages: Autobahnen und Raketen Antworten

Lieber Zettel,
Mir ist gerade eingefallen, dass ich etwas ähnliches
schonmal hier geschrieben habe. Damals haben Sie geantwortet:

"Es ging um die Weltherrschaft, lieber Chripa. Das ist nicht zuviel gesagt. Hätte die UdSSR auf Cuba ihre Raketen aufstellen können, dann hätte sie die Möglichkeit gehabt, praktisch ohne Vorwarnzeit amerikanische Städte auszuradieren. Das gesamte strategische Gleichgewicht wäre außer Kraft gesetzt worden. Statt des Gleichgewicht des Schreckens hätte es den Schrecken einer sowjetischen Dominanz gegeben. (Über ein ausgebautes System von ICBMs verfügten damals beide Seiten noch nicht; die ersten Atlas waren erst 1959 in Dienst gestellt worden)."

Das finde ich aber ehrlich gesagt nicht besonders überzeugend.
Die USA hatten auch Basen in Westdeutschland, der Türkei (damals schon?),
Italien, Japan, Südkorea etc. Es ging also allenfalls um die Wahrung
nicht des Gleichgewichts, sondern der Überlegenheit der USA. Das ist aber
AUS SICHT DER RUSSEN kein nachvollziehbarer Grund gewesen. In Bezug
auf das amerikanische Festland kam es ja auch nicht auf die Überlegenheit
der Sowjetunion im konventionellen Bereich, d.h. vor allem beim Heer, an.
Im Prinzip sagen Sie also, die USA haben damals Recht gehabt, gerade weil
dieser Konflikt so bedeutend war.
Viele Grüße,
chripa

Nordlicht Offline



Beiträge: 12

10.11.2008 17:38
#14 RE: Zitat des Tages: Autobahnen und Raketen Antworten

Mir scheint, dass Russland seine Stärke zumindest zum Teil aus der militärischen Schwäche und Uneinigkeit der EU-Europäer bezieht. Diese Schwäche wird jetzt weiter getestet. Sicherlich sollte Europa keinen Konfrontationskurs einschlagen, aber dass Länder wie Polen und die baltischen Staaten gegenüber Russland misstrauisch sind, sollte verständlich sein. Umgekehrt weiss Russland auch, dass von den Europäern keine Gefahr ausgeht, und es will mit den USA mithalten als Weltmacht. Eine Illusion meiner Meinung nach bei stark schrumpfender Bevölkerung, technologischer Rückständigkeit und einer Wirtschaft, die zu einseitig auf Rohstoffen basiert. Wie wird sich ausserdem das Verhältnis zu China entwickeln ? Dieses hat sicherlich die "Ungleichen Verträge" aus dem 19. Jahrhundert nicht vergessen und könnte eine Revision fordern, wenn es noch stärker geworden sein sollte. Grüsse vom Nordlicht

Thomas Pauli Offline




Beiträge: 1.486

10.11.2008 20:24
#15 RE: Zitat des Tages: Autobahnen und Raketen Antworten
Liebe(r/s) Nordlicht,

da kann ich immer nur de Gaulle zitieren: "Irgendwann werden die Russen merken, daß sie Weiße sind". Bisher sind seine Hoffnungen jedoch leider unerfüllt geblieben.

Herzlich, Thomas
Zettel Offline




Beiträge: 20.200

10.11.2008 20:59
#16 Einkreisung, Eindämmung, Imperialismus Antworten
Lieber Chripa,
Zitat von Chripa
Die USA sind besser für Deutschland. Aber man kann von den Russen nicht erwarten,
dass sie mit amerikanischem Militär weniger Probleme haben als mit ihrem eigenen. Und da ist es nun einmal so, dass die USA sowohl gegenüber China als auch gegenüber Russland eine Einkreisungspolitik betreiben.

Wenn wir die Situation bis 1989 nehmen, dann war das eine Politik, die man Einkreisung nennen kann oder auch - so nannten es die Amerikaner - Containment, also Eindämmung.

Die UdSSR und China haben nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs beide eine expansive Politik betrieben. Die UdSSR hat sich ganz Osteuropa einverleibt, sie hat Vorstöße in Richtung Naher Osten gemacht, Afrika. Im Fernen Osten haben die Chinesen den nordkoreanischen Überfall auf Südkorea massiv unterstützt; ein Teil der Invasionstruppen waren chinesische "Freiwillige". Rotchina hat Taiwan bedroht; die zu Taiwan gehörenden Inseln Quemoy und Matsu (aus dem Gedächtnis; sie können auch etwas anders heißen) wurden regelmäßig beschossen.

Die UdSSR hat Aufständische weltweit unterstützt - von Griechenland über das damalige Malaya bis zu den Philippinen. Sowohl die UdSSR als auch Rotchina haben Guerrillatruppen erst in Laos, dann immer mehr in Südvietnam und Kambodscha massiv aufgerüstet. Und so fort. Ich habe das früher schon beschrieben. Entschuldigen Sie auch hier wieder die Wiederholung; aber ich habe manchmal den Eindruck, daß die Geschichte der Zeit zwischen 1945 und 1989 wieder ein wenig mehr in Erinnerung gerunfen werden sollte.

Und das alles waren ja nicht lokale Ereignisse, sondern sie waren Teil der erklärten Politik, den Sozialismus weltweit auszubreiten, also gemäß der Vorgabe Lenins die Weltrevolution herbeizuführen. Die Länder der "Dritten Welt" wurden als die Schwachstelle des Kapitalismus angesehen. Wären sie erst einmal erobert, dann würden sich auch die USA und Westeuropa nicht mehr halten können.

Hinzu kam die Bedrohung Westeuropas. Inzwischen sind ja Dokument bekannt geworden, aus denen hervorgeht, wie konkret der Angriff geplant war. Das heißt nicht, daß man ihn wollte; aber er war als Möglichkeit vorgesehen. Vielleicht für den Tag, an dem die Kommunisten in Italien und Frankreich gesiegt haben würden.



Das ist Vergangenheit, lieber Chripa. China rüstet im Augenblick in einem Maß auf, das man schon als beängstigend betrachten kann. Es bietet nach außen ein freundliches Bild, aber irgend etwas wird es mit dieser Aufrüstung ja bezwecken. Warten wir ab.

Rußland liegt uns näher. Ich schreibe dazu noch etwas in ZR. Kurz gesagt:

Rußland stand nach 1989 vor der Wahl, ein Mitglied der europäischen Gemeinschaft zu werden; vom Gewicht von, sagen wir Deutschland und Frankreich (denen es im Bruttosozialprodukt weit unterlegen ist, aber nach Bevölkerung und militärisch überlegen). Es hätte Mitglied der EU und der Nato werden können, sich mit Hilfe des restlichen Europa zu einem demokratischen Staat entwickeln können.

Dieser Weg war eine Zeitlang offen. Inzwischen ist klar, daß Rußland unter Putin sich anders entschieden hat: Es will wieder Großmacht werden. Das alte Imperium soll wieder hergestellt werden. Mit der Demokratie ist es vorbei. Jeder Staat, der einmal zum sowjetischen Imperium gehörte, fühlt sich heute zu Recht bedroht. Mit Ausnahme der Fünf Neuen Länder, die haben es gut getroffen.

Also ist ein neues Containment erforderlich, so unschön das ist. So sehe ich es jedenfalls.

Herzlich, Zettel
Zettel Offline




Beiträge: 20.200

10.11.2008 21:19
#17 Gleichgewicht des Schreckens Antworten

Zitat von Chripa
Damals haben Sie geantwortet:
"Es ging um die Weltherrschaft, lieber Chripa. Das ist nicht zuviel gesagt. Hätte die UdSSR auf Cuba ihre Raketen aufstellen können, dann hätte sie die Möglichkeit gehabt, praktisch ohne Vorwarnzeit amerikanische Städte auszuradieren. Das gesamte strategische Gleichgewicht wäre außer Kraft gesetzt worden. Statt des Gleichgewicht des Schreckens hätte es den Schrecken einer sowjetischen Dominanz gegeben. (Über ein ausgebautes System von ICBMs verfügten damals beide Seiten noch nicht; die ersten Atlas waren erst 1959 in Dienst gestellt worden)."

Das finde ich aber ehrlich gesagt nicht besonders überzeugend.
Die USA hatten auch Basen in Westdeutschland, der Türkei (damals schon?),
Italien, Japan, Südkorea etc. Es ging also allenfalls um die Wahrung
nicht des Gleichgewichts, sondern der Überlegenheit der USA. Das ist aber
AUS SICHT DER RUSSEN kein nachvollziehbarer Grund gewesen.

Was ich jetzt schreibe, lieber Chripa, entspricht meiner Erinnerung und meinen mehr als bescheidenen militärtechnischen Kenntnissen. Vielleicht kann Pentas oder jemand anders, der mehr davon versteht, es gegebenenfalls bestätigen oder korrigieren:

Es war, wie gesagt, die Zeit vor der Einsatzfähigkeit von Interkontintalraketen. Beide Seiten hatten sie entwickelt, aber noch nicht in großem Umfang aufgestellt.

Bei Mittelstreckenraketen geht es, was das "Gleichgewicht des Schreckens" angeht, allein um die Vorwarnzeit. Das ist die Zeit, die der angegriffenen Seite bleibt, um einen Gegenangriff zu starten, nachdem sie die anfliegenden Raketen entdeckt hat.

Ist die Vorwarnzeit ausreichend, um noch einen Gegenschlag auszulösen, dann funktioniert die Abschreckung: Der Angreifer würde als zweiter sterben.

Das Entscheidende bei den Raketen auf Cuba war, daß sie so nah an den amerikanischen Zentren lagen, daß sie diese vernichtet hätten, bevor ein Gegenschlag hätte ausgelöst werden können.

Das war bei den US-Mittelstreckenraketen in Europa und der Türkei anders. Meiner Erinnerung nach waren das überwiegend gar keine strategischen Raketen, sondern sie waren für den Einsatz auf dem Schlachtfeld vorgesehen. Aber auch als strategische Raketen waren sie nicht mit den Raketen auf Cuba zu vergleichen; wegen der weit längeren Flugzeiten bis zu ihren Zielen.

Was die Türkei angeht - ja, dort waren "Jupiter"-Raketen stationiert. Deren Abzug war ja die Gegenleistung für den Abzug der Sowjet-Raketen aus Cuba. Es war allerdings für Chruschtschow ein schlechtes Geschäft, denn die Jupiter waren veraltet und hätten ohnehin abgezogen werden sollen.

Herzlich, Zettel

califax Offline




Beiträge: 1.502

10.11.2008 22:11
#18 RE: Zitat des Tages: Autobahnen und Raketen Antworten

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The Outside of the Asylum

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

10.11.2008 23:34
#19 Rußlands falscher Weg Antworten

Liebes Nordlicht,

Zitat von Nordlicht
Umgekehrt weiss Russland auch, dass von den Europäern keine Gefahr ausgeht, und es will mit den USA mithalten als Weltmacht.

Das, liebes Nordlicht, ist aus meiner Sicht der springende Punkt.

Wieso war eigentlich die UdSSR eine Weltmacht? Ein Land, das nur dank gigantischer Hilfe aus den USA den Krieg mitgewonnen hatte, das nicht mehr war als ein Entwicklungsland mit einer hochgezüchteten Schwerindustrie?

Weil, scheint mir, erstens die UdSSR zugleich die Führungsmacht anfangs des gesamten Weltkommunismus, später eines großen Teils davon war.

Zweitens, weil Rußland die letzte verbliebene Kolonialmacht war. Mit Kolonien, die dem Mutterland eingegliedert waren wie einst Algerien Frankreich, von Litauen bis Georgien und den Territorien im Osten. Mit Kolonien, die als Staaten des Warschauer Paktes firmierten und die ebenso ausgebeutet wurden wie einst die afrikanischen Kolonien der Engländer und Franzosen.

Und weil drittens in der Diktatur der militärisch-industrielle Komplex einen Großteil der Ressourcen des Landes aufzehren konnte.

Wir hatten kürzlich hier im Forum eine kleine Diskussion über Preußen. Es wird oft als ein Militärstaat beschrieben; jemand hat zitiert: Eine Armee, die einen Staat hat, nicht umgekehrt. Aber gegen den russischen Militarismus war das Preußen des 18. Jahrhunderts ein pazifistisches Land, das seine Armee vernachlässigte.

Das alles brach 1989 weg. Rußland war keine Diktatur mehr, die Kolonien waren futsch, der Weltkommunismus weitgehend am Ende; die Vormacht der verbliebenen kommunistischen Staaten Vietnam und Nordkorea war und ist China.

Rußland hat heute so wenig eine Grundlage dafür, den Status einer Weltmacht zu beanspruchen, wie Brasilien oder Indonesien. In dieser Liga spielt es jetzt.
Zitat von Nordlicht
Eine Illusion meiner Meinung nach bei stark schrumpfender Bevölkerung, technologischer Rückständigkeit und einer Wirtschaft, die zu einseitig auf Rohstoffen basiert. Wie wird sich ausserdem das Verhältnis zu China entwickeln ? Dieses hat sicherlich die "Ungleichen Verträge" aus dem 19. Jahrhundert nicht vergessen und könnte eine Revision fordern, wenn es noch stärker geworden sein sollte.

So sehe ich das auch. Rußland hätte den Weg mitgehen können, den jetzt die Länder Osteuropas gehen. Die Bereitschaft dazu war bei der Nato, bei der EU da, bei den Amerikanern, die Rußland ja sogar in die G7 aufnahmen, die dadurch zu den G8 wurde.

Putin hat sich anders entschieden. Freilich war es kein einsamer Entschluß. Auch bei Rußland habe ich, ähnlich wie bei der DDR, weit unterschätzt, wie schwer es ist, daß ein lang unterdrücktes Volk aufrecht gehen lernt.

Die Russen scheinen ja mit ihrem neuen Zaren zufrieden zu sein. Sie bleiben ein unterentwickeltes Land, aber sie können sich, hoffen sie, bald wieder als Weltmacht fühlen.

Herzlich, Zettel

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

10.11.2008 23:39
#20 RE: Zitat des Tages: Autobahnen und Raketen Antworten

Danke, lieber Califax! Das beantwortet viele Fragen.

Und macht auch den Zusammenhang mit dem Straßenbau klar. Die Russen haben ja traditionell dieses Verfahren, auch Mittelstreckenraketen auf Lafetten durchs Land zu fahren, so daß sie nicht leicht durch einen Präventivschlag ausgeschaltet werden können. Dazu braucht man natürlich ein gut ausgebautes Straßennetz. (In den USA wurde das auch einmal diskutiert; die Minutemen sollten, wenn ich mich recht erinnere, auf Eisenbahnwagen durch die Gegend kutschiert werden. Man hat sich dann aber für die Variante "gehärtete Silos" entschieden).

Herzlich, Zettel


califax Offline




Beiträge: 1.502

10.11.2008 23:53
#21 RE: Zitat des Tages: Autobahnen und Raketen Antworten

Es beantwortet auch die Frage nach der nuklearen Zweideutigkeit.
Rußland hat ja offengelassen, ob die Iskander nuklear bestückt werden sollen.
Jetzt ist klar, daß das militärisch wohl unnötig ist.
Wenn die Präzisionstechnik der Iskander so funktioniert wie gedacht, und wenn die Russen da ein Probem haben sollten, werden sie auf jeden Fall hart daran arbeiten, ist die Waffe auch konventionell bestückt eine ernsthafte Bedrohung für den Schild und für Polens neue Patriots.

Klug und fleißig - Illusion
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The Outside of the Asylum

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

11.11.2008 03:51
#22 RE: Zitat des Tages: Autobahnen und Raketen Antworten

Zitat von califax
Wenn die Präzisionstechnik der Iskander so funktioniert wie gedacht, und wenn die Russen da ein Probem haben sollten, werden sie auf jeden Fall hart daran arbeiten, ist die Waffe auch konventionell bestückt eine ernsthafte Bedrohung für den Schild und für Polens neue Patriots.

Wenn es denn überhaupt darum geht, diese auszuschalten. Ich sehe, lieber Califax, nach wie vor keinen Grund, an der amerikanischen Aussage zu zweifeln, daß sie gegen den Iran und eventuell Nordkorea eingesetzt werden sollen.

Der Zusammenhang ist meines Erachtens ein strategischer. Wenn die Abwehrraketen aufgebaut sind, dann sind Polen und Tschechien für die USA von strategischer Wichtigkeit. Dann werden sie also diese beiden Länder gegen einen Angriff verteidigen. Deshalb wollen die beiden Länder ja dieses Waffensystem.

Und die Iskander dienen meines Erachtens auch weniger dazu, diese Abwehrraketen zu zerstören, sondern sie signalisieren den Polen (und ja, laut der Aussage des zitierten Planungschefs in Moskau, auch Tschchien und Deutschland), daß Rußland sie bedroht. Daß sie also besser nicht allzu unfreundlich zu Rußland sein sollten.

Herzlich, Zettel

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

15.11.2008 05:04
#23 Zitat des Tages: Iskander nach Weißrußland! Antworten
Jetzt will auch Weißrußlands Lukaschenko Iskander-Raketen haben.

Und vor der Finanzkrise hat er auch gewarnt, der kluge Mann.
Pentas ( gelöscht )
Beiträge:

15.11.2008 10:27
#24 RE: Zitat des Tages: Iskander nach Weißrußland! Antworten

Quasi die SCUD des 21. Jahrhunderts.

Pentas ( gelöscht )
Beiträge:

15.11.2008 10:58
#25 RE: Zitat des Tages: Iskander nach Weißrußland! Antworten

Lt. der englischen Wikipedia gibt es bereits Berichte aus dem Jahr 2007, dass Weißrussland diese Rakete haben will.

Interessant sind die weitere mögliche Kunden: Syrien will damit seine SCUDs ersetzen. Es wird auch Südkorea genannt, das bereits über die amerikanische Rakete MGM-140 ATACMS verfügt. Zumindest in der Reichweite sind ATACMS Block IA (300km) und Isander-E (280km) vergelichbar.
http://en.wikipedia.org/wiki/MGM-140_ATACMS
http://www.designation-systems.net/dusrm/m-140.html


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