Klug und fleißig - Illusion Dumm und faul - das eher schon Klug und faul - der meisten Laster Dumm und fleißig - ein Desaster The Outside of the Asylum
Zitat von Rainer BielingEs gibt in der Sozialdemokratischen Partei seit Urzeiten ein Phänomen, das ich sozialistische Mentalität nennen möchte: einerseits und leicht erkennbar personalisiert in namhaften Wortführerinnen und Wortführern der Parteilinken und ihrer Gefolgschaft, andererseits und eher verdeckt konserviert in Ansichten und Überzeugungen auch jener Mitglieder, die sich selbst keineswegs links positionieren. Die sozialistische Mentalität in der SPD ist im Kern eine diffuse, latent vorhandene und jederzeit weckbare Weltanschauung, derzufolge der Kapitalismus eigentlich überholt sei und der Sozialismus eigentlich fällig wäre, diesmal natürlich der richtige.
Wäre die sozialistische Mentalität nur eine Sentimentalität, wäre sie vernachlässigenswert wie eine blumige Sonntagsrede. Die sozialistische Mentalität ist aber eine fundamentale Gesinnung, ein Gesinnungsfundamentalismus, allzeit bereit zu ebenso fundamentalen Lösungen.
Das entspricht meinen Erfahrungen in der SPD. Warum ist es so?
Ich glaube, weil es dazu keine ideologische Alternative gibt.
Diejenigen, die diese sozialistische Mentalität nicht teilen, haben im Grunde nichts anzubieten. Nichts jedenfalls, das motiviert, das sich griffig fassen läßt, das so etwas wie den Entwurf einer idealen Gesellschaft enthält.
Wie die Gesellschaft eigentlich sein sollte - davon hat man als Liberaler eine Vorstellung, als Konservativer, als Christdemokrat. Und eben als Sozialist.
Aber als prokapitalistischer, freiheitlich gesonnener Sozialdemokrat? Da ist man zwar vernünftig, sitzt aber zwischen allen Stühlen.
Ich erinnere mich aus Juso-Zeiten an so jemanden, von dem ich heute denke, daß er Recht hatte, aber damals habe ich das nicht erkannt. Er war Ingenieur, arbeitete in einem großen Stahlkonzern und war, weil er aus einem Arbeiterhaushalt stammte, Sozialdemokrat. Er war für den Kapitalismus, nur mit mehr sozialer Gerechtigkeit. Er war für AKWs, aber mit höheren Sicherheitsstandards. Er war für die Nachrüstung, aber auch für Verhandlungen mit dem Osten.
Kurz, er war immens vernünftig und realistisch. Aber das reißt keinen vom Stuhl, das motiviert keinen Juso, morgens um fünf aufzustehen, um vor den Werkstoren Flugblätter zu verteilen.
Im Alltag handeln viele Sozialdemokraten vernünftig. Aber wenn es gilt, die Hand für Resolutionen und Anträge zu heben, dann werden sie Bürger von Wolkenkuckucksheim.
gewiß eine interessante Analyse, insbesondere für komplette Outsider wie mich. (Ich hatte nur einmal durch den Vater meiner damaligen Freundin mit der SPD, genauer mit deren Jusos, zu tun und mich sofort mit Grausen abgewandt). Solange eine Partei mit dem genuinen Produkt nur kokettiert wird sie, wie jeder Blender, irgendwann mit der Wahrheit konfrontiert! Verzichtete man darauf, durch dieses Blendwerk Leute anzuziehen, bliebe einem diese Erfahrung natürlich erspart. Soweit, so gut. Aber daß der Autor ausgerechnet auf eine Rückbesinnung auf Marx setzt ist für mich zu starker Tobak! Diese antiquierte, von den Grundlagen her fehlerhafte, Hypothese (Theorie hieße ja, daß sie sich in der Praxis bewährt hätte) ausgerechnet als neuen Leitstern zu empfehlen - das kann, pardon, eigentlich nur einem Geisteswissenschaftler passieren, Anwesende natürlich ausgeschlossen!
Das er Karl Marx empfiehlt, wundert mich auch. Aber wer einmal verinnerlicht hat, daß Marx die Grundlage linken Denkens zu sein habe, läßt das nicht mehr los. Das ist ähnlich wie bei Christen, die oft auch in Debatten ein jedes und sein Gegenteil aus der Bibel ableiten wollen.
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