Manchmal entsteht ein Artikel in ZR daraus, daß mir an zwei scheinbar ganz verschiedenen Themen Gemeinsamkeiten auffallen. Oder ein Gegensatz, wie hier.
Charles Krauthammer, der gnadenlos die Schwächen von Obamas Politik (und Charakter) aufdeckt, hat auf dessen Unredlichkeit im Umgang mit der Wirtschaftskrise hingewiesen. Angela Merkel, eine aus meiner Sicht ungewöhnlich redliche Politikerin, weigert sich hingegen, aus der Krise Kapital zu schlagen, und handelt auch in ihr vorsichtig und pragmatisch.
Das trägt ihr den Ruf der "Führungsschwäche" ein. Seltsam nicht nur, weil sich in dieser Diagnose konservative CDU-Politiker mit der SPD treffen, die das freudig aufgreift. Sondern seltsam auch, weil ja sonst - auch hier im Forum - Angela Merkel gerade vorgeworfen wird, eine Machtpolitikerin zu sein.
Ich denke die Frage, ob nun Frau Merkel oder Herr Obama verantwortlich handelt, hängt eindeutig mit der Perspektive und den daraufhin empfundenen Handlungsdruck zusammen. Womöglich ist die Notwendigkeit für Veränderungen in den USA auch von einem ganz anderen Kaliber, als es etwa in good ol' Germany der Fall ist.
Letztlich glaube ich, daß, selbst wenn Frau Merkel wollte, sie ihr Koalitionspartner gar nicht lassen würde. Nach der Bundestagswahl werden die Karten ohnehin neu gemischt, und wie die Dinge liegen, könnte das durchaus mit "Durchregieren" enden...
Zitat von HajoWomöglich ist die Notwendigkeit für Veränderungen in den USA auch von einem ganz anderen Kaliber, als es etwa in good ol' Germany der Fall ist.
Das sicherlich, angefangen bei der Sparquote in den USA, die in den letzten Jahren häufiger mal negativ war, auch getrieben durch die Immobilienblase - viele Hausbesitzer haben equity aus ihrem Haus herausgezogen. Das muss sich ändern.
Aber wie Krauthammer beschreibt, betreffen die Veränderungen, die Obama jetzt anstrebt, nun wirklich nicht die Ursachen der aktuellen Krise.
-- Ultramontan – dies Wort beschreibt vorzüglich die katholische Mentalität: mit einem kleinen Teil des Bewusstseins nicht Deutscher, nicht Zeitgenosse, nicht Erdenbürger zu sein. - Martin Mosebach, Spiegel 7/2009
Das halte ich für einen interessanten Punkt. Ich wäre mir etwa gar nicht sicher, daß man die tatsächlichen Ursachen der Krise, also eine US-amerikanische Bevölkerung, die "ein bisschen" mehr konsumiert, als ihr eigentlich zur Verfügung steht, und sich damit in guter Gesellschaft der amerikanischen Staatlichkeit befindet, einfach so ändern kann. Das wäre sicherlich mehr als schmerzhaftfür alle Beteiligten.
Wäre es da nicht viel bequemer, einfach ein Strohfeuer zu entzünden und ein bisschen Anstrengung für das erstaunte Publikum zu inszenieren? Es würde irgendwie zu meinem Verständnis von Herr Obama passen genau dies zu unternehmen.
Zitat von HajoIch wäre mir etwa gar nicht sicher, daß man die tatsächlichen Ursachen der Krise, also eine US-amerikanische Bevölkerung, die "ein bisschen" mehr konsumiert, als ihr eigentlich zur Verfügung steht, und sich damit in guter Gesellschaft der amerikanischen Staatlichkeit befindet, einfach so ändern kann.
Eine interessante Parallele, lieber Hajo. Mit seiner gigantischen Schuldenmacherei benimmt sich Obama auf der staatlichen Ebene im Grund exakt so, wie es jeder einzelen Amerikaner traditionell tut. Wenn man so will, treibt er den Teufel mit dem Beelzebub aus.
Was durch dieses Stimulus-Paket alles an Geld in die Wirtschaft gepumpt werden soll und vor allem an direkten Staatsausgaben vorgesehen ist, geht weit über das heraus, was vernünftigerweise zur Überwindung der jetzigen Krise dienen kann. Es ist ein monumentales Deficit Spending.
Zitat von HajoWäre es da nicht viel bequemer, einfach ein Strohfeuer zu entzünden und ein bisschen Anstrengung für das erstaunte Publikum zu inszenieren? Es würde irgendwie zu meinem Verständnis von Herr Obama passen genau dies zu unternehmen.
Man weiß es halt nicht. Ich schwanke in diesem Punkt auch in meiner Beurteilung von Obama, aber das tun glaube ich alle: Ist es alles nur Rhetorik und Showmanship, oder will der Mann wirklich die USA umkrempeln?
Zitat von ZettelDas trägt ihr den Ruf der "Führungsschwäche" ein. Seltsam nicht nur, weil sich in dieser Diagnose konservative CDU-Politiker mit der SPD treffen, die das freudig aufgreift. Sondern seltsam auch, weil ja sonst - auch hier im Forum - Angela Merkel gerade vorgeworfen wird, eine Machtpolitikerin zu sein.
Ich habe immer mehr den Eindruck, daß zum Auftakt des Wahlkampfs ganz bewußt von der Linken eine Krise der CDU herbeigeredet werden soll; natürlich ist auch der unsägliche Franz Walter sofort zur Stelle.
Umfragewerte schwanken bekanntlich. Und natürlich kann man, wenn sie mal für eine Partei ein paar Wochen (vielleicht) um drei oder vier Prozentpunkte niedriger liegen, daraus eine "Krise" hervorzaubern. Ob es überhaupt bei der CDU einen Abfall gab oder ob das Zufallsschwankungen waren, darüber kann man streiten; jedenfalls lautet das letzte Ergebnis für sie 37 Prozent.
Diesen Wert der Forschungsgruppe Wahlen läßt der ja eigentlich zur Wahrheit verpflichtete Politologe Walter einfach weg und zitiert nur die anderen Institute. Dann macht er aus den von diesen über wenige Wochen gemessenen leicht niedrigeren Wert eine Strukturkrise der CDU, die angeblich die "liberale Mitte" veliert.
Also, das sieht alles sehr nach Kampagne aus, nach einem sehr gelungenen Wahlkampfstart der Linken mit ihren publizistischen Helfern. Und in der CDU sind Konservative so dumm und liefern dazu Munition.
In Antwort auf:Ich habe immer mehr den Eindruck, daß zum Auftakt des Wahlkampfs ganz bewußt von der Linken eine Krise der CDU herbeigeredet werden soll
Es ist zwar richtig, daß die SPD einen Anti Merkel Wahlkampf führen wird, jedoch wird die Krise der CDU weder herbeigeredet, noch kämpfen die Linken alleine. Die Krise der CDU ist real und thematisiert wird sie primär von Konservativen und Liberalen. Die von mir eingestellten Zitate stammen aus FAZ, Welt und Focus und nicht etwa aus Vorwärts und dem Neuen Deutschland, lieber Zettel.
Es fehlt noch der Cicero, meines Wissens ebenfalls keine Postille der Linken. Und dort wird man fündig und zwar ganz vorzüglich. Ich zitiere:
In Antwort auf:Darum ist die für Unionsverhältnis katastrophal kleine Zahl 34 – so viel Zustimmung hat sie noch in der Sonntagsfrage - in Wahrheit ein verräterischer Isolationsindikator. Denn mit all den Besiegten und linken Überholmanövern sind immer auch Teile des konservativen Bürgertums entfremdet worden. Weder die Wirtschaftsliberalen, noch die Nationalkonservativen, noch die religiösen Wertebewahrer fühlen sich durch Angela Merkels Kanzlerschaftsbewahrungspolitik wirklich vertreten. Wie einst der linke und der Gewerkschaftsflügel bei Schröder legen sie nun schweigend ihre Gefolgschaft nieder. Da es sich aber um die historischen Kraftquellen der Union handelt, droht die Machtbasis sogar mitten im Wahlkampf zu erodieren.
Die Rede vom Isolationsindikator finde ich ganz besonders vorzüglich. Man könnte es allerdings begrifflich auch anders fassen, denn Wirtschaftsliberale, Nationalkonservative religiöse Wertebewahrer und wer sonst noch: Merkel gelingt es nicht diese zu integrieren. Sie grenzt aus, unter anderen den Hochkaräter Merz, und grenzt sich schlussendlich selber aus.
Man legt nun schweigend die Gefolgschaft nieder. Merkel desintegriert. Ganz im Gegenteil zu Obama, der selbst eingefleischte Republikaner auf seine Seite ziehen kann. Obama ist ein Hochkaräter und „Kohls Mädchen“ dagegen ist jemand, dem man erlaubte mit Ostbonus auf der Überholspur an die Spitze zu rasen, ohne sich von Unten hoch boxen zu müssen. Ihr fehlt Netzwerk, Fingerspitzengefühl und ein tiefes Verständnis für Politiker, Strömungen, Wähler und mögliche Koalitionspartner ihrer Partei.
Zitat von PeterCoyoteEs fehlt noch der Cicero, meines Wissens ebenfalls keine Postille der Linken. Und dort wird man fündig und zwar ganz vorzüglich. Ich zitiere:
In Antwort auf:Darum ist die für Unionsverhältnis katastrophal kleine Zahl 34 – so viel Zustimmung hat sie noch in der Sonntagsfrage - in Wahrheit ein verräterischer Isolationsindikator. Denn mit all den Besiegten und linken Überholmanövern sind immer auch Teile des konservativen Bürgertums entfremdet worden. Weder die Wirtschaftsliberalen, noch die Nationalkonservativen, noch die religiösen Wertebewahrer fühlen sich durch Angela Merkels Kanzlerschaftsbewahrungspolitik wirklich vertreten. Wie einst der linke und der Gewerkschaftsflügel bei Schröder legen sie nun schweigend ihre Gefolgschaft nieder. Da es sich aber um die historischen Kraftquellen der Union handelt, droht die Machtbasis sogar mitten im Wahlkampf zu erodieren.
http://www.cicero.de/1725.php?kol_id=10836 Die Rede vom Isolationsindikator finde ich ganz besonders vorzüglich. Man könnte es allerdings begrifflich auch anders fassen, denn Wirtschaftsliberale, Nationalkonservative religiöse Wertebewahrer und wer sonst noch: Merkel gelingt es nicht diese zu integrieren. Sie grenzt aus, unter anderen den Hochkaräter Merz, und grenzt sich schlussendlich selber aus.
Über alles das, lieber PeterCoyote, konnte man ja diskutieren - seit dem 10. April 2000, als Angela Merkel zur CDU-Vorsitzenden gewählt wurde.
Ein halbes Jahr vor entscheidenden Wahlen die eigene Vorsitzende mit einer solchen Diskussion zu demontieren zu versuchen ist, ich bleibe dabei, verantwortlungslos.
Daß die Vereinte Linke diese Diskussion veranstaltet, ist klar. Wie Sie schon erwähnen, wurde schon vor längerer Zeit bei der SPD die strategische Entscheidung getroffen, im Wahlkampf Angela Merkel persönlich anzugehen. Das wird jetzt umgesetzt.
Daß Konservative da mitmachen, ist mir unverständlich. Ich kann da nur den Kopf schütteln.
Der einzige Weg Frau Merkel loszuwerden, wäre ein miserables Wahlergebnis bei den Bundestagswahlen. Das würde sie aller Voraussicht nach politisch nicht überleben. Wenn dagegen die Union gut abschneidet, dann hätten wir Frau Merkel noch für mindestens 4 weitere Jahre.
Da vermutlich die aktuelle Wirtschaftskrise sich noch über Jahre hinziehen wird, wären bei einem Wahlsieg der Linken, es gerade sie, die dann mit leeren Kassen extrem unpopuläre Massnahmen durchsetzen müssten.
Dann wären die Chancen gross, dass es dann in vier Jahren zu einer echten liberal-konservativen Regierung kommen könnte.
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