"Historische Vergleiche" werden immer wieder angestellt. Eines der bekanntesten Beispiele war der "Historikerstreit", ausgelöst durch Ernst Noltes Vergleich zwischen Auschwitz und dem Gulag.
Fast jedesmal folgt alsbald die Kritik, das Betreffende könne man doch nicht vergleichen.
Im Blog argumentiere ich, daß historische Vergleiche immer "zulässig" und oft auch hilfreich sind.
Nur werden manchmal die falschen Schlüsse aus ihnen gezogen.
Grundsätzlich zum Thema "Vergleiche" hab ich ja schon was im Blog selbst geanwtortet, dies kopier ich hier rüber:
"Ich halte mich da an einen Ausspruch des Sozial- und Politikwissenschaftlers Wilhelm Bleek, dessen Vorlesungen ich manchmal gehört habe... in einer Vorlesung ging es um einen Vergleich der beiden deutscvhen Diktaturen, was, gerade bei den Jüngeren im Saal, ein leicht empörtes Raunen hervorrief. Daraufhin sagte Bleek: "Vergleichen ist nicht gleichsetzen."
Wenig später gab es ein Kompaktseminar bei einem Honorardozenten an seinem Lehrstuhl, an dem ich teilnahm, aber das nur am Rande.
Will sagen: darf kann so ziemlich alles vergleichen, theoretisch sogar Äpfel und Birnen (beides ist Obst, beides wächst auf Bäumen, beides schmeckt gut und beides hat Kerne im Inneren).
Es gibt ja auch Vergleiche, die interessant sind... ich erinnere mal daran, daß wir, noch bei Schrippe, und einig waren, daß das heutige China durchaus an das wilhelminische Deutschland erinnert. Natürlich sind etliche Gegebenheiten anders; Deutschland war damals nicht kommunistisch, China hat schon lang keinen Kaiser mehr, und den deutschen Nationalstaat gibts ja erst mit der Reichsgründung 1871, da gabs den chinesischen Staat schon seit einigen Jahrhunderten. Die Gemeinsamkeit erschließt sich allerdings, wenn bei man einen solchen Vergleich von der Sicht einer zu spät gekommenen Nation ausgeht, die nun ihren Platz an der Sonne erlangen und sichern möchte.
Mahmud Ahmadinejad trägt starke Züge eines Adolf Hitler, und seine Idee, die Juden aus Israel rauszuwerfen und in einem Staat in Europa neu anzusiedeln ist nichts weiter als eine Variante des Madagaskarplns. Wenn man weiter vergleicht, sieht man eigentlich auch auffällig viele Gemeinsamkeiten zwischen dem Islamismus und dem Nationalsozialismus; die Judenfeindlichkeit, die beiden Ideologien innewohnt, ist dabei nur die auffälligste, aber bei weitem nicht einzige Gemeinsamkeit.
In letzter Konsequenz kann es bedeuten, daß es in wenigen Jahren zu einem großen Krieg kommen wird. So wie das Großmachtsstreben des wilhelminischen Deutschlands zur Entstehung des Ersten Weltkriegs beigetragen hat (aber, und da muß ich Fritz Fischer und den Vertretern der deutschen Alleinschuld entschieden widersprechen, es war nicht die einzige Ursache), könnte das chinesische Streben, das Vakuum auszufüllen, das der Zusammenbruch der UdSSR und ihres Imperiums hinterlassen hat, auch in einen bewaffneten Konflikt führen. Ebenso wie es Hitlers Aggressivität war, die zum 2. Weltkrieg führte, kann auch die Aggressivität Ahmadinejads zum Krieg führen.
Würde ich diese beiden Szenarien miteinander vergleichen, würde ich die weitaus größere Gefahr im Iran sehen, da die Herren in China nicht verrückt genug sind, einen Krieg zu riskieren; das chinesische Supermachtsstreben läuft auf der Ebene von Wirtschaft und Diplomatie, nicht auf der Ebene der Atombombe. Auch hier ist Ahmadinejad ähnlich wie Hitler gestrickt, auch wenn letzterer die Atombombe nicht hatte und ersterer sie noch nicht hat, aber gern hätte.
So viel dann auch zum Thema "Extrapolation," die, wendet man sie auf die Geschichte und die Gegenwart an, weit schwieriger ist, wenn es um internationale Gefüge geht, als wenn es sich, wie bei Mr X und Y, um Einzelpersonen handelt."
auch ich kopiere mal meine Antwort aus Zettels Raum hier rein, wenn auch a bisserl graphisch verändert und inhaltlich überarbeitet - weil ich mich auf deine Entgegnung freue:
Bleek stimme ich vollkommen zu; der Tenor meines Beitrags läßt sich mit dem Satz, den er zitiert, bestens zusammenfassen.
Das wilhelminische Deutschland und das heutige China: Ja, die Gemeinsamkeit ist wohl wirklich das (ja in beiden Fällen durchaus berechtigte) Drängen nach dem "Platz an der Sonne". Nur wäre es sicherlich falsch (und du tust das ja auch nicht), daraus nun etwa zu extrapolieren, daß der Aufstieg Chinas wieder zu einer Entwicklung führen werde, wie sie in den beiden Jahrzehnten vor dem Ersten Weltkrieg stattfand.
Obwohl auch in dieser Hinsicht der Vergleich ja nicht sinnlos ist: Denn es ist zu fragen, warum damals die Entwicklung aus dem Ruder gelaufen ist, damit man heute einer ähnlichen Entwicklung vorbauen kann. (Das wäre mal eine getrennte Diskussion wert).
Iran und Hitlerdeutschland: Im Inneren sehe ich viele Ähnlichkeiten - der Islamismus ist aus meiner Sicht die letzte der drei großen Varianten des Totalitarismus. Er wird scheitern, wie der Kommunismus und der Nationalsozialismus. (Der Faschismus war weit weniger totalitär als diese drei).
Was die Außenpolitik des Iran und die daraus resultierende Kriegsgefahr angeht: Hitler wollte den Krieg im Osten zur Eroberung von "Lebensraum" (den Weltrieg wollte er nicht; fürchtete ihn sogar wie der Teufel das Weihwasser). Ahmaninedschad will, soweit zu sehen ist, keinen Krieg, aber eine Vormachtstellung des Iran im Nahen und Mittleren Osten. Für Hitler war der Krieg ein Schritt, den er für erforderlich hielt; für Ahmaninedschad scheint er eher ein Risiko zu sein, das einzugehen er bereit ist.
Die Gemeinsamkeit scheint mir hier darin zu liegen, wie jeweils die demokratischen Gegner der betreffenden Diktatur der Kriegsgefahr begegnen können. Hier sehe ich die Parallel zwischen Churchills Vorschlägen zur Zügelung Hitlers und der heutigen Politik von Bush. - Auch wenn Ahmaninedschad keinen Krieg will, würde eine iranische Atomrüstung einen Automatismus der Proliferation in Gang setzen, der die Gefahr eines Atomkriegs immens steigern würde. Aso muß das verhindert werden.
Zitat von SparrowhawkEbenso wie es Hitlers Aggressivität war, die zum 2. Weltkrieg führte, kann auch die Aggressivität Ahmadinejads zum Krieg führen. Würde ich diese beiden Szenarien miteinander vergleichen, würde ich die weitaus größere Gefahr im Iran sehen, da die Herren in China nicht verrückt genug sind, einen Krieg zu riskieren; das chinesische Supermachtsstreben läuft auf der Ebene von Wirtschaft und Diplomatie, nicht auf der Ebene der Atombombe. Auch hier ist Ahmadinejad ähnlich wie Hitler gestrickt, auch wenn letzterer die Atombombe nicht hatte und ersterer sie noch nicht hat, aber gern hätte.
Die jetzige Krise weist auf eine weitere Gemeinsamkeit Ahmaninedschad-Hitler hin: Den Einsatz von "Fünften Kolonnen" im Ausland, um Kriegsstimmung zu schüren.
Hitler hat dazu die deutschen Minderheiten vor allem im Sudetenland und in den 1919 an Polen gefallenen Gebieten benutzt. Die Goebbels-Propaganda schilderte deren Lage in den düstersten Farben, und zugleich förderte Hitler mit allen Mitteln die dortigen deutschen Scharfmacher.
Exakt das veranstaltet Ahmaninedschad jetzt mit den schiitischen Minderheiten in verschiedenen arabischen Ländern, vor allem im Libanon. Hier ist ein lesenswerter Artikel vom Anfang dieses Monats - also noch vor Ausbruch der jetzigen Feindseligkeiten -, in dem im Detail geschildert wird, wie Ahmaninedschad daran arbeitet, einen "schiitischen Halbmond" zu zimmern, durch die Einflußnahme auf Schiiten, die in Bahrain, dem Irak, dem östlichen Saudi-Arabien, Syrien und dem Libanon leben.
Es ist also sehr wahrscheinlich, daß auch hinter den jetzigen Feindseligkeiten der Iran steckt, der die Hisbollah weitgehend in der Hand hat. Das Ziel dürfte es sein, Israel in einen Abnutzungskrieg zu zwingen, aus dem der Iran bei günstiger Gelegenheit einen großen Krieg entfachen kann.
Oder ihn weiterköcheln lassen, um Israel allmählich zu schwächen.
Israel kann das natürlich nicht mitmachen. Es wird sich möglicherweise entscheiden, lieber auf ein Ende (der Hisbollah) mit Schrecken zu setzen, als einen Schrecken (durch einen Kleinkrieg der Hisbollah) ohne Ende zu ertragen.
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