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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 33 Antworten
und wurde 3.307 mal aufgerufen
 Dies und Jenes
Seiten 1 | 2
Calimero ( gelöscht )
Beiträge:

28.06.2009 14:56
Versuch einer Liste politkorrekter Unwörter Antworten

Hallo liebe Mitforisten,

ich bin in Schreiblaune und habe mich gerade etwa tiefer ins Universum von Zettels kleinem Zimmer begeben. Dabei habe ich diese Pinwand entdeckt. Es gibt ein Thema, welches mich schon seit geraumer Zeit nervt, aber welches ich mangels eigenem Blog noch nie thematisieren konnte.
Es geht mir um politkorrekte Worte, die in großem Umfang unseren Medieninput ausmachen und die wir gewohnheitsmäßig schließlich selbst verwenden ohne sie zu hinterfragen.

Es würde mich freuen, wenn geneigte Mitforisten eigene Beispiele für "schlimme Worte" hier mit beitragen würden ... es ist bis dahin nur ein Versuch.

Gruß, Calimero

Calimero ( gelöscht )
Beiträge:

28.06.2009 15:16
#2 1. Gedankengut Antworten

1. Gedankengut

Erinnert mich irgendwie an Gedankenverbrechen, Miniwahr etc.

Ein schlimmes Wort, welches impliziert, dass es Menschen möglich ist, ein wie auch immer strukturiertes Denkgebäude zu entwerfen und dieses dann in unterbeschäftigten Hirnen ihrer Mitmenschen zu verankern.
Die Verbreitung von "Gedankengut" erscheint irgendwie virulent zu sein. Auf jeden Fall ist sie potenziell gefährlich und anscheinend nicht mit "Gedankenaustausch" zu verwechseln. "Gedankengut" ist anscheinend ein Klotz, der nichtsahnende Mitmenschen einfach so am Kopf treffen und sie infizieren kann.

Gegenvorschlag: Verwendung des Wortes "Ansichten" oder "Weltsicht".

Klingt aber wahrscheinlich nicht so gefährlich abstrakt wie gewünscht.

Calimero ( gelöscht )
Beiträge:

28.06.2009 15:37
#3 2. Verunglimpfung Antworten

Euphemismus für Beleidigung oder Erniedrigung.

Wird anscheinend im öffentlichen Sprachgebrauch verwendet, weil der nicht betroffene Zuhörer sich darunter alles, oder nichts vorstellen kann. Bei einer vermeintlichen Beleidigung oder Erniedrigung kann man sich selbst ein Bild machen, ob man, wäre man selbst betroffen auch beleidigt oder erniedrigt wäre ... aber eine Verunglimpfung?

Es bleibt dem Zuhörer selbst überlassen herauszufinden, ob der Verunglimpfte lediglich ein berufsbetroffenes Gruppen-Obersensibelchen ist, oder ob er wirklich getroffen wurde. Da es bei "Verunglimpfungen" ja sowieso meist um Ehrverletzungen geht, und das Feld der persönlichen Ehre ein weit dehnbares ist, ist der Metaterminus "Verunglimpfung" ein besonders verunglückter Euphemismus für alle Arten des persönlichen "angepisst seins".

Leider mittlerweile ein politkorrekter "Verbalniesel".

Gegenvorschlag: Zurück zu den Wurzeln, sagen, was ist. s.o.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

28.06.2009 21:57
#4 RE: 2. Verunglimpfung Antworten

Lieber Calimero,

ich verwende "verunglimpfen" auch relativ oft; mangels eines besseren Wortes. Ich verwende es dann, wenn ich sagen möchte, daß man jemandem etwas anzuhängen versucht. Daß ein Liberaler wie Geert Wilders zum Beispiel als "Rechtspopulist" verunglimpft wird; und damit in einen Topf geworfen wird mit Leuten wie Le Pen.

Was sollte man besser dafür sagen?

Herzlich, Zettel

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

28.06.2009 22:10
#5 Neoliberalismus Antworten

Es ist vielleicht zehn Jahre her, daß ich gelesen habe: Die FDP sei überflüssig geworden, denn heutzutage seien doch alle Parteien liberal.

"Liberal" war damals ein positiv besetztes Wort. Wer kann auch gegen die Freiheit sein?

Vor ein paar Jahren bin ich in Frankreich darauf gestoßen, daß es dort "antiliberale" Vereinigungen gibt. Das kam mir sehr seltsam vor. Aber gut, im etatistischen Frankreich.

Inzwischen hat es auch in Deutschland die linke Agitprop geschafft, den Begriff "liberal" negativ zu besetzen, und zwar indem man ihm ein "neo" angehängt hat. Ich wette, eine Umfrage mit der Frage "Finden Sie den Neoliberalismus gut oder schlecht?" würde eine überwältigende Mehrheit für "schlecht" ergeben.

Wie ist diese Meisterleistung der Agitprop gelungen? Zum einen, indem man ein ganzes Horror-Klischee aufgebaut hat, in dem gierige Manager rund um den Globus (Globalisierung!) auf Kosten der armen ausgebeuteten Menschen nach Geld jagen, in dem in großem Stil "Sozialabbau" stattfindet (wo denn in der Bundesrepublik?) usw.

Zum anderen ist aber auch der Begriff selbst - der ja eigentlich nichts anderes bezeichnet als eine wirtschaftstheoretische Schule - sehr geschickt als Agitprop-Begriff gewählt. Denn er klingt an "Neoimperialismus" an; den Begriff, den er in der linken Propaganda abgelöst hat.

Meister Petz Offline




Beiträge: 3.923

29.06.2009 10:27
#6 RE: Versuch einer Liste politkorrekter Unwörter Antworten

Ich schlage zum politisch korrekten Unwort "noch" vor. Maxeiner und Miersch schreiben dazu:

Zitat von M&M
"Noch" ist ein kleiner sprachlicher Tausendsassa, mit dem sich die tollsten Effekte erzielen lassen. Nehmen wir einen Beispielsatz: "Vor der Küste Floridas tummeln sich Delfine." Er klingt irgendwie zu gut und könnte aus einem Reisekatalog stammen. Fügen wir also unsere kleine Wunderwaffe ein: "Vor der Küste Floridas tummeln sich NOCH Delfine." Da weiß der Leser doch gleich Bescheid, Meeresverschmutzung und Klimaerwärmung werden diese Idylle bald zerstören. Das schöne an der Formulierung ist, dass wir unsere Mahnung mit keinerlei Fakten untermauern müssen.

http://www.maxeiner-miersch.de/standp2006-11-03a.htm

Gegenvorschlag: Gar nichts

Gruß Petz

Calimero ( gelöscht )
Beiträge:

29.06.2009 10:41
#7 RE: 2. Verunglimpfung Antworten

Lieber Zettel,

nachdem mich der teilweise inflationäre Gebrauch dieses Wortes bei Nachrichtensendungen (hier im Radio) schon lange genervt hat, hat dessen Verwendung durch sie sozusagen den Ausschlag für diese Liste an der Pinwand gegeben. Ich dachte nur: "Mein Gott, jetzt ist es hier auch schon angekommen!"

Im Falle Wilders hätte ich wohl das m.E. präzisere "verleumdet", oder "fälschlich bezeichnet" verwendet.

Beste Grüße, Calimero

Calimero ( gelöscht )
Beiträge:

29.06.2009 13:02
#8 RE: Neoliberalismus Antworten

Ja, es ist schon merkwürdig, dass jeder -ismus, der mir spontan einfällt, durch die Vorsilbe "neo" eine (noch) negative(re) Konnotation bekommt. Durch die Voranstellung von "neo" scheint alles gefährlicher, oder perfider zu werden. Sogar der unschuldige Neoklassizismus wird fast durchweg als Naziästhetik (Naziarchitektur) wahrgenommen.
Neoliberale, Neocons, Neonazis ... alles viel schlimmer als früher. Interessanterweise gibt es keine Neosozialisten, oder -kommunisten. Da wird eher die Vergangenheit umbenannt, so dass da dann früher "Steinzeitkommunisten", oder "Stalinisten" am Ruder waren.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

29.06.2009 16:37
#9 RE: Neoliberalismus Antworten

Zitat von Calimero
Neoliberale, Neocons, Neonazis ... alles viel schlimmer als früher. Interessanterweise gibt es keine Neosozialisten, oder -kommunisten. Da wird eher die Vergangenheit umbenannt, so dass da dann früher "Steinzeitkommunisten", oder "Stalinisten" am Ruder waren.

Stimmt. "Neomarixmus" allerdings gab es, glaube ich, mal kurzzeitig.

Was ich am "Neoliberalismus" interessant finde, das ist, wie mühelos man durch Porpaganda ein Wort negativ besetzen kann. Niemand traut sich ja mehr, sich zum Neoliberalismus zu bekennen (außer dem Neoliberalen hier im Forum! ).

Ebenso ist es mit dem Begriff "rechts". Überall auf der Welt gibt es Linke und Rechte, die einen so respektabel wie die anderen. In Deutschland aber können Leute mit Unterstützung des Staats einen "Kampf gegen Rechts" inszenieren, und kaum jemand protestiert.

Herzlich, Zettel

Calimero ( gelöscht )
Beiträge:

01.07.2009 08:54
#10 5. (sollte eigentlich) Homophobie (werden) Antworten

Momentan scheint, wenigstens hier im Radio, der "Kampf gegen die Homophobie" den "Kampf gegen rechts" in der Gutmenschenarena ablösen zu wollen. Ein Kleinmädchensong namens "Fuck you" stellt dabei offenbar den Schlachtgesang dar.
Ich bin ja nun weder Grieche noch Lateiner, aber den Begriff "Homophobie" hätte ich, wenn auch nicht wörtlich, als "Angst vor Homo(sexuellen)" übersetzt. Dies erschien mir als absolut lächerlich, denn eigentlich geht es ja um Hass und Diskriminierung (die ich, nebenbei, beim derzeit massiven "Schwulenhype" in Politik und Medien überhaupt nicht erkennen kann).

Tja, nun wollte ich gerade rumwettern, als ich mir zu Recherchezwecken den dazu gehörigen Wikipediaartikel durchlas.

edit: Man beachte die Anzahl der Fußnoten! Da scheint es unglaubliches Bedürnis an Selbstversicherung zu geben. Beachtlich!

Okay ... wenn über so viele Jahre so viele Leute an einem Begriff ruminterpretieren und der betreffende Artikel sich wachsender Zeilenzahl erfreuen kann, wer bin ich dann schon um daran rumzukritteln? Puh, da hätte ich mich ja fast mit Verve lächerlich gemacht.
Da äußere ich mich lieber nicht dazu. Mal sehen, welches Wort mir als Nächstes unangenehm die Gehörgänge zusammenzieht.

Btw, ich werde nie verstehen, was Hetero-Männer gegen Schwule haben können, da doch jeder einen Konkurrenten weniger auf dem Balzplatz darstellt.

Calimero ( gelöscht )
Beiträge:

03.07.2009 08:30
#11 Noch? Antworten

Zitat von Meister Petz
Ich schlage zum politisch korrekten Unwort "noch" vor.


Hallo Meister Petz,

ich habe ein paar Tage überlegt, was man denn zum Text von M&M als Antwort schreiben könnte. Das unschuldige "noch" kann man ja schlechterdings verurteilen. Es ist ja auch nur ein Opfer spontan auftretender Hysterien.
Tja, nach einem kürzlichen (wiederholten!) Missbrauchs des kleinen Wörtchens "zu" habe ich mich dann doch wieder des "noch" erinnert und sehe da ganz starke Parallelen. Wenn sich die Delfine noch tummeln können, obwohl es zu warm/kalt ... überdüngt/nährstoffarm, oder was auch immer ist, tun mir nicht nur die Delfine, sondern auch Wörtchen wie "noch" und "zu" leid.

Machste nix, irgendwas is immer ... noch und zu müssen dabei sehr oft herhalten. "Obwohl" ist auch so ein Kandidat für die Liste, wobei ich derzeit eigentlich eher mit der Vokabel "umstritten" hadere.

Beste Grüße, Calimero

Calimero ( gelöscht )
Beiträge:

03.07.2009 09:25
#12 RE: 5. (sollte eigentlich) Homophobie (werden) Antworten

Nachtrag: Ich habe nun überhaupt nichts gegen Homosexuelle. Die paar, die ich kennengelernt habe, waren durchweg normale Typen, die halt nur eine anderes sexuelles Beuteschema verfolgen als ich. Das tun Frauen ja auch, von daher ... kein Problem.
Problematisch sind für mich lediglich die "Berufs-Homosexuellen", die mittels political correctness und Totschlagargumenten wie "Homophobie" ihre Lebensart als besonders schützenswert herausstellen möchten und dabei m.E. gewaltig übers Ziel hinaus schießen. Manchmal ist weniger einfach mehr.

Ein Artikel in der Weltwoche bringt es ganz gut auf den Punkt. hier (gefunden bei Kewil)

califax Offline




Beiträge: 1.502

04.07.2009 02:07
#13 RE: Neoliberalismus Antworten

Zitat von Calimero
Ja, es ist schon merkwürdig, dass jeder -ismus, der mir spontan einfällt, durch die Vorsilbe "neo" eine (noch) negative(re) Konnotation bekommt. Durch die Voranstellung von "neo" scheint alles gefährlicher, oder perfider zu werden. Sogar der unschuldige Neoklassizismus wird fast durchweg als Naziästhetik (Naziarchitektur) wahrgenommen.
Neoliberale, Neocons, Neonazis ... alles viel schlimmer als früher.



Das dürfte von den in den 80ern und 90ern viel debattierten Neonazis abgefärbt haben.
Siehe auch Bio: früher mal das Alptraumfach an den Schulen, heute ein Veredelungspräfix im Marketing.

Zitat von Calimero

Interessanterweise gibt es keine Neosozialisten, oder -kommunisten. Da wird eher die Vergangenheit umbenannt, so dass da dann früher "Steinzeitkommunisten", oder "Stalinisten" am Ruder waren.


Andere Kiste. Die Steinzeitkommunisten waren das Schreckgespenst der Antikommnisten. Daß dieses Schreckgespenst eine oft zutreffende Prophezeiung war, will heute bloß keiner mehr wahrhaben.
Man lese aber mal das Münchner Programm von Attack - Deindustrialisierung, Gemeineigentum in kleinen Dorfgemeinschaften, Abschaffung des Staatswesens, ...
Die Steinzeitkommunisten sind speziell im trotzkistischen Spektrum aber durchaus quicklebendig.
Stalinismus ist die rote Version des Faschismusvorwurfs. Nicht immer berechtigt, aber leider viel zu oft.
Ein Blick auf die Vorgänge in Hessen zeigt zum Beispiel klare stalinistische Tendenzen der dortigen SPD.

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The Outside of the Asylum

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

04.07.2009 04:35
#14 Bio Antworten

Zitat von califax
Siehe auch Bio: früher mal das Alptraumfach an den Schulen, heute ein Veredelungspräfix im Marketing.

So, wie umgekehrt "Chemie" eine negative Konnotation erhalten hat. So, als sei nicht jeder biologische Vorgang ein chemischer Vorgang.

Wenn ich (in einem sehr großen Supermarkt) einkaufe, dann sehe ich sozusagen von Monat zu Monat, wie diese Bio-Masche um sich greift. Über immer mehr Regalen prangt "Bio"; was automatisch bedeutet, daß alles erheblich teurer ist.

Gelegentlich habe ich dort etwas gekauft und noch kein einziges Mal gefunden, daß es besser schmeckt. Und daß es "gesünder" ist, davon hat mich auch noch niemand überzeugen können.

Wofür die Leute bezahlen, daß ist, scheint mir, allein das wohlige Gefühl, etwas "Gesundes" erworben zu haben - und natürlich auch das gleichermaßen wohlige Gefühl, es sich leisten zu können.

Der alte Vance Packard, Werbesoziologe, hat vor einem halben Jahrhundert geschrieben: Die Menschen kaufen mit einem Auto nicht ein Fortbewegungsmittel, sondern soziales Prestige. Heute kaufen sie mit Bio-Kost die Illusion, sie täten etwas für ihre Gesundheit. Und natürlich auch soziales Prestige.

Herzlich, Zettel

Calimero ( gelöscht )
Beiträge:

04.07.2009 15:24
#15 RE: Bio Antworten

Zitat von Zettel
So, wie umgekehrt "Chemie" eine negative Konnotation erhalten hat. So, als sei nicht jeder biologische Vorgang ein chemischer Vorgang.


Tja, da geht es der Chemie nicht besser als den Genen. Aufrechte Ökos würden niemals Genmais oder Gensoja konsumieren. Irgendwo habe ich sogar schonmal das Wort "genfrei" gelesen.

Calimero ( gelöscht )
Beiträge:

04.07.2009 15:55
#16 RE: Neoliberalismus Antworten

Zitat von califax

Die Steinzeitkommunisten sind speziell im trotzkistischen Spektrum aber durchaus quicklebendig.


Lieber califax,

es ging mir darum, dass sich die rote Fraktion niemals als Neosozialisten oder Neokommunisten bezeichnen würden. Die heutigen Linken sind die wahren und guten, während frühere abschreckende, real geherrscht habende, wie Pol Pot, Stalin, oder Mao halt Eigenbezeichnungen bekommen, von denen man sich locker abgrenzen kann.
Sowohl Attack, als auch die hessische SPD mögen stalinistische, oder "steinzeitkommunistische" Positionen vertreten, aber sie würden dies nie erkennen, geschweige denn zugeben.

Es kann natürlich sein, dass sie sich dessen wohl bewusst sind, allerdings dringt das nicht an die Öffentlichkeit durch.

Beste Grüße, Calimero

Gorgasal Online




Beiträge: 4.093

04.07.2009 21:49
#17 RE: Bio Antworten

Zitat von Zettel
Wenn ich (in einem sehr großen Supermarkt) einkaufe, dann sehe ich sozusagen von Monat zu Monat, wie diese Bio-Masche um sich greift. Über immer mehr Regalen prangt "Bio"; was automatisch bedeutet, daß alles erheblich teurer ist.
Gelegentlich habe ich dort etwas gekauft und noch kein einziges Mal gefunden, daß es besser schmeckt. Und daß es "gesünder" ist, davon hat mich auch noch niemand überzeugen können.


Aber man findet dort interessante Sachen, die der normale Edeka nicht hat. Ich betrachte unseren Alnatura-Supermarkt mittlerweile einfach als den Premium-Nahrungsmittellieferanten, wo ich Quinoa herbekomme. Was mich nicht dazu bringt, dort das verschrumpelte ungespritzte Obst zu kaufen...

--
Ultramontan – dies Wort beschreibt vorzüglich die katholische Mentalität: mit einem kleinen Teil des Bewusstseins nicht Deutscher, nicht Zeitgenosse, nicht Erdenbürger zu sein. - Martin Mosebach, Spiegel 7/2009

Gorgasal Online




Beiträge: 4.093

04.07.2009 21:51
#18 RE: Bio Antworten

Zitat von Calimero
Tja, da geht es der Chemie nicht besser als den Genen. Aufrechte Ökos würden niemals Genmais oder Gensoja konsumieren. Irgendwo habe ich sogar schonmal das Wort "genfrei" gelesen.

Bei Nahrung, die irgendwie interessant oder abnorm aussieht, sage ich mittlerweile häufiger: "Da sind sicher Gene drin!" Die meisten Mitmenschen sind (beim ersten Mal) kurz baff. Ich rede mir ein, dass ich vielleicht den einen oder anderen zum Grübeln bringe

--
Ultramontan – dies Wort beschreibt vorzüglich die katholische Mentalität: mit einem kleinen Teil des Bewusstseins nicht Deutscher, nicht Zeitgenosse, nicht Erdenbürger zu sein. - Martin Mosebach, Spiegel 7/2009

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

04.07.2009 22:15
#19 RE: Bio Antworten

Zitat von Gorgasal
Bei Nahrung, die irgendwie interessant oder abnorm aussieht, sage ich mittlerweile häufiger: "Da sind sicher Gene drin!" Die meisten Mitmenschen sind (beim ersten Mal) kurz baff. Ich rede mir ein, dass ich vielleicht den einen oder anderen zum Grübeln bringe

Aber worüber, lieber Gorgasal? Vielleicht grübeln sie darüber, ob da am Ende wirklich Gene drin sind?

Übrigens ist es ja mit dem "Klonfleisch" genauso absurd. Die geklonten Rinder selbst werden natürlich nicht geschlachtet, sondern deren Nachkommen. Die unterscheiden sich in nichts, in wirklich nichts von jedem beliebigen Rind oder Schwein. Aber ich kenne Leute, die schwören, niemals "Klonfleisch" zu essen. Sie wollen doch nicht krank werden.

califax Offline




Beiträge: 1.502

06.07.2009 11:18
#20 RE: Bio Antworten

Zitat von Gorgasal

Aber man findet dort interessante Sachen, die der normale Edeka nicht hat. Ich betrachte unseren Alnatura-Supermarkt mittlerweile einfach als den Premium-Nahrungsmittellieferanten, wo ich Quinoa herbekomme. Was mich nicht dazu bringt, dort das verschrumpelte ungespritzte Obst zu kaufen...


Das ist auch wirklich der größte Vorteil von Bioläden. Wo sonst bekommt man eine transportable Getreidemühle für den Heimbedarf oder schöne alte Gemüsesorten?

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The Outside of the Asylum

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

06.07.2009 13:49
#21 Das Essen in der guten alten Zeit ;-) Antworten

Zitat von califax
Das ist auch wirklich der größte Vorteil von Bioläden. Wo sonst bekommt man eine transportable Getreidemühle für den Heimbedarf oder schöne alte Gemüsesorten?

Wozu, lieber Califax, braucht man eine transportable Getreidemühle? Und was Gemüse (und vor allem Obst) angeht - da gibt es in den großen Supermärkten heute so viel aus aller Welt, daß ich nicht mal mehr die Namen kenne.

Es mag sein, daß gelegentlich einmal etwas Wohlschmeckendes nicht mehr angebaut wurde. Aber das meiste, was unsere Altvorderen noch aßen und wir nicht mehr, hat, glaube ich, einfach nicht so doll geschmeckt - Hirsebrei zum Beispiel oder Steckrübeneintopf.

Ich habe das als Kind zum Teil noch kennengelernt; diese sauren kleinen, vermadeten Äpfel zum Beispiel, die man im Odenwald "Bohneäbbel" nennt; das Pflaumenmus "Ladwärsch", das täglich selbe Abendessen: Pellkartoffeln mit einem selbstgemachten säuerlichen Quark, längst nicht so wohlschmeckend wie der, den man heute kauft.



Noch ein kleines Urlaubserlebnis, liebe Califax. Zu kommunistischen Zeiten haben wir einmal in Istrien Urlaub gemacht und in einem kleinen Fischerdorf gegessen, das sich ein wenig auf Fremdenverkehr eingestellt hatte. Also gab es Cevapcici, gegrillten Fisch, dergleichen.

Wir sahen aber, daß die Einheimischen etwas anderes aßen und sagten - wir wollten es ja authentisch! - dem Wirt, das wir das auch gern hätten.

Er brachte es uns nach einigem Zögern. Es war ein für unsere Zungen ungenießbares pappiges Mus, vielleicht aus Bohnen und Kartoffeln, vielleicht aus sonstwas.

Nicht nur die "original istrische Küche" dürfte für heutige Mitteleuropäer ungenießbar sein. Wenn man uns vorsetzen würde, was in der guten alten Zeit der einfache Bürger oder Bauer in Deutschland aß, dürfte uns auch der Bissen im Hals steckenbleiben.

Herzlich, Zettel

califax Offline




Beiträge: 1.502

07.07.2009 00:22
#22 RE: Das Essen in der guten alten Zeit ;-) Antworten

Zitat von Zettel
Zitat von califax
Das ist auch wirklich der größte Vorteil von Bioläden. Wo sonst bekommt man eine transportable Getreidemühle für den Heimbedarf oder schöne alte Gemüsesorten?


Wozu, lieber Califax, braucht man eine transportable Getreidemühle?



Um Getreide und Gewürze zu mahlen, zu schroten und zu quetschen. Damit kann man sich nicht nur lecker Müsli oder Kuchen machen, man kann auch so verrückt sein, für Festtage eigenes Bier zu brauen. Im Heimbedarf ist man nicht an die strengen Regeln der Lebensmittelgesetze gebunden und hat auch sonst andere Möglichkeiten. Ich möchte zum Beispiel mal wissen, wie ein Stachelbier schmeckt. Und irgendwann kriege ich das auch noch raus. Transportabel heißt schlicht, daß sie in die Wohnung paßt. Gewerbliche Mühlen sind für den Heimbedarf ein wenig überproportioniert.
Übrigens habe ich mit meiner Frau zusammen gerade Johannisbeerwein angesetzt. Die Ernte war halt etwas zu üppig dieses Jahr. Dafür braucht man zwar keine Mühle aber Gärballons, Rassehefe, Schwefelkalk, Hefesalz, Hoppelstoppen, ...

Zitat von Zettel

Und was Gemüse (und vor allem Obst) angeht - da gibt es in den großen Supermärkten heute so viel aus aller Welt, daß ich nicht mal mehr die Namen kenne.



Stimmt. Aber wenn ich Schwarzwurzeln, frischen Dill und junge Bamberger Hörnchen suche, nutzen mir irgendwelche Exotenfrüchte einen feuchten Dreck. Inzwischen sind diese Sachen wieder fast überall im Handel. Aber überlebt haben sie bei den Verrückten im Bioanbau. Dafür bin ich den Leuten echt dankbar. Ich kann mir keinen so großen Garten leisten, daß ich selbst alles anbauen könnte, was ich gern esse.
Und vielleicht bin ich da echt ein reaktionärer hinterwäldlerischer Barbar, aber ich will einfach keine Süßkartoffel mit Zitronengras und Kokosschaumsüppchen essen. Ich finde das eklig! Ich will anständige Pellkartoffeln mit Schnitzel, Butter und Schwarzwurzeln! Und abends Dillquark.
Basta.

Zitat von Zettel

Es mag sein, daß gelegentlich einmal etwas Wohlschmeckendes nicht mehr angebaut wurde. Aber das meiste, was unsere Altvorderen noch aßen und wir nicht mehr, hat, glaube ich, einfach nicht so doll geschmeckt - Hirsebrei zum Beispiel oder Steckrübeneintopf.



Das kann man so nicht sagen - Notessen war und bleibt immer Fraß, einfach weil man gewohnte und begehrte Zutaten nicht bekommt. Dabei ändern sich mit Mode und Technik oft auch die Knappheiten. Wunderbare Gewürze und Salate beispielsweise hatten die Altvorderen genug. Was sie brauchten, wollten und begehrten, war ein schön vor Fett triefendes Stück tot-, doppeltot- und dreifachtotgekochtes Fleisch mit einer fünfzolldicken Fettschwarte in einer Schüssel voller Fettaugen. Das kriegt heute nichtmal mehr ein durchtrainierter Fettfresser wie ich runter.
Dafür wären beinahe viele Sachen ausgestorben, die wegen schlechtem Ruf niemand mehr anbauen wollte. Schwarzwurzeln zum Beispiel oder Bärlauch oder gut durchwachsenes, marmoriertes Schweinefleisch. Und natürlich Bamberger Hörnchen.
Übrigens suche ich zurzeit verzeifelt nach Etagenzwiebeln. Im neuen Gärtchen ist eine kleine Ecke frei dafür.

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The Outside of the Asylum

Gorgasal Online




Beiträge: 4.093

07.07.2009 09:38
#23 RE: Das Essen in der guten alten Zeit ;-) Antworten

Zitat von Zettel
Und was Gemüse (und vor allem Obst) angeht - da gibt es in den großen Supermärkten heute so viel aus aller Welt, daß ich nicht mal mehr die Namen kenne.

Wenn ich ganz simplen Koriander brauche, muss ich lange suchen - letzten Samstag in drei Supermärkten und Gemüsehallen, erfolglos

--
Ultramontan – dies Wort beschreibt vorzüglich die katholische Mentalität: mit einem kleinen Teil des Bewusstseins nicht Deutscher, nicht Zeitgenosse, nicht Erdenbürger zu sein. - Martin Mosebach, Spiegel 7/2009

Calimero ( gelöscht )
Beiträge:

09.07.2009 13:34
#24 "Experten" Antworten

Normalerweise sind Experten ja Menschen, die sich in Theorie und Praxis (meist langjährig) einem bestimmten Fachgebiet widmen und sich in der entsprechenden Fachschaft anerkannte Meriten erworben haben. Sie publizieren Fachaufsätze, schreiben Fachbücher, werden von Fachkollegen zu Rate gezogen. Experten sind zitierfähig, ihre Aussage gilt als „Beleg“, sie können Expertisen ausstellen.

Nun werden uns täglich „Experten“ in den Medien vorgeführt, deren fragwürdige Glaubwürdigkeit gerade darin besteht, eben nicht aus dem entsprechenden Fachbereich zu kommen. Diese „Experten“ sind vor allem in Politik und NGO weit verbreitet. Sie sind in den Medien allgegenwärtig und es zeichnet sie aus, vor allem genau wissen zu wollen, was im entsprechenden Bereich ihrer Meinung nach falsch läuft.

In der Politik gibt es dabei vor allem „Experten“ auf Zeit. Jeder Hansel, der sich in einem entsprechenden Ausschuss rumdrückt, wird quasi per Sitz zum „Fachmann“. So gibt es ungediente „Wehr-Experten“, medizinisch nicht vorbelastete „Gesundheitsexperten“, ausgewiesene Großstadtmenschen als „Umweltexperten“ etc.

Diese sind vor allem lästig. Interessant wird es, wenn solche Figuren Ministerämter bekommen. Es ist anscheinend politisch von Vorteil, wenn man gerade keine Ahnung vom Fachbereich vorweisen kann und damit unverdächtig ist, von einer „Lobby“ beeinflusst zu sein. Sigmar Gabriel, Renate Künast, Rudolf Scharping sind solche Beispiele.

In NGO hingegen wimmelt es von „Anti-Experten“. Nur wird das „Anti-“ dabei geflissentlich weggelassen. NGO-Experte wird man, wenn man ganz laut und ganz häufig irgendetwas kritisiert. Es wäre dabei sogar tödlich für die Reputation, wenn dem entsprechenden „Lautsprecher“ ein professioneller Hintergrund nachgewiesen werden könnte. Anti-Experten müssen von außerhalb kommen, sonst sind sie nicht glaubwürdig.
Eine besondere Spezies stellen dabei allerdings die „Renegaten“ dar, die wiederum besonders glaubwürdig scheinen, weil sie eben „aus dem System kommen“. Meiner Theorie nach sind solche Typen in ihrem Fachbereich (ihrer eigenen Meinung nach) nicht hinreichend gewürdigt worden, oder haben sogar irgendwie Mist gebaut, weswegen sie sich nun gegen das etablierte System stellen.

Vorsicht scheint mir vor allem geboten zu sein bei folgenden „Experten“:

Atom-Experten (Kernkraftgegner ohne technischen Sachverstand)
Energie-Experten (EE-Träumer ohne Sachverstand, oder EE-Lobbyisten)
Geheimdienst-Experten (wenn nicht Ex-Schlapphut, dann Verschwörungstheoretiker)
Gesundheits-Experten (Umverteilpolitiker, keine Mediziner)
Nahost-Experten (Israel-Kritiker und Appeaser gegenüber muslimischen Großmachtphantasien)
Umwelt-Experten (meist Großstadtpflanzen die von einer „gütigen und lieben“ Natur träumen)
Wehr-Experten (ungediente Kritiker der Jungs im bunten Tuch)
Wirtschafts-Experten (Ökonomen und Politiker, die hinterher alles haben kommen sehen)

Thomas Pauli Offline




Beiträge: 1.486

20.07.2009 12:37
#25 Auch Antworten

Lieber Calimero,

mein Lieblingswieselwort ist immer noch das kleine unschuldige "auch". In eine Aussage eingestreut sorgt es für sofortige Unangreifbarkeit, denn man kann bei Kritik ja sofort darauf verweisen, daß man ja nur einen Teilspekt angesprochen habe und es, ja, möglicherweise viel wichtigere Aspekte gäbe, aber man mit seinem Satz halt auch etwas beizutragen habe. Oder so.

Herzlich, Thomas

P.S.: Früher schreib man deshalb einen Essay. War halt nur so'n Versuch.

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