Offenbar sieht sich Chávez jetzt in einer Sitution, in der er sich erlauben kann, nicht mehr nur einzelne Journalisten und Medien zu drangsalieren, sondern die Presse- und Meinungsfreiheit per Gesetz ganz abzuschaffen.
Ich bin gespannt auf die Reaktion in Venezuela. Soweit ich die dortige Entwicklung verfolgt habe, kontrolliert Chávez mit seiner Sozialistischen Einheitspartei inzwischen nahezu alle Machtinstrumente (Militär, Polizei, Justiz, öffentliche Verwaltung, große Teile der Wirtschaft) so weitgehend, daß die Opposition machtlos ist.
Es sei denn, sie risikiert den Bürgerkrieg. Aber mit welcher Armee will sie diesen führen? Was hat sie den cubanischen Elitetruppen entgegenzusetzen, die Chávez jederzeit ins Land rufen kann?
Nicht nur hat die Sozialistische Einheitspartei das Land fest im Griff. Zugleich ist die wirtschaftliche Situation so desolat geworden, daß auch deshalb mit der vollständigen Machtergreifung wohl nicht mehr lange gewartet werden kann.
Das CATO-Institut hat am 30. Juli ein Policy Forum zum Thema Venezuela und Presse-/Meinungsfreiheit abgehalten. Auf der Seite befindet sich der PodCast und 4 Videos über den letzten verbliebenen freien terrestrischen Fernsehsender Globovision. Einer der Redner sollte der Präsident von Globovision sein, der wurde jedoch an der Ausreise aus Venezuela gehindert.
Also zuerst muss ich mich über ihr Forum beschweren, lieber Zettel. Ich habe gerade einen ewig langen Beitrag fast fertig gehabt, als ich mit Hilfe des Ziffernblocks ein ñ schreiben wollte und sich die Seite daraufhin neu geladen hat und alles in den ewigen Weiten des Nichts verschwunden war. Also hier ein erneuter Versuch, diesmal lieber in Etappen. :)
Zur Zeit macht ein Video im Internet die Runde, welches Ausschnitte aus einem Interview von Univisión mit Chávez am Tag vor der Präsidentenwahl im Jahr 1998 zeigt. Darin versichert Chávez, dass er nicht vorhat irgendetwas zu verstaatlichen, insb. keine Medien. Im Gegenteil, er möchte die privaten Medien sogar stärken. Desweiteren möchte er Venezuela sogar noch attraktiver für ausländisches Privatkapital machen, welches vor allem in Schlüsselindustrien wie der Petrochemie, Gas, aber auch der Landwirtschaft investieren soll. Als Zugabe bezeichnet er Kuba als eine Diktatur.
Zitat von Video Hace muy poco mientras revisaba unos videos de archivo, me di cuenta de una cosa muy importante. El 5 de diciembre del 1998 el ahora presidente de Venezuela, Hugo Chávez, me mintió a mi y a millones de venezolanos 3 veces en una entrevista que encontré en estos archivos. Es decir en una entrevista que se realizó un día antes de las elecciones que lo llevaron por primera vez al poder, a la presidencia. Chavez me aseguró que entregaría el poder en 5 años, que no nacionalizaría ninguna empresa y que no quitaría de las manos privadas los canales de televisión. Muy bien, hoy sabemos que todo esto no es cierto y que por el contrario ha monopolizado el poder en Venezuela. Chavez, contrario a lo que me dijo, en cámara, en esa entrevista, no entregó el poder en 5 años, ha nacionalizado varias empresas y no le renovó la concesíon a Radio Caracas Televisión. En inumerables ocaciones he vuelto a solicitar otra entrevista con Chavez y no (...) ni siquiera una respuesta. Me gustaría saber que piensa ahora de lo que el mismo Chavez declaró en 1998. Y para evitar sospechas, aquí están los segmentos de esa entrevista en Caracas, Venezuela, en la que Chavez nos miente 3 veces.
Comandante, (...) hablarme sobre el miedo que Usted genera en muchisimas personas. En el exterior hay gente que le tiene miedo. Usted sabe eso, no?
No sé por qué.
Bueno, primero dicen que no es demócrata. Usted está dispuesta a entregar el poder después de 5 años?
Claro que estoy dispuesto a entregarlo, no sólo después de 5 años. Yo he dicho que incluso antes, porque nosotros vamos a proponer una reforma constitucional, una transformación del sistema político, para tener una democracia verdadera, mucho más auténtica. Si, por ejemplo, yo a los 2 años, resulta que soy un fiasco, un fracaso o cometo un delito, un hecho de corrupción o algo que justifique mi salida del poder antes de los 5 años, yo estaría dispuesto a hacerlo.
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Nacionalizaría algún medio de comunicación, algún medio privado?
No, basta con el medio de telecomunicación que tiene el estado hoy. El estado tiene el Canal 8 venezolano de televisión. Hay que repotenciarlo, ponerlo a trabajar en función de la educación nacional, de los valores nacionales. Los demás canales yo tengo las mejores relaciones con ellos, con los medios de comunicación. Deben seguir siendo privados. Más bien estamos interesados en que se amplien, se profundicen.
No hay intención de nacionalizar absolutamente nada?
No, absolutamente nada, incluso hemos dicho nosotros estamos dispuestos a darle facilidades aún más de las que hay a los capitales privados internacionales para que vengan aquí a invertir en las más diversas áreas: agricultura, agroindustria, petroquimica, industria gazífera, todo lo que es el desarrollo del país. Vea que tenemos un proyecto bastante ambicioso que necesitará de la inversión privada. Yo aprovecho para hacer un llamado a todo el mundo. Yo no soy el diablo, yo soy un hombre que va con los mejores lazos de hermandad a trabajar conjuntamente con todos los países de América Latina, de Norteamérica y del mundo entero.
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La última pregunta de Cúba es ésta, si para Usted Cúba es una dictadura o no es una dictadura.
Sí, es una dictadura.
Sí, es una dictadura?
Sí, pero no puedo yo condenar a Cúba. Sabe que hay un principio de derecho internacional que es la autodeterminación de los pueblos. Los pueblos deben darse su gobierno, o deben hacer su propia historia. Yo no puedo desde Caracas, sentado aquí, empezar a juzgar a los gobiernos y a los pueblos del mundo.
Falls gewünscht, kann ich auch noch eine komplette Übersetzung anfertigen.
Was das neues Gesetz betrifft, finde ich auch ganz besonders Artikel 2 und 3 interessant, weil sie meiner Meinung nach, eindeutig ein Vorgehen gegen Blogger oder User von Foren rechtfertigen. So heisst es in Artikel 2 cualesquiera sea el soporte o instrumento utilizado[egal welches Medium benutzt wird] und in Artikel 3 sea éste impreso, televisiva, radiofónica o cualquier otra naturaleza[sie es gedruckt, über Radio, über Fernsehen oder jeglicher anderer Natur]. Zwar wird Internet nicht explizit genannt, aber doch eindeutig eingeschlossen. Man schafft sich so die Möglichkeit gegen unliebsame Privatpersonen vorzugehen. Unterstützt wird das ganze durch Artikel 7, welcher den Chefs oder Direktoren von Kommunikationsmitteln (in diesem Fall den Internetprovidern), in welchen jemand anonym oder unter Pseudonym seine Meinung kundtut (und die Staatsanwaltschaft deren Namen verlangt), mit Gefängnisstrafe von 6 Monaten bis 2 Jahren androht, sollten sie sich weigern die Identität desjenigen preiszugeben.
Artikel 10 wiederum versucht wohl auch die letzten privaten Medien zwangsweise in die staatliche Propaganda einzubeziehen, zumindest liesse er sich dazu misbrauchen.
Zitat von Artikel 10 Los propietarios, directivos o responsables de los medios de comunicación social que de manera voluntaria e injustificada, se negarán a informar sobre hechos o situaciones cuya falta de divulgación constituya una lesión al derecho a la información consagrado en el artículo 58 de la Constitución de la República Bolivariana de Venezuela, serán sancionados con prisión de dos a cuatro años. [Die Besitzer, Direktoren oder Verantwortlichen der öffentlichen Medien, welche, freiwillig und ungerechtfertigt, sich weigern über Vorfälle und Situationen deren Nichtverbreitung eine Verletzung des Rechts auf Information ist, wie im Artikel 58 der Verfassung der Bolivarianischen Republik von Venezuela dargelegt, zu informieren, werden mir Gefängnis zwischen 2 und 4 Jahren bestraft.
Natürlich kann es sich hierbei um eine simple Verleumdung handeln, aber man kann, wenn man möchte, das natürlich spielend ausweiten.
[Einschub: Wenn ich mir Artikel 58 der Verfassung so anschaue, dann steht dort "información oportuna, veraz e imparcial, sin censura", während im ganzen Gesetzestext immer nur von "información oportuna, veraz e imparcial" die Rede ist. So fällt das "ohne Zensur" sprichwörtlich schwarz auf weiss weg.]
Zuletzt noch eine Anmerkung zu Artikel 11, welcher es verbietet "den Krieg, die Gewalt, den Hass und Feindseeligkeiten zwischen Einwohnern und/oder Bevölkerungsgruppen (sei es wegen Rasse, Geschlecht, Religion, Nationalität oder Ideologie) zu fördern". Welch Hohn, wenn man sich überlegt, was der Herr Präsident wöchentlich in seiner Sendung und über andere Kanäle ablässt. Sei es gegen die Juden, Israel, die Yanquis oder die Kolumbianer. Sei es dass er diejenigen die ihn nicht wählen auffordert doch das Land zu verlassen. Etc. Wozu Immunität nicht alles gut ist.
Zitat von ColombiaAlso zuerst muss ich mich über ihr Forum beschweren, lieber Zettel. Ich habe gerade einen ewig langen Beitrag fast fertig gehabt, als ich mit Hilfe des Ziffernblocks ein ñ schreiben wollte und sich die Seite daraufhin neu geladen hat und alles in den ewigen Weiten des Nichts verschwunden war.
Tut mir leid, lieber Colombia. Mir ist das auch schon passiert; ich konnte die Seite aber dann durch Zurückblättern oder über History doch meist wiederfinden (Postdata werden im Forum nicht automatisch gelöscht, wenn man von der Seite wegnavigiert).
Und wenn Sie mir noch einen Tip erlauben: Ich habe eine spanische (und eine französische) Tastatur geladen. Man kann das im Tray anzeigen lassen und mit einem einzigen Klick zwischen den Tastaturen hin- und herschalten.
Vielen Dank für diesen Fund, und besonders für die Mühe, die Sie sich mit der Transskription gemacht haben/machen!
Das werde ich bestimmt in ZR verwenden, wenn ich über die nächste Salamischeibe schreibe.
Ist noch ein bisschen länger geworden.:) Ja, das mit der Tastatur, aber eigentlich ist das fürs Spanische garnicht nötig, weil das Einzige wirklich das ñ ist. Ich hatte dann auch versucht durch zurück es wieder zu bekommen, war aber leider nicht mehr da. Naja, jetzt habe ich alles nochmal geschrieben, wenn auch teilweise vielleicht nicht ganz so toll formuliert wie vorher.
Zitat von ColombiaJa, das mit der Tastatur, aber eigentlich ist das fürs Spanische garnicht nötig, weil das Einzige wirklich das ñ ist.
¿Y las preguntas?
Ach, das ist doch nicht so wichtig... solange man nichts offizielles schreibt. Ich glaube sowieso, dass das ¿ und ¡ mit der Zeit immer mehr verschwinden werden.
-- Ultramontan – dies Wort beschreibt vorzüglich die katholische Mentalität: mit einem kleinen Teil des Bewusstseins nicht Deutscher, nicht Zeitgenosse, nicht Erdenbürger zu sein. - Martin Mosebach, Spiegel 7/2009
Beim Blättern in dieser Zeitung kann man interessante Entdeckungen machen.
Beispielsweise sind in Venezuela als Folge des Sozialismus die Autos knapp geworden. Also steigen logischerweise die Preise, auch für Gebrauchtwagen.
Was macht das Regime? Logo: Ein Gesetz, das vorschreibt, zu welchen Preisen welche Autos verkauft werden dürfen. Auf Zuwiderhandlungen stehen Gefängnisstrafen von drei bis fünf Jahren. Das Gesetz wird im Augenblick vom (von der Sozialistischen Einheitspartei kontrollierten) Parlament diskutiert. Hier die Artikel:
Begründung? Dies ist "parte de la política del gobierno venezolano, que desde 2007 intenta recuperar el control de los sectores estratégicos de la economía". Es ist Teil der Politik der Regierung, die seit 2007 die Absicht verfolgt, die strategischen Bereiche der Wirtschaft zurückzuerringen.
Die Minen werden jetzt von einer staatlichen Gesellschaft "VenRus" ausgebeutet, an der Rußland beteiligt ist.
Ganz normale Produkte wie Fleisch, Planzenöl, Toilettenpapier sind mittlerweile aufgrund der (zu niedrig) festgelegten Preise Mangelware. So entstand ein reger Schmuggelhandel über die Grenze nach Kolumbien um an diese Produkte zu kommen. Im Gegenzug wird das staatl. billig gehaltene Benzin aus Venezuela nach Kolumbien geschmuggelt. Vor 2-3 Jahren wurde mir erzählt, dass man in Cúcuta an der Grenze zu Venezuela einen Corsa für einen Euro volltanken konnte. Die Gallone in Kolumbien kostete bei Normalbenzin schlechter Qualität damals immerhin schon 2 Euro.
an den Geschehnissen in Venezuela kann man exemplarisch ablesen, was der auch bei uns oft geforderte "Primat der Politik" anrichten kann. Ich frage mich, wie oft denn dieses Lehrstück denn noch absolviert werden muß, bis auch der letzte Dirigist einsieht, daß man die Schwerkraft nicht per Gesetz festlegen kann und daß Menschen bestimmte Eigenschaften haben, die man nicht ignorieren darf. Wenn man es versucht, landet man unweigerlich da, wohin Chavez jetzt unterwegs ist - Unfreiheit, Armut, Not und brutale Herrschaft der Capos im Staatsgefängnis. Und am traurigsten ist es, wenn ein Haufen Leute dazu noch applaudiert. Das sind meine Feinde.
Zitat von Thomas Paulian den Geschehnissen in Venezuela kann man exemplarisch ablesen, was der auch bei uns oft geforderte "Primat der Politik" anrichten kann. Ich frage mich, wie oft denn dieses Lehrstück denn noch absolviert werden muß, bis auch der letzte Dirigist einsieht, daß man die Schwerkraft nicht per Gesetz festlegen kann und daß Menschen bestimmte Eigenschaften haben, die man nicht ignorieren darf. Wenn man es versucht, landet man unweigerlich da, wohin Chavez jetzt unterwegs ist - Unfreiheit, Armut, Not und brutale Herrschaft der Capos im Staatsgefängnis.
So ist es, lieber Thomas, und die Mechanismens sind ja immer dieselben:
Zunächst werden - angeblich, um das Los der Armen zu verbessern - Marktmechanismen außer Kraft gesetzt. Das ökonomisch Elend Venezuelas begann damit, daß für bestimmte Waren per Gesetz Preise festgesetzt wurden, die nicht kostendeckend waren.
Die logische Folge ist, daß es nicht mehr lohnt, diese Waren zu erzeugen. Also kommt es zu einer Knappheit, die aber aufgrund dieser Gesetze nicht durch steigende Preise und damit eine Ankurbelung der Produktion beantwortet werden kann. Folglich übernimmt der Staat die Kontrolle des betreffenden Sektors.
Das führt zwangsläufig zu einer Verschwendung von Ressourcen, zu Korruption. Daraus resultiert eine wachsende Unzufriedenheit in der Bevölkerung. Die Reichen versuchen das Land zu verlassen oder wenigstens ihr Vermögen in Sicherheit zu bringen; die Armen murren.
Also werden Devisen bewirtschaftet. Der Wert der einheimischen Währung sinkt. Es entsteht ein geteilter Markt.
Um die Armen zu besänftigen, werden ihnen weitere Geschenke gemacht; also werden in immer mehr Bereichen die Marktmechanismen außer Kraft gesetzt. Damit sinkt die Wirtschaftsleistung weiter.
Die Medien artikulieren den wachsenden Unmut in der Bevölkerung. Also werden die Medien geknebelt. Auch im Militär regt sich Widerstand. Also wird das Militär gesäubert und gleichgeschaltet.
Der Staat wird aber immer klammer. Der vorletzte Schritt sind deshalb groß angelegte Nationalisierungen, die die Profite aus den Schlüsselindustrien - in Venezuela also Öl; aber auch die Ausbeutung von sonstigen Bodenschätzen - in die Staatskasse spülen sollen.
Mit der Verstaatlichung dieser Branchen geht aber natürlich der Gewinn drastisch zurück.
Am Ende stehen Armut und Unfreiheit. Das Regime muß befürchten, gestürzt zu werden. Dagegen gibt es nur ein Mittel: die nackte Repression. Am Ende des venezolanischen Wegs in den Sozialismus des 21. Jahrhunderts wird die kommunistische Gewaltherrschaft stehen. Cuba ist genau den beschriebenen Weg gegangen, nur in einem etwas höheren Tempo als jetzt Venezuela.
---------------------------------------------------- ... und im übrigen sollte sich jeder, der sich um die Zukunft Sorgen macht, mal zehn-, bis zwanzig Jahre alte Sci-Fi-Filme ansehen.
Bewaffnet mit Schußwaffen griff ein SA-mässiger Mob unter der Führung der Leiterin einer chavistischen Koalitionspartei Lina Ron die zentralen Studios des Fernsehsenders Globovision an. http://www.globovision.com/news.php?nid=123531
Hier eine "Auseinandersetzung" dieser Dame mit einem Globovision-Reporter während einer früheren Besetzung des Sitzes des Erzbischofs von Caracas: http://www.youtube.com/watch?v=4SRVMagjL8E
10 Verletzte. Allerdings äußerte der Innenminister Tareck El Aissami seine Mißbilligung und behauptet, die Schuldigen verfolgen zu wollen. Schaun wir mal.
Zitat von Lemmy CautionBewaffnet mit Schußwaffen griff ein SA-mässiger Mob unter der Führung der Leiterin einer chavistischen Koalitionspartei Lina Ron die zentralen Studios des Fernsehsenders Globovision an.
Nur eine Kleinigkeit, lieber Lemmy Caution. Ich hatte das schon einmal angesprochen, als Sie in Bezug auf Venezuela von "faschistisch" gesprochen haben:
Ich sehe keine Nähe des Partido Socialista Unificado de Venezuela zum Nationalsozialismus; überhaupt keine. Meines Erachtens ist das eine kommunistisch gelenkte Partei mit einigen Mitgliedern, die noch nicht voll gleichgeschaltet sind; wie die SED in ihren ersten Jahren, als es dort auch noch Sozialdemokraten gab.
Ebenso sehe ich bei solchen Vorfällen keine SA-Methoden, sondern das klassische Vorgehen der Kommunisten auf dem Weg zur Eroberung der Macht. In Osteuropa wurde das Ende der vierziger Jahre überall so gehandhabt. In Westberlin gehörten Aktionen "aufgebrachter Arbeiter" und "empörter Studenten" damals zum Alltag.
Aber wie gesagt, das nur nebenbei. Ich freue mich immer wieder, lieber Lemmy Caution, hier im Forum einen zu Lateinamerikan so kenntnisreichen Mitstreiter wie Sie zu haben!
der liberal-konservative mexikanische Historiker Enrique Krauze hat kürzlich ein Buch herausgebracht, das ich in Auszügen kenne. Dort begründet er recht schlüssig, dass Chávez eher faschistischen als sozialistischen Denkern folgt. Chávez sieht sich als Vollstrecker des "Willens des venezoelanischen Volkes". Dass unsere Linke darauf anspringt, zeigt für mich eher, dass eine Nähe zwischen deren und faschistischen Gedankengut besteht. Kommunismus und Faschismus sind eben beides totalitäre Ideologien.
Die wirtschaftlichen Probleme Venezuelas haben sich durch Chávez sicher verschärft. Sie liegen aber tiefer. Als Anfang der 80er der Traum des rein auf Erdöl basierenden Wohlfahrtsstaats sich in Luft auflöste und ein langer Niedergang begann, fiehlen - bei den nach wie vor höchsten Geburtenraten Südamerikas (ohne Mittelamerika/Karibik) - sehr viele Leute in ein Loch der Hoffnungslosigkeit. Auf Rohstoffe kann man halt keinen Wohlfahrtsstaat aufbauen. Da gehört schon ein wenig mehr dazu. Vernünftige Schulbildung oder eine funktionierende Verwaltung etwa. Ohne solche hoffnungslosen Verhältnisse würden so Leute wie Chávez nie an die Macht kommen. Schuld an diesen Verhältnissen hat weder der Kapitalismus, die USA oder die sonstigen Sündenböcke der Linken/Faschisten.
Der Kommunismus ist 1989 untergegangen. Wer würde Achmadschinidad einen Kommunisten nennen? Oder Peron? Mit beiden hat aber Chávez eine Menge gemein.
Zitat von Lemmy CautionDer Kommunismus ist 1989 untergegangen. Wer würde Achmadschinidad einen Kommunisten nennen? Oder Peron? Mit beiden hat aber Chávez eine Menge gemein.
In der Tat, lieber Lemmy Caution. Weil natürlich alle Spielarten des Totalitarismus viel gemeinsam haben.
Aus meiner Sicht sind Kommunismus, Nazismus, Faschismus (der etwas ganz anderes als der Nazismus war) und Islamismus vier Spielarten des Totalitarismus. Der Nazismus ist tot, der Faschismus ist tot. Der Islamismus ist die im Augenblick gefährlichste Spielart des Totalitarismus; aber auch der Kommunismus ist ja keineswegs am Ende. Er beherrscht (in einer seltsam mit kapitalistischen Elementen durchsetzten Variante) China. Er herrscht in Vietnam, in Nordkorea und eben auch in Cuba.
Mein Bild von Chávez, lieber Lemmy Caution, hat sich entwickelt, als ich eine Zeitlang täglich CubaVisión gesehen habe; damals noch weit politischer als heute, wo es überwiegend ein Unterhaltungsprogramm bietet. Fidel war damals - 2004, 2005, Anfang 2006 - noch im Amt, und ich hatte das Vergnügen, mancher seiner endlosen Reden zu lauschen.
Im August 2006 habe ich angefangen, über Chávez zu bloggen. Hier ist der erste Artikel aus dieser Serie: Chávez am Krankenbett von Castro. Lehrer und Schüler, zwei enge Freunde.
Ich habe danach jeden Besuch von Chávez in Cuba über CubaVision verfolgt; in diesem Thread habe ich darüber berichtet.
Und dann war da im Oktober 2007 die Triumphreise von Chávez durch Cuba; tagelang vollständig übertragen. Er benahm sich nicht wie ein Staatsgast, sondern so, als sei er schon Staatspräsident von Cuba.
Danach, lieber Lemmy Caution, habe ich so halbwegs die Entwicklung des Verhältnisses zwischen Cuba und Venezuela verfolgt; die gemeinsame Raffinierie, die Bemerkung von Chávez, er könne sich eine Union der beiden Länder vorstellen.
Meine Folgerung ist, daß Chávez sich Cuba zum Vorbild genommen hat und daß er nach dem Tod von Castro in dessen Rolle als Führer des sozialistischen Lateinamerika schlüpfen will.
Der Faschismus ist eine ständestaatliche, auf eine formierte Gesellschaft zielende Ideologie; gewiß nicht egalitär. Das war so im faschistischen Spanien, ebenso im faschistischen Italien. Von Faschismus sehe ich in Cuba nichts; von Faschismus sehe ich auch in Venezuela nichts. In Cuba herrscht ein lupenreiner Kommunismus; und Chávez möchte Venezuela auf den Weg Cubas bringen.
Aus dem letzten Absatz dieses Berichtes geht hervor, dass Hr. Correa in Ecuador im Oktober wohl so ein ähnliches Gesetz wie sein großes Vorbild verabschieden möchte.
Es wird immer verwirrter. Nun wird behauptet, dass es sich bei diesem Gesetzentwurf zur Medienregierung um eine "internationale Medienkampagne" gegen die armen unterdrueckten Bolibananos handelte... Das Gesetz wurde zwar von der bolibananischen Generalstaatsanwaeltin in verschiedenen Medien vorgestellt. Und nun - nach einer sehr internen und externen Reaktion - sieht man sich halt zum Zurueckrudern gezwungen. http://www.amerika21.de/nachrichten/inha..._293847_medios/ Nein. Wirklich. Das ist nicht Fidel Castro. Das ist ein wirrer postmoderner Abklatsch des Hurra-Kommunismus der 60er. Wer so einen Unsinn wie das oben verlinkte glaubt, um den ist es ohnehin nicht schade. Der bolibananische Botschafter in Kolumbien ist auch wieder eingesetzt. http://daniel-venezuela.blogspot.com/200...s-back-his.html
Lemmy Caution momentan Villa Olimpica, Chillán, Chile
Zitat von Lemmy CautionEs wird immer verwirrter. Nun wird behauptet, dass es sich bei diesem Gesetzentwurf zur Medienregierung um eine "internationale Medienkampagne" gegen die armen unterdrueckten Bolibananos handelte... Das Gesetz wurde zwar von der bolibananischen Generalstaatsanwaeltin in verschiedenen Medien vorgestellt. Und nun - nach einer sehr internen und externen Reaktion - sieht man sich halt zum Zurueckrudern gezwungen. http://www.amerika21.de/nachrichten/inha..._293847_medios/
Da bin ich nicht sicher, lieber Lemmy Caution. Hier ist ein Bericht, eine Stunde alt, wonach Chávez Luisa Ortega Díaz ausdrücklich bei ihrem Vorstoß unterstützt:
Zitat von Chávez El primer mandatario nacional, Hugo CHávez, envió un saludo de "apoyo y respeto" a la fiscal Luisa Ortega Díaz ... "Ella propuso una ley contra delitos mediáticos y generó un alboroto ... desde aquí vaya mis respetos y mis saludos a la doctora Luisa Ortega Díaz", expresó.
Der oberste nationale Würdenträger, Hugo Chávez, sandte der Staatsanwältin Luisa Ortega Díaz eine Botschaft "der Unterstützung und des Respekts" ... "Sie legte ein Gesetz gegen Mediendelikte vor und löste damit Lärm aus. ... Von hier aus schicke ich Dr Luisa Ortega Díaz meinen Respekt und meine Grüße".
Zitat von Lemmy CautionNein. Wirklich. Das ist nicht Fidel Castro. Das ist ein wirrer postmoderner Abklatsch des Hurra-Kommunismus der 60er.
Das ist halt der Preis für die Salamitaktik. Die Opposition ist ja noch nicht tot.
Übrigens erinnere ich mich, daß es auf Cuba nach Castros Sieg anfangs ähnlich zuging. Die meisten seiner barbudos waren ja keineswegs Kommunisten; viele erwarteten von seinem Sieg eine bürgerliche Demokratie.
Auch Castro regierte damals in einem chaotischen Stil. Er besaß kein Büro, sondern reiste wie einst Karl der Große ständig durch die Lande. Immer mit einem Sekretär, der aufschreiben mußte, was ihm gerade einfiel; das wurde dann an die Ministerien zur Umsetzung weitergeleitet.
Erst die beinharten Kommunisten im Regime, allen voran Raúl, brachten Ordnung in die Revolution und schufen den kommunistischen Obrigkeitsstaat.
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