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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 20 Antworten
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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
Zettel Offline




Beiträge: 20.200

19.10.2009 17:33
Zettels Meckerecke: Wallraff der Lügner Antworten

Schon einmal habe ich Wallraff eine Meckerecke gewidmet. Jetzt war, so schien es mir, wieder eine fällig.

Dieser Mann mit seiner agitatorischen Art von Journalismus ist ein Ärgernis. Schlimmer noch ist der Beifall, den er für seine auf Lügen basierenden Texte bekommt. Am schlimmsten finde ich es allerdings, daß Wallraff, der einst froh sein konnte, wenn ein Witzblatt wie "Pardon" oder ein Linksaußen-Blättchen wie "Konkret" ihn druckten, jetzt von der "Zeit" gesellschaftsfähig gemacht wird.

Hajo Offline



Beiträge: 440

19.10.2009 19:08
#2 RE: Zettels Meckerecke: Wallraff der Lügner Antworten

Aus FOCUS Nr. 48 (1998)

In Antwort auf:
Als FOCUS enthüllte, daß das Ostberliner Ministerium für Staatssicherheit (MfS) laut einem Stasidossier von 1976 Günter Wallraff als Inoffiziellen Mitarbeiter (IM) „Wagner“ geführt hatte, der DDR-Propaganda in westliche Medien lancierte, da deckte Wallraff mühelos eine gigantische Verwechslung auf: Die Stasi habe nur gedacht, daß er für die Stasi arbeitete. In Wahrheit habe die Stasi für ihn gearbeitet und ihn mit tollen Infos über Nazitäter gespickt.



http://www.focus.de/politik/deutschland/...aid_174044.html

Diskus Offline



Beiträge: 206

19.10.2009 19:29
#3 RE: Zettels Meckerecke: Wallraff der Lügner Antworten

Nicht, daß ich jemals etwas von Wallraff gelesen hätte. Das muß ich vorausschicken. Aber was ist prinzipiell an den Methoden verkehrt? Dieser oder ähnlicher Techniken bedienen sich doch ganze Fernsehteams, die Einblicke in sonst verschlossene Gesellschaften/Banden/Firmen/was-weiß-ich-nicht-alles erhalten wollen. Auf diese Weise erfährt man, wie Autoschieberbanden funktionieren oder christliche Fundamentalisten ticken oder chinesische Flußverschmutzer arbeiten oder viele andere interessante Sachen. Investigativer Journalismus vom Feinsten, oder? Undercover-Journalismus.

Calimero Offline




Beiträge: 3.280

19.10.2009 19:37
#4 RE: Zettels Meckerecke: Wallraff der Lügner Antworten

Okay, dank Wallraff weiß ich jetzt, warum ich hier in Cottbus keine Nazis sehe. Ich bin nicht schwarz angemalt und treibe mich nicht bei Fussballfans rum. Die dunkelhäutigen Studenten in der Stadt machen wohl nur deshalb so einen entspannten Eindruck, weil sie keine Ressentiments schüren wollen. Alles wohl Selbstschutz.

Danke Günni ... jetzt weiß ich, dass ich von lauter verkappten Nazis umgeben bin. Sogar im Juweliergeschäft! Dass mir das entgangen ist ... werde jetzt verstärkt drauf achten. Nochmals, danke Günter Wallraff!

----------------------------------------------------
... und im übrigen sollte sich jeder, der sich um die Zukunft Sorgen macht, mal zehn-, bis zwanzig Jahre alte Sci-Fi-Filme ansehen.

ruhestörung Offline



Beiträge: 42

19.10.2009 20:51
#5 RE: Zettels Meckerecke: Wallraff der Lügner Antworten

Lieber Zettel,

als "Ganz unten" erschien war ich 15 Jahre alt und habe mich wie viele andere auch von der allgemeinen unkritischen Begeisterung hinreißen lassen. Nicht ein einziger, so scheint es mir heute, kam damals überhaupt auch nur auf die Idee, den Wahrheitsgehalt des Buches zu hinterfragen.

Ob Wallraff wirklich lügt, weiß ich nicht. Das Problem ist, dass das, was er macht, aus in meinen Augen eigentlich kein richtiger Journalismus ist. Indem er sich selbst zu seiner Quelle macht, lässt er nicht nur Distanz zum Gegenstand seiner Berichterstattung vermissen, sondern verhindert auch von vornherein jegliche Überprüfbarkeit. Berücksichtigt man dann seine selbst erklärtes Verhältnis zur Wahrheit, wonach der "gute" Zweck die Mittel heiligt ("Wenn man aus menschlicher Rücksichtnahme heraus lügt, finde ich das akzeptabel.”) muss sich sicherlich derjenige, der ihm nicht glaubt, dafür nicht rechtfertigen.

Unabhängig von der Frage nach dem Wahrheitsgehalt stellt sich mir allerdings eine ganz andere: Was "enthüllt" Wallraff denn eigentlich? "Ganz unten" bestand meiner Erinnerung nach aus nichts anderem als einer Aneinanderreihung von Anekdoten. Nicht anders scheint sein letztes Werk gestrickt zu sein. Solche Geschichten erfüllen sicherlich den Zweck, Stimmung zu machen und die Ressentiments der Wallraffschen Leserschaft zu bedienen. Wallraffs offensichtliches Argumentationsziel, wonach die Deutschen im besonderen Maße xenophob seien, wird durch sie nicht bewiesen.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

20.10.2009 02:31
#6 RE: Zettels Meckerecke: Wallraff der Lügner Antworten

Zitat von Diskus
Nicht, daß ich jemals etwas von Wallraff gelesen hätte. Das muß ich vorausschicken. Aber was ist prinzipiell an den Methoden verkehrt? Dieser oder ähnlicher Techniken bedienen sich doch ganze Fernsehteams, die Einblicke in sonst verschlossene Gesellschaften/Banden/Firmen/was-weiß-ich-nicht-alles erhalten wollen.


Auch das, lieber Diskus, ist aus meiner Sicht höchst problematisch. Es ist doch seltsam: Dieselben Leute, die sich um Datenschutz sorgen, die Angst vor Bespitzelung haben usw., finden oft nichts dabei, daß Journalisten Menschen heimlich und verdeckt filmen. Ich kann das nicht nachvollziehen. Journalisten sind doch keine Schlapphüte, die konspirativ Daten sammeln.

Bei Wallraff ist es aber noch schlimmer. Er benimmt sich wie ein Hochstapler - benutzt oft einen falschen Namen ("Hans Esser", als er sich in die Redaktion von "Bild" in, wenn ich mich recht erinnere, Hannover einschlich); er erzählt über sich Dinge, die erlogen sind, er mißbraucht das Vertrauen anderer Menschen. Würde er das tun, um an Geld zu kommen, würde er dafür ins Gefängnis wandern. Er macht es, um an Informationen zu kommen. Und seltsamerweise finden viele Menschen das OK.

Zitat von Diskus
Auf diese Weise erfährt man, wie Autoschieberbanden funktionieren oder christliche Fundamentalisten ticken oder chinesische Flußverschmutzer arbeiten oder viele andere interessante Sachen. Investigativer Journalismus vom Feinsten, oder? Undercover-Journalismus.


Ich bin anderer Meinung. Wenn ein Journalist diejenigen täuscht und belügt, die er derart ausspäht - warum soll er dann nicht auch seine Zuschauer täuschen und belügen? Ich glaube nichts von dem, was mit solchen fragwürdigen Methoden angeblich "ermittelt" wurde. Man kann durch Schneiden fast beliebig manipulieren. Wer seinen Interviewpartner hintergeht, wer also die einfachsten Regeln des Anstands nicht einhält, von dem erwarte ich, daß er auch mich, seinen Adressaten, hintergeht.

Herzlich, Zettel

automat Offline



Beiträge: 158

20.10.2009 08:26
#7 RE: Zettels Meckerecke: Wallraff der Lügner Antworten

Ich finde es auch erstaunlich, dass seine "Enthüllungen" nun in der Zeit erscheinen dürfen. Zum Thema Wallraff kann man mal wieder nur das Online-Archiv des Spiegel empfehlen. Was es da so alles an Schmonzetten über Günter W. gibt ... . Einige Punkte:

- Zentrale Anekdoten aus "Ganz unten" hat Wallraff überhaupt nicht selbst erlebt, sie stammen von mehreren türkischen Zuarbeitern

- Das Buch selbst hat er wie auch den "Aufmacher" wahrscheinlich nicht selbst geschrieben bzw. wenn doch, dann wurde es so massiv redigiert, dass das Original kaum mehr erkennbar war. Einer der "Lektoren" war Hermann L. Gremliza. Dessen Gesamtbilanz zur Causa Wallraff:

In Antwort auf:
Lediglich die Fähigkeit, "die verschiedenartigsten Autoren, deren Hilfe er sich versicherte, auf jenen einheitlichen Ton zu stimmen, der den echten Wallraff verbürgt", billigte der Preis-Richter seinem Kandidaten zu und höhnte, nunmehr in voller Talfahrt, Wallraffs Name stehe für ein Werk, "dessen literarischer Wert Müll und dessen politischer eine Pleite bedeutet. An dem nichts wahr ist, keine Erkenntnis, kein Gedanke, kein Wort".



- Der auch noch erklärt, dass die Zeitschriften, in denen Wallraff in den 70ern publiziert hat, regelmäßig erfolgreich verklagt wurden, weil Wallraff so toll recherchiert hatte

- Nach Erscheinen von "Ganz unten" hatte Wallraff öffentlich versprochen, einen Großteil seiner Tantiemen in deutsch-türkische Projekte zu stecken. Noch Jahre später waren nur minimale Summen geflossen und die Empfänger beschwerten sich über das Verhalten des egomanischen Geizhalses namens Wallraff

http://wissen.spiegel.de/wissen/dokument...qcrubrik=kultur

Ingo_Way Offline



Beiträge: 29

21.10.2009 00:49
#8 RE: Zettels Meckerecke: Wallraff der Lügner Antworten

Zusätzlich zu dem Artikel hat Wallraff auch noch einen Film gedreht, der in der neuesten Ausgabe des Berliner Stadtmagazins Zitty besprochen wird. In der Rezension wird eine Szene aus dem Film folgendermaßen beschrieben:

In Antwort auf:
"Der war sowas von schwarz! Ganz schwarz! Ganz schlimm!" Nachdem Günter Wallraff in seiner Ganzkörpermaske eine Wohnung besichtigt hat, beklagt sich die Vermieterin beim nächsten Bewerber. Der gehört ebenfalls zum Filmteam, und die versteckte Kamera zeichnet auf, wie sich die alte Dame um Kopf und Kragen redet.



Eine Szene, die den alltäglichen Rassismus in Deutschland entlarvt, dass sich die Balken biegen, nicht wahr? Wenn sie sich nicht wirklich so zugetragen hätte, dann hätte man sie für einen solchen Film glatt inszenieren müssen. Also, entweder hat Wallraff die Aufnahmen dieser Vermieterin ohne deren Zustimmung, die sie schwerlich würde gegeben haben, in seinem Film benutzt. Oder aber die ganze Geschichte ist inszeniert. Mal ehrlich, wenn eine Vermieterin tatsächlich rassistische Ressentiments hegt und einem Bewerber wegen dessen Hautfarbe die Wohnung verweigert, wie wahrscheinlich ist es wohl, dass die sich beim nächsten Interessenten mit den Worten "Der war sowas von schwarz! Ganz schwarz! Ganz schlimm!" beklagt? Das hört sich doch, gelinde gesagt, arg ausgedacht an.

Auf keinem der Pressefotos, die die Filmpremiere begleiten, sieht Wallraff wie ein Schwarzer aus, sondern stets wie ein Weißer, der sich schwarz angemalt hat. Weiter heißt es in der Rezension:

In Antwort auf:

Wenn sich Kwami (Wallraffs Rollenname, I.W.) an einem leeren Biertisch ganz dicht neben zwei Frauen setzt oder sich als Fremder einer Senioren-Wandergruppe penetrant an die Fersen heftet, wirkt die Ablehnung vorprogrammiert.



Mit anderen Worten: Er benimmt sich absichtlich daneben, geht Leuten auf die Nerven und spielt den Kotzbrocken - und gibt die darauf folgende verdiente Ablehnung als Rassismus aus. Bigotter geht's kaum.

Bleibt noch zu erwähnen, dass die zitierte Rezension unterm Strich zu einer überwiegend positiven Bewertung gelangt, schließlich geht es ja um die gute Sache.

Zweifellos hat Wallraff seine Verdienste: Er hat etwa Salman Rushdie eine zeitlang bei sich beherbergt, nachdem Ayatollah Khomeini seine Fatwa gegen ihn ausgesprochen hatte, und er ist während des Golfkriegs nach Tel Aviv gereist, um seine Solidarität mit den Israelis angesichts der irakischen Raketenangriffe zu demonstrieren. Doch mit Aktionen wie der jüngsten bringt er sich um jede Reputation.

Ach nein, tut er ja gar nicht.

Beste Grüße,
Ingo Way

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

21.10.2009 01:43
#9 RE: Zettels Meckerecke: Wallraff der Lügner Antworten

Zitat von Ingo_Way
Mal ehrlich, wenn eine Vermieterin tatsächlich rassistische Ressentiments hegt und einem Bewerber wegen dessen Hautfarbe die Wohnung verweigert, wie wahrscheinlich ist es wohl, dass die sich beim nächsten Interessenten mit den Worten "Der war sowas von schwarz! Ganz schwarz! Ganz schlimm!" beklagt? Das hört sich doch, gelinde gesagt, arg ausgedacht an.


Ich könnte mir, lieber Ingo Way, schon vorstellen, daß sie das gesagt hat. Den Fotos nach zu urteilen sah Wallraff ja ungefähr so aus wie Ulrich Wildgruber in Zadeks Inszenierung des Othello. Den hatte Zadek mit einer Art Schuhcreme anmalen lassen, und wenn Wildgruber schwitzte, dann flossen schwarze Perlen. Daß die arme Frau diesen Anblick ganz schlimm fand, kann ich nachvollziehen.

Zitat von Ingo_Way
Auf keinem der Pressefotos, die die Filmpremiere begleiten, sieht Wallraff wie ein Schwarzer aus, sondern stets wie ein Weißer, der sich schwarz angemalt hat.


Auch auf den anderen Fotos ist das so, die ich gesehen habe. Im gedruckten "Spiegel" schrieb jemand, er sehe darauf aus wie einer, der im Kölner Karneval als Neger geht. Ich vermute, die meisten haben ihn als Günter Wallraff gesehen, der sich hat anmalen lassen.

Übrigens wollte es der Zufall, daß ich ihn 1984 oder Anfang 1985 in einem Nahverkehrszug im Ruhrgebeit als "Türken" habe sitzen sehen. Vielleicht wollte er damals testen, ob man ihn trotz der Herrichtung erkennt. Ich habe einen Augenblick überlegt, ob ich ihn ansprechen und um ein Autogramm bitten sollte, habe es dann aber sein lassen.

Zitat von Ingo_Way
Weiter heißt es in der Rezension:

In Antwort auf:
Wenn sich Kwami (Wallraffs Rollenname, I.W.) an einem leeren Biertisch ganz dicht neben zwei Frauen setzt oder sich als Fremder einer Senioren-Wandergruppe penetrant an die Fersen heftet, wirkt die Ablehnung vorprogrammiert.


Mit anderen Worten: Er benimmt sich absichtlich daneben, geht Leuten auf die Nerven und spielt den Kotzbrocken - und gibt die darauf folgende verdiente Ablehnung als Rassismus aus. Bigotter geht's kaum.



So war's schon immer. Ich habe seine ersten "Reportagen" in "Pardon" erwähnt. Damals verwendete er den Telefontrick: Er rief jemanden an und gab sich als irgendwer aus. Zum Beispiel rief er einen Pfarrer an und gab sich als Napalm-Produzent aus, den jetzt Gewissensbisse plagten. Er hatte schon damals keine Skrupel, das Vertrauen von Menschen zu mißbrauchen. Den Pfarrer stellte er in dem Artikel an den Pranger, weil dieser ihm in seinem "Gewissenskonflikt" zu helfen versucht hatte, statt ihn, wie es damals - Zeit des Vietnamkriegs - politisch correct gewesen wäre, als Bösewicht zu beschimpfen.

Naja, jeder wie er kann. Nicht daß Wallraff mit miesen Tricks arbeitet, finde ich schlimm, sondern daß dieser Lügner und miserable Journalist als Held hingestellt wird.

Herzlich, Zettel

califax Offline




Beiträge: 1.502

21.10.2009 13:53
#10 RE: Zettels Meckerecke: Wallraff der Lügner Antworten

Deutschland ist schlecht. Das hat Wallraff ganz richtig aufgedeckt. Wollte ich mal anmerken. Aber was könnte man dagegen tun?

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The Outside of the Asylum

Libero Offline



Beiträge: 393

21.10.2009 17:49
#11 RE: Zettels Meckerecke: Wallraff der Lügner Antworten

Sehr geehrter Herr Zettel

einen Teil der Industriereportagen habe ich erlebt. Ich hätte sie etwas anders geschrieben. Ich stand halt nicht vor den Werkstoren, sondern bin durchgegangen und habe gearbeitet. Eine sehr wertvolle Erfahrung, in jeder Beziehung. Das weiss man, wo Wallraf in seinen Industriereportagen agitiert und wo er gar nicht agitieren muß. Das das nicht mehr alles zutrifft, liegt daran, das es viele dieser Arbeitsplätze nicht mehr gibt.

Ob Afrikaner in Deutschland nicht diese Erlebnisse haben, die Wallraf schildert, bezweifele ich. Mein Schwiegersohn ist Amhare, das bedeutet für den Durchschnittdeutschen Schwarzer. Man kann wirklich nicht sagen, daß die Hautfarbe in Deutschland keine Rolle spielt

Cottbus und der Fußballklub. Ich würde jeden Ausländer raten, entweder vor den Fußballfans Cottbus mit dem Zug zu verlassen oder erst lange danach. Auch Radfahrer werden aus mir unerfindlichen Gründen als Linke eingeordnet. Ich weiss da wirklich wovon ich rede.

Kleingartenverein. Ein Kollege von mir wird von Deutschen und von Türken immer für einen Türken gehalten. Er kann sogar ein wenig türkisch, genug, um den Türken zu geben. Der kann zu Not auch noch latein, griechisch, französisch und natürlich englisch auf höchsten Niveau. Also einen glaubwürdigen Türken bringt er rüber. Vielleicht kann ich ihn überreden, bei einem Kleingartenverein vorstellig zu werden. Ich halte jede Wette, das er und mein Schwiegersohn keinen Kleingarten bekommen, obwohl in Berlin und noch mehr in Brandenburg Kleingärtner händeringend gesucht werden. Aber jede Wette.

Das Wallraf ein Agitator ist, ist richtig. Das heisst nicht, das es alle Themen ohne seine Agitation nicht gäbe.

Libero

Man sollte vorsichtig sein in der Wahl seiner Feinde: Früher oder später wird man ihnen ähnlich.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

21.10.2009 18:43
#12 RE: Zettels Meckerecke: Wallraff der Lügner Antworten

Zitat von Libero
Das Wallraf ein Agitator ist, ist richtig. Das heisst nicht, das es alle Themen ohne seine Agitation nicht gäbe.


Völlige Zustimmung. Auch ich bezweifle keineswegs, daß es derartige Mißstände gibt.

Nur bin ich, lieber Libero, der Meinung, daß es nicht dieses Wallraff'schen Camouflage-Theaters bedarf, um das zu recherchieren. Jeder Journalist kann das mit fairen jorunalistischen Methoden, und es geschieht ja auch ständig.

Wenn man fair recherchiert, dann wird man nur finden, daß die Klischees, die Wallraff anbietet, keineswegs generell zutreffen; und daß die Dinge oft auch a bisserl komplexer sind, als er seinen Lesern weismachen will.

Nehmen wir die Kleingärten. Die Vergabe eines Platzes ist die Aufnahme in einen Verein. Die meisten Vereine suchen sich ihre Mitglieder so aus, daß sie zu ihnen passen. In den Kleingartenvereinen gibt es viele geschriebene und ungeschreibene Gesetze, deren Sinn es ist, daß man friedlich zusammenlebt. Wenn nun jemand kommt, von dem man - berechtigter- oder unberechtigterweise - vermutet, daß er nicht in den Verein paßt, dann nimmt man ihn nicht auf.

Gleich und gleich gesellt sich gern, das ist nun einmal so. Das gilt für den Golfclub, es gilt für die Kleingärtner und es gilt für die vielen anderen Gruppen, Vereine, Freundeskreise, die darauf bedacht sind, Ihresgleichen aufzunehmen.

Herzlich, Zettel

Ungelt ( gelöscht )
Beiträge:

21.10.2009 18:54
#13 RE: Zettels Meckerecke: Wallraff der Lügner Antworten

Hallo Libero, schön daß man sich hier wieder trifft!

Ich mische mich hier einfach etwas ein, wenn ich schon diese Minderheiten - Fachkompetenz habe ;-)

Ich habe (in Grenzen) Verständnis für gewisse "Benachteiligungen" von "Andersartigen und Fremden" und erwarte ja auch nicht, daß ich in jedem beliebigen Land der Welt zu jedem beliebigen Zirkel Zutritt erhalte. Und ich möchte auch nicht gezwungen werden in "meinem kleinem privaten Gartenverein" Personen aufzunehmen, die ich nicht kenne und/oder deren Intention ich nicht einschätzen kann.

Eine gewisse Zurückhaltung ist in solchen Fällen natürlich. Das bedeutet aber nicht, daß sich bei persönlicher Kontaktaufnahme die Situation nicht ändern kann, es ist einfach eine Frage des Vertrauens. Ich kann mir auch gut vorstellen, daß verkleidete Provokateure nicht besonders gut "rüberkommen". Ich hatte von dem Wallraff-Film einige Schnippsel gesehen, und nach meinem Eindruck hat er dort ablehnende Reaktionen direkt provoziert.

Über Pöbeleien beschränkter Individuen rede ich hier natürlich nicht, die haben kein Verständnis verdient. Aber auch hier gilt, daß man in jedem Land der Welt aufpassen muß, nicht in unangenehme Situationen zu geraten, diese Trottel gibt es ja überall. Ich war früher häufiger mal in Afrika, da muß man ja auch darauf achten, nicht zu den falschen "Fußballfans in den Zug zu steigen" ;-)

Gruß, Ungelt

Libero Offline



Beiträge: 393

21.10.2009 19:17
#14 RE: Zettels Meckerecke: Wallraff der Lügner Antworten

Zitat von Zettel
Gleich und gleich gesellt sich gern, das ist nun einmal so. Das gilt für den Golfclub, es gilt für die Kleingärtner und es gilt für die vielen anderen Gruppen, Vereine, Freundeskreise, die darauf bedacht sind, Ihresgleichen aufzunehmen.


Lieber Herr Zettel

Unser Schwiegersohn ist ein begeisterter Gärtner in fremden Gärten, solche gibt es ja auch außerhalb der Kleingartenkolonie, und auch im Haushalt und in der Küche sehr rührig. Er wäre ihresgleichen, er wäre Deutscher als sie und er würde trotzdem nicht aufgenommen. Darüber diskutieren wir lieber nicht, da kenne ich mich besser aus. Ich habe auch erlebt, wie Menschen in den Unternehmen nur mit Infinitivsätzen angesprochen wurden und andere, Spätaussiedler, liebevoll Polacken genannt wurden. Das war übrigens nach 1954 auch die Anrede für meine Familie. Südlich Bromberg die Grünfließniederung im Kreis Inowrocła, die letzte Trockenlegung Preussen. Holländerein umgeben von polnischen Dörfern. Nach 1918 tief in Polen. Keine deutsche Schule, polnische Schule.

Libero

Man sollte vorsichtig sein in der Wahl seiner Feinde: Früher oder später wird man ihnen ähnlich.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

21.10.2009 19:44
#15 RE: Zettels Meckerecke: Wallraff der Lügner Antworten

Zitat von Libero
Unser Schwiegersohn ist ein begeisterter Gärtner in fremden Gärten, solche gibt es ja auch außerhalb der Kleingartenkolonie, und auch im Haushalt und in der Küche sehr rührig. Er wäre ihresgleichen, er wäre Deutscher als sie und er würde trotzdem nicht aufgenommen. Darüber diskutieren wir lieber nicht, da kenne ich mich besser aus. Ich habe auch erlebt, wie Menschen in den Unternehmen nur mit Infinitivsätzen angesprochen wurden und andere, Spätaussiedler, liebevoll Polacken genannt wurden. Das war übrigens nach 1954 auch die Anrede für meine Familie. Südlich Bromberg die Grünfließniederung im Kreis Inowrocła, die letzte Trockenlegung Preussen. Holländerein umgeben von polnischen Dörfern. Nach 1918 tief in Polen. Keine deutsche Schule, polnische Schule.


Ich sehe das, um es nochmals zu sagen, alles wie Sie, lieber Libero. Es gibt, vermutlich tief verwurzelt, dieses Mißtrauen gegen Fremde, gegen jemanden, der irgendwie anders ist. Und dieses Mißtrauen schwindet meist in dem Maß, in dem man einander besser kennenlernt.

Ein kleines und triviales Beispiel aus meiner eigenen Erinnerung: Ich trage seit ungefähr 1960 einen Bart. Im größten Teil der sechziger Jahre war das - damals ein wallender Vollbart - sehr ungewöhnlich. Und ich bin als Student, später dann auch noch, gern in einfache Kneipen gegangen, um ein paar Bier zu trinken und a bisserl zu quatschen.

Die übliche Reaktion, wenn ich eine Kneipe betrat, wo man mich nicht kannte, war Befremden, oft Ablehnung. Der eine machte Witze ("Jesus" war sehr beliebt), andere rückten ein Stück weg, wenn ich mich auf einen Hocker setzte.

Dann fragte meist einer, warum ich denn einen Bart trüge. Man kam ins Gespräch, und meist war nach kurzer Zeit alles ganz normal.

Die Reaktion der Ablehung des Andersartigen ist eine typische erste Reaktion; und als solche dürfte sie, wie gesagt, tief verwurzelt sein. Man weiß eben nicht, was ein Fremder "im Schilde führt". Aber mit dem Bekanntwerden gibt sich das.

Eine klassische Untersuchung aus der Sozialpsychologie wurde in einem Studentenwohnheim durchgeführt. Die Studenten sollten alle anderen Bewohner danach beurteilen, wie sympathisch sie ihnen waren. Es zeigte sich, daß der Grad der Sympathie hoch damit (negativ) korrelierte, wie weit die Zimmer, in denen man wohnte, voneinander entfernt waren. Je größer die Wahrscheinlichkeit, daß man jemandem begegnete, ihn grüßte, sich mit ihm vielleicht unterhielt - umso sympathischer wurde der Betreffende.

Herzlich, Zettel

automat Offline



Beiträge: 158

22.10.2009 18:57
#16 RE: Zettels Meckerecke: Wallraff der Lügner Antworten

DIE WELT

In Antwort auf:
Wie Wallraff sich zu einer schrillen Vogelscheuche schminken und kostümieren lässt, um als Somalier durchzugehen, das hat etwas Geschmackloses und Perfides. Er äfft diejenigen nach, die er sich offenbar nur als Opfer des Rassismus vorstellen kann und nutzt sie zur Erzeugung bizarrer Szenerien.

Eine Type wie Kwami, die in ihrem Sozialverhalten an ein Kleinkind erinnert, weil ihr Wallraff jeglichen sozialen Instinkt, jegliche Verhaltensroutine abspricht, würde selbst in den aufgeklärtesten Zonen der urbanen Mittelschicht auf Misstrauen stoßen.




Nette Pointe: Der da den "Rassismus" der Deutschen freilegen will, kann sich offenbar einen Schwarzafrikaner selbst nicht in nichtrassistischen Kategorien vorstellen. Und tut so, als ob die Ablehnung, die seiner rassistischen Konstruktion entgegenschlägt, nur mit der Hautfarbe zu tun hätte. Der "Wissenschaftler", der in seiner Versuchsanordnung allerlei Stoffe mischt, schlussendlich aber nur einen einzigen dieser Stoffe als Erklärungsfaktor gelten lassen will: Die "Methode Wallraff" in Reinform.

http://www.welt.de/kultur/article4922950...nd-perfide.html

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

23.10.2009 10:34
#17 RE: Zettels Meckerecke: Wallraff der Lügner Antworten

Zitat von Ingo_Way
Mit anderen Worten: Er benimmt sich absichtlich daneben, geht Leuten auf die Nerven und spielt den Kotzbrocken - und gibt die darauf folgende verdiente Ablehnung als Rassismus aus. Bigotter geht's kaum.


Exakt so war die Masche ja auch bei "Ganz unten".
Ich habe dieses Buch damals recht arglos gelesen - aber es ist mir doch schnell aufgefallen, daß ein "Türke", der kein Türkisch spricht und nichts über Türken weiß nicht glaubhaft rüberkommen kann und deshalb die Reaktionen auf so ein unnatürliches Verhalten nichts aussagen.

Interessant finde ich damals wie heute noch einen anderen Aspekt, nämlich den de-facto-Rassismus der linken Wallraf-Fans.
Denn es gab ja seinerzeit ausreichend echte Augenzeugenberichte von Türken mit diversem Hintergrund, die ihre Erfahrungen in Deutschland beschrieben. Positive wie negative Erfahrungen.
Es war also völlig unnötig "undercover" zu arbeiten, denen diese vielfältigen Berichte waren völlig glaubwürdig.

Aber diese Berichte reichten den Linken nicht (vielleicht, weil sie nicht negativ genug ausfielen?) - glaubhaft und wichtig fanden sie nur, was ein "echter Deutscher" (fast möchte man "Arier" formulieren) berichtete.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

23.10.2009 14:20
#18 RE: Zettels Meckerecke: Wallraff der Lügner Antworten

Zitat von R.A.
Denn es gab ja seinerzeit ausreichend echte Augenzeugenberichte von Türken mit diversem Hintergrund, die ihre Erfahrungen in Deutschland beschrieben. Positive wie negative Erfahrungen.
Es war also völlig unnötig "undercover" zu arbeiten, denen diese vielfältigen Berichte waren völlig glaubwürdig.
Aber diese Berichte reichten den Linken nicht (vielleicht, weil sie nicht negativ genug ausfielen?) - glaubhaft und wichtig fanden sie nur, was ein "echter Deutscher" (fast möchte man "Arier" formulieren) berichtete.


Ein interessanter Aspekt, lieber R.A., auf den ich noch gar nicht gekommen war.

Ich glaube, Sie haben Recht. Ich hatte ja bei meinem Versuch, in dem Artikel den Erfolg Wallraffs zu erklären, geschrieben, daß er das Bedürfnis nach Authentischem befriedigt. Aber wieso sehen seine Leser eigentlich das, was er berichtet, als authentischer an als das, was man aus Interviews mit Bandarbeitern, Türken, Schwarzafrikanern in Deutschland hätte erfahren können? Den Grund haben Sie genannt.

Herzlich, Zettel

Colombia Offline



Beiträge: 118

23.10.2009 19:48
#19 RE: Zettels Meckerecke: Wallraff der Lügner Antworten

Werte Zettel und R.A.,

das kann natürlich die Erklärung sein oder zumindest ein Teil. Ich halte es nicht für ganz abwegig, aber mir fällt spontan noch ein andere Grund ein. Aus Sicht dieser Linken ist eben nur einer wie Wallraff unabhängig. Das Interview eines Bandarbeiters aus Angst/Rücksicht vor dem Arbeitgeber/Mitmenschen niemals die volle Wahrheit. Er müsste ja evtl. Repressalien oder ähnliches fürchten. Über alledem steht eben nur ein wirklich Unabhängiger wie Wallraff.
(Nochmal: Das ist nicht meine Meinung, aber so könnte es gesehen werden.)

Grüße

Meister Petz Offline




Beiträge: 3.923

26.10.2009 16:51
#20 Wallraff-Interview im Cicero-Magazin Antworten

http://www.cicero.de/97.php?ress_id=9&item=4397

Das Geschwätz erinnert mich in seiner Selbstüberschätzung irgendwie an Pastor Fliege

Gruß Petz

xanopos ( gelöscht )
Beiträge:

30.07.2012 08:28
#21 RE: Zettels Meckerecke: Wallraff der Lügner Antworten

Ex-Mitarbeiter wirft Wallraff Sozialbetrug vor: http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaf...r-a-847038.html

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