In ZR steht, wie auch anders, viel Kritisches. Ich freue mich deshalb, auch einmal Lobendes schreiben zu können. Zumal es mir scheint, daß ich mich geirrt hatte, was Guido Westerwelles Eignung für das Amt des Außenministers angeht.
Ich habe heute morgen als allererstes besagten Artikel gelesen und war, um ehrlich zu sein, erleichtert. Und dann war ich erstaunt, daß sich ein Spiegelredakteur findet, der etwas positives über Westerwelle schreibt und dazu noch 30 Jahre alte Konzeptpapiere ausgräbt. (Dumme Vermutung Anfang) Sie haben doch bestimmt selbst ein riesiges Spiegelarchiv (dumme Vermutung Ende): Wissen Sie, in welcher Form dieses Papier damals den Weg ins Magazin gefunden hat? Herzlich, Diskus
Ich erinnere mich dunkel, dass ein Fischer damals in den ersten Wochen nach seiner Amtseinführung seine "persönliche Freude" über die Verhaftung Pinochets geäußert hat. Das wurde damals als fauxpas wahrgenommen. Welche Fehler hätte ein Außenminister Westerwelle in seiner ersten Amtswoche schon groß machen können?
Das Thema Sprachkenntnisse ist und bleibt eine Peinlichkeit. Er hat dieses Amt ja nun über einen Zeitraum von gut einem Jahrzehnt angestrebt. Man muss nicht die spöttischen Töne einiger Journalisten wählen, um darin doch ein grundlegendes Defizit zu sehen.
In Antwort auf:Das Thema Sprachkenntnisse ist und bleibt eine Peinlichkeit. Er hat dieses Amt ja nun über einen Zeitraum von gut einem Jahrzehnt angestrebt. Man muss nicht die spöttischen Töne einiger Journalisten wählen, um darin doch ein grundlegendes Defizit zu sehen.
Warum? Ich glaube nicht, daß es prinzipiell notwendig ist, daß ein Außenminister gut Englisch spricht. Mit welchem Recht verlangt man das? Mein Englisch ist leidlich, aber ich würde mich hüten, kitzlige Angelegenheiten nicht von einem Profi übersetzen zu lassen oder mich von der britischen Presse wegen meines Akzents durch den Kakao ziehen zu lassen. Meine Erfahrung ist übrigens, daß die meisten Deutschen ihr Englischniveau maßlos überschätzen. Ich kann keine genauen Zahlen präsentieren, aber das Resultat war ungefähr "80% aller Deutschen halten ihr Englisch für überdurchschnittlich".
Zitat von DiskusZitat:Meine Erfahrung ist übrigens, daß die meisten Deutschen ihr Englischniveau maßlos überschätzen. Ich kann keine genauen Zahlen präsentieren, aber das Resultat war ungefähr "80% aller Deutschen halten ihr Englisch für überdurchschnittlich".
Das ist genau auch meine Erfahrung. Viele Deutsche blicken überheblich auf die Englisch-Kenntnisse von Franzosen und Italienern hinab und wähnen sich knapp unterhalb des Niveaus der Skandinavier und Niederländer, während sie in Wahrheit von diesen weit entfernt, jenen aber näher sind, als ihnen lieb sein dürfte.
Woher diese Fehlwahrnehmung rührt kann ich nicht sagen. Für den Unterschied in den Sprachkenntnissen ganz entscheidend dürfte der Umstand sein, dass in Skandinavien und den Niederlanden Filme und Fernsehserien (außer Zeichentrick) nicht synchronisiert werden.
Ich meine übrigens, dass die Verhältnisse sich gerade massiv wandeln. Heute rezipieren nach meinem Eindruck sehr viel mehr Leute Filme und Bücher im Original als ncoh vor zehn Jahren, was natürlich stark mit den verbesserten Möglichkeiten zusammenhängt (amazon, DVD etc.)
Die gröbsten Probleme der Deutschen liegen bei der Aussprache (I am wet! - eine deutsche Studentin wundert sich, warum die Amis über Tierärzte lachen und verbessert dann zu No, no, I mean, I am fat!), gefolgt von Redewendungen und Konnotationen und dann Grammatik und Präpositionen. Bei ersterem wird die eigene Aussprache maßlos überschätzt, eine Konfrontation mit Tonaufnahmen der eigenen Stimme löst in der Regel Entsetzen aus. Beim zweiten hat man eine erstaunlich mutwillige Ignoranz gegenüber Landeskunde und Kultur. (The world is your oyster ist in letzter Zeit berühmt geworden. Bei den allgegenwärtigen Literaturanspielungen oder amerikanischem Humor sieht es katastrophal aus. Thank you for eating silently and responsibly during my lecture.) Naja, und eine englische Grammatik existiert ja bekanntlich gar nicht.
Wenn ich keinen Internetzugang dabei habe, baue ich selber auch beim Übersetzen Knallschoten, die mir dann später unheimlich peinlich sind. Statt der vielen unbrauchbaren Taschenwörterbücher bräuchte man ein kleines Gerät, mit dem man offline Corpusanfragen stellen kann. Hin und wieder stöpselt man es an einen Zugang, dann updatet es seine interne Datenbank. Das wäre echt praktisch.
-- Der Weg zur Hölle beginnt mit dem Monopol auf Moral.
Zitat von califaxDie gröbsten Probleme der Deutschen liegen bei der Aussprache (I am wet! - eine deutsche Studentin wundert sich, warum die Amis über Tierärzte lachen
Genau so meiner Freundin (Tierärztin) während des Praktikums in Irland passiert. 'I am a wet student' - 'Oh yeah?'. Eieiei, peinlichpeinlich.
Zitat von califaxWenn ich keinen Internetzugang dabei habe, baue ich selber auch beim Übersetzen Knallschoten, die mir dann später unheimlich peinlich sind. Statt der vielen unbrauchbaren Taschenwörterbücher bräuchte man ein kleines Gerät, mit dem man offline Corpusanfragen stellen kann. Hin und wieder stöpselt man es an einen Zugang, dann updatet es seine interne Datenbank. Das wäre echt praktisch.
Zitat von califaxWenn ich keinen Internetzugang dabei habe, baue ich selber auch beim Übersetzen Knallschoten, die mir dann später unheimlich peinlich sind. Statt der vielen unbrauchbaren Taschenwörterbücher bräuchte man ein kleines Gerät, mit dem man offline Corpusanfragen stellen kann. Hin und wieder stöpselt man es an einen Zugang, dann updatet es seine interne Datenbank. Das wäre echt praktisch.
Geht das nicht mit dem Kindle o.ä.?
Keine Ahnung, wie da die Vertragsbedingungen und die Dokumentation der API aussieht. Sowas wie früher der Apple Newton wäre ideal.
-- Der Weg zur Hölle beginnt mit dem Monopol auf Moral.
Zitat von califaxDie gröbsten Probleme der Deutschen liegen bei der Aussprache [...], gefolgt von Redewendungen
Das mit den Redewendungen wird sich innerhalb der nächsten Jahre erledigen, denn ich stelle mit wachsendem Erschrecken fest, wie oft in synchronisierten Fernsehsendungen und Kinofilmen englische Redewendungen 1:1 ins Deutsche übersetzt werden.
Am bekanntesten sicher "it makes sense" - "es macht Sinn". Aber der Virus breitet sich immer weiter aus. Neulich wörtlich übersetzt gehört: - the sky is the limit - out of the blue - against all odds
Grauenvoll. Und das bei "Offline-Übersetzungen" - beim Simultandolmetscher habe ich da mehr Verständnis.
Vielen Dank für den Hinweis auf Genscher. Das habe ich noch genauso in Erinnerung, wie er damals als Provinztrottel galt, dem man das Außenamt doch nicht anvertrauen dürfe. Was hat sich diese Einschätzung später geändert (in ähnlicher Übertreibung - Genscher war gut, aber nicht so überirdisch wie sein Mythos).
Wobei noch nicht einmal der gehässigste Reporter derzeit auf die Idee käme, Westerwelle Charisma abzusprechen. Wer einmal erlebt hat, wie Westerwelle als Redner eine Versammlung fasziniert, wird sich andere Beleidigungen aus den Fingern saugen müssen. Es gibt wenige Politiker, die hier mit Westerwelle mithalten können.
Ich kann mich noch an den Wahlkampf 2002 erinnern, da war Westerwelle noch stärker als heute der jugendliche Held (mit entsprechenden Anfeindungen wg. angeblicher "Unseriosität"). Wie da ganze Schülerhorden im völlig überfüllten Park auf die Bäume kletterten, um einen Blick auf ihr Idol zu werfen - das hatte schon fast den Charakter von Beatles-Auftritten. So etwas bringen nicht einmal Publikumsmagneten wie Fischer oder Gysi hin, geschweige denn das übliche Personal à la Steinmeier, Roth, Merkel, Seehofer ...
Gibt's "aus dem Blauen heraus" nicht schon länger? Oder bin ich einfach auch schon infiziert?
Wie dem auch sei, ich mache die gleichen Beobachtungen, kann aber nicht viel daran finden. So ist Sprache nun mal. Das Englische und das Deutsche teilen sich eine ganze Reihe von Redewendungen, und etliche werden auch vom Deutschen ins Englische gewandert sein. So what? Das Englische ist nunmal die Lingua franca unserer Tage, und als solche hat es natürlich einen erheblichen Einfluss auf unsere Sprache, so wie früher das Lateinische, dann das Französische.
Der Furor, den Sprachpuristen (ein von mir weitgehend belächeltes Völkchen) gerne an den Tag legen, stößt bei mir meist auf Unverständins. Ich kann mich an einen "Zwiebelfisch" erinnern, wo es darum ging, dass französischstämmige Verben auf -ieren mehr und mehr durch kürzere, vom Englischen beeinflusste Formen verdrängt werden, dass man also nicht mehr "schockiert" sondern "geschockt" ist oder nicht mehr "kampiert" sondern "campt". Da kann ich wieder nur beiläufig sagen "Na und?".
Meine Lieblingsfeinde vom Verein Deutsche Sprache haben sich ja vor einigen Jahren nicht entblödet, dem Rektor der LMU ihren mE höchst überflüssigen Preis "Sprachpanscher des Jahres" zu verleihen, weil dieser sich angeblich erdreistet hatte, das wunderschöne, urdeutsche Wort "Fakultät" durch "Department" zu ersetzen. Da bleibt mir nur Kopfschütteln. Einmal ganz davon abgesehen, dass der Vorwurf nicht nur von vornherein absurd, sondern vor allem sachlich falsch war: Das Department an der LMU ist keineswegs ein pöhser Anglizismus, mit dem man aus reiner Niedertracht die schöne, alte, doitsche Fakultät austreiben wollte, sondern schlicht eine neue Verwaltungsebene, die zwischen Instituten und Fakultäten eingezogen wurde. Diese gibt's immer noch, und sie heißen auch noch so.
Aber was war denn nun gleich das topic at hand? Ach ja: Westerwelle. Dass er Außenminister kann habe ich zu keinem Zeitpunkt bezweifelt. Allerdings frage ich mich, ob er in dieser Rolle nicht verschenkt ist.
Ist es jetzt eigentlich heraus, dass er kein Englisch kann? Oder vermutet man das nur wegen dieser PK-Sache?
Zitat von R.A.Vielen Dank für den Hinweis auf Genscher. Das habe ich noch genauso in Erinnerung, wie er damals als Provinztrottel galt, dem man das Außenamt doch nicht anvertrauen dürfe.
Bedenken dieser Art trifft man bei neuen Außenministern oft an. Auch bei neuen Kanzlern wird die außenpolitische Befähigung gerne in Frage gestellt. Das liegt natürlich auch daran, dass man in der Opposition oft wenig Gelegenheit hat, sich außenpolitisch zu profilieren.
Zitat von DiskusIch habe heute morgen als allererstes besagten Artikel gelesen und war, um ehrlich zu sein, erleichtert. Und dann war ich erstaunt, daß sich ein Spiegelredakteur findet, der etwas positives über Westerwelle schreibt
Gabor Steingart ist ein Sonderfall, wie auch Jan Fleischhauer. Steingart, ein liberaler und sehr kluger Mann, war einmal Chef des Hauptstadtbüros und als Chefredakteur im Gespräch, als man Aust gefeuert hatte. Aber er hatte natürlich bei der Mitarbeitervertretung keine Chance. Er ging dann von Berlin nach Washington oder wurde dorthin gegangen, wo er zeitweilig nur einen Halbtagesjob hatte. Jetzt scheint er Leiter des dortigen Büros zu sein; ich bin aber nicht ganz sicher.
Bei Fleischhauer war ich gespannt, wie lange er nach der Publikation seines Buchs wohl noch stellvertretender Leiter der Berliner Redaktion sein würde. Er ist es bereits nicht mehr, sondern firmiert jetzt als "Autor".
Zitat von DiskusSie haben doch bestimmt selbst ein riesiges Spiegelarchiv
Ich habe die Jahrgänge ab 1947 bis Mitte der sechziger Jahre als Reprint oder gebunden. Also leider nicht mehr den Jahrgang 1974.
Aber das macht nichts, denn der "Spiegel" stellt ja großzügig sämtliche Jahrgänge im Web zur Verfügung. Hier sind die Titelgeschichten des Jahres 1974. Und hier ist das Heft, das zwar nicht Genscher allein, aber das Kabinett Schmidt auf dem Titel hat.
In der Titelgeschichte wird Genscher freilich ganz anders geschildert als in dem Exposé. Er sei undurchschaubar, machtbewußt und hätte sich selbst als einen Leninisten bezeichnet - Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser.
Beim "Spiegel" war damals, wie auch jetzt noch, das Ressort Deutschland I zweigeteilt. Teils residierte es in Hamburg, teils in Bonn (so wie heute in Berlin). Es gab immer wieder einen Kleinkrieg zwischen den beiden Teilen. Gut möglich, daß das Exposé dem damals zum Opfer gefallen ist. Denkbar auch, daß es zwar keine Titelgeschichte wurde, aber eine Story über Genscher, die irgendwann später erschien. Man müßte dazu die folgenden Hefte durchsehen.
Zitat von Thomas WolfDas Englische und das Deutsche teilen sich eine ganze Reihe von Redewendungen, und etliche werden auch vom Deutschen ins Englische gewandert sein. So what?
Redewendungen, die den Weg in diese Richtung genommen haben, kenne ich, lieber Thomas Wolf, eigentlich nicht. Wörter gibt es natürlich viele, von denen die meisten keine sehr positive Konnotation haben - von angst bis waldsterben.
Zitat von Thomas WolfDas Englische ist nunmal die Lingua franca unserer Tage, und als solche hat es natürlich einen erheblichen Einfluss auf unsere Sprache, so wie früher das Lateinische, dann das Französische.
Das stimmt. Aber wennn Sie sich das Deutsch der Gebildeten im 17. und in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts angucken, dann sind auch Sie vermutlich incommodiret.
Fremdwörter und Lehnwörter sind fein (was auch ein Anglizismus ist), sofern sie Sinn machen (dito), wenn also eine neue Sache mit einem neuen Namen bezeichnet oder ein Sachverhalt bündig benannt wird. Das "Internet" ist ein klassisches Beispiel für das eine, "kontraproduktiv" für das andere. Wie wollen Sie das im Deutschen so knapp ausdrücken außer mit dem Lehnwort?
Aber es wird übel, wenn eingedrungene Fremdwörter und Redensarten eine Sprache zu überwuchern beginnen, wie eben im Barock und Rokoko das Französische die deutsche Sprache.
Etwas Ähnliches droht jetzt dem Deutschen durch das Englische. Welche Bereicherung sollte es sein, daß die DB ihre Schalter jetzt Counter nennt und die Bäckerei Backshop oder Brotshop heißt?
Das ist nicht bereichernd, sondern es ist schlicht dumm und aufgeblasen.
Zitat von Thomas WolfDer Furor, den Sprachpuristen (ein von mir weitgehend belächeltes Völkchen) gerne an den Tag legen, stößt bei mir meist auf Unverständins. Ich kann mich an einen "Zwiebelfisch" erinnern, wo es darum ging, dass französischstämmige Verben auf -ieren mehr und mehr durch kürzere, vom Englischen beeinflusste Formen verdrängt werden, dass man also nicht mehr "schockiert" sondern "geschockt" ist oder nicht mehr "kampiert" sondern "campt". Da kann ich wieder nur beiläufig sagen "Na und?".
Ja, da wird lediglich der Teufel durch den Beelzebub ausgetrieben. Ob man nun ein Appartemang kauft oder ein Äppartmänt, das ist wirklich wie bonnet blanc, blanc bonnet.
Zitat von Thomas WolfMeine Lieblingsfeinde vom Verein Deutsche Sprache haben sich ja vor einigen Jahren nicht entblödet, dem Rektor der LMU ihren mE höchst überflüssigen Preis "Sprachpanscher des Jahres" zu verleihen, weil dieser sich angeblich erdreistet hatte, das wunderschöne, urdeutsche Wort "Fakultät" durch "Department" zu ersetzen. Da bleibt mir nur Kopfschütteln. Einmal ganz davon abgesehen, dass der Vorwurf nicht nur von vornherein absurd, sondern vor allem sachlich falsch war: Das Department an der LMU ist keineswegs ein pöhser Anglizismus, mit dem man aus reiner Niedertracht die schöne, alte, doitsche Fakultät austreiben wollte, sondern schlicht eine neue Verwaltungsebene, die zwischen Instituten und Fakultäten eingezogen wurde.
Und die auf Deutsch Abteilung heißt; so wurden diese Einrichtungen auch zunächst benannt, als sie ab den sechziger Jahren entstanden.
Ich bin, lieber Thomas Wolf, sehr für Englisch als Wissenschaftssprache. Von meinen Publikationen sind siebzig oder achtzig Prozent auf Englisch erschienen. Aber muß man denn deshalb die Sprachen verrühren wie das Gemüse und die Nudeln beim Pichelsteiner Eintopf? Warum kann eine Abteilung sich nicht im deutschen Sprach- und Schriftverkehr Abteilung nennen und dann, wenn man sich auf Englisch präsentiert (auch so ein Anglizismus) eben Department?
In Antwort auf:Wenn ich keinen Internetzugang dabei habe, baue ich selber auch beim Übersetzen Knallschoten, die mir dann später unheimlich peinlich sind. Statt der vielen unbrauchbaren Taschenwörterbücher bräuchte man ein kleines Gerät, mit dem man offline Corpusanfragen stellen kann.
Ich verwende die dict.cc Anwendung für ipod touch / iphone, die die gesamte en-de dict.cc datenbank umfaßt. Erstaunlicherweise nur 55 mb (komprimierte) Datenmenge und sehr zu empfehlen!!
Zitat von ZettelSteingart, ein liberaler und sehr kluger Mann ...
Oha. Ich hatte diesen Namen recht negativ in Erinnerung. Vielleicht ist er etwas schwankend im Niveau ...
In Antwort auf:Aber das macht nichts, denn der "Spiegel" stellt ja großzügig sämtliche Jahrgänge im Web zur Verfügung.
Unglaublich - vielen Dank für diesen Link. Das ist ja eine phantastische Quellenbasis, incl. einer Volltextsuche.
In Antwort auf:In der Titelgeschichte wird Genscher freilich ganz anders geschildert als in dem Exposé. Er sei undurchschaubar, machtbewußt und hätte sich selbst als einen Leninisten bezeichnet - Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser.
Das deckt sich mit dem, was mir diverse Partei-Insider aus dieser Zeit erzählt haben. Auch Genscher Verhalten gegenüber Mitarbeitern muß wohl ziemlich grenzwertig gewesen sein. Aber da gilt bei Spitzenpolitikern wie bei Managern: Sie müssen nicht nett sein, sondern sie müssen Erfolge bringen.
In Antwort auf:Aber das macht nichts, denn der "Spiegel" stellt ja großzügig sämtliche Jahrgänge im Web zur Verfügung.
Unglaublich - vielen Dank für diesen Link. Das ist ja eine phantastische Quellenbasis, incl. einer Volltextsuche.
Ja, gell? Der "Spiegel" hat früher einmal für seine gebundenen Jahrgänge mit dem Slogan geworben "Ein Lexikon der Zeitgeschichte". Und das stimmt.
Ich bin mit dem "Spiegel" sozialisiert worden. Regelmäßig gelesen habe ich ihn - wahrscheinlich habe ich das schon mal geschrieben - vom Alter von acht Jahren an. Er gehörte zu dem "Lesezirkel", der frisch eine Woche lang in der Praxis meines Vaters auslag und dann eine Woche der Familie zur Verfügung stand, bis die Hefte ausgetauscht wurden. Als ich dreizehn wurde, haben meine Eltern mir ein Abonnement zum Geburtstag geschenkt.
So schlecht wie heute war das Blatt nie. Augstein hatte ein untrügliches Gespür für Qualität; alles andere war für ihn zweitrangig. Aust hat das fortgeführt. Jetzt regiert das Mittelmaß, ganz so, als sei der "Spiegel" schon verstaatlicht. Wenige Wochen vor der Bundestagswahl hatten sie eine Titelgeschichte darüber, daß Deutschland angeblich nach links rücke.
Der freundlichen Beurteilung des neuen Außenministers Westerwelle schließe ich mich an.
Ich möchte aber darauf aufmerksam machen, dass der Parteivorsitzende Westerwelle in diesen Tagen tatenlos zuschaut, wie politisches Kernkapital der FDP unwiederbringlich ruiniert wird. Hier bahnt sich ein Desaster an.
Westerwelle und die FDP sind als Steuer- und Finanzreformer angetreten und gewählt worden - oft genug ist den Liberalen deshalb sogar vorgehalten worden, sie seien eine Single-Issue-Partei, die nur aus dem Satz "Mehr Netto vom Brutto" bestehe.
In den Koalitionsverhandlungen hat die FDP dazu zwar einige Formulierungen erkämpft, die sich als Einlösung ihrer Wahlversprechen deuten lassen. Westerwelle hat das Feld aber personell komplett der Union überlassen. Seit die Regierung gewählt ist zeigt sich deutlich, dass die FDP hier künftig nicht mehr den geringsten Einfluss haben wird, wenn sie nicht bald nachsetzt und kämpft.
Eine Schlüsselpersonalie ist die soeben erfolgte Neubesetzung des Abteilungsleiterpostens für Steuerpolitik im Finanzinisterium: An dieser strategischen Stelle wird künftig ein Sozialdemokrat sitzen, der lange Jahre als Steuerreferent der SPD-Fraktion gearbeitet hat! Siehe: http://www.wiwo.de/politik-weltwirtschaf...reddern-413353/ Sicher ist dieser Mann ein hochqualifizierter und loyaler Beamter. Jedem in der FDP muss aber klar sein, dass mit dieser Besetzung das Ende liberaler Steuerpolitik besiegelt ist.
Wenn Westerwelle wirklich in die Fußstapfen Genschers treten will, dann darf er sich nicht nur darauf konzentrieren, bella figura im Ausland zu machen. Sondern er muss erst einmal sicherstellen, dass seine Partei nicht daheim vom Koalitionspartner plattgewalzt wird.
Zitat von JunoWenn Westerwelle wirklich in die Fußstapfen Genschers treten will, dann darf er sich nicht nur darauf konzentrieren, bella figura im Ausland zu machen. Sondern er muss erst einmal sicherstellen, dass seine Partei nicht daheim vom Koalitionspartner plattgewalzt wird.
Das sehe ich auch so, lieber Juno.
Nur hat auch der Tag von Westerwelle nur 24 Stunden. Er paukt jetzt vermutlich Englisch, lernt, ein großes Ministerium zu führen, macht sich mit allen intricacies (sorry, aber mir fällt kein deutsches Wort ein) der Außenpolitikk vertraut.
Helmut Schmidt hat wegen dieser nicht zu bewältigenden Belastung darauf verzichtet, SPD-Vorsitzender zu werden. Später hat er allerdings gesagt, das sei ein Fehler gewesen.
Es hilft vermutlich nur, loyale Mitarbeiter zu gewinnen, an die man viel delegieren kann. Das war das Erfolgsgeheimnis von Adenauer, von Kohl und ist jetzt auch das von Merkel.
Die eine Frage ist, ob Westerwelle es schafft, bei der Bevölkerung den Eindruck zu erwecken, er sei ein guter Außenminister. Dafür kommt es vor allem auf die Darstellung an. Da mache ich mir auch keine Sorgen. Auch bei Kohl, Schröder und Merkel wurde dies ja am Anfang aufgrund mangelnder internationaler Erfahrung in Frage gestellt. Und am Ende haben sie alle für ihre Außenpolitik große Zustimmung erfahren. Eine ganz andere Frage ist es aber, ob Westerwelle auch inhaltlich eine gute Außenpolitik machen wird. Dafür muss man natürlich zunächst einmal definieren, was man darunter überhaupt versteht. Meiner Ansicht nach müsste beispielsweise eine weitere Übertragung von Macht auf die EU verhindert und die Türkei draußen gehalten werden. Und dies müsste bewerkstelligt werden ohne unsere Allianzen zu beschädigen und anderen allzu sehr auf die Füße zu treten. Was die ersten beiden Punkte angeht spricht nichts, aber auch gar nichts in Westerwelles bisheriger Karriere dafür, dass er in der Richtung was erreichen wird oder sich auch nur ernsthaft, also auch unter Inkaufnahme von Schwierigkeiten und Popularitätsverlusten, darum bemühen wird.
Zitat von ChripaMeiner Ansicht nach müsste beispielsweise eine weitere Übertragung von Macht auf die EU verhindert und die Türkei draußen gehalten werden. Und dies müsste bewerkstelligt werden ohne unsere Allianzen zu beschädigen und anderen allzu sehr auf die Füße zu treten.
Was die ersten beiden Punkte angeht spricht nichts, aber auch gar nichts in Westerwelles bisheriger Karriere dafür, dass er in der Richtung was erreichen wird oder sich auch nur ernsthaft, also auch unter Inkaufnahme von Schwierigkeiten und Popularitätsverlusten, darum bemühen wird.
Tja, lieber Chripa, das sehe ich (leider) im Augenblock auch so. Aber zum einen halte ich Westerwelle für lernfähig; er hat sich ja bisher kaum mit Außenpolitik beschäftigt. Und zum anderen gibt es zum Glück noch Mutti (die dazu kürzlich gesagt hat, sie fände diese Bezeichnung "liebevoll").
Sie wird zusammen mit Sarkozy den Beitritt der Türkei verhindern; was unter Obama leichter sein dürfte als unter Bush, weil es Obama an Durchsetzungsfähigkeit fehlt.
Was Europa angeht, ist es meines Erachtens schon so weit gekommen, daß ein einzelner Staat wie Deutschland gar nichts mehr machen kann. Mit den Verträgen von Lissabon ist der Zug abgefahren.
Sehe ich recht? Wie war das noch kürzlich? Wer wurde da gerüffelt?
Zitat von Zettel"Mutti"? Ist für Sie, lieber Calimero, ein emanzipierte Frau, eine Naturwissenschaftlerin, die in Hosenanzügen herumläuft, die kinderlos ist und die das Thema KKK vermeidet wie der Teufel das Weihwasser, ein "Mutti"-Typ?
---------------------------------------------------- Wir sind alle gemacht aus Schwächen und Fehlern; darum sei erstes Naturgesetz, dass wir uns wechselseitig unsere Dummheiten verzeihen. - Voltaire
Zitat von CalimeroSehe ich recht? Wie war das noch kürzlich? Wer wurde da gerüffelt?
Zitat von Zettel"Mutti"? Ist für Sie, lieber Calimero, ein emanzipierte Frau, eine Naturwissenschaftlerin, die in Hosenanzügen herumläuft, die kinderlos ist und die das Thema KKK vermeidet wie der Teufel das Weihwasser, ein "Mutti"-Typ?
Ja, ich weiß. Ich habe mich an diese Diskussion auch erinnert, als ich das geschrieben habe. Damals hatte ich ja keine Ahnung, daß Sie mitten im Mainstream schwammen.
Ich finde immer noch nicht, daß der Name auf sie paßt; aber wenn er sich nun mal ausbreitet und sie ihn selbst als liebevoll empfindet - so sei es denn.
Westerwelle gestern bei Beckmann: Das zu sehen war ein wahres Vergnügen.
Beckmann ist nach meinem Dafürhalten einer der besten deutschen TV-Journalisten. Kaum jemand versteht es so gut wie er, auf den Partner einzugehen und ihm dabei das zu entlocken, was er eigentlich nicht sagen wollte.
Guido Westerwelle hat ihm perfekt standgehalten. Es war das Duell von zwei hochintelligenten Leuten, von zwei absoluten Profis.
Westerwelle richtet sich in der Rolle des Außenministers mit einem Tempo ein, das ich ihm nicht zugetraut hatte. Der alte Fuchs Genscher scheint wirklich das richtige Gespür gehabt zu haben, als er immer wieder seine schützende Hand über Westerwelle hielt.
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