Die triviale Vorgeschichte: Zu zweit einen Film gesehen und über das Happy End gefreut. Nun kam die Frage auf, ob die "Heldin" moralisch einwandfrei gehandelt hat. Anschließend zweistündiger Disput über Moral und die Verbindlichkeit von Versprechen.
Ergebnis: Zwei unversöhnliche Meinungen. Jetzt suche ich Unterstützung für meine Argumentation.
Zum Plot: Mann trifft Frau, man mag sich sofort. Der Frau wird aber vom Ex-Freund nachgestellt (dieser ist ein A********). Mann bringt Frau, wider besseren Wissens, in einen Zustand in dem sie unkontrollierbar wird. Daraufhin bringt sie ihn in Situationen, in denen er in Straftaten verwickelt wird.
Nun droht ihm Knastaufenthalt.
Frau wendet sich, um Mann zu retten, an ihren Ex-Freund, weil dieser ihn dort sicher rauspauken kann. Er willigt ein, aber sie muss ihm dafür die Ehe versprechen. Die Rettung gelingt, die Hochzeit ist angesetzt. Bei dieser taucht der traurige Held auf und sie schmeißt die Trauung und sich ihm in die Arme.
Frage: Sie hat eindeutig ein Versprechen gebrochen - hatte sie dazu das Recht, oder hat sie unmoralisch gehandelt?
Pro: (sie hatte das Recht)
- Sie kann ihre Menschenwürde nicht für ein Versprechen veräußern (Sklaverei wäre ähnlich), daher ist der "Vertrag" von vornherein ungültig. - Da sie ihn erst in diese Lage gebracht hat, war es ihre moralische Pflicht etwas für ihn zu tun (auch wenn es Betrug bedeutet). - Ein Eheversprechen für den verhassten Ex-Freund (lieben und ehren) könnte sie auch nicht einhalten. - Das Versprechen wurde in einer Notlage erpresst.
Contra:
- Ein Versprechen ist etwas Verpflichtendes, da kann es keine Ausnahmen geben. - Eine Ehe heißt heutzutage nicht mehr, dass sie ihm "sexuell zu Diensten" stehen muss. Prostitution ist schlimmer. - Erpressung liegt nicht vor, da sie selbst zu ihrem Ex-Freund ging, um ihn um diesen Gefallen zu bitten.
Ich weiß, dass es ein triviales Thema ist, sich um die Moral bei Film-Happy Ends Gedanken zu machen. Aber die Diskussion gestern war schon echt spannend (Mitternacht mussten wir zeitbedingt abbrechen). Würde mich mal interessieren, was die Zimmerleute dazu denken.
Beste Grüße, Calimero
---------------------------------------------------- Wir sind alle gemacht aus Schwächen und Fehlern; darum sei erstes Naturgesetz, dass wir uns wechselseitig unsere Dummheiten verzeihen. - Voltaire
Moral ist jedem seine eigene Sache. Du hast Dich schon entschieden. Problematisch wird es dadurch, daß sich eine für Dich wichtige Person genau anders herum entschieden hat.
Da gibbet es keine Argumente, außer Du stehst für Pro. Also, für Contra gibt es ein Argument, dann können wir diskutieren. Ich meine, eigentlich müßen wir nicht diskutieren, das ist doch sonnenklar.
Ich versuch es mal ernsthaft: (Ich hätte sie erschossen, als Ex-Freund - das war nur ein Einschub).
Es sind verschiedene Bereiche: Das Liebespaar verstrickt sich schuldlos in ein böses Schicksal. Sie kennen (welcher von beiden ist für die Problematik unerheblich) ein A******* in der Welt, das ihnen helfen kann. Daß der Ex-Freund ein A***** ist und daß das Schicksal beim Liebespaar zugeschlagen hat, hat _überhaupt_ nichts miteinander zu tun.
Sie verspricht, um etwas zu bekommen, was ihr wichtig ist, dem A***** die Ehe. Da langt man sich doch an' Kopf. Hätte sie's fürs Leben ihrer Kinder getan, wären die Tränen noch mehr geflossen, aber für den Erhalt von Arbeitsplätzen, wird es schon fragwürdiger. Gar für ein Wochenendhäuschen oder eine Perlenkette?
Auf jeden Fall, dieses _Versprechen_ ist eine zwischenmenschliche Aktion zwischen ihr und dem A****** . Sie baut auf zwischenmenschlichen Regeln zwischen denen beiden auf. Normalerweise geht man auch im Film davon aus, daß Leute, die sich heiraten, sich die Wahrheit sagen. Sie wollte ihn nicht heiraten, nur benutzen - aber er wollte sie heiraten. Also wurde er im Herzen betrogen.
Klar, wenn die Freiheit des Geliebten es Wert ist, auf den Herzen anderer herumzutrampeln. Die zwei möchte ich nicht kennen. Wirklich nicht.
Es gibt noch einen anderen Ansatz, der ist eher meiner, führt aber von dem Ursrungsgefühl her in die gleiche Richtung: Ausgangspunkt bleibt: Es ist _falsch_ das A**** auf einem Gebiet zu bescheißen, auf dem er gar nicht betrogen hat. Es ist ehern falsch. Da führt kein Weg daran vorbei. (In dem Ansatz, und in meinem Leben). Also muß man andere Wege finden, mit der Situation fertig zu werden. Das ist der Stoff des Lebens, aus dem wahre Helden entwachsen.
Liebe Grüße
Kaa PS: Die Filmbesprechung habe ich nicht gelesen.
Der neue Faschismus wird nicht sagen: Ich bin der Faschismus. Er wird sagen: Ich bin der Antifaschismus Autor im Netz bekannt
Zitat Ich weiß, dass es ein triviales Thema ist, sich um die Moral bei Film-Happy Ends Gedanken zu machen. Aber die Diskussion gestern war schon echt spannend
So entwickeln sich derartige Diskussionen ja meistens...
Zunächst finde ich natürlich, daß es grundsätzlich nicht akzeptabel ist, andere Menschen zu täuschen und seinem Teil eines Vertrages nicht zu erfüllen. Vermutlich wird mir hier erstmal jeder zustimmen, so daß ich mir eine längliche Erläuterung der "Contra"-Argumente sparen kann. "Grundsätzlich" bedeutet aber, daß man in besonderen Fällen von dieser Regel abweichen darf. Schauen wir uns mal die "Pro"-Argumente an:
"Sie kann ihre Menschenwürde nicht für ein Versprechen veräußern (Sklaverei wäre ähnlich), daher ist der "Vertrag" von vornherein ungültig."
Das sehe ich auch so, allerdings ist nicht die Gültigkeit des Vertrages fraglich, sondern ob es ethisch vertretbar war, den Ex-Freund zu täuschen.
"Da sie ihn erst in diese Lage gebracht hat, war es ihre moralische Pflicht etwas für ihn zu tun (auch wenn es Betrug bedeutet)."
Der Filmbesprechung zufolge hat er aber sie wissentlich und ohne ihre Zustimmung in diesen Zustand versetzt, in dem sie ihre Handlungen nicht mehr kontrollieren kann. Damit hat er sich nicht nur unmoralisch verhalten, sondern daraus folgt auch, daß sie moralisch keinesfalls ihm verpflichtet ist. Aber selbst wenn wir dies ignorieren und annehmen, daß sie ihn in diese Lage gebracht hat, so kann man damit nicht rechtfertigen, daß sie sich einem Dritten gegenüber unmoralisch verhält. Aus einer (angeblichen) unmoralischen Tat kann man doch nicht mittels einer Pflicht zur Wiedergutmachung das Recht zu weiteren unmoralischen Taten folgern. Eine solche Pflicht zur Wiedergutmachung würde also nur ethisch vertretbare Taten beinhalten.
"Ein Eheversprechen für den verhassten Ex-Freund (lieben und ehren) könnte sie auch nicht einhalten."
Dann hätte sie es nicht geben dürfen. Ihr ist ja eben vorzuwerfen, daß sie wissentlich eine nicht einhaltbare Zusage gegeben hat.
"Das Versprechen wurde in einer Notlage erpresst."
Eine Notlage liegt nicht vor. Dies wäre meines Erachtens nur dann der Fall, wenn der Ex-Freund eine Lage ausnutzen würde, in der Hilfestellung moralisch geboten wäre. Würde sie z.B. drohen in einen Abgrund zu stürzen (aus welchen Grund auch immer, auch wenn der Ex-Freund dafür nicht verantwortlich ist und nur zufällig vorbeikommt) und der Ex-Freund würde Bedingungen für ihre Rettung stellen (ein beliebtes Motiv in Filmen), so läge eine solche Notlage vor und das Versprechen wäre meines Erachtens ungültig. Das man eine in einem rechtsstaatlichen Verfahren verhängte Gefängnisstrafe antreten muß ist keine solche Notlage.
Vielen Dank für die Kommentare, liebe Kaa, lieber Robert.
Momentan steht es also 2:0 für die Contra-Fraktion (wenn ich alles richtig gedeutet habe). Na, da hat jetzt aber einer der beiden Disputanten des Abends ein dickes Grinsen im Gesicht.
Gibt es eventuell noch Stimmen von Pro-Befürwortern?
Beste Grüße, Calimero
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