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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 8 Antworten
und wurde 1.019 mal aufgerufen
 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
Zettel Offline




Beiträge: 20.200

19.06.2010 09:18
Zitat des Tages: Schipanskis Erfahrungen, Biedenkopfs Ausweg Antworten

Kurt Biedenkopf ist einer der klügsten Köpfe - und einer der integersten Charaktere - in der deutschen Politik seit den frühen siebziger Jahren. Er wäre früher einmal ein idealer Bundespräsident gewesen, war gelegentlich auch als Kandidat im Gespräch. Aber ein so brillanter, ein so eigenwilliger Kopf gelangt nicht leicht in dieses Amt.

Nun also hat sich Biedenkopf (doch noch) sehr eindeutig und sehr eindrucksvoll zur Wahl des Bundespräsidenten geäußert. Damit befasse ich mich im zweiten Teil des Artikels, der mit einem Zitat von Dagmar Schipanski beginnt, auch sie eine der beeindruckenden Persönlichkeiten in der deutschen Politik.

Kallias Offline




Beiträge: 2.309

19.06.2010 10:41
#2 RE: Zitat des Tages: Schipanskis Erfahrungen, Biedenkopfs Ausweg Antworten

Eine Regierung muß vor allem den Eindruck von Stärke erwecken. ("Oderint dum metuant.") Vertrauen und dergleichen sind schön, aber erst einmal weniger wichtig.

Wenn die Kanzlerin beweist, daß sie immer noch einen farblosen Parteimann gegen einen weitaus überzeugenderen Gegenkandidaten durchdrücken kann, dann würden die Quertreiber und Querulanten in den Koalitionsparteien kleinlaut werden.

Man müsste sich darauf einstellen, daß die Regierung noch drei lange Jahre durchhält. Die Wahl Wulffs würde die Szene schlagartig beruhigen.

Und wenn der Apparat erst wieder rund läuft, dann kommt auch das Vertrauen wieder.

Die Wahl Gaucks wäre zwar nicht so günstig für die Regierung. Sie würde aber sicher nicht daran scheitern. Ich kann mir lebhaft vorstellen, wie Merkel ungerührt Wulff für sein Engagement danken, Gauck als hervorragenden Präsidenten loben, Respekt vor demokratischen Entscheidungen bekunden und dann einfach weitermachen würde.

Nach der Bundespräsidentenwahl gibt es einen Zankapfel weniger, egal wie sie ausgeht. Merkel ist in einer für sie typischen win-win-Situation, daß Sie als Fan das nicht bemerken?

Herzliche Grüße,
Kallias

Florian Offline



Beiträge: 3.171

19.06.2010 11:17
#3 RE: Zitat des Tages: Schipanskis Erfahrungen, Biedenkopfs Ausweg Antworten

ach, der Herr Biedenkopf...

Zitat
Die Bundesversammlung als Vertretung des Volkes wählt den Bundespräsidenten aus der Reihe der vorgeschlagenen Kandidaten. Auf die Mitwirkung der politischen Parteien ist sie dabei nicht angewiesen.



Das ist verfassungsrechtlich natürlich richtig.
Es spiegelt aber die Verfassungswirklichkeit nicht wieder. Die Vorstellung, da würden sich 1200 Menschen aus dem Volk treffen, die - unbelastet von allen Partei-Überlegungen - den Besten auswählen, ist schon sehr rührend. Aber eben unrealistisch.

Das gleiche ließe sich mit der gleichen Logik für jedes andere Amt auch sagen.
Auch der Bundestag ist z.B. bei der Wahl eines Kanzlers nicht auf die Mitwirkung der politischen Parteien "angewiesen". Von Parteien oder Fraktionen ist in den Grundgesetz-Artikeln die die Wahl des Kanzlers beschreiben nicht die Rede.

Dennoch ist die Mitwirkung der Parteien faktisch notwendig. Eine stabile Regierung gäbe es wohl kaum, wenn jeder einzelne Abgeordnete seine Stimme ohne parteiinterne Absprache vergeben würden.
Ebenso ist es nicht praktikabel, einen BuPrä ohne vorherige parteiinterne Absprache zu wählen.
Klar, Merkel hätte natürlich darauf verzichten können, einen "Kandidaten der CDU" zu präsentieren. Jeder einzelne CDU-Mitglied in der Bundesversammlung könnte sich einen eigenen Kandidaten ausdenken und für ihn stimmen. Wäre das aber wirklich die bessere Lösung?

Und ausgerechnet Biedenkopf sieht das nun anders. Jener Biedenkopf, der zu seiner Zeit als sächsischer MP extrem selbstherrlich agiert hat. Was hätte der wohl mit einem sächsichen CDU-MdL gemacht, der bei der MP-Wahl nicht für "König Kurt" gestimmt hätte?


Im übrigen finde ich auch immer wieder bedenklich, wie der Bundespräsident von vielen Leuten gesehen wird: als "weiser Mann", der über den Parteien stehend das ganze Volk repräsentieren soll. Wer den Präsidenten kritisiert begeht in diesem Weltbild schon fast Majestätsbeleidung.
Am Ende haben manche sogar der SPD vorgeworfen, bei seiner zweiten Wahl einen Gegenkandidaten zu Köhler aufgestellt zu haben.
Fast so als sei es unschicklich, einen Präsidenten abzuwählen.
Also bitte! Wir leben in einer Demokratie, es gibt keinen Monarchen mehr und jedes Amt unterliegt dem demokratischen Wettstreit.
Der Präsident agiert (in den von der Verfassung vorgesehenen Fällen) hoch politisch und deshalb ist es auch gut und richtig, dass seine Wahl ein politischer Prozess ist.

Leser2009 ( gelöscht )
Beiträge:

19.06.2010 11:30
#4 RE: Zitat des Tages: Schipanskis Erfahrungen, Biedenkopfs Ausweg Antworten

Ist schon ein Herzchen, unser Biedenkopf, dieser Querdenker und Visionär.

„... wirft nicht nur ein bezeichnendes Licht auf den schwindenden Respekt vor den grundlegenden Prinzipien unserer Verfassung und ihrer Institutionen. Es lässt auch das Ausmaß der Relativierungen erkennen, denen der Inhalt und die Bindungswirkung der Verfassungseinrichtungen ausgesetzt sind. Zwischen diesem Prozess, dessen Beginn über viele Jahre zurückverfolgt werden kann, und der wachsenden Distanz der Bevölkerung bestehen durchaus Zusammenhänge.“

Womit er ja recht hat - und mit seiner Person ein hervorragendes Beispiel liefert.

Für sich isoliert betrachtet sind seine Reden wirklich toll. Nur an der Realität darf man sie nicht spiegeln.
Es gibt wohl keinen zeitgenössischen Politiker der es so wie Biedenkopf darauf anlegt, genau das Gegenteil von dem zu tun, was er in seinen Sonntagsreden verkündet.

Kann sein, dass Biedenkopf ganz früher mal ein idealer Bundespräsident gewesen wäre. Nach seinen Kapriolen in Sachsen kann davon keine Rede mehr sein.
Oder wie soll das gehen, ein Präsident der ganz offen Recht und Gesetz verletzt, und der sich weigert dazu Rechenschaft abzulegen?
Selbst in Sachsen kam er am Ende mit seinem „dazu sage ich nichts“ nicht mehr durch. Mit der Hundertmillionenbetrügerei Paunsdorf-Center in der Vita ist es als Bundespräsident jedenfalls nicht mal ansatzweise geeignet.

Techniknörgler Offline



Beiträge: 2.738

19.06.2010 20:46
#5 RE: Zitat des Tages: Schipanskis Erfahrungen, Biedenkopfs Ausweg Antworten

"Union und FDP wollen, wie "Spiegel-Online" schon am 7. Juni berichtete, "fast ausschließlich Parteisoldaten" in die Bundesversammlung entsenden."

Willst du dich hier wirklich auf SPON verlassen oder geht es dir hier um die Außenwirkung? Im letzteren Falle sollte man natürlich bedenken, dass SPON immer ein Haar in der Suppe finden wird!

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

21.06.2010 10:55
#6 RE: Zitat des Tages: Schipanskis Erfahrungen, Biedenkopfs Ausweg Antworten

Zitat von Zettel
Kurt Biedenkopf ist einer der klügsten Köpfe - und einer der integersten Charaktere ...


Klug ist Biedenkopf zweifellos - integer nicht. Dazu hat er zu viele Affären auf dem Buckel, dazu war insbesondere sein Abgang als MP zu peinlich.

Und wenn man über das politische System in Deutschland niveauvoll diskutieren will, dann brauche ich dazu nicht die Heuchelei eines Machtpolitikers, der viele Jahre genau das praktiziert hat, was er jetzt kritisiert.

Überhaupt nerven mich die Polit-Zombies wie Biedenkopf, Blüm, Baum, Geißler, Hamm-Brücher, die eigentlich gar nichts mehr zu sagen haben (formal wie inhaltlich), aber sich immer gerne den linken Medien andienen, um mit Kritik an den eigenen Leuten noch einmal in die Schlagzeilen zu kommen.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

21.06.2010 12:36
#7 RE: Zitat des Tages: Schipanskis Erfahrungen, Biedenkopfs Ausweg Antworten

Zitat von R.A.

Zitat von Zettel
Kurt Biedenkopf ist einer der klügsten Köpfe - und einer der integersten Charaktere ...


Klug ist Biedenkopf zweifellos - integer nicht. Dazu hat er zu viele Affären auf dem Buckel, dazu war insbesondere sein Abgang als MP zu peinlich.



Ich kenne ihn seit 1966. Er ist integer.

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

21.06.2010 12:52
#8 RE: Zitat des Tages: Schipanskis Erfahrungen, Biedenkopfs Ausweg Antworten

Zitat von Zettel
Ich kenne ihn seit 1966. Er ist integer.


Da ich die Gegenposition nur aus Presseberichten kenne (und über deren Qualitätsmängel haben wir oft genug geredet), akzeptiere ich Ihr aus persönlicher Sicht gewonnenes Urteil als das qualifiziertere.

Nur die Nachfrage: Bezieht sich dieses persönliche Urteil auch auf die Spätzeit als MP?
Wäre ja denkbar, daß er 1966ff noch völlig integer war, aber später dann "abgehoben" hat.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

21.06.2010 13:02
#9 RE: Zitat des Tages: Schipanskis Erfahrungen, Biedenkopfs Ausweg Antworten

Zitat von R.A.
Nur die Nachfrage: Bezieht sich dieses persönliche Urteil auch auf die Spätzeit als MP?

Nein, es hat sich gebildet, als er Rektor der Ruhr-Universität Bochum war. Es gibt aber gemeinsame Bekannte, die auch danach mein Urteil bestätigt haben.

Herzlich, Zettel

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