Welche Rechte hat man in den USA, wenn man von der Polizei festgenommen wird? So viele, daß selbst kleinste Einschränkungen die Kritiker auf den Plan rufen.
Was mich an diesem Satz: Alles was sie sagen kann und wird in einem Gerichtsverfahren gegen sie verwendet werden schon immer irritiert hat:
Wenn es "nur" gegen mich verwendet werden "kann", wieso also noch das strengere "wird". Wenn aber alles eh gegen mich verwendet "wird", wieso braucht es dann noch das "kann"? Eines von beiden würde dich ausreichen, oder?
Oder stehe ich mal wieder im Wald und sehe den Wald vor lauter Bäumen nicht?
Zitat von NepumukWas mich an diesem Satz: Alles was sie sagen kann und wird in einem Gerichtsverfahren gegen sie verwendet werden schon immer irritiert hat:
Wenn es "nur" gegen mich verwendet werden "kann", wieso also noch das strengere "wird". Wenn aber alles eh gegen mich verwendet "wird", wieso braucht es dann noch das "kann"? Eines von beiden würde dich ausreichen, oder? Oder stehe ich mal wieder im Wald und sehe den Wald vor lauter Bäumen nicht?
Ich stimme Ihnen vollkommen zu, lieber Nepumuk. Mir hat sich sozusagen - wie man früher formulierte - "die Feder gesträubt", als ich das übersetzen mußte.
Übrigens auch bei dem Satz "You have the right to use any of these rights at any time you want during this interview".
Häh? Wenn man ein Recht hat, muß man dann auch noch zusätzlich das Recht haben, von diesem Recht Gebrauch zu machen?
Danke lieber Zettel, ich dachte schon es liegt an mir...
Also diesen Satz verstehe ich so, dass ich jederzeit das Recht habe es mir anders zu überlegen. Nehmen wir an, am Anfang des Gespräch/Verhör will ich keinen Anwalt, während des Gespräch/Verhör kommen mir zweifel und ich will einen. Nun könnte ein Polizist mir gegenüber argumentieren, dass ich am Anfang die Wahlmöglichkeit hatte und mich gegen einen Anwalt entschieden habe und auch jetzt auf einen Verzichten muss. Wahrscheinlich will man mit diesem Satz eine solche Situation vermeiden. Aber das ist nur eine Vermutung...
Zitat von NepumukWas mich an diesem Satz: Alles was sie sagen kann und wird in einem Gerichtsverfahren gegen sie verwendet werden schon immer irritiert hat: Wenn es "nur" gegen mich verwendet werden "kann", wieso also noch das strengere "wird".
das harte "wird" würde das Gericht mit "shall" bezeichnen. Mit "will" meint das Gericht frei übersetzt "wird wahrscheinlich". Daher müsste es frei übersetzt heißen: "Alles was sie sagen, kann und wird wahrscheinlich auch vor Gericht gegen Sie verwendet werden". Das kann man im Deutschen auch so sagen. Natürlich könnte man es kürzer fassen, aber Miranda ist ja dazu gedacht, daß jeder verstehen soll, was die Folge ist, wenn man sein Recht auf Schweigen aufgibt. Es gibt ja Jurisdiktionen, da ist die Belehrungsformel noch umfangreicher und in Grenzstaaten wird oft sogar gefragt, ob man überhaupt des Englischen mächtig ist. Miranda wird ja auch routinemäßig auf spanisch vorgebetet (ja, ich gucke regelmäßig http://en.wikipedia.org/wiki/COPS_%28TV_series%29 ;))
ich würde sogar sagen, "kann und will" ist schlicht falsch übersetzt, weil das Gericht es eben nicht so gemeint hat. Die Aussagen müssen nicht verwendet werden (der StA hat in den USA ja überhaupt Anklagefreiheit), aber sie werden wahrscheinlich, also sollte sich der Verdächtige schon mal darauf einstellen.
Ein Rechtsprofessor hält dort eine sehr informative und kurzweilige Vorlesung zum "5th Amendment" (dass das Recht, die Aussage zu verweigern festhält).
Wirklich sehr interessant und im Kern wohl auch auf Deutschland übertragbar. Seine Hauptthese ist: NIEMALS unter keinen Umständen sollte man eine Aussage gegenüber der Polizei machen.
Er weist nach, warum es ausnahmslos NIE etwas bringt eine Aussage zu machen und fast immer schadet. Auch und gerade dann, wenn man unschuldig ist. Dazu gibt es schöne Beispiele. Etwa für folgende Thesen: > Man kann sich schaden, selbst wenn man der Polizei nur Dinge sagt, die diese eh schon weis. > Man kann sich schaden, wenn man unschuldig ist und ausschließlich die Wahrheit sagt, selbst wenn die Aussagen für sich genommen überhaupt nicht belastend sind.
Danach spricht auch noch ein Polizist, der ein paar Hintergründe zu Miranda erklärt.
Zitat von Austrianich würde sogar sagen, "kann und will" ist schlicht falsch übersetzt, weil das Gericht es eben nicht so gemeint hat. Die Aussagen müssen nicht verwendet werden (der StA hat in den USA ja überhaupt Anklagefreiheit), aber sie werden wahrscheinlich, also sollte sich der Verdächtige schon mal darauf einstellen.
"Kann und will" wäre in der Tat falsch übersetzt, lieber Austrian.
Ansonsten Dank für Ihre Aufklärung. Allerdings will mir "can and will" immer noch recht redundant erscheinen; denn für den Festgenommenen ist ja nur wesentlich, daß seine Aussagen gegen ihn verwendet werden können.
Ob das dann tatsächlich geschieht, ist logischerweise offen. Beispielsweise könnten sie sich ja auch allesamt als entlastend erweisen.
Zitat von FlorianSeine Hauptthese ist: NIEMALS unter keinen Umständen sollte man eine Aussage gegenüber der Polizei machen.
Dazu eine kleine biographische Anekdote:
Meine Mutter hatte uns Kindern das auch so eingebleut, und ich hatte es mir einbleuen lassen.
Als ich im ersten Semester in Tübingen studierte, bin ich, die Gründe tun nichts zur Sache, einmal eine ganze Nacht lang von Tübingen nach Stuttgart gewandert; auf der B 27 immer schön den Schönbuch lang.
Morgens war ich am Hauptbahnhof, natürlich etwas müde, und bin dort im Wartesaal Dritter Klasse (so hieß das damals) eingeschlafen, übernächtigt und unrasiert. Ich wurde von zwei Polizisten geweckt, die mich erst einmal auf die Wache mitnahmen und - ganz ohne Miranda-Aufklärung - wissen wollten, wie ich denn dorthin gekommen sei, wieso ich keine Fahrkarte hätte usw.
Ich erinnerte mich an den Rat meiner Mutter und erklärte, die Aussage zu verweigern.
Daraufhin wurde ich einer Leibesvisitation unterzogen, und die Polizisten fanden u.a. den sogenannten "Würmeling"; den Ausweis, mit dem man als Sproß einer "kinderreichen Familie" zum halben Preis mit der Bahn fahren durfte. Dort war alles verzeichnet - nicht nur meine Adresse, sondern auch die meiner Eltern, einschließlich der Telefonnummer der Praxis meines Vaters.
Die Polizisten riefen dort an. Mein Vater war mitten in seiner Sprechstunde und erfuhr: "Hier Bahnpolizei Stuttgart. Wir haben Ihren Sohn aufgegriffen". Er soll leichenblaß geworden und fast umgefallen sein.
So viel zu dem guten Rat, stets die Aussage zu verweigern.
Es geht bei diesem Rat wohl eher darum, eine Veruteilung (zu Unrecht) wegen einer schweren Straftat zu vermeiden. Und da ist es eben immer gut, die Aussage zu verweigern.
In Ihrem Beispiel: Wer weiß, vielleicht wurde in dieser Nacht entlang der B27 ein Mord begangen und es gab eine Zeugenaussage, die auf einen jungen, etwas verwahrlost () wirkenden Mann hindeutet? Solange Sie nicht wissen, welche Straftat Ihnen vorgeworfen werden KÖNNTE (und abschließend können Sie das nie wissen) ist es daher immer besser, erst einmal nichts zu sagen.
Soweit ich weiß, darf man in Deutschland die Aussage nicht verweigern, es sei denn, man ist schon verdächtig. Das führt dann dazu, dass die Polizei Leute, die sie drankriegen will, oft erst einmal als Zeugen verhört und wartet, bis die sich verplappern. Ist zumindest bei meinen Erfahrungen mit BtMG und Konsorten so gewesen.
Nein, da hast Du nicht recht. Man ist überhaupt nicht verpflichtet, vor der Polizei eine Aussage zu machen. Auch nicht als Zeuge. Man muss auch einer polizeilichen Vorladung als Zeuge nicht nachkommen.
Eine Aussage als Zeuge muss man nur vor Gericht machen oder nach einer Vorladung durch den Staatsanwalt. Aber wenn man vom Staatsanwalt vernommen wird, empfiehlt es sich ohnehin, vorab schon einmal einen Anwalt zu konsultieren.
Ja, Polizei und Staatsanwaltschaft haben da zusammengearbeitet. Wer bei der Polizei nichts gesagt hat, ist halt dann nochmal von der Staatsanwältin geladen worden.
Wer weiß, vielleicht wurde in dieser Nacht entlang der B27 ein Mord begangen und es gab eine Zeugenaussage, die auf einen jungen, etwas verwahrlost () wirkenden Mann hindeutet?
Neinein, ich hatte ja die Aussage verweigert. Die Bahnpolizei wußte ja gerade nicht, wie und wo ich die Nacht verbracht hatte. Das eben war deren Problem.
Zitat von FlorianSolange Sie nicht wissen, welche Straftat Ihnen vorgeworfen werden KÖNNTE (und abschließend können Sie das nie wissen) ist es daher immer besser, erst einmal nichts zu sagen.
In diesem Fall ging es ja nur um das, was man wohl "Personenkontrolle" nennt. Ich saß übernächtigt im Wartesaal, ohne Fahrkarte. Also war - jedenfalls war das damals so, es ging ja nicht so liberal zu wie in Arizona - ich der Polizei allgemein verdächtig, ohne irgendeinen konkreten Vorwurf.
Als ich übrigens, nachdem mir klargeworden war, was ich meinem Vater angetan hatte (er hatte sich mit mir verbinden lassen und seinem Entsetzen Ausdruck verliehen), den Bahnpolizisten erzählte, wie ich nach Stuttgart gekommen war - nämlich indem ich die Nacht über von Tübingen aus gelaufen war - , hielten diese das, wie man sich denken kann, für eine sehr dumme Schutzbehauptung. Aber da sie natürlich nichts in der Hand hatten, durfte ich bald wieder gehen.
Und habe mir als erstes eine Fahrkarte nach Tübingen gekauft.
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