Sie sind vermutlich noch nicht im Forum angemeldet - Klicken Sie hier um sich kostenlos anzumelden  

ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



Sie können sich hier anmelden
Dieses Thema hat 41 Antworten
und wurde 1.543 mal aufgerufen
 Aktuell im Web
Seiten 1 | 2
C. Offline




Beiträge: 2.639

05.10.2010 11:23
#26 RE: Wilders in Berlin Antworten

Lieber Ungelt,

ich habe auch keinerlei Probleme damit Wilders als einen Liberalen zu sehen, daran ändert seine Forderung nach einem Verbot des Korans nichts. Ich schließe mich hier janas meinung an, dass es sich um eine gelungene Provokation handelt, die in dem Zusammenhang, in der sie getätigt wurde, auch verständlich ist.

Trotzdem kann das Verbot von Büchern (Meinungen, Computerspielen, Bombenbastelanleitungen etc.) niemals im Interesse einer aufgeklärten Gesellschaft sein, selbst wenn sie sich explizit gegen diese Gesellschaft wenden oder gar zu ihrere Vernichtung aufrufen. Wer für Meinungsfreiheit ist, sol sich auch für die Möglichkeit der Äußerung der Meinungen einsetzen, die er am meisten verabscheut (frei nach Chomsky)


Hinzu kommt, dass das über das Internet jeder (noch so absurde) Gedanke Verbreitung und Anhänger finden kann, wenn von drastischen Eingriffen abgesehen wird, gegen die wir wohl alle sind. ("Mein Kampf" gibt es zum Beispiel bei Radio Islam.)

Der Koran an sich in Buchform ist harmlos, er kann einem höchstens auf den Kopf fallen oder man kann darüber stolpern, wenn man unachtsam ist. Von jemandem,der in seinem stillen Kämmerlein den Koran studiert, geht keine Gefahr aus. Anders sieht es aus, wenn es nicht nur bei Studium oder meinetwegen Gebet bleibt, sondern der Koran als Handlungsanleitung verstanden wird und Handlungen durchgeführt werden, die gegen die Gesetze der Gesellschaft gerichtet sind. So schreibt SpOn: Hassprediger ruft zum Köpfen von Wilders auf

Zitat von Hassprediger
"Wer unsere Lehre verspottet, über den Islam lacht und ihn erniedrigt, muss getötet werden, enthauptet ihn, hackt ihm seinen Kopf ab!"



So sieht es allerdings Koran und Sunna vor und es besteht Konsens unter den Gelehrten. Mit einem Verbot des Buches, das lediglich eine Niederschrift darstellt, ist es hier sicherlich nicht getan, auch nicht mit Ausweisung von Hasspredigern, wie es sich Gabriel vorstellt oder mit der lapidaren Feststellung, dass der Islam zu Deutschland gehört, wie es Wulff macht.

Natürlich ist Wilders nicht so weltfremd wie Wulff, Merkel und Gabriel, allerdings ist seine Verbotsforderung weltfremd und lenkt von seinen eigentlichen Anliegen ab. Treffend zum Stand der Diskussion in Deutschland der Islamwissenschaftler Gerd-Rüdiger Puin:

Zitat von Saarbrücker Zeitung
In der Debatte um die Rolle von Muslimen in Deutschland wirft der Saarbrücker Islamwissenschaftler Gerd-Rüdiger Puin Bundespräsident Christian Wulff "Wunschdenken" vor. "Die ganze Debatte ist weltfremd, weil es keine kritische Haltung gegenüber dem Islam in Deutschland gibt", sagte Puin der "Saarbrücker Zeitung" (Dienstagausgabe). Hauptgrund dafür sei, "dass keiner weiß, was überhaupt im Koran steht", erklärte Puin: "Dort gibt es kein einziges nettes Wort über die ,Ungläubigen', aber 300 Verse, die ihnen das Schlimmste auf Erden und im Himmel androhen." Die Kritik an den Thesen des Ex-Bundesbankers Thilo Sarrazin habe gezeigt, "dass es sinnlos ist, sich mit Argumenten auseinander zu setzen, die gewisse Defizite auf muslimischer Seite aufzeigen - da ist man schnell in der rechten Ecke".



Da hat er recht, der Herr Puin und so geht dann die Beschimpfung eines demokratisch gewählten Abgeordneten quer durch das deutsche politische Spektrum:

Zitat von taz
Hiesige Politiker konterten: Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) nannte Wilders einen "Scharlatan". "Ratschläge von zwielichtigen Figuren aus den Niederlanden laufen unserem Bemühen zuwider, die Integration muslimischer Mitbürger zu fördern", sagte Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP). Rechtspopulistische Angriffe zielten auf eine Spaltung der Gesellschaft. Und Jürgen Trittin (Grüne) nannte den Auftritt Wilders einen Affront gegen die weltoffene Tradition Berlins.



Diese Äußerungen zeigen deutlich auf welcher Seite der Grenze die Scharlatane sitzen und das ist mit Sicherheit nicht die Niederlande.

http://www.iceagenow.com/

Nola ( gelöscht )
Beiträge:

05.10.2010 11:51
#27 RE: Wilders in Berlin Antworten

Zitat
Zitat C.
Diese Äußerungen zeigen deutlich auf welcher Seite der Grenze die Scharlatane sitzen und das ist mit Sicherheit nicht die Niederlande.



wie hier zu lesen:

Zitat
Staatsministerin Maria Böhmer CDU:
„Niemand von Ihnen hat seine alte Heimat oder die Heimat seiner Eltern vergessen, niemand hat die Traditionen, die Lieder, die Bräuche, die Kultur komplett zurückgelassen.
Ich bitte Sie: Pflegen Sie auch diese Kultur, geben Sie sie weiter. Wir möchten an Ihren Erfahrungen teilhaben, wir möchten auch von Ihnen lernen.“Zitat
PRESSE- UND INFORMATIONSAMT DER BUNDESREGIERUNG
PRESSEMITTEILUNG NR.: 202
Di, 12.05.2009



Ich nicht !

♥lich Nola

Ungelt ( gelöscht )
Beiträge:

05.10.2010 13:57
#28 RE: Wilders in Berlin Antworten

Zitat von C.
Trotzdem kann das Verbot von Büchern (Meinungen, Computerspielen, Bombenbastelanleitungen etc.) niemals im Interesse einer aufgeklärten Gesellschaft sein, selbst wenn sie sich explizit gegen diese Gesellschaft wenden oder gar zu ihrere Vernichtung aufrufen...


Liebe C.

danke für die ausführliche Antwort. Ich werde nicht auf Alles eingehen, weil wir da fast immer einer Meinung sind, höchstens würde ich manchmal ein anderes Wort verwenden . Und grundsätzlich - danke für Ihren großen Einsatz. Nur zum Buchverbot also noch:

Es ist schon klar, daß bei genügend krimmineller Energie heute jeder Text beschaffbar ist. Trotzdem würde ich z.B. Anleitungen zum bauen von Bomben nicht frei herumliegen lassen, weil dann auch "dumme Buben" auf solche Gedanken gebracht werden, die sonst eben nicht in der Lage wären, sich irgendetwas Derartiges auszudenken. Ein momentaner Impuls findet auch leichter Nahrung, wenn die geeigneten Befeuerungsmittel immer herumliegen. Aus genau dem gleichen Grund sollte auch ein selbstmordgefährdeter Mensch keine "geeigneten Mittel" griffbereit haben.

Es ist natürlich kein sicheres Mittel, das Bauen von Bomben zu verhindern, es reduziert nur die Anzahl solcher Fälle. Auch das könnte aber für mich schon ein ausreichender Verbotsgrund sein.


Das Verbot eines Buches kann auch als eine politische Stellungnahme "der Mehrheitsgesellschaft" verstanden werden, ein Ausdruck des Willens, die darin enthaltenen Forderungen abzulehnen. Und dieser erklärte Wille kann meiner Meinung nach in manchen Fällen schon dazu führen, bei weniger gefestigten/verhärteten Persönlichkeiten, daß deren weitere Lebensweg positiv beeinflußt wird. Sie können dem entgegenhalten, daß auch genau die entgegengesetzte Reaktion möglich ist, eine Trotzreaktion praktisch. Auch das ist wahr. Für mich sind aber die Wohlmeinenden in diesem Fall wichtiger, auch weil vermutlich zahlreicher.

Jana's Vermutung, daß es sich bei dieser Forderung auch um eine Provokation handeln könnte, ist natürlich auch (als Vermutung) richtig. Das kommt aber auch dem oben Geschriebenem nahe - das "Verbot als Stellungnahme" ist im Prinzip auch eine Provokation. Es hat eben mit dem Willen zu tun. Es zeigt den unentschlossenen, den schwankenden, daß sich die Mehrheit nicht so leicht "unterbuttern läßt". Das sie, die Schwankenden, nicht auf verlorenem Posten stehen, wenn sie sich ihr zuwenden. Eine gezielte Provokation, und eine Demonstration.

Mir ist klar, daß ich mit dieser Meinung in diesem durch Rationalität geprägten Forum damit auf relativ wenig Zustimmung stosse. Dennoch bin ich der Ansicht, daß auch Irrationales auf seine Weise zum Rationalen dazugehört. Es gehört in der Liebe dazu, und es gehört auch im Glauben dazu. Die eigene Heimat hat aber auch etwas mit Liebe, dem Glauben und der Hoffnung zu tun.

Derjenige, der nur rational, transparent und vorhersagbar agiert, ist gegenüber denen, die nicht so denken und handeln, deutlich im Nachteil. Am Beispiel "Stuttgart 21" ist das derzeit gut zu besichtigen.

Herzlich, Ungelt

Ungelt ( gelöscht )
Beiträge:

05.10.2010 14:37
#29 RE: Wilders in Berlin Antworten

Zitat von lukas

Zitat von Ungelt
Das Leben in einem von Gewalt und Drohungen bestimmten Rechtssystem, das uns bei einer fortschreitenden Islamisierung droht, würde ich als eine grundlegende Einschränkung der Freiheit empfinden. Was sage ich Einschränkung, sie ist unter solchen Bedingungen überhaupt nicht vorhanden. Dagegen ist das denkbare Verbot eines zur Gewalt aufrufenden Buches wirklich nur ein Klacks.


Ein Klacks? Der Koran ist ja nicht das einzige Buch, das zur Gewalt aufruft... und darüber hinaus bezweifle ich, dass ein Koranverbot die Islamisierung Europas aufhalten könnte. Wie er sich die Wirksamkeit eines solchen Verbotes vorstellt, hat Wilders, soweit ich weiss, auch nie ausgeführt.



Hallo lucas

ich habe meine Meinung dazu eben recht ausführlich in meiner Antwort auf den Beitrag von C. geschildert. Sie ist unverändert auch für Ihre Einwände gültig.

Herzlich, Ungelt

lukas Offline



Beiträge: 261

06.10.2010 18:56
#30 RE: Wilders in Berlin Antworten

Wenn ich über die Konsequenzen einer solchen Forderung denke, wird mir schon etwas anders zumute, das müssen Sie mir verzeihen: Als Zeichen dessen, dass die Mehrheit der Gesellschaft eine Forderung ablehnt, sollen wir also die Äußerung dieser Forderung verbieten? Wie lange dauert es dann, bis das Sarrazin-Buch verboten ist, die Bücher Mose oder die Junge Freiheit? Diese Macht, die Macht über die Ideen will ich niemandem in die Hand geben, am allerwenigsten dem Staat. Aber wer beim Koran Zensur befürwortet, dem bleiben kaum noch Argumente gegen Zensur in anderen Bereichen.

Herzlich, Lukas

Ungelt ( gelöscht )
Beiträge:

06.10.2010 20:55
#31 RE: Wilders in Berlin Antworten

Zitat von lukas
Wenn ich über die Konsequenzen einer solchen Forderung denke, wird mir schon etwas anders zumute, das müssen Sie mir verzeihen:

Ich würde Ihnen gerne verzeihen, wenn es etwas zum Verzeihen gäbe. Das eine ist Ihre Meinung, das andere eben meine. Vollkommen normale Zustände.

Zitat von lukas
Als Zeichen dessen, dass die Mehrheit der Gesellschaft eine Forderung ablehnt, sollen wir also die Äußerung dieser Forderung verbieten?

Die Mehrheit hat das Recht zu bestimmen, was sie zulassen möchte und was nicht. Zu verbieten, daß ein Buch im Land gedruckt und frei verkauft wird, hat aber nichts damit zu tun, zu verbieten "Forderung zu äußern". Eine Forderung ist eine Forderung, ein Buch ist in diesem Fall aber gleichzeitig auch ein Werbeprodukt für eine Ideologie und ein Instrument zur Unterdrückung. Es geht auch nicht darum, Ideen zu verbieten, die können überhaupt nicht verboten werden. Das Verbot soll, wenn ich Wilders richtig verstehe, ein Signal sein, eine Provokation wenn Sie wollen, mit der eindeutigen Botschaft, daß die Mehrheit den Inhalt dieses Buches ablehnt. Das kann ich nachvollziehen.

Zitat von lukas
Wie lange dauert es dann, bis das Sarrazin-Buch verboten ist, die Bücher Mose oder die Junge Freiheit?

Man kann doch nicht lauter Absolutheiten fordern, nur weil sich jenseits der Absolutheiten ein Kontinuum befindet. Das richtige Maß zu finden, das ist die Aufgabe. Man darf privaten Besitz von Kriegswaffen verbieten, ohne gleichzeitig den Besitz von Messern über 15 cm zu verbieten. Man darf öffenntlichen Sex verbieten, ohne gleichzeitig zu verbieten, daß sich Liebespare im Park umarmen. Usw,usw.

Mit der Forderung nach dem Absoluten hängen Sie meiner Meinung nach einer sehr deutschen Tradition nach, ales hundertprozentig machen zu wollen. Das ist insbesondere in jungen Jahren eine verständliche, verbreitete, idealistische Vorstellung. Meine ist es aber nicht.

"Wehret den Anfängen" ist einer der Sprüche, die dieses Denken ansprechen. "Nie wieder Krieg" ein anderer. Beide halte ich für Propaganda, die je nach Bedarf den in absoluten Kategorien denkenden Menschen um die Ohren gehauen wird.

Unsere derzeitige Situation ist auch das Ergebnis dieses absoluten Denkens. Nachdem ein Teil der Deutschen der Meinung war, daß sie Millionen Menschen im Namen einer Idee umbringen darf, ist jetzt die Deutsche Politik der Meinung, daß sie Einwanderern bzw. Fremden keinen Wunsch abschlagen darf. Man kann nur hoffen, daß das nächste mal der Kurs nicht schon wieder so radikal gewechselt wird, wenn der Leidensdruck irgendwann zu stark wird. Das reale Leben ist kein Ort für absolute Kategorien.

Zitat von lukas
Diese Macht, die Macht über die Ideen will ich niemandem in die Hand geben, am allerwenigsten dem Staat.

Der ach so schlimme Staat ist bei einer funktionierenden Demokratie das Ergebnis des Willens seiner Bürger. Wem wollen Sie denn vertrauen? Und - wir geben dem Staat das Recht nicht, er besitzt es bereits.

Zitat von lukas
Aber wer beim Koran Zensur befürwortet, dem bleiben kaum noch Argumente gegen Zensur in anderen Bereichen.

Eine demokratische Mehrheit braucht keine Argumente, sie ist Keinem Rechenschaft schuldig. Wem gegenüber sollte sie sich den rechtfertigen? Und - wenn ich A sage, muß ich doch noch lange nicht B sagen.

Herzlich, Ungelt

lukas Offline



Beiträge: 261

07.10.2010 02:34
#32 RE: Wilders in Berlin Antworten

Zitat von Ungelt

Zitat von lukas
Wie lange dauert es dann, bis das Sarrazin-Buch verboten ist, die Bücher Mose oder die Junge Freiheit?

Man kann doch nicht lauter Absolutheiten fordern, nur weil sich jenseits der Absolutheiten ein Kontinuum befindet. Das richtige Maß zu finden, das ist die Aufgabe. Man darf privaten Besitz von Kriegswaffen verbieten, ohne gleichzeitig den Besitz von Messern über 15 cm zu verbieten. Man darf öffenntlichen Sex verbieten, ohne gleichzeitig zu verbieten, daß sich Liebespare im Park umarmen. Usw,usw.
Mit der Forderung nach dem Absoluten hängen Sie meiner Meinung nach einer sehr deutschen Tradition nach, ales hundertprozentig machen zu wollen. Das ist insbesondere in jungen Jahren eine verständliche, verbreitete, idealistische Vorstellung. Meine ist es aber nicht.
"Wehret den Anfängen" ist einer der Sprüche, die dieses Denken ansprechen. "Nie wieder Krieg" ein anderer. Beide halte ich für Propaganda, die je nach Bedarf den in absoluten Kategorien denkenden Menschen um die Ohren gehauen wird.




Ich fordere nicht nach dem Absoluten, ich weiss aber auch, dass es in diesem Land Menschen gibt, die, wenn sie könnten, noch ganz anderes verbieten würden. Bisher wird in der deutschen Praxis hauptsächlich mit Bezug auf den Nationalsozialismus zensiert: diese besondere Stellung einer Ideologie ist angesichts der deutschen Geschichte nachzuvollziehen, auch wenn ich das persönlich nicht gutheiße. Bezieht man jetzt auch den Islam/Islamismus in diesen Bann ein, so ist der Damm gebrochen. Jede unpopuläre Meinung ist zum Abschuss freigegeben, wenn sie nur gefährlich genug erscheint. Wohin das -- etwa bei der derzeitigen Klimahysterie -- führen kann, mögen Sie sich selbst ausmalen. So ist die deutsche politische Kultur nun einmal

Zitat von Ungelt

Zitat von lukas
Diese Macht, die Macht über die Ideen will ich niemandem in die Hand geben, am allerwenigsten dem Staat.

Der ach so schlimme Staat ist bei einer funktionierenden Demokratie das Ergebnis des Willens seiner Bürger. Wem wollen Sie denn vertrauen? Und - wir geben dem Staat das Recht nicht, er besitzt es bereits.



Der Staat besitzt das Recht, unbequeme Ideen nach Belieben zu verbieten? Wie meinen Sie das?

Zitat von Ungelt

Zitat von lukas
Aber wer beim Koran Zensur befürwortet, dem bleiben kaum noch Argumente gegen Zensur in anderen Bereichen.

Eine demokratische Mehrheit braucht keine Argumente, sie ist Keinem Rechenschaft schuldig. Wem gegenüber sollte sie sich den rechtfertigen? Und - wenn ich A sage, muß ich doch noch lange nicht B sagen.



Die demokratische Mehrheit bildet sich ihre Meinung im ständigen Widerstreit der Argumente, und da müssen Befürworter wie Gegner eines Vorschlags Rede und Antwort stehen. Wenn Claudia Roth Klimaskepsis unter Strafe stellen will, um ein Zeichen zu setzen -- dieser grauenhafte Todeskult, geboren aus reinem Hass auf das Menschengeschlecht, bedroht das Überleben aller -- was wollen ihr die Koranverbieter antworten?

Herzlich,
Lukas

Ungelt ( gelöscht )
Beiträge:

07.10.2010 10:03
#33 RE: Wilders in Berlin Antworten

Zitat von lucas
Ich fordere nicht nach dem Absoluten, ich weiss aber auch, dass es in diesem Land Menschen gibt, die, wenn sie könnten, noch ganz anderes verbieten würden. Bisher wird in der deutschen Praxis hauptsächlich mit Bezug auf den Nationalsozialismus zensiert: diese besondere Stellung einer Ideologie ist angesichts der deutschen Geschichte nachzuvollziehen, auch wenn ich das persönlich nicht gutheiße. Bezieht man jetzt auch den Islam/Islamismus in diesen Bann ein, so ist der Damm gebrochen. Jede unpopuläre Meinung ist zum Abschuss freigegeben, wenn sie nur gefährlich genug erscheint. Wohin das -- etwa bei der derzeitigen Klimahysterie -- führen kann, mögen Sie sich selbst ausmalen. So ist die deutsche politische Kultur nun einmal


Das ist natürlich eine berechtigte Befürchtung.

Wenn Sie die Diskussion aber zurückverfolgen, werden Sie feststellen, daß es darum ging, ob Wilders noch als Liberaler bezeichnet werden kann, wenn er für Holland ein Koranverbot fordert. Ob er deswegen kritisiert, bzw "abgeschrieben" werden muß, weil er das oben von Gorgasal Zitierte gasagt hatte. Sie schreiben dazu flapsig "Naja... Wer Buecher verbieten will, dem sollte das Wort "Freiheit" nicht so unbedarft von der Zunge gehen". Ich habe ihn verteidigt, und argumentiert, daß ein solches Verbot, bzw. die Forderung eines solchen Verbotes, in Holland oder grundsätzlich einer anderen Demokratie denkbar wäre. Dazu stehe ich immer noch: Wilder darf von Freiheit reden, und gleichzeitig das Verbot eines Buches fordern, das gegen die Freiheit gerichtet ist. Und bei einem Menschen, der täglich sein Leben riskiert, im Interesse von uns allen, von "unbedarfter Zunge" zu reden, ist für mich eine Frechheit. Stellen Sie sich doch erst einmal öffentlich hin und tragen "kritische" Meinungen ungeschützt vor. Dann wäre ich bereit meine Kritik an Ihrer Kritik zurückzunehmen.

Ich habe aber gerade nicht behauptet, daß ein Koranverbot in Deutschland und heute sinnvoll wäre, und daß ich es für Deutschland befürworte. Das wäre eine sehr schwierige Entscheidung, die ich für mich nicht getroffen habe. Und ich beneide Keinen, der sie möglicherwise einmal wird treffen müssen. Die Meinungsbildung in Deutschland und das Parteienspektrum entspricht auch meinem Eindruck nach derzeit eben nicht dem Standard, den ich in einer richtig funktionierenden Demokratie voraussetze. Damit soll nicht gesagt werden, daß es sich nicht um eine Demokratie handelt, nur um Wamba nicht zu beunruhigen.

Ich bin, wie Sie, gegen das Verbot nationalsozialistischer Schriften, weil ich überzeugt bin, daß die Leute in Deutschland aufgeklärt und vernünftig genug sind, damit umzugehen. Der Koran wird aber in den "Parallelgesellschaften" aktuell als Machtinstrument und Symbol verwendet. Es geht, noch einmal, nicht um den Versuch Gedanken zu unterbinden. Es geht nur darum, daß sich die Gesellschaft sichtbar auf die Seite derer stellt, die dem auf sie ausgeübten Druck entkommen wollen. Und auf die Seite der Kinder, die mit diesem Buch seit frühester Kindheit einer Gehirnwäsche unterzogen werden. Manchmal möglicherweise mit den eher friedlichen Versen, manchmal aber auch nicht. Stellen Sie sich die konkreten Situationen vor und vergessen mal die großen Ideen.

Der Anwendung der Religionsfreiheit findet für mich grundsätzlich dort eine Grenze, wo Angehörige anderer Glaubensrichtungen oder Ungläubige verunglimpft werden und Gewalt als Mittel zur Durchsetzung eigener religiöser Vorstellungen gepredigt wir. Das mag in der einen oder anderen Form auch in anderen Glaubensrichtungen vorkommen, nur im Islam "funktioniert" es derzeit aber auch. Nicht alle Moslems sind.. - sie wissen schon.

Möglicherweise haben Sie mich mißverstanden, möglicherweise habe ich mich auch unklar ausgedrückt. Mich würde aber dennoch interessieren, jenseits Ihrer Befürchtungen, ob Sie nicht doch denken, daß diese sichtbare Stellungnahme einer Gesellschaft nicht positive Auswirkungen haben könnte. Ich kann/will mir nicht vorstellen, daß sie dieser Punkt kalt läßt.

Herzlich Ungelt

Ungelt ( gelöscht )
Beiträge:

07.10.2010 10:50
#34 RE: Wilders in Berlin Antworten

Zitat von lukas

Zitat von Ungelt

Zitat von lukas
Diese Macht, die Macht über die Ideen will ich niemandem in die Hand geben, am allerwenigsten dem Staat.

Der ach so schlimme Staat ist bei einer funktionierenden Demokratie das Ergebnis des Willens seiner Bürger. Wem wollen Sie denn vertrauen? Und - wir geben dem Staat das Recht nicht, er besitzt es bereits.


Der Staat besitzt das Recht, unbequeme Ideen nach Belieben zu verbieten? Wie meinen Sie das?



Ich schreibe die ganze Zeit - es geht ja um den Koran - von Büchern und sonstigen Druckwerken, und sie kommen immer mit Ideen. Warum? Weil es sich von allein versteht, daß man Ideen nicht verbieten kann? Eine Idee ist doch etwas Anderes, als eine bebilderte Anleitung zum bauen von Bomben, etwas Anderes als ein Geheimvertrag, etwas Anderes als ein volksverhetzender gedruckter Text. Auch etwas Anderes als ein Text auf einem Display. Man kann aus einer Idee und Papier und Druckerschwärze ein Buch machen, es ist dann aber ein Buch und keine Idee.

Ihre Ideen, wie unbequem oder falsch sie auch sein mögen, kann und wird Ihnen Keiner nehmen. Erst wenn Sie eine Bombenbauanleitung drucken und verteilen, wird der Staat sein Recht Ihnen gegenüber durchsetzen. Völlig zurecht, meine ich. Sowohl daß er das tut, als auch daß er das tut. Ich kann mir dafür keine andere Lösung vorstellen.

Möglicherweise sind Sie aber der Meinung, daß sich alle diese Dinge schon irgendwie automatisch Regeln werden. Dann würde ich Sie gerne an Kallias verweisen, der sich nicht nur damit, aber wohl insbesondere auch damit viel besser auskennt, als ich. Ich schreibe nur meine Meinung, die auf sehr wenig teorethischem Unterbau und etwas Lebenserfahrung beruht.

Herzlich Ungelt

Ungelt ( gelöscht )
Beiträge:

07.10.2010 11:49
#35 RE: Wilders in Berlin Antworten

Zitat von lucas

Zitat von Ungelt

Zitat von lucas
Aber wer beim Koran Zensur befürwortet, dem bleiben kaum noch Argumente gegen Zensur in anderen Bereichen.

Eine demokratische Mehrheit braucht keine Argumente, sie ist Keinem Rechenschaft schuldig. Wem gegenüber sollte sie sich den rechtfertigen? Und - wenn ich A sage, muß ich doch noch lange nicht B sagen.


Die demokratische Mehrheit bildet sich ihre Meinung im ständigen Widerstreit der Argumente, und da müssen Befürworter wie Gegner eines Vorschlags Rede und Antwort stehen. Wenn Claudia Roth Klimaskepsis unter Strafe stellen will, um ein Zeichen zu setzen -- dieser grauenhafte Todeskult, geboren aus reinem Hass auf das Menschengeschlecht, bedroht das Überleben aller -- was wollen ihr die Koranverbieter antworten?



Wir reden hier wohl von zwei verschiedenen Dingen.

Ich meinte, daß das Land, oder eben die parlamentarische Mehrheit, nicht gezwungen ist, ein Buch zu verbieten, nur weil ein anderes Buch verboten wurde. Die, die darüber entscheiden, sollten auf Ihr Gewissen hören und unabhängig auf den Einzelfall bezogen entscheiden.

Daß man damit in der Diskussion im Vorfeld der Entscheidung operieren kann, ist natürlich richtig. Man DARF aber, was die "Verbotswürdigkeit" bestimmter Bücher betrifft, durchaus unterschiedlicher Meinung sein und auch Claudia Roth durchaus widersprechen. Es bleibt, das gebe ich zu, leider das Problem der massiven Manipulation der Leute durch die "noch etablierten Medien". Deswegen beziehe ich mich hier in meiner Argumentation aber gerade nicht auf Deutschland, sondern auf eine "teorethische Musterdemokratie". (Es ist auch nicht angebracht, Wilders' Meinungsäußerung auf Deutschland zu beziehen, warum auch?)

Meine Überlegungen sind hier grundsätzlicher. Ich gehe auch davon aus, daß die Lage in Deutschland nicht ewig so bleiben wird, wie sie im Moment ist. (Ja, liebe C., ich glaube an den Nikolaus, und auch den Osterhasen, und zwar in Personalunion! )

Herzlich, Ungelt

lukas Offline



Beiträge: 261

07.10.2010 23:15
#36 RE: Wilders in Berlin Antworten

Vielen Dank für die ausführlichen Erwiderungen! Ich werde mir das alles beizeiten durchlesen und darauf antworten, aber da ich gerade erst von der Arbeit heimgekommen bin, muss das wohl bis zum Wochenende warten.

Herzlich,
Lukas

Uwe Richard Offline



Beiträge: 1.255

09.10.2010 21:45
#37 RE: Wilders in Berlin Antworten

Lieber Ungelt,

meine ursprüngliche Antwort

Zitat von Uwe Richard
Genau das Gegenteil scheint mir richtig zu sein; denn wäre Deutschland ein halbwegs liberaler Staat, hätten wir des Problems (Manche Muslime und den Koran betreffend) gar nicht.

sollte sich eigentlich auf Ihre Diskussion mit lukas, bezüglich der Einschränkung von Meinungsfreiheit in Form des Verbietens bestimmter Äußerungen in Wort und Schrift beziehen. Da habe ich zugegebenermaßen nicht sauber und eindeutig formuliert.

Als ich dann von Gorgasal ein

Zitat von Gorgasal
Das ist ein interessanter Standpunkt. Wollen Sie uns den erläutern?

zurückbekam, habe ich das als eine blasierte, oberlehrerhafte Antwort interprätiert und entsprechend flapsig mit

Zitat von Uwe Richard
Da ich ein recht schreibfauler Mensch bin, soll hier ein Verweis auf Murray M. Rothbard und die Eigentumsrechte genügen.

per Schnellschuss beantwortet.

Nachdem ich nun einige Tage das Für und Wider abgewägt habe, habe ich mich zu der Ansicht durchgerungen, dass es unhöflich und Ihnen (und Gorgasal) gegenüber nicht gerecht wäre, nicht zu antworten.

Und ja, ich habe eine etwas andere Auffassung von Liberalität, als dass ich eine durch ihre Beliebigkeit gekennzeichnete deutsche Einwanderungspolitik als liberal bezeichnen würde. Denn: Was ist liberal an der Auffassung, daß bei der Einwanderung die Ausbildung und die Fähigkeit für den eigenen Lebensunterhalt zu sorgen unbeachtet geblieben ist, und die enstehenden Kosten sozialisiert wurden und werden.

Auch ich habe von Murray nicht viel gelesen, doch glaube ich ihn richtig zu interpretieren, wenn ich sage, dass er alle Rechte, einschließlich der Menschenrechte (das Individuum ist Selbstbesitzer), als Eigentumsrechte auffasst, um ein in sich stimmiges System aufzubauen. In diesem System ist dann alles erlaubt -- von Bestechung bis Verleumdung -- wenn es diesen Eigentumsrechten nicht widerspricht. Was moralisch falsch oder richtig ist, steht natürlich auf einem anderen Blatt. Aber moralisches Handeln sollte sich ja auch nicht mittels Gesetzen einfordern lassen.


Mit freundlichem Gruß

--
„Die Wahrheit ist dem Menschen zumutbar“ – sagt Ingeborg Bachmann

Uwe Richard Offline



Beiträge: 1.255

09.10.2010 22:34
#38 RE: Wilders in Berlin Antworten

Zitat von Gorgasal
Und möglicherweise liegt meine Rothbard-Lektüre jetzt schon zu lange her, aber bei der Kausalkette "liberalerer Staat -> weniger Probleme mit manchen Muslimen" könnte ich mir wirklich nicht einmal vorstellen, wie Rothbard hier argumentieren würde.

Natürlich weiß auch ich nicht, wie Rothbard argumentieren würde, ich jedoch argumentiere so: Es ist vollkommen egal, ob ein Muslim oder ein Nichtmuslim etwas tut; jedenfalls sollte es egal sein -- rechtlich betrachtet.

Mit freundlichem Gruß

--
„Die Wahrheit ist dem Menschen zumutbar“ – sagt Ingeborg Bachmann

lukas Offline



Beiträge: 261

10.10.2010 15:20
#39 RE: Wilders in Berlin Antworten

Natürlich kann ein wohlbegründetes Koranverbot auch in einer Spielart des Liberalismus seinen Platz finden (auch wenn mir das Bauchschmerzen bereitet), aber die populistische Art, wie Wilders das fordert, ist, meine ich, mit einer freiheitlichen Gesinnung nicht leicht zu vereinbaren*. Er appelliert an das Bauchgefühl seiner Landsleute, die Angst vor dem Islam, Angst vor der Islamisierung, und Angst vor Überfremdung** haben. Diese Angst ist berechtigt, aber Angst ist ein schlechter Ratgeber. Wer in Panik blind nach dem Gegner schlägt, hat in einem Kampf keine besonders guten Chancen.

Dass ich Wilders' Mut nicht hätte, gebe ich gerne zu, aber darf ich ihn nicht dennoch kritisieren, wo ich denke, dass er falsch liegt?

Der Koran wird, wie Sie richtig andeuten, in Teilen der Gesellschaft als eine Art Fetisch zur Unterdrückung verwendet, aber das würde er auch (eher noch stärker), wenn wir ihn verböten. Stattdessen sollten wir lieber, wie wir es ja auch bei anderen repressiven pseudoreligiösen Parallelgesellschaften tun, Angebote für Aussteiger schaffen. Auch die saudischen Agenten, die unter dem Deckmantel der Religion in unseren Moscheen agitieren, können wir ausweisen. Wir können diejenigen westlichen Staaten, in denen die Integration der Muslime besser funktioniert, untersuchen und uns ihre Methoden zu eigen machen.

Es gibt vieles, was wir gegen den radikalen Islam tun könnten, ohne die Traditionen des wehrhaften demokratischen Rechtsstaats zu verlassen. Ein (ohnehin kontraproduktives) Koranverbot gehört nicht dazu.

* Das Koranverbot ist leider nicht die einzige Frage, wo ich dieses unüberlegte Vorpreschen bei der PVV feststellen muss. So fordert sie auch, den niederländischen Arbeitsmarkt für Menschen aus den EU-Ländern Osteuropas zu schließen. Das Rentenalter soll bei 65 (und keinen Tag später) bleiben... als ob man den Wohlfahrtsstaat durch Begrenzung der Zuwanderung retten könnte!

** Ich verwende dieses Nazi-Schlagwort ungern, aber mir fällt kein besseres ein, um den Sachverhalt, nämlich die schleichende Unterwanderung westlicher Grundwerte durch Einwanderung aus anderen Kulturen, zu beschreiben.

Ungelt ( gelöscht )
Beiträge:

10.10.2010 16:57
#40 RE: Wilders in Berlin Antworten

Hallo lukas,

ich bedanke mich für die Antwort und auch die offene Art der Argumentation.

Zitat von lukas
Natürlich kann ein wohlbegründetes Koranverbot auch in einer Spielart des Liberalismus seinen Platz finden (auch wenn mir das Bauchschmerzen bereitet),

Die Bauschmerzen kann ich gut nachvollziehen, wir alle befinden uns in einer Umbruchphase, in der es darauf ankommt, nicht aus dem einen Extrem in ein anderes zu verfallen, aber auch darauf, nicht in alten, widerlegten Denkmustern stecken zu bleiben. Das kann schon mal Bauschmerzen bereiten, ich kenne es auch.

Zitat von lukas
...aber die populistische Art, wie Wilders das fordert, ist, meine ich, mit einer freiheitlichen Gesinnung nicht leicht zu vereinbaren*. Er appelliert an das Bauchgefühl seiner Landsleute, die Angst vor dem Islam, Angst vor der Islamisierung, und Angst vor Überfremdung** haben. Diese Angst ist berechtigt, aber Angst ist ein schlechter Ratgeber. Wer in Panik blind nach dem Gegner schlägt, hat in einem Kampf keine besonders guten Chancen.

Ich traue mich das nicht zu beurteilen, denn ich spreche nicht holländisch und kenne das Klima und die Arte der politischen Auseinandersetzung dort nicht. Unseren Medien ist diesbezüglich aber erst recht nicht zu trauen. Es bleiben einige übersetzte Artikel, Statements und Tatsachen, und natürlich die Rede vom 2.10. Vergleicht man die vorhandenen Quellen, denkt man eigentlich, es mit zwei unterschiedlichen Menschen zu tun zu haben. Sogar optisch, Sie werden die "dämonischen" Aufnahmen kennen, von unten, mit harter Beleuchtung und sicher auch etwas Photoshop-Nachhilfe.

Ich versuche auch noch zwei Dinge zu berücksichtigen: Er ist ein Politiker, und als solcher ist er auf mediale Präsenz und Wählerstimmen angewiesen. Es gibt sicher genügend Leute, die ähnlich wie er denken, möglicherweise sogar viel klüger sind. Sie haben aber entweder nicht den Mut, diese Gefahr auf sich zu nehmen, oder sie haben nicht das politische Talent. Damit müssen wir leben, auf einen stillen, zurückhaltenden, klugen, die Menschen mitreisenden, mutigen und charismatischen Supermenschen könne wir lange warten.

Es ist auch leicht, im stillen Kämmerlein und in Ruhe irgendwelche Sprüche auf ihren Inhalt abzuklopfen. Es ist aber etwas Anderes, in einer Talkshow oder einer anderen erregten Diskussion immer die genau richtigen Worte zu finden. Wenn ich dies mit einrechne, bin ich froh, daß es ihn gibt und enthalte mich unnötiger Kritik.

Zitat von lukas
Dass ich Wilders' Mut nicht hätte, gebe ich gerne zu, aber darf ich ihn nicht dennoch kritisieren, wo ich denke, dass er falsch liegt?

Sie dürfen alles, was Ihnen das Strafgesetzbuch oder Wamba nicht untersagt. Ich auch

Zitat von lukas
Der Koran wird, wie Sie richtig andeuten, in Teilen der Gesellschaft als eine Art Fetisch zur Unterdrückung verwendet, aber das würde er auch (eher noch stärker), wenn wir ihn verböten.

Darüber, und auch über das Folgende, kann man lange und ausgiebig streiten. Ja, verbotene Früchte schmecken besonders gut, das kenne ich aus meiner Biographie auch sehr gut. Möglicherweise aber insbesondere denen, die ihnen sowieso schon verfallen sind. Den Gegnern könnte es nutzen, wenn sie sich der Unterstützung der Mehrheitsgesellschaft sicher sein könnten. (Die anderen Argumente will ich hier jetzt nicht widerholen.) Ich will an diesem Punkt auch ausdrücklich nicht behaupten, daß ich mir diesbezüglich sicher bin. Ich habe versucht, die zu diesem Standpunkt meiner Meinung nach passenden Argumente vorzubringen. Zusätzlich habe die Meinung vertreten, daß man deswegen Wilders seinen Liberalismus und Freiheitswillen nicht absprechen sollte. Dazu stehe ich auch.

Zitat von lukas
Das Rentenalter soll bei 65 (und keinen Tag später) bleiben...

Das verstehe ich auch nicht, wende aber die oben genannten Gedanken an.

Zitat von lukas
Ich verwende dieses Nazi-Schlagwort ungern, aber mir fällt kein besseres ein,

Das Wort behauptet ja, daß es "irgendwo" eine "Integrations- bzw. Assimilationsgrenze" gibt, und das es hinter dieser Grenze eher ungemütlich sei. Das ist wohl wahr. Was die Verwendung betrifft, meine ich, daß es nicht gesund sein kann, bestimmte Wörter auf den Index zu setzen. Ihr Argument, daß Verbotenes (auch per Selbstzensur) zum Fetisch wird, gilt ja hier auch.

Herzlich, Ungelt

lukas Offline



Beiträge: 261

10.10.2010 18:52
#41 RE: Wilders in Berlin Antworten

Zitat von Ungelt

Zitat von lukas
...aber die populistische Art, wie Wilders das fordert, ist, meine ich, mit einer freiheitlichen Gesinnung nicht leicht zu vereinbaren*. Er appelliert an das Bauchgefühl seiner Landsleute, die Angst vor dem Islam, Angst vor der Islamisierung, und Angst vor Überfremdung** haben. Diese Angst ist berechtigt, aber Angst ist ein schlechter Ratgeber. Wer in Panik blind nach dem Gegner schlägt, hat in einem Kampf keine besonders guten Chancen.

Ich traue mich das nicht zu beurteilen, denn ich spreche nicht holländisch und kenne das Klima und die Arte der politischen Auseinandersetzung dort nicht. Unseren Medien ist diesbezüglich aber erst recht nicht zu trauen. Es bleiben einige übersetzte Artikel, Statements und Tatsachen, und natürlich die Rede vom 2.10. Vergleicht man die vorhandenen Quellen, denkt man eigentlich, es mit zwei unterschiedlichen Menschen zu tun zu haben. Sogar optisch, Sie werden die "dämonischen" Aufnahmen kennen, von unten, mit harter Beleuchtung und sicher auch etwas Photoshop-Nachhilfe.
Ich versuche auch noch zwei Dinge zu berücksichtigen: Er ist ein Politiker, und als solcher ist er auf mediale Präsenz und Wählerstimmen angewiesen. Es gibt sicher genügend Leute, die ähnlich wie er denken, möglicherweise sogar viel klüger sind. Sie haben aber entweder nicht den Mut, diese Gefahr auf sich zu nehmen, oder sie haben nicht das politische Talent. Damit müssen wir leben, auf einen stillen, zurückhaltenden, klugen, die Menschen mitreisenden, mutigen und charismatischen Supermenschen könne wir lange warten.




Vielleicht haben sie Recht, und es stört mich wirklich nur an Wilders, dass er eben Politiker ist. Er ist ja nicht der einzige, bei dem es mir so geht, Christoph Blocher von der SVP ist zum Beispiel auch so einer. Die können wohldurchdachte Reden halten, von denen ich fast jeden Satz unterschreiben könnte, und dann kommen irgendwann solche populistischen Plattitüden, bei denen ich nur noch den Kopf schütteln kann und mich frage, ob ich die vorhergegangenen Aussagen noch ernst nehmen soll.

Zitat von Ungelt

Zitat von lukas
Der Koran wird, wie Sie richtig andeuten, in Teilen der Gesellschaft als eine Art Fetisch zur Unterdrückung verwendet, aber das würde er auch (eher noch stärker), wenn wir ihn verböten.

Darüber, und auch über das Folgende, kann man lange und ausgiebig streiten. Ja, verbotene Früchte schmecken besonders gut, das kenne ich aus meiner Biographie auch sehr gut. Möglicherweise aber insbesondere denen, die ihnen sowieso schon verfallen sind. Den Gegnern könnte es nutzen, wenn sie sich der Unterstützung der Mehrheitsgesellschaft sicher sein könnten. (Die anderen Argumente will ich hier jetzt nicht widerholen.) Ich will an diesem Punkt auch ausdrücklich nicht behaupten, daß ich mir diesbezüglich sicher bin. Ich habe versucht, die zu diesem Standpunkt meiner Meinung nach passenden Argumente vorzubringen. Zusätzlich habe die Meinung vertreten, daß man deswegen Wilders seinen Liberalismus und Freiheitswillen nicht absprechen sollte. Dazu stehe ich auch.



Es geht mir nicht um die verbotenen Früchte, sondern darum, dass der Koran, gerade dort, wo der Islam in der Minderheit ist, für die Muslime ein identitätsstiftendes Symbol ist, ganz gleich erst einmal, was darin steht, so wie es vielleicht im vorreformatorischen Europa ein Kruzifix gewesen sein mag. Es ist unhinterfragter Teil des täglichen Lebens, und es teilt die Welt ganz praktisch in in-group und out-group auf. Ein Koranverbot ist in dieser Weltsicht ein eindeutiges Signal, das bei Schweinefleisch essenden und Alkohol trinkenden Türken ebenso stark wirkt wie auf ihre fundamentalistischen Glaubensgenossen: Ihr seid hier nicht willkommen. Jeder, der sich mit dem Koran als Fetisch identifiziert, wird diese Botschaft so verstehen. Ist das wirklich hilfreich?

Zitat von Ungelt

Zitat von lukas
Ich verwende dieses Nazi-Schlagwort ungern, aber mir fällt kein besseres ein,

Das Wort behauptet ja, daß es "irgendwo" eine "Integrations- bzw. Assimilationsgrenze" gibt, und das es hinter dieser Grenze eher ungemütlich sei. Das ist wohl wahr. Was die Verwendung betrifft, meine ich, daß es nicht gesund sein kann, bestimmte Wörter auf den Index zu setzen. Ihr Argument, daß Verbotenes (auch per Selbstzensur) zum Fetisch wird, gilt ja hier auch.



Sicher, aber das Wort hat Konnotationen, die ich mit der Fußnote entkräften wollte.

Gorgasal Offline




Beiträge: 4.093

11.10.2010 13:10
#42 RE: Wilders in Berlin Antworten

Zitat von Uwe Richard

Zitat von Uwe Richard
Genau das Gegenteil scheint mir richtig zu sein; denn wäre Deutschland ein halbwegs liberaler Staat, hätten wir des Problems (Manche Muslime und den Koran betreffend) gar nicht.


Als ich dann von Gorgasal ein

Zitat von Gorgasal
Das ist ein interessanter Standpunkt. Wollen Sie uns den erläutern?

zurückbekam, habe ich das als eine blasierte, oberlehrerhafte Antwort interprätiert und entsprechend flapsig mit

Zitat von Uwe Richard
Da ich ein recht schreibfauler Mensch bin, soll hier ein Verweis auf Murray M. Rothbard und die Eigentumsrechte genügen.

per Schnellschuss beantwortet.



Es tut mir leid, wenn meine Frage oberlehrerhaft klang - sie war nicht so gemeint. Ich habe tatsächlich nicht verstanden, wie Sie Ihre Aussage meinten, und freue mich, dass Sie das jetzt ein wenig ausführen - und jetzt verstehe ich Sie besser.

Ich frage häufiger nach genaueren Erklärungen, aber nach den seltenen Antworten darauf zu urteilen, scheine ich tatsächlich meistens blasiert-oberlehrerhaft zu klingen. Ich muss an meinen Formulierungen arbeiten.

Zitat von Uwe Richard
Auch ich habe von Murray nicht viel gelesen, doch glaube ich ihn richtig zu interpretieren, wenn ich sage, dass er alle Rechte, einschließlich der Menschenrechte (das Individuum ist Selbstbesitzer), als Eigentumsrechte auffasst, um ein in sich stimmiges System aufzubauen.


Das deckt sich mit meinen Erinnerungen an Rothbard. Wenn ich Sie richtig verstehe, dann meinen Sie mit "Deutschland ein halbwegs liberaler Staat" eine radikale Reduktion von Transferleistungen - mit der erhofften Auswirkung, dass den Leuten nichts anderes als Integration übrig bleibt. Das kann man diskutieren. Aber für besonders realistisch halte ich eine Entwicklung in dieser Richtung nicht.

--
Civilización es la suma de represiones internas y externas impuestas a la expansión informe de un individuo o de una sociedad. - Nicolás Gómez Dávila, Escolios a un Texto Implícito

Seiten 1 | 2
«« Die Reichen
 Sprung  



Bitte beachten Sie diese Forumsregeln: Beiträge, die persönliche Angriffe gegen andere Poster, Unhöflichkeiten oder vulgäre Ausdrücke enthalten, sind nicht erlaubt; ebensowenig Beiträge mit rassistischem, fremdenfeindlichem oder obszönem Inhalt und Äußerungen gegen den demokratischen Rechtsstaat sowie Beiträge, die gegen gesetzliche Bestimmungen verstoßen. Hierzu gehört auch das Verbot von Vollzitaten, wie es durch die aktuelle Rechtsprechung festgelegt ist. Erlaubt ist lediglich das Zitieren weniger Sätze oder kurzer Absätze aus einem durch Copyright geschützten Dokument; und dies nur dann, wenn diese Zitate in einen argumentativen Kontext eingebunden sind. Bilder und Texte dürfen nur hochgeladen werden, wenn sie copyrightfrei sind oder das Copyright bei dem Mitglied liegt, das sie hochlädt. Bitte geben Sie das bei dem hochgeladenen Bild oder Text an. Links können zu einzelnen Artikeln, Abbildungen oder Beiträgen gesetzt werden, aber nicht zur Homepage von Foren, Zeitschriften usw. Bei einem Verstoß wird der betreffende Beitrag gelöscht oder redigiert. Bei einem massiven oder bei wiederholtem Verstoß endet die Mitgliedschaft. Eigene Beiträge dürfen nachträglich in Bezug auf Tippfehler oder stilistisch überarbeitet, aber nicht in ihrer Substanz verändert oder gelöscht werden. Nachträgliche Zusätze, die über derartige orthographische oder stilistische Korrekturen hinausgehen, müssen durch "Edit", "Nachtrag" o.ä. gekennzeichnet werden. Ferner gehört das Einverständnis mit der hier dargelegten Datenschutzerklärung zu den Forumsregeln.



Xobor Xobor Forum Software
Einfach ein eigenes Forum erstellen
Datenschutz