Wenn Dokumente an die Öffentlichkeit gelangen, ist das grundsätzlich begrüßenswert; denn es erlaubt ein fundierteres Urteil, wenn man Details kennt.
Aber es besteht auch die Gefahr, daß - wie bei dem aktuellen Coup von WikiLeaks - die meisten Menschen sich eben gerade nicht mit den Details befassen, sondern nur ihre Vorurteile bestätigt sehen. Dazu diese Marginalie.
Ist das nicht klar? Es war doch immer so. In Vietnam auch: Niemand sagt auch nur einen Ton zu den Verbrechen des Vietcong/der Nordvietnamesen. So auch hier. Im ZDF ("heute", 23.10.2010) hieß es, der SPIEGEL habe die Dokumente analysiert. Da habe ich spontan gedacht (und gepostet, dass das nur heißen kann, das der SPIEGEL die Dokumente auf Material durchforstet hat, das man gegen die USA verwenden kann. Etwas anderes ist weder von unserer Qualitätsjournaille, noch von sonstigen Eliten zu erwarten.
Zitat von heplevIst das nicht klar? Es war doch immer so. In Vietnam auch: Niemand sagt auch nur einen Ton zu den Verbrechen des Vietcong/der Nordvietnamesen. So auch hier.
Ja, das stimmt. Und es werden, wenn man das beanstandet, immer wieder zwei Argumente angeführt: Erstens hätten die Amerikaner angefangen (Was hatten sie in Vietnam zu suchen? Was jetzt im Irak?). Zweitens müßte man an eine zivilisierte Nation andere Maßstäbe anlegen als an Kommunisten bzw. Terroristen.
Das erste Argument stimmt in beiden Fällen schlicht nicht. In Vietnam hatten nicht die Amerikaner "angefangen", sondern die Viet Minh hatten unter dem neuen Namen Viet Kong, kontrolliert durch Nordvietnam, einen Bürgerkrieg gegen die westlich orientierte Regierung Diem begonnen. Teil einer allgemeinen Strategie zur kommunistischen Eroberung Indochinas; begonnen hatte man in Laos. Ich erinnere mich noch, wie ich damals in Time Magazine gelesen habe, daß jetzt auch in Südvietnam die ersten Guerrilla-Überfälle vorgekommen seien.
Ebenso sind nicht die USA für die Gewalt im Irak verantwortlich, sondern es ist die in dem Artikel skizzierte Lage nach der Befreiung von der Diktatur. Wäre diese auf eine andere Weise als durch die Invasion erfolgt, dann wäre die Entwicklung möglicherweise noch viel katastrophaler gewesen; denn die USA haben ja unter großen Opfern versucht, das gegenseitige Morden unter den Irakern (und die Ermordung von Irakern durch eingesickerte Terroristen) zu unterbinden.
Was das zweite Argument angeht, daß man an den Westen und vor allem die USA andere Maßstäbe anlegen müsse: An alle muß man die Maßstäbe der Menschenrechte anlegen. Sind denn die Morde eines Serienmörders weniger abscheulich als eine Tat eines bislang gesetzestreuen Bürgers?
Zitat von heplevIm ZDF ("heute", 23.10.2010) hieß es, der SPIEGEL habe die Dokumente analysiert. Da habe ich spontan gedacht (und gepostet, dass das nur heißen kann, das der SPIEGEL die Dokumente auf Material durchforstet hat, das man gegen die USA verwenden kann.
Jedenfalls ist das die bisherige Reaktion in der Öffentlichkeit. Allerdings war ich überrascht, daß immerhin auch das, was ich im zweiten Teil des Artikels zitiert habe, sogar von "Spiegel-Online" übernommen wurde.
Man hat es jetzt natürlich auch etwas schwerer, weil man Obama ja gut findet. Daß auch dessen Regierung die Veröffentlich massiv kritisiert, sollte vielleicht einigen zu denken geben.
danke für den Beitrag. Es ist schon bemerkenswert wie - zu Recht - kritisch wesliche Journalisten gegenüber den Verlautbarungen der eigenen Regierungen sind und wie wenig Aufmerksamkeit das Verhalten der Gegenseite findet. Das hängt vermutlich auch mit der Tatsache zusammen, dass man einfach wesentlich gefahrloser gegenüber den USA kritisch sein kann. Embedded mit Al Kaida ist wohl nicht so angenehm.
Der Autor war Kommandeur einer Brigade die 2003 und 2006 in den sunnitischen Bezirken Bagdads ihren Dienst versah. Peter Mansoor ist weit davon entfernt Propaganda für die US Truppen zu betreiben, sondern analysiert sehr selbstkritisch Fehler und Versäumnisse an Hand seiner eigenen Erlebnisse. Fog of War wie man ihn sich als Zivilist kaum vorstellen kann. Die Notwendigkeit innerhalb von Sekunden Entscheidungen zu treffen, die weit reichende politische Konsequenzen haben können, in einer Umgebung, die mit Chaos nur unzureichend benannt ist. Er analysiert auch die Rolle der Medien und kam - für mich überraschend - zu dem Schluss, dass die westlichen Medien im großen und ganzen einen guten und verantwortungsvollen Job gemacht haben.
"...sondern die Viet Minh hatten unter dem neuen Namen Viet Kong, kontrolliert durch Nordvietnam, einen Bürgerkrieg gegen die westlich orientierte Regierung Diem begonnen."
Schon aber wenn sich keine "Buerger" finden die gegen die Regierung kaempfen wollen gibt es auch keinen "Buergerkrieg".
"Ebenso sind nicht die USA für die Gewalt im Irak verantwortlich..."
Die Tatsache dass erst die Destabilisierung des Irak die Bedingungen schuf unter denen Al-Qaeda etal sich im Irak festsetzen und ausbreiten konnten hat also damit nichts zu tun?
"An alle muß man die Maßstäbe der Menschenrechte anlegen. Sind denn die Morde eines Serienmörders weniger abscheulich als eine Tat eines bislang gesetzestreuen Bürgers?"
Um ihre Fangfrage (sehr gewitzt uebrigens) zu beantworten: Die USA traten an um Recht, Stabilitaet und Demokratie in den Irak zu bringen (nachdem es mit dem WMD nichts war). Vor nicht allzu langer Zeit konnte man sich bspw ein Video ansehen in dem eine US-Helikoptercrew sich darueber lustig machte wie sie mal eben ein paar wehrlose Zivilisten niederschiesst. Also: Sind die Morde eines Gesetzeshueters nicht noch abscheulicher als die eines Serienmoerders? Und untergraebt eine Mordserie eines Polizisten das Vertrauen und die Achtung der Bevoelkerung nicht wesentlich mehr als eine "normale" Mordserie?
Zitat von john j"...sondern die Viet Minh hatten unter dem neuen Namen Viet Kong, kontrolliert durch Nordvietnam, einen Bürgerkrieg gegen die westlich orientierte Regierung Diem begonnen."
Schon aber wenn sich keine "Buerger" finden die gegen die Regierung kaempfen wollen gibt es auch keinen "Buergerkrieg".
Es finden sich ja leider welche. Jetzt im Irak, wie auch in Afghanistan, junge Männer des youth bulge, die, vor der Wahl stehend, ehrenvoll und gut bezahlt zu kämpfen oder arbeitslos herumzulungern, das Kämpfen wählen. Damals in Indochina die übriggebliebenen Soldaten des Zweiten Weltkriegs.
Zitat von john j"Ebenso sind nicht die USA für die Gewalt im Irak verantwortlich..."
Die Tatsache dass erst die Destabilisierung des Irak die Bedingungen schuf unter denen Al-Qaeda etal sich im Irak festsetzen und ausbreiten konnten hat also damit nichts zu tun?
Die Invasion war, wie geschrieben, der Auslöser, aber nicht die Ursache. Irgendwann wäre Saddam auch ohne sie gestürzt worden, und dann hätten dieselben Kräfte wie jetzt denselben Bürgerkrieg veranstaltet.
Wenn eine Diktatur endet, die ethnische Konflikte mit Gewalt unterbunden hat, dann brechen diese aus. Zu besichtigen im früheren Jugoslawien und früher in Indien und in Palästina nach dem Ende der britischen Herrschaft. Ebenso im Kongo nach dem Ende der belgischen Herrschaft.
Zitat von john j"An alle muß man die Maßstäbe der Menschenrechte anlegen. Sind denn die Morde eines Serienmörders weniger abscheulich als eine Tat eines bislang gesetzestreuen Bürgers?"
Um ihre Fangfrage (sehr gewitzt uebrigens) zu beantworten: Die USA traten an um Recht, Stabilitaet und Demokratie in den Irak zu bringen (nachdem es mit dem WMD nichts war). Vor nicht allzu langer Zeit konnte man sich bspw ein Video ansehen in dem eine US-Helikoptercrew sich darueber lustig machte wie sie mal eben ein paar wehrlose Zivilisten niederschiesst. Also: Sind die Morde eines Gesetzeshueters nicht noch abscheulicher als die eines Serienmoerders?
Nein. Warum sollten sie es sein?
Zitat von john jUnd untergraebt eine Mordserie eines Polizisten das Vertrauen und die Achtung der Bevoelkerung nicht wesentlich mehr als eine "normale" Mordserie?
Falls es ein Einzelfall ist, nicht. Falls das die Polizei habituell macht, ja.
Naja, ich bezweifle wirklich einmal, dass es viele Menschen gibt, die Sympathien für die Terroristen haben und die nicht glauben, dass diese Menschen schreckliches tun (zumindest hier in Europa). Nur, die Standards sind eben verschieden für die "Helfer" und die "Bösen". Bei den irakischen Terroristen erwartet man nichts anders, als das sie abscheuliche Taten begehen, bei den amerikanischen Befreiern erwartet man, dass diese sich nach ihren eigenen Gesetzen ehrenvoll verhalten.
Deshalb ist es aus meiner Sicht auch vollkommen gerechtfertigt, dass hier einmal gezeigt wird, wo Probleme sind und das eben die Besatzung eines Landes nicht ohne große negative Folgen bleibt (für den Feind und die eigenen Leute). Gerade wer sich selbst als Befreier und Heilsbringer aufspielt, muss eben auch höhere Standards der Ethik erfüllen, als jemand der quasi ein moderner Strauchdieb ist und dessen erklärtes Ziel die Zerstörung der Zivilisation ist.
Das macht die Taten der Terroristen keinesfalls besser oder moralisch gerechtfertigter (wenn alles gesagt und getan ist, handelt es sich hier ja nicht um Partisanen sondern um Terroristen) und eventuell wird darauf nicht oft genug hingewiesen oder dies angeprangert. Aber selbst die größten Amerika-Kritiker unter den Deutschen verteidigen nicht die Taten der Terroristen, sondern werfen den USA Zustände vor, die so nicht moralisch zu verantworten sind. Und dies kann man als Korrektiv ansehen und durchaus billigen, ohne darin eine Verharmlosung der Terroristen zu sehen.
Zitat Die Haltung ist doch: "Hier habt ihr geheime Informationen, macht irgendwas draus!" Der durchschnittliche Bürger hat aber doch gar nicht die Zeit um sich durch haufenweise Militärakten durchzuarbeiten mit noch viel mehr militärischen Kürzeln und Ausdrücken. Man muss sich also doch größtenteils verlassen auf fleißige Journalisten. Und damit wären wir wieder beim Problem.
Pressefreiheit führt eben nicht automatisch zu freier, unabhängiger und umfassender Berichterstattung. Was kann das massenhafte Veröffentlichen geheimer Dokumente daran ändern?
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