Eine Anmerkung zu der eigentlich seltsamen Überlegung, einen 38jährigen, der noch zu jung ist, um bayerische Ministerpräsident werden zu können, nach wenige Jahren Erfahrung in der Berliner Politik gleich zum Bundeskanzler zu machen.
Guttenberg als Herold einer rückbesonnenen CDU? Das stünde zu hoffen. In der von Ihnen, lieber Zettel, angeführten Sarrazin-Diskussion hat er sich allerdings recht wetterwendisch verhalten:
Zitat von zu Guttenberg- "'Eine Grenze überschritten' - Von Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU), Bundesverteidigungsminister - Jede Provokation hat ihre Grenzen. Diese Grenze hat der Bundesbankvorstand Sarrazin mit dieser ebenso missverständlichen wie unpassenden Äußerung eindeutig überschritten." (Bild am Sonntag, 28.8.2010) - "Als erster [sic] Mitglied der schwarz-gelben Regierung erklärte er, dass Sarrazin 'die richtige Debatte angestoßen hat'." (Die Presse, 6.9.2010) - "Er sei überrascht, 'wie wenige Menschen in unserem Land bereit sind, sich mit den Inhalten von Herrn Sarrazin auseinanderzusetzen'. Stattdessen gebe es den 'ersten Reflex flächendeckende Empörung', sagte der CSU-Politiker vor gut 2000 Menschen im Bierzelt auf dem Keferloher Montag in Grasbrunn." (Oberösterreichische Nachrichten, 6.9.2010)
Ob er der Geeignete wäre, der Union ein Mehr an konservativer Substanz einzuimpfen, muß Guttenberg erst noch beweisen. Auch die Art und Weise, mit der seine Gattin ihre First-Lady-Positionierung betreibt, stimmt mich nicht unbedingt optimistischer.
Zitat - "'Tatort Internet' - Stephanie zu Guttenberg verteidigt Kinderschänder-Doku" (Bild am Sonntag, 9.10.2010)
Freilich ist alles zu begrüßen, das die CDU von einem Teil des Problems zu einem Teil der Lösung machte.
Zitat von ZettelEine Anmerkung zu der eigentlich seltsamen Überlegung, einen 38jährigen, der noch zu jung ist, um bayerische Ministerpräsident werden zu können, nach wenige Jahren Erfahrung in der Berliner Politik gleich zum Bundeskanzler zu machen.
Aus bayerischer Sicht würde ich sagen: "Guttenberg muss sich erst einmal ein paar Sporen in Berlin verdienen bevor er zu den wirklich hohen Ämtern bei uns aufsteigen darf." Das war selbst bei F.J.S. nicht anders.
Und als Seehofer zu ihm sagte: "Geh, mein Sohn, suche dir ein eigenes Königreich, das deiner würdig ist. Bayern ist nicht groß genug für dich" da war die dahinterliegende Absicht nur allzu leicht zu durchschauen.
Zitat von ZettelEs gibt nur zweierlei, was für Guttenberg spricht. Einmal mögen ihn die Leute; warum auch immer. Und zum zweiten ...
Ehrlich gesagt bin ich ein bisschen enttäuscht über diese Analyse. Warum ihn die Leute mögen scheint mir in diesem Fall wichtiger zu verstehen als die Hinweise der zweiten Art "..Linksverschiebung der Union, die Angela Merkel ihrer Partei aus strategischen Gründen..".
Und wir sollten nicht vergessen: Als Alexander mit 20 Jahren aufbrach die Verhältnisse im Iran und Irak und Afghanistan in den Griff zu bekommen, da hätte er Guttenberg schon als zu alt eingeschätzt um auch nur ein Heer aus seinen Truppen zu führen.
Gorgasal schaut ja gerne in die Kristallkugel, wenn es um die nächste Wahl oder Nichtwahl von Obama geht; so sei auch mir ein Blick gestattet. Wenn die Union Guttenberg nicht zum Kanzlerkandidaten kürt, wird sie die nächste Wahl verlieren.
Zitat von AbendlaenderAuch die Art und Weise, mit der seine Gattin ihre First-Lady-Positionierung betreibt, stimmt mich nicht unbedingt optimistischer.
Nichts für ungut, lieber Abendlaender, aber dies klingt eher wie der Beitrag eines Morgenlaenders, auch inhaltlich falsch, da 'First-Lady' bei uns für die Gattin des Bundespräsidenten reserviert ist.
Zitat von AbendlaenderGuttenberg als Herold einer rückbesonnenen CDU? Das stünde zu hoffen. In der von Ihnen, lieber Zettel, angeführten Sarrazin-Diskussion hat er sich allerdings recht wetterwendisch verhalten:
Zitat von zu Guttenberg- "'Eine Grenze überschritten' - Von Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU), Bundesverteidigungsminister - Jede Provokation hat ihre Grenzen. Diese Grenze hat der Bundesbankvorstand Sarrazin mit dieser ebenso missverständlichen wie unpassenden Äußerung eindeutig überschritten." (Bild am Sonntag, 28.8.2010) - "Als erster [sic] Mitglied der schwarz-gelben Regierung erklärte er, dass Sarrazin 'die richtige Debatte angestoßen hat'." (Die Presse, 6.9.2010) - "Er sei überrascht, 'wie wenige Menschen in unserem Land bereit sind, sich mit den Inhalten von Herrn Sarrazin auseinanderzusetzen'. Stattdessen gebe es den 'ersten Reflex flächendeckende Empörung', sagte der CSU-Politiker vor gut 2000 Menschen im Bierzelt auf dem Keferloher Montag in Grasbrunn." (Oberösterreichische Nachrichten, 6.9.2010)
Vielen Dank für dieses Florilegium, das die Wendigkeit Guttenbergs zeigt. ...
Zitat von AbendlaenderOb er der Geeignete wäre, der Union ein Mehr an konservativer Substanz einzuimpfen, muß Guttenberg erst noch beweisen. Auch die Art und Weise, mit der seine Gattin ihre First-Lady-Positionierung betreibt, stimmt mich nicht unbedingt optimistischer.
Das sehe ich auch so. Ich habe ihn anfangs eher negativ beurteilt uns sehe ihn jetzt zurückhaltend.
Aber wie auch immer - daß solche Überlegungen bei den Strategen der Union eine Rolle spielen, die jetzt am Sessel der Kanzlerin zu sägen versuchen, das halte ich für wahrscheinlich. Daß wir uns unter einem Kanzler Guttenberg Merkel zurückwünschen würden, halte ich für möglich.
Zitat von Leibniz[...]da 'First-Lady' bei uns für die Gattin des Bundespräsidenten reserviert ist.
Nichts für ungut, lieber Leibniz, aber was Sie meiner Polemik vorwerfen, ist eine formale und keine inhaltliche Unrichtigkeit. Mich würde allerdings interessieren, was Sie inhaltlich daran auszusetzen haben. Ich bin mir sicher, daß wir da nicht in prästabilisierter Harmonie leben.
Zitat von ZettelVielen Dank für dieses Florilegium, das die Wendigkeit Guttenbergs zeigt.
Die Konnotation des Wortes 'Wende' bedarf keines Hinweises. Sie wird hier eher als politische Invektive denn als begründete Beurteilung eingesetzt.
Auch die politische Beurteilung ist, sofern man nicht ein Betonkopf ist, eine Abfolge von Irrtümern. Wichtiger als diese Bedingung des Menschseins ist die Fähigkeit, die mit ihr einhergeht: sich auf ein richtiges Ziel hinbewegen zu können statt auf alten Geleisen und Vorlieben stehen zu bleiben.
Diese Verbesserungsfähigkeit, die ja auch der von Ihnen geschätzte Helmut Schmidt nicht zuletzt nach der Lektüre von Popper immer wieder gerne als auch für das politische Tagesgeschäft wichtig hervorhob, sollte man wohl unterscheiden von einem opportunistischen Verhalten.
Zitat von ZettelVielen Dank für dieses Florilegium, das die Wendigkeit Guttenbergs zeigt.
Die Konnotation des Wortes 'Wende' bedarf keines Hinweises. Sie wird hier eher als politische Invektive denn als begründete Beurteilung eingesetzt.
Gut erkannt!
Zitat von LeibnizAuch die politische Beurteilung ist, sofern man nicht ein Betonkopf ist, eine Abfolge von Irrtümern. Wichtiger als diese Bedingung des Menschseins ist die Fähigkeit, die mit ihr einhergeht: sich auf ein richtiges Ziel hinbewegen zu können statt auf alten Geleisen und Vorlieben stehen zu bleiben.
Da wir uns nun schon in Gebildetheit üben: Wollen Sie sagen tempora mutantur nos et mutamur in illis?
Zitat von LeibnizDiese Verbesserungsfähigkeit, die ja auch der von Ihnen geschätzte Helmut Schmidt nicht zuletzt nach der Lektüre von Popper immer wieder gerne als auch für das politische Tagesgeschäft wichtig hervorhob, sollte man wohl unterscheiden von einem opportunistischen Verhalten.
Schon wahr, lieber Leibniz. Aber wieviele Tage lagen zwischen den drei Äußerungen, die Abendlaender zitiert hat?
Wie Michael Spreng in seinem Blog schön darlegt, ist ein Sturz Merkels durch die eigene Partei praktisch unmöglich:
Zitat Bei diesem Spiel wird häufig die entscheidende Frage übersehen: Kann Angela Merkel überhaupt gestürzt werden? Als Kanzlerin zumindest nicht. Ein konstruktives Mißtrauensvotum der CDU/CSU-Bundestagsfraktion gegen die eigene Kanzlerin mit zu Guttenberg als Alternativkandidaten ist unvorstellbar. Und eines der SPD mit Sigmar Gabriel als Kanzleralternative erst recht. Also bliebe, wenn die Wahlniederlage in Baden-Württemberg so vernichtend ausfällt wie erwartet, nur der Weg, ihr den Parteivorsitz zu nehmen, um sie so in die Resignation auch als Kanzlerin zu treiben.
Um Merkel als Parteivorsitzende zu stürzen, müssten sich schon Ursula von der Leyen und der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier verbünden – die Modernisiererin und der konservative Flügelmann. Und Wolfgang Schäuble, der ewige Loyale, müsste sie unterstützen. Von der Leyen und Bouffier müssten einen Sonderparteitag initiieren. Tagesordnung: Abwahl Merkels. Und wer würde dann Parteivorsitzender? Die Anführer der Revolte kämen nicht infrage, denn sie müssten die Aura der Uneigennützigkeit wahren. Wer dann? Friedrich Merz etwa? http://www.sprengsatz.de/
Für die Koalition wäre aber schon viel gewonnen, wenn Guttenberg den bizarr irrlichternden Horst Seehofer an der CSU-Spitze ablösen würde.
Zitat von AbendlaenderNichts für ungut, lieber Leibniz, aber was Sie meiner Polemik vorwerfen, ist eine formale und keine inhaltliche Unrichtigkeit.
Ich will meinen Gebrauch erklären: Ein 'formaler Fehler' kann nur innerhalb eines 'formalen Systems' auftreten. Welches sollte dies hier sein?
Zitat von AbendlaenderMich würde allerdings interessieren, was Sie inhaltlich daran auszusetzen haben.
Nun, dies bezog sich auf: "Auch die Art und Weise, mit der seine Gattin ihre First-Lady-Positionierung betreibt, stimmt mich nicht unbedingt optimistischer." Bis jetzt hatte ich die Frage nach der 'konservativen Substanz' von Angela Merkel auch nicht an ihrem Gatten oder der 'liberalen Substanz' von Guido Westerwelle mit seinem Ehepartner in Verbindung gebracht gesehen. Das ist auch gut so und ich finde das sollte auch so bleiben.
Zitat von Abendlaender Ich bin mir sicher, daß wir da nicht in prästabilisierter Harmonie leben.
Absolut. Man muss, als Leibniz meine ich jetzt, schon ein rechtes Genie sein, um in einer Welt des stabilen Chaos auf solch eine Idee zu kommen. Davon abgesehen hat mir die Übersetzung 'prästabilisierte Harmonie' für 'harmonie préétablie' nie gefallen.
Zitat von LeibnizDavon abgesehen hat mir die Übersetzung 'prästabilisierte Harmonie' für 'harmonie préétablie' nie gefallen.
Zumal sie "prästablierte Harmonie" lautet. Hat nix mit stabilisieren zu tun, sondern mit etablieren. Deshalb im Englischen auch pre-established harmony und nicht etwa pre-stabilized harmony.
Yupp. Ich habe auch nur zitiert. Und 'préétablie' mit 'pre-established' zu übersetzen liegt auf der Hand. Aber 'prä[b]stablierte'? Meinen Sie 'prästabilierte'?
Zitat von LeibnizDavon abgesehen hat mir die Übersetzung 'prästabilisierte Harmonie' für 'harmonie préétablie' nie gefallen.
Zumal sie "prästablierte Harmonie" lautet. Hat nix mit stabilisieren zu tun, sondern mit etablieren. Deshalb im Englischen auch pre-established harmony und nicht etwa pre-stabilized harmony.
Yupp. Ich habe auch nur zitiert. Und 'préétablie' mit 'pre-established' zu übersetzen liegt auf der Hand. Aber 'prä[b]stablierte'? Meinen Sie 'prästabilierte'?
Naja, da fehlte ein i. "Mitdenken!" sagt meine Frau in solch einem Fall.
Statt uns mit einem Tippfehler zu befassen, würde ich mich mehr interessieren, ob Leibniz selbst dieses Wort verwendet hat; was gut möglich wäre, denn er hat zwar überwiegend französisch und lateinisch publiziert, aber vor allem seine Korrespondenz war ja zum Teil deutsch; und in dieser hat er viele seiner Ideen entwickelt. Wenn ich mich recht erinnere, gibt es auch eine Ausgabe seiner deutschen Schriften, einer oder zwei Bände. Und "prästabiliert" - das klingt mir so, als könnte es Barockdeutsch sein.
Warum hat zu Guttenberg diesen Erfolg? Ich stelle mir diese Frage immer wieder selber, auch um zu lernen was den erfolgreichen zu Guttenberg vom zunehmend ungluecklichen Westerwelle unterscheidet. Es reicht ja, wenn andere Fehler vormachen, die man selber dann nicht nachmachen muss.
Nun, was ist der Stand meiner Betrachtung:
Zuerst die Zusammenfassung: zu Guttenberg kann fast alles machen, es wird positiv aufgenommen. Als Wirtschaftsminister stellte er die Subventionen von Opel in Frage und positionierte sich gegen Gewerkschaften und Ministerpraesidenten der betroffenen Laender. Er praesentierte sich am Times Square* (es gibt von Westerwelle ein Bild aus der Vor-Internet Aera, in dem er im weissen Anzug in Venedig gondelt... falls sich da wer noch erinnern kann). Als Verteidigungsminister goutiert er einen Bombenangriff bei dem es zivile Opfer gab, er entlaesst die beiden Spitzenmilitaers, die dafuer irgendwie mitverantwortlich waren und aendert seine Bewertung der Situation, vom Untersuchungsausschuss dazu hoert man garnichts mehr, er nennt den 'bewaffneten Unterstuetzungseinsatz' 'ungangssprachlich Krieg' und er schafft so nebenbei die Wehrpflicht quasi ab.
Nun die Analyse: Warum kommt er so gut an? Zweifelsohne hat er beste Manieren, ist gut gekleidet, schneidig und eloquent. Die Erziehung als adeliger Spross mag dazu einen Teil beigetragen haben. Er kommt, und das ist fuer mich der Knackpunkt, absolut glaubwuerdig an. Er ist nicht in die Politik, um persoenlichen Ehrgeiz zu befriedigen oder um 'sich hochzuarbeiten'. Das hat er beides nicht noetig. Dazu antwortet er meist sachlich und stellt Dinge in einen grossen Zusammenhang. Man hat den Eindruck, dass er immer das grosse Bild im Kopf hat und staatsmaenisch handelt. Er hat das Talent, des Pudels Kern zu sehen und Symptome von Ursachen trennen zu koenne. [War zu Beginn seiner Karriere nicht irgendwo mal zu lesen, er haette fuer McKinsey gearbeitet? Ich hab diese Information nicht mehr finden koennen, vielleicht eine Ente, aber zuzutrauen waere es Ihm]. Er laesst sich dabei - hier kommt Zettels Analyse ins Spiel - von konservativen Werten leiten. Jedenfalls ist das der Eindruck den er erweckt. Den Vorteil, dass er mit 38 weit jugendlicher, weit dynamischer ist, als der Berufspolitiker mit 58 erwaehne ich garnicht. Ins Bild passt auch, dass ich ihn nie im parteipolitischen Klein-Klein erlebt habe: Weder als Wirtschafts- noch als Verteidigungsminister. Sein Stil ist weitaus praesidialer, er fuehrt durch seine Praesenz. Das kommt an, nicht nur bei der CDU/CSU, sondern auch beim Waehler.
(Schade fast, dass er nicht gegen die Alphatiere Schroeder und Fischer in den Ring steigt. Das hatte mindestens einen hohen Unterhaltungswert. )
Ansatzpunkte der Opposition gegen zu Guttenberg: Normalerweise wuerde man versuchen, ihm anzuhaften, er sei abgehoben, er sei versnobt, er sei 'keiner der die Sorgen des kleinen Mannes verstuende'. Dem begegnet er, indem er die Front besucht, in dem er in der Kantine mit den Landsern isst, indem er im olivgruenen BW-Hemd aus dem Flieger steigt.
Meine Prognose: Eine Karriere a la Helmut Schmidt.
*Nachtrag: Eine herrliche Pose: Offene Arme, gelbe Optimismus aussendende Krawatte, freundliches Laecheln. Excellente PR.
Als Multiplikator kommt hinzu dass es im Moment auch keinen Außenminister gibt, der den Amtsbonus fürs Auswärtige Amt einheimsen könnte. Den schnappt sich KTZG dafür. Ich kann mir zumindest nicht vorstellen dass ein Außenminister Fischer oder Genscher oder gar Brandt sich die "umgangssprachlicher Krieg"-Debatte hätten wegnehmen lassen. Westerwelle tut das und das kommt Guttenberg zugute.
Deswegen halte ich die Schmidt-Vergleiche auch für zu hoch gegriffen. Ich denke: Guttenberg ist der nächste Außenminister, Westerwelle macht entweder Finanzen/Wirtschaft/Nochwas-Megaminister, geht in die putzmuntere Opposition oder wird noch am Wahlniederlagenabend lebendig zerfleischt.
Haha, lieber Zettel, lieber Leibniz, da habe ich mich ja schön in die Nesseln gesetzt. Vielen Dank für Ihre Berichtigung - dieses banausische "prästabilisiert" schleppe ich schon seit Urzeiten mit mir herum. Was Gottfried Wilhelm Leibniz selbst gesagt hat, weiß ich nicht. Französisch "préétabli" bzw. lateinisch "praestabilitum" mag ja zu verschiedenen Eindeutschungen geführt haben (Google kennt da so einige), aber das darf mir keine Ausrede sein.
Vielen Dank auch für Ihre konstruktive Antwort, lieber Leibniz. Hierzu folgendes: (1) Ein formaler Fehler mag auch auftreten, wenn man zwei formale Systeme unzulässig vermischt, das wären hier das Grundgesetz und eine Präsidialverfassung, z.B. diejenige Frankreichs - hier mit Absicht als Stilmittel eingesetzt, um das Auftreten Frau zu Guttenbergs z.B. mit demjenigen Carla Brunis auf eine Stufe zu stellen, dem inhaltlichen Vergleich zuliebe. (2) Damit, daß ein (möglicher) Amtsträger als Individuum beurteilt werden sollte, haben Sie vollkommen recht. Mein Verdacht lautet ja gerade, hier könne ein Versuch vorliegen, eben diesen Grundsatz auszuhebeln, gewissermaßen: das politische Ressort über die Klatschspalte zu umgehen. In Erinnerung ist mir dazu der ehrgeizige Auftritt Thomas Borers und seiner Frau, der ihn letztlich sein Amt als Schweizer Botschafter in Berlin kostete. Es wäre schade, wenn solcherlei den politischen Absichten, für die Guttenberg steht, in die Quere käme. Möglicherweise steht hinter meinem Unbehagen aber auch nur bürgerliches Unverständnis gegenüber der Art und Weise adliger Familien, ihr gesellschaftliches Engagement zu zeigen. Ich halte dieses für ausgesprochen ehrenwert, sehe darin aber auch die Gefahr, sich dem Zeitgeist übertrieben anzubiedern.
Nix für ungut: Die ganze Guttenberg-Debatte ist doch ein Musterbeispiel für ein reines Medien-Konstrukt.
Da wird eine irre These in den Raum gestellt, nur um eben jene These gleich darauf attackieren zu können. Wie so oft besonders krass der Spiegel: Spiegel-Titel (!) vom 18.10.2010: "Die fabelhaften Guttenbergs" mit dem Unter-Titel "Paarlauf ins Kanzleramt". Das dazu gewählte Bild muss man wirklich gesehen haben. Der englische Hof-Fotograf hätte das Foto-Arrangement in königlichem Purpur nicht besser inszenieren können. Und dann am 22.10.2010 auf Spiegel Online der Titel: "Märchenprinz aus der Puderzuckerwelt" (im Unter-Titel: "Angela Merkel muss ihn nicht fürchten, vom Kanzlerformat ist der Frischling weit entfernt."
Allein schon die Wortwoahl ist krass: Vom quasi-monarchischen Superhelden zum "Frischling" innerhalb von 4 Tagen: das schafft wohl nur der Spiegel.
Der Zweck des ganzen ist natürlich, interessante Themen zu forcieren, die die Leute lesen wollen. Und nichts ist spannender als die Diskussion über das Spitzenpersonal.
Ein kleiner willkommener Neben-Aspekt ist vielleicht, dass solche Diskussionen so schön für Unruhe in der Koalition sorgen.
Denn natürlich ist an der Story kein Fleisch. Die Mechanik der Macht funktioniert doch so: Solange Merkel Kanzlerin bleiben will, so lange wird sie nicht von der eigenen Partei gestürzt. Dafür ist sie erstens nicht unbeliebt genug. Zweitens hat sie ihre Partei zu gut unter Kontrolle. Und drittens: Ist es wirklich vorstellbar, dass es in der CDU eine Palastrevolte gibt mit dem Ziel, einen CSU-Kanzler zu installieren? Wohl kaum.
Wie gesagt: Ein Medien-Konstrukt. Und damit eigentlich das genaue Gegenteil zum Fall Sarrazin. Bei Guttenberg kreist die Hauptstadt-Jounaille mal wieder um sich selbst und diskutiert die eigenen Ergüsse. Bei Sarrazin wurde der Hauptstadt-Journaille die Diskussion von Außen (vom "Volk", wenn man so will) aufgezwungen. Deshalb ist letztere Debatte auch so viel kerniger und gehaltvoller als die "Puderzucker"-Diskussionen um Guttenbergs Karriere.
Zitat von JunoWie Michael Spreng in seinem Blog schön darlegt, ist ein Sturz Merkels durch die eigene Partei praktisch unmöglich: [.....] Für die Koalition wäre aber schon viel gewonnen, wenn Guttenberg den bizarr irrlichternden Horst Seehofer an der CSU-Spitze ablösen würde.
Herr v. Brandenstein, ehemals Mitarbeiter zu Guttenberg, bloggt ebenfalls. http://brandenstein-blog.blogspot.com/ Er wurde - nach seiner Lesart - aus der CSU-Parteizentrale gemobbt, da Soeder und Co fuerchten, zu Guttenberg wuerde ihnen die Erbaemter in Bayern wegnehmen.
Will sagen: Solange dieser Augiasstall nicht ausgemistet ist, wird zu Guttenberg sicher nicht nach Bayern gehen und dort wird er in gewissen CSU-Kreisen sicher nicht mit offenen Armen empfangen.
Zitat von Dagny... Soeder und Co fuerchten, zu Guttenberg wuerde ihnen die Erbaemter in Bayern wegnehmen. Will sagen: Solange dieser Augiasstall nicht ausgemistet ist,
In Bayern verwenden manche die Bezeichnung '94er Gruppe' in diesem Zusammenhang.
Zitat von Dagnywird zu Guttenberg sicher nicht nach Bayern gehen
So ist es. Was ist die Alternative? Er sieht, und das hat er schon mehr als einmal durchblicken lassen, auch außerhalb der Politik interessante Aufgaben.
Das wäre dann der zweite Streich der Unions-internen Nachwuchspflege: Nach Merz dann Guttenberg. Oder: Brüderle statt Merz, Söder statt Guttenberg. So schießt man sich ins eigene Bein. Und zwar so,dass es gleich ganz wegfliegt.
Habe ich die Sonntagsfrage richtig gelesen? CDU/CSU/FDP 37%, SPD/GRÜNE 47%.
'Guttenberg' ein Medien-Konstrukt? 'Angie for ever' ein Blog-Konstrukt? "Mitdenken!" sagt Zettels Frau in solch einem Fall.
Zitat von DagnyEr wurde - nach seiner Lesart - aus der CSU-Parteizentrale gemobbt, da Soeder und Co fuerchten, zu Guttenberg wuerde ihnen die Erbaemter in Bayern wegnehmen.
Er wurde nicht aus der CSU-Parteizentrale gemobbt, sondern von Herrn Guttenberg entlassen, weil die Abendzeitung ein Jungendbild von Herrn Brandenstein beim Hitlergruß zeigte. Herr Guttenberg hätte sich ja auch vor seinen Mitarbeiter stellen können. Herr Brandenstein wirkt auf mich wie ein paranoides Großmaul, was allerdings auch kein gutes Licht auf Herrn Guttenberg wirft, weder bei der Auswahl der Person noch bei der Entlassung. Stellenweise lesen sich Brandensteins Ergüsse wie Stellungnahmen des Büros von Claudia Roth.
Daraus schließe ich, dass Guttenberg lediglich ein konservatives Image durch Herkunft pflegt, aber gleichsam wie Merkel, Wulff und Schäuble den heimatlosen konservativen Wählern eine lange Nase macht. Das ist sinnvoll, da es auf lange Sicht keine Alternative für diese Wähler gibt und sie lieber Wahlabstinenz betreiben als irgendeine dieser Clownsparteien vom rechten Rand zu wählen. Die Hoffnung von CDU/CSU als KanzlerInnenpartei liegen in der großen Koalition, zur Not nimmt man aber auch die Grünen. Aber Herr Guttenberg ist sicherlich für 5% Punkte gut, falls Angela Merkel die Schnauze voll hat, auch wenn sich ansonsten nichts ändert. Womit ich die Kurve zu Sarrazins Buch galant hinbekomme: Auch das hat nichts verändert. Mit der Wulffomania letzte Woche ist die Diskussion eingezäunt worden.
Zitat von Abendlaender".. - hier mit Absicht als Stilmittel eingesetzt, um das Auftreten Frau zu Guttenbergs z.B. mit demjenigen Carla Brunis auf eine Stufe zu stellen, dem inhaltlichen Vergleich zuliebe.
Es will sich bei mir auch keine 'post-stabilized harmony' einstellen, bei diesem 'inhaltlichen Vergleich', lieber Abendlaender.
Lassen Sie mich das mit ein bisschen Klatsch belegen, nachdem Sie 'Bild am Sonntag' zitieren, zitiere ich einmal 'The Sunday Times', die über den 'talk of le tout Paris' berichtet hat, Klatsch mit Hintergrund.
Und auch: noch werden die Nacktfotos nur von einer der beiden Damen für 91.000 US-Dollar auf öffentlichen Auktionen versteigert.
Zitat von Abendlaender .. um das Auftreten Frau zu Guttenbergs z.B. mit demjenigen Carla Brunis auf eine Stufe zu stellen, dem inhaltlichen Vergleich zuliebe.
Schade, lieber Leibniz, ich hätte mich gefreut, auf meine Erläuterungen hin auch von Ihnen Aufklärendes zu erfahren. Was Sie mit dem zitierten Beispiel bezwecken, bleibt mir jedoch, wie Ihre übrigen Andeutungen, schleierhaft - was mich aber noch lange nicht zum Morgenländer macht. Guten Abend also noch.
Zitat von C. Er wurde nicht aus der CSU-Parteizentrale gemobbt, sondern von Herrn Guttenberg entlassen, weil die Abendzeitung ein Jungendbild von Herrn Brandenstein beim Hitlergruß zeigte. Herr Guttenberg hätte sich ja auch vor seinen Mitarbeiter stellen können.
Wenn aber das Bild aus Kreisen der CSU an die Abendzeitung ....
Will mich aber nicht auf eine Detaildiskussion uber Bilder von 16-jaehrigen einlassen oder die Frage in den Raum stellen, ob KT irgendeine Alternative zur Entlassung des Mitarbeiters hatte, sondern das Argument anbringen, dass es fuer zu Guttenberg in Berlin womoeglich einfacher ist, als in Muenchen.
Zitat von C. --------------------------------------------------------------------------------
Er wurde nicht aus der CSU-Parteizentrale gemobbt, sondern von Herrn Guttenberg entlassen, weil die Abendzeitung ein Jungendbild von Herrn Brandenstein beim Hitlergruß zeigte. Herr Guttenberg hätte sich ja auch vor seinen Mitarbeiter stellen können.
Zitat Jungendbild von Herrn Brandenstein Schon als Schüler war der Adelsspross in die Junge Union eingetreten. „Mit 16 oder 17 Jahren“, sagt er der AZ. An die Party mit dem Hitler-Gruß, der immerhin ein Straftatbestand ist, will er sich nicht mehr erinnern: „Das ist 16 Jahre her. Das war eine Teenager-Party. Da muss man auch die Kirche im Dorf lassen.“ Auch seine Familie sei im Dritten Reich im Widerstand gewesen, verteidigt er sich. „Ich habe mit Nationalsozialismus überhaupt nichts am Hut.“
Vielleicht sollte man die Sache mit dem "Straftatbestand" auch einmal überdenken. Warum gelten für ALLE Jugendlichen nicht die gleichen Gesetze? Bzw. kann man von einem 16-jährigen die Tragweite der Geste schon erwarten? Ja, wird es heissen, bei uns in Deutschland schon. Dann aber bitte für Alle.
♥lich Nola
"Die Wahrheit vor der Wahl - das hätten Sie wohl gerne gehabt." – Sigmar Gabriel, zu angeblichen rot-grünen Steuererhöhungsplänen, Rheinische Post, 1. Oktober 2002
Ergänzend sei noch auf folgendes Interview hingewiesen, welches zwar in erster Linie die Zukunft der Bundeswehr zum Thema hat, aber doch einige zum Thema dieser Diskussion inhaltlich beitragende Passagen enthält. U.a.:
Zitat Es gab auch den Vorwurf, da solle einer mundtot gemacht werden, ohne dass die Kritiker das Buch überhaupt gelesen hatten.
Guttenberg Dieser Vorwurf zieht nicht, weil Herr Sarrazin de facto nicht mundtot gemacht worden ist. Für mich gilt, dass ich mich dann zu den Thesen eines Buches äußere, wenn ich es gelesen habe. Ich habe mich öffentlich geäußert zu der Provokation, die er außerhalb des Buches macht hat, und über das Buch erst nach der Lektüre. (RP Online, 09.10.2010)
Spielt Guttenberg hier auf den Vorwurf "Wendigkeit" an?
Soweit ich mich noch erinnern kann, erfolgte die Äußerung "Jede Provokation hat ihre Grenzen..." vor Veröffentlichung des Buches. Was nicht zwangsläufig heißen muß, das der Inhalt unbekannt war.
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