2000 Befragte ist natürlich extrem wenig, um beim amerikanischen Wahlrecht eine gute Prognose zu bekommen.
In Deutschland wäre das kein Problem, weil die Parlamentszusammensetzung eben über die nationale Oberverteilung bestimmt wird (im Detail mit Überhangmandaten, negativem Stimmgewicht, etc. zwar etwas komplizierter, aber für die Zwecke einer Sitzprognose grundsätzlich ausreichend).
In den USA ist das wegen dem Mehrheitswahlrecht aber anders.
Pro Bundesstaat sind das im Durchschnitt dann nur 40 Befragte (in kleinen Staaten noch deutlich weniger). Wenn man sich dann noch auf die "likely voters" begrenzt, hat man (bei unter 50% Wahlbeteiligung) in kleinen Staaten eine Stichprobe von unter 10 Personen. Daraus noch eine ernsthafte Prognose abzuleiten, wer den jeweiligen Senatssitz holt, ist schon sehr gewagt.
Noch krasser beim Repräsentantenhaus: Im Durchschnitt werden pro Wahlkreis weniger als 5 Personen befragt, davon nur rund 2 "likely voters".
Trotz einer (aus deutscher Sicht) sehr großen Stichprobe verbleibt somit eine gewaltige Unsicherheit bei der Sitzverteilung.
Zitat von Florian2000 Befragte ist natürlich extrem wenig, um beim amerikanischen Wahlrecht eine gute Prognose zu bekommen.
Überhaupt nicht. Für den wahrscheinlichen Ausgang in Wahlkreis X werden ja nicht nur die befragten Wähler aus Wahlkreis X herangezogen, sondern auch die aus den Wahlkreisen Y und Z. Für einen Senatssitz in Idaho kann man sicher auch aus den Antworten in den Dakotas schließen - allerdings weniger aus denen aus Kalifornien. Wie man das abmischt, ist natürlicht die Kunst der Demoskopie, aber Gallup wird nicht für jeden Senatssitz 90% der Daten wegwerfen.
-- La historia claramente demuestra que gobernar es tarea que excede la capacidad del hombre. - Nicolás Gómez Dávila, Escolios a un Texto Implícito
Zitat von Florian 2000 Befragte ist natürlich extrem wenig, um beim amerikanischen Wahlrecht eine gute Prognose zu bekommen.
Gorgasal hat schon darauf hingewiesen, daß ja die Prognose nicht für den einzelnen Wahlkreis aufgrund allein der dort erhobenen Daten gemacht wird. Wollte man das, dann brauchte man für jeden Wahlkreis rund 1000 Befragte; das wären beim Repräsentantenhaus 435.000 Befragte!
Aber Sie haben Recht: Weil es immer Wahlkreise geben wird - diesmal laut Nat Silver sogar besonders viele -, bei denen der Ausgang sehr knapp ist, kann man weniger genau prognostizieren als bei einer Listenwahl. Es ist ja bemerkenswert, daß trotz des massiven Trends zugunsten der GOP Silvers Modell mit einer Wahrscheinlichkeit von .16 vorhersagt, daß die Demokraten das House doch halten. Dann sehr wahrscheinlich entgegen einem public vote mit einer entgegengesetzten Mehrheit.
Zitat von FlorianPro Bundesstaat sind das im Durchschnitt dann nur 40 Befragte (in kleinen Staaten noch deutlich weniger).
Zusätzlich zu Gorgasals Einwand: Ich glaube nicht, daß die Befragten gleichmäßig über die Staaten verteilt sind. In vielen Staaten stehen ja überhaupt keine Senatoren an, viele Wahlkreise gelten als sicher - vermutlich hat Gallup sich auf die umstrittenen Wahlkreise konzentriert und ansonsten den nationalen Trend druntergelegt.
Zitat Zusätzlich zu Gorgasals Einwand: Ich glaube nicht, daß die Befragten gleichmäßig über die Staaten verteilt sind. In vielen Staaten stehen ja überhaupt keine Senatoren an, viele Wahlkreise gelten als sicher - vermutlich hat Gallup sich auf die umstrittenen Wahlkreise konzentriert und ansonsten den nationalen Trend druntergelegt.
ja, das ist mir natürlich schon klar. Natürlich sind die Gallup-Leute Profis und wissen, wie sie ihre Umfrage optimal stricken müssen. Dennoch bleibt bei einer 2000er-Stichprobe eine große Unsicherheit. Selbst wenn nur 10% der Repräsentanten-Sitze unsicher wären und wenn zufällig auch noch diese Wahlkreise mit den unsicheren Senatoren-Sitzen deckungsgleich wären und wenn zudem noch Gallup die Befragung komplett auf diese Wahlkreise konzentriert (drei sehr große "wenn"!), dann verbleiben dennoch nur rund 20-30 "likely voters" für jeden der strittigen Wahlkreise. Für eine fundierte Aussage selbst nur über diese wackligen Wahlkreise erscheint mir das zu wenig.
Denn einfach nur den nationalen Trend drüber zu legen ist halt auch nicht so einfach. Die Wahlen in den USA sind eben Personenwahlen. Nur weil (als fiktives Besipiel) ein demokratischer Senator in North-Dakota mit Erdrutsch abgewählt wird, muss das noch lange nicht in South-Dakota genauso sein. Schließlich hat der Kollege in South-Dakota vielleicht der unbeliebten Gesundheitsreform nicht zugestimmt, der im Norden hingegen schon. Und vielleicht ist der Republikaner-Kandidat im Süden ein extremer Rechtsaußen, der im Norden hingegen gemäßigt. Oder was auch immer. (Ich kenne die Varianz bei den Wahlkreis-Trends in den USA nicht. Ich vermute aber, dass sie deutlich größer sind als in Deutschland).
Das ist ja auch gerade der Grund, warum es so große Unsicherheit darüber gibt, wie die Sitzverteilung sein wird - auch wenn die popular vote einigermaßen gut vorhergesagt werden sollte.
In dem Artikel hatte ich darauf hingewiesen, daß nach den Daten von Gallup eine niedrige Wahlbeteiligung den Republikanern nützen würde.
Daten zur Wahlbeteiligung habe ich noch nicht gefunden, aber eben hat in CNN Errol Louis, Redakteur der New York Daily News, gesagt, daß von den jungen Wählern nur halb so viele zur Wahl gegangen seien wie 2008.
Als ich in der Wikipedia vergeblich nach Daten zur Wahlbeteiligung gesucht habe, bin ich auf eine andere interessante Zahl gestoßen: Einen größeren Verlust bei einer Wahl zum Repräsentantenhaus als jetzt haben die Demokraten zuletzt 1938 erlitten; damals verloren sie 72 Sitze.
Zitat von ZettelAls ich in der Wikipedia vergeblich nach Daten zur Wahlbeteiligung gesucht habe, bin ich auf eine andere interessante Zahl gestoßen: Einen größeren Verlust bei einer Wahl zum Repräsentantenhaus als jetzt haben die Demokraten zuletzt 1938 erlitten; damals verloren sie 72 Sitze.
Diese Graphik der NYT (auf Bild 4 klicken) zeigt sehr deutlich das Ausmaß der jetzigen Niederlage der Demokraten. Und macht auch deutlich, daß die USA seit Ende der fünfziger Jahre bis in die neunziger Jahre fest in der Hand der Demokraten waren.
Mit vielleicht der Nutzanwendung für Deutschland: Der Trend hat sich seither in den USA umgekehrt; Obama wurde nicht gewählt, weil er Demokrat ist, sondern weil er einen neuen Aufbruch versprach. Warum sollte sich nicht auch Deutschland der Trend umkehren?
Zitat von Zettel Obama wurde nicht gewählt, weil er Demokrat ist, sondern weil er einen neuen Aufbruch versprach. Warum sollte sich nicht auch Deutschland der Trend umkehren?
Tut er das nicht gerade, der Trend? Wenn ich die dritte mit der vierten Spalte vergleiche, könnte man von einer Trendwende sprechen, aber nur wenn man will
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