Wer ist der Urheber dieses Zitas:„Konservativ heißt, auf dem Boden des christlichen Sittengesetzes in der weitest möglichen Form seiner Auslegung mit liberaler Gesinnung an der Spitze des Fortschritts zu marschieren.“
a) Rainer Barzel b) Ludwig Erhard c) Franz-Josef Strauß d) Angela Merkel
Zitat von C.Dazu ein kleines Quiz aber nicht mogeln Wer ist der Urheber dieses Zitas:„Konservativ heißt, auf dem Boden des christlichen Sittengesetzes in der weitest möglichen Form seiner Auslegung mit liberaler Gesinnung an der Spitze des Fortschritts zu marschieren.“ a) Rainer Barzel b) Ludwig Erhard c) Franz-Josef Strauß d) Angela Merkel
Das Zitat kenne ich nicht, also muss ich raten. Von der Wortwahl scheidet Merkel aus, so redet heute keiner mehr. Erhard halte ich auch für unwahrscheinlich. Jetzt bräuchte ich einen 50/50-Joker. Aber da es den nicht gibt, lässt mich sowohl der geschliffene Sprachduktus als auch die von ihm bekannt häufige Referenz auf die Liberalitas Bavariae auf Strauß tippen.
Zitat von C.Dazu ein kleines Quiz aber nicht mogeln Wer ist der Urheber dieses Zitas:„Konservativ heißt, auf dem Boden des christlichen Sittengesetzes in der weitest möglichen Form seiner Auslegung mit liberaler Gesinnung an der Spitze des Fortschritts zu marschieren.“ a) Rainer Barzel b) Ludwig Erhard c) Franz-Josef Strauß d) Angela Merkel
Das Zitat kenne ich nicht, also muss ich raten. Von der Wortwahl scheidet Merkel aus, so redet heute keiner mehr. Erhard halte ich auch für unwahrscheinlich. Jetzt bräuchte ich einen 50/50-Joker. Aber da es den nicht gibt, lässt mich sowohl der geschliffene Sprachduktus als auch die von ihm bekannt häufige Referenz auf die Liberalitas Bavariae auf Strauß tippen. Gruß Petz
Ich würde mich mit derselben Begründung Ihrer Wahl anschließen. :)
ich muss zugestehen, das ich mich auf Grund der Bürde der späten Geburt mit der Frage "was ist konservativ" völlig überfordert fühle und ich mich deswegen versucht habe etwas schlau zu machen, was, wie wir am Verlauf des bisherigen Meinungsaustauschs gesehen haben, gar nicht so einfach ist. Aus der Ungeltschen Perspektive des Beobachters fällt mir auf, dass der Begriff "Linke" recht locker in die Tasten fließt, aber doch Scheu und Zurückhaltung bei dem Gegenstück "Rechte" geübt wird.
Zitat von ZettelAlso auch diese Dimension realistisch-utopisch scheint mir nur bedingt tauglich, zwischen Konservativen und Linken zu unterscheiden.
Zwichen Rechten und Linken? Zwischen Konservativen und Progressiven? In der Schröder-Schwarzer Postfeminismus-Diskussion verhält sich Alice Schwarzer nicht progressiv, sondern regressiv, obwohl vom Vuvuzelabläserinnen-Chor dies Schröder unterstellt wird.
In der Vorbereitung zu dem kleinen Quiz bin ich über eine Reihe mit dem Namen Akademiegespräche gestoßen, der ich auch das Strauß-Zitat entnommen habe: was ist?konservativ links liberal grün.
Zitat von Bernhard Vogel„Konservativ“ sein heißt, darauf zu achten, dass Bewährtes erhalten bleibt und verteidigt wird und dass Neues sich beweisen muss.
Dem kann ich mich anschließen, ein Konservativer weiß, wann es genug ist, der Progressive will immer mehr, ohne die Folgen zu betrachten.
Zitat von C.Aus der Ungeltschen Perspektive des Beobachters fällt mir auf, dass der Begriff "Linke" recht locker in die Tasten fließt, aber doch Scheu und Zurückhaltung bei dem Gegenstück "Rechte" geübt wird.
Man kann sich, dear C., nicht den Konnotationen eines Begriffs entziehen. In Deutschland ist es nun einmal so, daß unter "Rechte" auch die Rechtsextremen subsumiert werden; wenn nicht überhaupt beides gleichgesetzt wird. (In Frankreich undenkbar, wie ich immer mal wieder schreibe).
Es ist aber aus meiner Sicht überhaupt die Grundlage dieser Diskussion, scharf zwischen Konservativen und Rechtsextremen zu unterscheiden. Sie haben so gut wie nichts gemeinsam; die Rechtsextremen vertreten jedenfalls heute jedenfalls in Deutschland überwiegend sozialistische Auffassungen.
Zitat von C.
Zitat von Bernhard Vogel„Konservativ“ sein heißt, darauf zu achten, dass Bewährtes erhalten bleibt und verteidigt wird und dass Neues sich beweisen muss.
Dem kann ich mich anschließen, ein Konservativer weiß, wann es genug ist, der Progressive will immer mehr, ohne die Folgen zu betrachten.
Das ist aus meiner Sicht eine Mininmal-Definition, die sich mehr vom Wort "conservare" ableitet als daß sie eine politische Analyse ausdrücken würde.
Gewiß haben Konservative und Konservendosen gemeinsam, daß sie etwas bewahren. Nur was? Auch Honecker wollte etwas bewahren, nämlich die DDR. Auch Islamisten wollen die Tradition des Islam bewahren. Ökos wollen die Umwelt bewahren, die krakeelenden französischen Gewerkschafter die bewährte Verrentung mit 60.
Also ich finde, da kratzt Vogel nur an der Oberfläche.
Zitat von ZettelDie Basis ist aus meiner Sicht Skepsis und - in der Tat - Realismus.
Für einen großen Teil des Konservatismus ist das so - aber bei weitem nicht für alle. Viele Konservative propagieren ja einen Zustand in der Vergangenheit, den sie für ideal halten und von dem die pöse Moderne abgewichen ist, und sie wollen möglichst wieder dorthin zurück. Und das hat mit Realismus meist wenig zu tun. Nicht nur in Bezug auf die Wahrscheinlichkeit, das auch zu schaffen - sondern schon in der korrekten Beurteilung dieser Vergangenheit. D.h. viele Konservative haben eine sehr unrealistische, verklärte Sicht der Vergangenheit.
Wie übrigens auch viele Strukturkonservative auf der Linken - irgendwann in den 70ern muß es in Deutschland einen phantastischen Sozialstaat gegeben haben, wenn selbst nach 30 Jahren fortwährendem "Sozialabbau" immer noch der größte Teil der Staatseinnahmen dafür ausgegeben wird.
Pragmatismus vs. Realitätsferne gibt es in allen politischen Lagern und sind für deren Definition und Abgrenzung m. E. wenig brauchbar.
Zitat von ZettelEs ist aber aus meiner Sicht überhaupt die Grundlage dieser Diskussion, scharf zwischen Konservativen und Rechtsextremen zu unterscheiden. Sie haben so gut wie nichts gemeinsam; die Rechtsextremen vertreten jedenfalls heute jedenfalls in Deutschland überwiegend sozialistische Auffassungen. [/url)
Damit rennst Du bei mir zwar offene Türen ein, allerdings war mein heimtückischer Ansatz anders gemeint. Wenn wir "Rechte" (im französischen Sinn) und "Konservative" synonym gebrauchen, was wäre das Synonym für "Linke"?
Zitat von C.
Zitat von Bernhard Vogel„Konservativ“ sein heißt, darauf zu achten, dass Bewährtes erhalten bleibt und verteidigt wird und dass Neues sich beweisen muss.
Dem kann ich mich anschließen, ein Konservativer weiß, wann es genug ist, der Progressive will immer mehr, ohne die Folgen zu betrachten.
Zitat von ZettelDas ist aus meiner Sicht eine Mininmal-Definition, die sich mehr vom Wort "conservare" ableitet als daß sie eine politische Analyse ausdrücken würde.
Wenn Vogel nur das Bewahren im Augen hätte, sicherlich. Er schließt aber das neue nicht aus, wenn es sich beweisen kann. das sollte allerdings die Möglichkeit aufzeigen, zum Bewährten zurückkehren zu können, wenn es sich als falsch herausstellt.
Zitat:Also ich finde, da kratzt Vogel nur an der Oberfläche.
Vermutlich mein Fehler, weil ich nur eine Satz seines interessanten Vortrags wiedergegen habe.
vielleicht kann ich meinen Teil zu dieser hochinteressanten Diskussion auch beitragen.
Ein großer Unterschied zwischen den Konservativen und allen anderen politischen Strömungen liegt für mich darin, dass diese mit den aktuellen Gegebenheiten prinzipiell einverstanden sind und diese nur marginal ändern möchten. Man strebt keinem Idealbild hinterher sondern die Realität ist für den Konservativen bereits sehr nahe seinem Ideal, welches er bewahren und verteidigen möchte. So gesehen hat jede Zeit und jede Gesellschaft seine eigenen Konservativen, jene die keine radikalen Umwälzugen wollen. Das macht sie deshalb auch so schwer greifbar. Konservative im Kaiserreich, Konservative (Kommunisten) in der DDR und Konservative im heutigen vereinigten Deutschland haben jeweils verschiedene Werte und wären in einer anderen Zeit bzw. an einem anderen Ort nicht konservativ.
Zitat von ffreibergerEin großer Unterschied zwischen den Konservativen und allen anderen politischen Strömungen liegt für mich darin, dass diese mit den aktuellen Gegebenheiten prinzipiell einverstanden sind und diese nur marginal ändern möchten.
Das wäre das, was man oft mit "Strukturkonservatismus" bezeichnet. In diesem Sinne sind die Linken derzeit konservativ, weil sie die "Errungenschaften" ihrer Dominanz in den letzten 20 Jahren gegen die von Zettel beschriebene Zeitenwende absichern wollen.
Für eine allgemeine politische Definition von "konservativ" paßt das aber m. E. überhaupt nicht. Sehr häufig sind Konservative nämlich sehr unzufrieden mit den aktuellen Gegebenheiten und orientieren sich an der "guten alten Zeit". Typisches Beispiel wären da z. B. die Konservativen der Zwischenkriegszeit, die wollten fast alle eine heftige Änderung der aktuellen Gesellschaft bzw. wieder zurück ins Kaiserreich.
Zitat von ffreibergerEin großer Unterschied zwischen den Konservativen und allen anderen politischen Strömungen liegt für mich darin, dass diese mit den aktuellen Gegebenheiten prinzipiell einverstanden sind und diese nur marginal ändern möchten. Man strebt keinem Idealbild hinterher sondern die Realität ist für den Konservativen bereits sehr nahe seinem Ideal, welches er bewahren und verteidigen möchte. So gesehen hat jede Zeit und jede Gesellschaft seine eigenen Konservativen, jene die keine radikalen Umwälzugen wollen. Das macht sie deshalb auch so schwer greifbar. Konservative im Kaiserreich, Konservative (Kommunisten) in der DDR und Konservative im heutigen vereinigten Deutschland haben jeweils verschiedene Werte und wären in einer anderen Zeit bzw. an einem anderen Ort nicht konservativ.
Sehr schöne Erklärung dafür, warum ich mich selbst lieber als "reaktionär" denn als "konservativ" etikettiere...
-- La historia claramente demuestra que gobernar es tarea que excede la capacidad del hombre. - Nicolás Gómez Dávila, Escolios a un Texto Implícito
Zitat von ffreibergerEin großer Unterschied zwischen den Konservativen und allen anderen politischen Strömungen liegt für mich darin, dass diese mit den aktuellen Gegebenheiten prinzipiell einverstanden sind und diese nur marginal ändern möchten. Man strebt keinem Idealbild hinterher sondern die Realität ist für den Konservativen bereits sehr nahe seinem Ideal, welches er bewahren und verteidigen möchte. So gesehen hat jede Zeit und jede Gesellschaft seine eigenen Konservativen, jene die keine radikalen Umwälzugen wollen. Das macht sie deshalb auch so schwer greifbar. Konservative im Kaiserreich, Konservative (Kommunisten) in der DDR und Konservative im heutigen vereinigten Deutschland haben jeweils verschiedene Werte und wären in einer anderen Zeit bzw. an einem anderen Ort nicht konservativ.
Sehr schöne Erklärung dafür, warum ich mich selbst lieber als "reaktionär" denn als "konservativ" etikettiere...
Naja, das löst das Problem auch nicht, denn diese Realdefinition von ffreiberger würde ja analog für die Reaktionäre in allen Systemen gelten. Die wollen halt den Zustand von vor dem letzten Systemwechsel haben. Die Reaktionäre im Kaiserreich wollen wieder eigenständige Fürstentümer, die in der DDR wollen eine Wiedervereinigung (und evtl. sogar den Führer zurück), die heutigen im Osten wieder die Mauer und die im Westen wieder Adenauertum und Westanbindung.
Mir gefällt diese Definition nicht gut, denn soooo wenig Substanz haben die Konservativen auch wieder nicht. Aber diese Auffassung ist ja immerhin so verbreitet, dass sich viele Konservative ein "Wert-" voranstellen, um sich genau von diesem Image abzugrenzen.
Zitat von R.A. Das wäre das, was man oft mit "Strukturkonservatismus" bezeichnet. In diesem Sinne sind die Linken derzeit konservativ, weil sie die "Errungenschaften" ihrer Dominanz in den letzten 20 Jahren gegen die von Zettel beschriebene Zeitenwende absichern wollen.
Das sind aber nur ein Teil der Linken und dieses Lager geht ja weit bis in die CDU/CSU hinein. Den reinen Konservativismus gibt es nicht, vielmehr gibt es den Bindestrichkonservativen. Da gibt es dann den Liberalen, den Sozialen, den Christlichen usw. Das sieht man auch sehr schön in den Parteiprogrammen von CDU und auch CSU. Dort wird versucht aus alle Bindestrichströmungen zu vereinigen. Dem Konservativem geht es nicht um eine Systemumwälzung, aber er möchte je nach dem welchen Bindestrich er bevorzugt das bestehende System optimieren.
Zitat von R.A. Für eine allgemeine politische Definition von "konservativ" paßt das aber m. E. überhaupt nicht. Sehr häufig sind Konservative nämlich sehr unzufrieden mit den aktuellen Gegebenheiten und orientieren sich an der "guten alten Zeit". Typisches Beispiel wären da z. B. die Konservativen der Zwischenkriegszeit, die wollten fast alle eine heftige Änderung der aktuellen Gesellschaft bzw. wieder zurück ins Kaiserreich.
Hier kommt ins Spiel das die "Konservativen der Zwischenkriegszeit" in diesem Sinne gar nicht mehr konservativ sondern reaktionär waren. Sie waren zu Kaiserzeichen einmal konservativ, nach dem Zeitenwandel in das neue System gehören sie nicht mehr dazu, weil sie ja prinzipiell mit dem neuen Gesellschaftsbild nicht mehr übereinstimmen.
Zitat von Gorgasal Sehr schöne Erklärung dafür, warum ich mich selbst lieber als "reaktionär" denn als "konservativ" etikettiere...
Vorschlag zur Güte: Bezeichnen Sie sich doch als rekonservativ. Ich weiß nicht ob es das Wort schon gibt. Ich möchte damit ausdrücken, dass man gewisse Dinge wieder zurückdrehen kann und trotzdem weiterhin mit dem Großen und Ganzen übereinstimmt. In diesem Fall mit der deutschen Demokratie und die damit verbundenen Werte.
Vielleicht drücke ich mich missverständlich aus, wenn ich schreibe:
Zitat von ffreibergerEin großer Unterschied zwischen den Konservativen und allen anderen politischen Strömungen liegt für mich darin, dass diese mit den aktuellen Gegebenheiten prinzipiell einverstanden sind und diese nur marginal ändern möchten.
Natürlich ist auch jemand konservativ, der hinter gewisse Entwicklungen wieder zurück will. Wenn man also den schlimmsten Murks von Feminismus, Ökologismus und sonstigen "sozialen Errungenschaften" zurückdreht, und das auf Grundlage althergebrachter Werte und mit den Mitteln des im System zulässigen, handelt man immernoch konservativ. Der Konservative möchte ja nur Bewährtes erhalten. Wenn sich etwas nicht bewährt hat, kehrt man eben zum Bewährten zurück.
Ich merke, dass ich mich um Kopf und Kragen schreibe. Meine kleine Definition offenbart seine Schwächen. Die Reaktionen werden mir beim überdenken helfen. Das ist ja auch für was gut.
Zitat von Meister Petz Mir gefällt diese Definition nicht gut, denn soooo wenig Substanz haben die Konservativen auch wieder nicht. Aber diese Auffassung ist ja immerhin so verbreitet, dass sich viele Konservative ein "Wert-" voranstellen, um sich genau von diesem Image abzugrenzen.
Ich finde, dass in der Verteidigung unserer Errungenschaften gepaart mit einem konservativen, also einem humanistisch geprägten christlichen Menschenbild, genügend Substanz für mehrere Legislaturperioden steckt. Bewährtes bewahren und das Gegenteil abschaffen wäre doch ein gutes Regierungsprogamm.
Zitat von ffreibergerIch finde, dass in der Verteidigung unserer Errungenschaften gepaart mit einem konservativen, also einem humanistisch geprägten christlichen Menschenbild, genügend Substanz für mehrere Legislaturperioden steckt. Bewährtes bewahren und das Gegenteil abschaffen wäre doch ein gutes Regierungsprogamm.
Zitat von Gorgasal Sehr schöne Erklärung dafür, warum ich mich selbst lieber als "reaktionär" denn als "konservativ" etikettiere...
Vorschlag zur Güte: Bezeichnen Sie sich doch als rekonservativ.
Hm. Was haben Sie gegen "reaktionär"?
Ich verbinde mit dem Begriff "reaktionär" eine Rückwertsgewandheit die hinter das bestehende System zurück will. Im Vergleich dazu wäre rekonservativ eine mildere Wortschöpfung, die besagt das man hinter falsche Entwicklungen zurück will, aber dem Gesamtsystem weiter positiv gegenüber steht. Vielleicht wage ich mich hier auch zu weit aus dem Fenster.
Zitat von Gorgasal Sehr schöne Erklärung dafür, warum ich mich selbst lieber als "reaktionär" denn als "konservativ" etikettiere...
Vorschlag zur Güte: Bezeichnen Sie sich doch als rekonservativ.
Hm. Was haben Sie gegen "reaktionär"?
Ich verbinde mit dem Begriff "reaktionär" eine Rückwertsgewandheit die hinter das bestehende System zurück will. Im Vergleich dazu wäre rekonservativ eine mildere Wortschöpfung, die besagt das man hinter falsche Entwicklungen zurück will, aber dem Gesamtsystem weiter positiv gegenüber steht.
Ja, aber dann trifft "reaktionär" es doch ausgezeichnet!
Kommt natürlich sehr darauf an, was man unter dem "Gesamtsystem" versteht - je nach dieser Definition wäre man dann eher "reaktionär" oder "rekonservativ". Womit wir aber wieder bei der gleichen Diskussion sind wie derjenigen, was genau die Konservativen denn nun konservieren wollen.
-- La historia claramente demuestra que gobernar es tarea que excede la capacidad del hombre. - Nicolás Gómez Dávila, Escolios a un Texto Implícito
Zitat von ffreibergerIch verbinde mit dem Begriff "reaktionär" eine Rückwertsgewandheit die hinter das bestehende System zurück will. Im Vergleich dazu wäre rekonservativ eine mildere Wortschöpfung, die besagt das man hinter falsche Entwicklungen zurück will, aber dem Gesamtsystem weiter positiv gegenüber steht.
Ja, aber dann trifft "reaktionär" es doch ausgezeichnet!
Aber "reaktionär" ist doch nun mal, lieber Gorgasal, ein Kampfbegriff der Linken. Der Linke Horst Wessel dichtete zum Beispiel "Kameraden, die Rotfront und Reaktion erschossen, marschiern im Geist in unsren Reihen mit".
Man kann das nun strategisch machen, einen gegen einen selbst gericheteten Begriff aufnehmen und seine Konnotation zu drehen versuchen. Das bekannteste Beispiel ist "schwul", das klassische "Quäker". Auch eine "Krüppelbewegung" von Behinderten gab es mal; ich weiß aber nicht, was daraus geworden ist.
Nur - lohnt das a) den Aufwand und versprich es b) Erfolg? Ich sehe das eher nicht.
Es ist gewiß manchmal sinnvoll, Begriffe zu "besetzen" und sich in "Semantik" zu üben (unter dem Generalsekretär Biedenkopf gab es in der CDU glaube ich einmal eine "Arbeitsgruppe Semantik", die sich darum bemühte).
Aber ich wäre schon zufrieden, wenn es gelänge, wenigstens den Begriffen "liberal" und "konservativ" wieder ihren alten Glanz zu geben. Es muß doch nicht gleich auch noch "rechts" oder gar "reaktionär" sein.
Ich würde zur Diskussion darum, was konservativ heißt, gerne noch zwei Aspekte beitragen.
Der eine hat sich mir aus einer philosophischen Übung über Staatsphilosophie eingeprägt. Der Dozent, ein Linker, mahnte uns zur Wachsamkeit gegenüber Ausdrücken wie "gewachsen" und "organisch"; dahinter verberge sich immer konservatives Denken. Ich meine, da ist etwas dran: Konservatives Denken oder Empfinden hat ein grundsätzliches Vertrauen zu gewachsenen und organischen Strukturen in Staat und Gesellschaft. Das, was ist, hat sich aus bestimmten Gründen entwickelt und sich bewährt. Sicher kann es eine Weiterentwicklung geben, aber radikale Brüche, Revolutionen oder gar sozial- oder politiktechnische Konstruktionen werden abgelehnt. Wogegen der klassische Linke an die Konstruierbarkeit der Welt – einer besseren Welt – glaubt.
Der andere Aspekt macht sich für mich an den Bereichen fest, die in der lutherischen Theologie mal Schöpfungsordnungen hießen. Von daher scheint mir die traditionell enge Verbindung von konservativ und christlich nicht ganz zufällig zu sein. Als solche Schöpfungsordnungen werden üblicherweise Ehe und Familie, Volk, Staat und häufig auch Wirtschaft angesehen. Sie beschreiben Grundformen des menschlichen Zusammenlebens, die in gewisser Weise je eigengesetzliche Sphären (M. Weber) sind, bei aller historischen Veränderlichkeit aber Grundgegebenheiten sind, innerhalb derer sich das menschliche Leben unter den Bedingungen der Welt und der Menschen, wie sie sind, in guter Weise führen lässt. Konservative werden in der Regel der Destruktion dieser überkommenen Lebenssphären widerstehen. Dem entspricht das christliche Menschenbild, das dem Menschen einerseits seine Größe und Würde im Symbol der Gottebenbildlichkeit zugesteht, andererseits seine Begrenztheit im Symbol des Sündenfalls anerkennt.
Wenn Sie, lieber Zettel, den linken Mehltau zuletzt unter den Aspekten Feminismus, Multikulti und Umweltideologie beschrieben haben, dann kann man diesen Ideologien sehr genau mit den Schöpfungsordnungen entgegentreten: Ehe und Familie vs. Feminismus; Volk vs. Multikulti und – das passt jetzt nicht ganz genau – die Ordnung der wirtschaftlichen Nutzung und Beherrschung der Erde (dominium terrae) vs. "Bewahrung der Schöpfung". Hinzufügen könnte man vielleicht sogar die Bewertung des Staates als Schutz- und Ordnungsmacht vs. die ideologische (und z.T. auch soziale) Überhöhung des Staates. Was das Menschenbild anbelangt, so machen Linke den Menschen tendenziell klein, indem sie ihn z.B. zur Funktion der Gesellschaft herabstufen ("das Ensemble der gesellschaftlichen Verhältnisse", Marx), oder indem sie ihn neuerdings mit Tieren auf eine Stufe stellen wollen (Tierrechtsbewegung und dgl. Unfug), andererseits überschätzen sie ihn, indem sie ihm eine nahezu unbegrenzte Perfektibilität zutrauen.
Das im Konservativismus der Gedanken des Gewachsenen eine große Rolle spielt ist sicher nicht falsch, aber auch im Liberalismus (gerade in der von Hayek begründeten Line, der ich mich zurechne) hat der Gedanken der Selbstorganisation eine zentrale Bedeutung.
Die Verbindung von konservativ und christlich ist je nach Strömung sehr unterschiedlich. Im Konservativismus gibt es auch eine sehr anti-klerikale Richtung man denke an Hobbes oder Bismark. Auch das lässt sich gut begründen. Wenn das Konservative der Versuch ist den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu bewahren und der Politik die Aufgabe übergibt, diesen zu fördern, kann man das Christentum als Gegenprogramm dazu auffassen. Jesus ist am Kreuz gestorben, weil er die Eigenlogik der Welt missachtet hat, um diese Eigenlogik zu überwinden. Auch in Luthers zwei Reichelehren wird deutlich dass die politische Eigenlogik keine Bedeutung für den Christen hat, dieser sich jener aber aus Gründen der Nächstenliebe unterwirft. Da der Konservativismus gerade die Erfordernisse der Staatskunst als sein eigenes Programm ansieht (etwa nach Machiavelli), ist sein Antiklerikalismus stringent.
Zitat von ZettelAber ich wäre schon zufrieden, wenn es gelänge, wenigstens den Begriffen "liberal" und "konservativ" wieder ihren alten Glanz zu geben. Es muß doch nicht gleich auch noch "rechts" oder gar "reaktionär" sein.
'tschuldigung, daß ich mich hier schon wieder einmische: könnte es denn nicht so sein, daß nur wenn man die Begriffe "rechts" und "reaktionär" verteidigt, "liberal" und "konservativ" überhaupt erst wieder eine Chance bekommen?
Mir ist schon mehrfach aufgefallen, daß sich "Bewegungen und Denkrichtungen" im Windschatten "radikalerer Spitzen" besonders gut etablieren. Die Mehrzahl der Leute mag eben keine Extreme, sie sind durchaus einer Richtung zugeneigt, aber es muß schon irgendwo auch "in der Mitte der Gesellschaft" sein. Und der Verzicht auf "rechts" und "reaktionär" schiebt die Konservativen zum "relativen rechten Rand" des politischen Spektrums, zumindest in der Wahrnehmung der Mehrzahl der Leute. (Absolute Kategorien erfordern geschichtliches Wissen und sind somit m.M.n. unbedeutend.)
Beispiele sind, denke ich, leicht zu finden, ohne daß man gleich an die "gemäßigten Taliban" denken muß. Dieses Beispiel zeigt übrigens auch, daß man sich die gemäßigte Ausprägung einer feindlichen Erscheinung notfalls auch unabhängig von der Realität selber basteln kann. Demnächst kommen sicher auch "gemäßigte Piraten" zum Vorschein, mit denen die Länder dann "ernsthafte Gespräche" führen können und die (mit finanzieller Unterstützung natürlich) die "Piraterie bekämpfen werden".
Zitat von ZettelNur - lohnt das a) den Aufwand und versprich es b) Erfolg? Ich sehe das eher nicht.
Also, ich finde, der Nicolás Gómez Dávila z.B. schafft es grandios. Meistens verhält es sich mit den Kampfbegriffen ja so, dass sie schnell ihren Schrecken verlieren, sobald eine Person mit natürlicher Autorität sie auf sich selbst anwendet, selbstironisch oder auch nicht.Denn sie erhalten ihre Wirkung fast ausschließlich aus dem Umstand, dass diejenigen, denen man sie an den Kopf wirft, diesen Wurf auch spüren, sich also unangenehm getroffen fühlen.
-- L'État, c'est la grande fiction à travers laquelle tout le monde s'efforce de vivre aux dépens de tout le monde. (Frédéric Bastiat)
Zitat von GorgasalHm. Was haben Sie gegen "reaktionär"?
Ich weiß, Sie haben nicht mich gefragt. Bei 'reaktionär' stellen sich mir zwei Assoziationen ein.
* Das dritte newtonsche Gesetz, und damit die Tatsache, dass eine Reaktion eben auch ein Aktion ist, während in 'konservativ' ein Beharren steckt, das eher beim ersten newtonschen Gesetz anzusiedeln ist. So entspricht es meinem Phlegma eher konservativ als reaktionär zu sein.
* Mehr im politischen Zusammenhang: Reaktion umfasst für mich auch die Bedeutung, für antidemokratische Positionen einzutreten, obrigkeitsstaatliches Denken zu pflegen und autoritäre Staatswesen für akzeptabel zu halten. Da graut es mir aber.
Zitat von ZettelAber "reaktionär" ist doch nun mal, lieber Gorgasal, ein Kampfbegriff der Linken.
Zitat von LeibnizReaktion umfasst für mich auch die Bedeutung, für antidemokratische Positionen einzutreten, obrigkeitsstaatliches Denken zu pflegen und autoritäre Staatswesen für akzeptabel zu halten.
Demokratie einerseits sowie obrigkeitsstaatliches Denken und autoritäre Staatswesen andererseits sehen Sie als Widerspruch? Naja, darüber könnte man debattieren...
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