Wie reagiert die Linke darauf, daß ihr gefeierter Held von einem Mißerfolg zum nächsten tappt? Damit befaßt sich heute ein Kolumnist der Washington Post, und ich befasse mich mit seiner Kolumne.
Nunja, habe ich auch schon mehrfach gehört, dass die Meinungen da weiiiiit auseinandergehen. Da ist von der "Sozialisten"-Keule bis zum Verräter an der demokratischen Idee eigentlich alles dabei. Ob man diese Politik nun als "links" bezeichnen kann? Gemessen an der vorherigen Regierung und dem, sagen wir mal, amerikanischen Mittel vielleicht. Ich spekuliere, dass ungefähr 2/3 der Bevölkerung sich in Übersee als Mitte-Rechts sehen, so gesehen ist jede Reform die nicht republikanischen Ursprunges ist, eigentlich ohnehin nie mehrheitsfähig, falls sie als, mit den bekannten Idealen, unvereinbar deklariert wird. Krugman ist da inzwischen teilweise wirklich ziemlich radikal bzw fordert Stimuli die sogar mir als fragwürdig erscheinen, gemessen an der amerikanischen Lage. Höhere Steuern und mehr Schulden in einem Atemzug zu nennen, halte ich für etwas makaber, Steuern sind ja dazu da, dass ein Staat sich selbst finanzieren kann und die Senkungen unter Bush sind ja auch, wie sagt man so schön, "umstritten". Die Theorie, dass die reicheren Bevölkerungsteile dadurch sofort eine höhere Konsumlust zeigen würden oder das Geld andersweitig "positiv" verwenden, scheint ja auch nicht der Weisheit letzter Schluss zu sein. Man kann darüber streiten, ob eine Wiedereinführung der früheren Steuersätze nun möglicherweise langfristig nicht positiv ist, weil man davon ausgeht, dass das die Firmen öhm..verunsichern würde, aber egal was man macht, Sicherheiten gibt es in so Momenten ohnehin nicht und ich bin sehr gespannt, wie die neuen Republikaner das nun ändern wollen, nachdem ihre alten Rezepte ihnen schon Grabreden eingebracht haben.
Das ein guter Teil derOpposition seit der letzten Wahl nur noch auf Dauerprotest setzt, ist natürlich ihr gutes Recht, ich glaube allerdings inzwischen auch, dass Rush Limbaughs Sager, dass er sich primär einen gescheiterten Präsidenten wünsche, dort auch mehrheitsfähig ist. Ob Obama nun generell "links" ist, ob seine vorgetragene "Bipartisanship", also sein Wille zur politischen Fraktionszusammenarbeit, ehrlich und glaubwürdig war, ob seine Ideen richtig waren und so weiter, darüber kann man überaus unterschiedlicher Ansicht sein. Dass man eine Position aber erst dann animmt, wenn der Präsident sich für das Gegenteil entschieden hat und sich von seinen eigenen Ideen distanziert, das ist dann doch schon ein anderer Punkt und da stellt sich doch auch irgendwie die Frage, ob sich ein Land so etwas nach so einer Krise überhaupt leisten kann. Insofern bin ich überaus glücklich, über den republikanischen Wahlsieg, dadurch muss nämlich Verantwortung übernommen werden und vielleicht klappt das mit der Zusammenarbeit ja nun endlich.
PS: Ich wäre froh, wenn solche Ignoranz ein "linkes" Monopol wäre, aber sie erschliesst bedauerlicherweise, weitaus größere Bevölkerungsschichten ;)
Zitat von ZettelKommt Ihnen das bekannt vor? Dieses linke Denkmuster, daß jeder, der eine andere Auffassung hat, nur "krude", "dumpf" oder ein "Hetzer" sein kann?
Nicht zwingend nur das. Wichtig ist insbesondere, dass zur Meinungsäußerung des anderen auch gleich dessen im Zweifel verachtenswertes Motiv mitgeliefert wird. Das kann auch noch ganz andere finstere Machenschaften mit einschließen.
-- L'État, c'est la grande fiction à travers laquelle tout le monde s'efforce de vivre aux dépens de tout le monde. (Frédéric Bastiat)
Zitat von VetinariOb man diese Politik nun als "links" bezeichnen kann? Gemessen an der vorherigen Regierung und dem, sagen wir mal, amerikanischen Mittel vielleicht. Ich spekuliere, dass ungefähr 2/3 der Bevölkerung sich in Übersee als Mitte-Rechts sehen, so gesehen ist jede Reform die nicht republikanischen Ursprunges ist, eigentlich ohnehin nie mehrheitsfähig, falls sie als, mit den bekannten Idealen, unvereinbar deklariert wird.
Ja, das ist wohl so. Wobei man allerdings sehen muß, daß "konservativ" in den USA etwas anderes ist als in Europa - nämlich vor allem das Eintreten für die Freiheit des Einzelnen und für weniger Staat; also nach europäischem Verständnis eine liberale Position. Der Erzlibertäre Ron Paul ist Senator der Republikaner, und sein Sohn Rand ist gerade auf dem Ticket der Tea Party ins Repräsentantenhaus gewählt worden.
Was Obama angeht - kein US-Präsident seit Roosevelt stand so weit links. Es gab zwei demokratische Kandidaten, die ungefähr die Position Obamas hatten, George McGovern und Eugene McCarthy. McGovern verlor krachend 1972, McCarty schaffte es in fünf Anläufen gar nicht bis zur Nominierung.
Sie hatten keine Chance, weil eine linke Position in den USA nicht mehrheitsfähig ist. Obama war als Senator der Linksaußen des gesamten Senats. Für den Wahlkampf verwandelte sich das Chamäleon in einen Mann der Mitte. Jetzt war er zwei Jahre der Linke. Da er künftig auf die Republikaner angewiesen sein wird, dürfte er wieder der Mann der Mitte werden.
Zitat Höhere Steuern und mehr Schulden in einem Atemzug zu nennen, halte ich für etwas makaber, Steuern sind ja dazu da, dass ein Staat sich selbst finanzieren kann und die Senkungen unter Bush sind ja auch, wie sagt man so schön, "umstritten".
Es ist halt so, daß Linke in der Regel für beides eintreten. Wer den Bürgern nicht zutraut, ihre Dinge selbst zu regeln, der braucht einen finanziell unersättlichen Staat. Dazu muß er sowohl Schulden machen als auch die Steuern erhöhen.
Zitat Die Theorie, dass die reicheren Bevölkerungsteile dadurch sofort eine höhere Konsumlust zeigen würden oder das Geld andersweitig "positiv" verwenden, scheint ja auch nicht der Weisheit letzter Schluss zu sein.
Daß die Reichen bei niedrigen Steuern mehr konsumieren, ist in der Tat eine seltsame Vorstellung. Vertritt die jemand ernsthaft? Sie sollen das Geld investieren, darum geht es. Und sie tun es sehr wahrscheinlich vernünftiger und effizienter, als wenn der Staat das Geld nimmt und es dann wieder verteilt. Was Obama sich da im Augenblick leistet, ist schon bemerkenswert: Unter dem Vorwand, die Wirtschaft anzukurbeln, wird das Geld dorthin umgeleitet, wo Obama gern die Gesellschaft umbauen würde; also zum Beispiel in "Grüne Projekte".
Zitat Man kann darüber streiten, ob eine Wiedereinführung der früheren Steuersätze nun möglicherweise langfristig nicht positiv ist, weil man davon ausgeht, dass das die Firmen öhm..verunsichern würde, aber egal was man macht, Sicherheiten gibt es in so Momenten ohnehin nicht und ich bin sehr gespannt, wie die neuen Republikaner das nun ändern wollen, nachdem ihre alten Rezepte ihnen schon Grabreden eingebracht haben.
Steuersenkungen haben in der Regel nicht zu Grabreden, sondern zu Freudenfesten geführt. Nicht nur bei Reagan. Auch Kennedy betrieb eine Politik der Steuersenkungen, und der Wirtschaftsboom unter Clinton basierte ebenfalls wesentlich auf Steuersenkungen.
Zitat Das ein guter Teil derOpposition seit der letzten Wahl nur noch auf Dauerprotest setzt, ist natürlich ihr gutes Recht, ich glaube allerdings inzwischen auch, dass Rush Limbaughs Sager, dass er sich primär einen gescheiterten Präsidenten wünsche, dort auch mehrheitsfähig ist.
Natürlich wünscht man sich ein politisches Scheitern Obamas; also keine zweite Amtszeit. Aber die Maßnahmen, die die Republikaner anstreben - zB eine wenigstens teilweise Zurücknahme dieses Monsters Gesundheitsreform, zB eben keine Steuererhöhungen (die "Rücknahme einer Steuersenkung" ist ja nichts anderes) - sollen natürlich der amerikanischen Wirtschaft helfen und ihr nicht schaden.
What's bad for Obama isn't bad for America.
Zitat Ob Obama nun generell "links" ist, ob seine vorgetragene "Bipartisanship", also sein Wille zur politischen Fraktionszusammenarbeit, ehrlich und glaubwürdig war, ob seine Ideen richtig waren und so weiter, darüber kann man überaus unterschiedlicher Ansicht sein.
Das bipartisanship entdeckt er ja erst jetzt nach den mid-term elections, weil es die Mehrheitsverhältnisse erzwingen. Solange er in beiden Häusern eine komfortable Mehrheit hatte, nahm er wenig Rücksicht auf die Konservativen.
Zitat von ZettelJa, das ist wohl so. Wobei man allerdings sehen muß, daß "konservativ" in den USA etwas anderes ist als in Europa - nämlich vor allem das Eintreten für die Freiheit des Einzelnen und für weniger Staat; also nach europäischem Verständnis eine liberale Position.
So einfach kann man das nicht sehen, meine ich. Es gibt ja bei den US-Konservativen auch Leute wie Mike Huckabee, genau so wie es bei europäischen Konservativen Leute wie Friedrich Merz oder David Cameron gibt.
Zitat von ZettelJa, das ist wohl so. Wobei man allerdings sehen muß, daß "konservativ" in den USA etwas anderes ist als in Europa - nämlich vor allem das Eintreten für die Freiheit des Einzelnen und für weniger Staat; also nach europäischem Verständnis eine liberale Position.
So einfach kann man das nicht sehen, meine ich. Es gibt ja bei den US-Konservativen auch Leute wie Mike Huckabee, genau so wie es bei europäischen Konservativen Leute wie Friedrich Merz oder David Cameron gibt.
Auch Huckabee tritt für die Freiheit des Einzelnen ein und für weniger Staat. Das ist, soweit ich sehe, der Konsens, der alle amerikanischen Konservativen verbindet.
Auf der Grundlage dieses Konsenses gibt es viele Spielarten, wie Sie das für Europa treffend illustrieren. Es gibt die Evangelikalen, aber es gibt auch ganz areligiöse Konservative. Viele der Neocons sind zum Beispiel alles andere als christliche Fundamentalisten, nämlich säkulare Juden. Es gibt libertäre Konservative wie Ron Paul, und es gibt Wirtschaftsliberale wie Romney und früher Nelson Rockefeller.
Ich wollte eigentlich gar nicht auf Huckabees religiösen Fundamentalismus hinaus, dazu kann man so oder so stehen. Aber er hat ja auch so Sachen durchgedrückt wie Body-Mass-Index auf Schulzeugnissen, Rauchverbot in fast allen öffentlich zugänglichen geschlossenen Räumen, Erhöhungen der Benzin- und Umsatzsteuern. Er unterstützt den CO2-Emissionshandel und Subventionen für Biokraftstoffe.
Zitat von lukasIch wollte eigentlich gar nicht auf Huckabees religiösen Fundamentalismus hinaus, dazu kann man so oder so stehen. Aber er hat ja auch so Sachen durchgedrückt wie Body-Mass-Index auf Schulzeugnissen
Hm. hier finden Sie Huckabees Positionen zur Schulpolitik. Einen BMI auf dem Zeugnis sehe ich da nicht. Ihre Quelle?
Was man da lesen kann, ist, daß Huckabee zum Beispiel das homeschooling unterstützt und daß er für Leistungstests eintritt.
Zitat Rauchverbot in fast allen öffentlich zugänglichen geschlossenen Räumen,
Auch das kann ich in der Wikipedia nicht finden. Wohl aber, daß er sich für mehr Prävention und weniger care einsetzt. Obamas Gesundheitsreform lehnt er ab, weil sie dem Bürger zu wenig Wahl läßt, ihre Vorsorge selbst zu bestimmen.
Zitat Erhöhungen der Benzin- und Umsatzsteuern
Das Gegenteil ist der Fall. Hier ist der ganze Abschnitt der Wikipedia zu Huckabees Position zum Thema Steuern, Hervorhebungen von mir:
Zitat The 1999 gas and fuel tax hikes were never on the ballot in Arkansas, but Huckabee has told reporters “the fuel tax was a vote of the people—eighty percent of the people voted to improve roads”, and his 2008 presidential campaign manager, Chip Saltsman, has stated that “more than 80% of the voters supported a four cent tax on diesel fuel to fix the roads” and that through the same process voters approved a tax increasing the sales tax by an eighth of a cent to preserve their natural and cultural heritage.
Saltsman has said that it would have been in violation of Governor Huckabee’s oath of office to override the voters with respect to the referendums, and concluded that the citizens were responsible for the increases in taxation.
However the tax increase was signed into law over two months before the voters approved a bond issue which did not include the gas tax increases.
In January 2007 on Meet the Press, Huckabee said "I think you've got to be very careful. I wouldn’t propose any new taxes. I wouldn’t support any. But if we’re in a situation where we are in a different level of war, where there is no other option, I think that it’s a very dangerous position to make pledges that are outside the most important pledge you make, and that is the oath you take to uphold the Constitution and protect the people of the United States."
Grover Norquist, the president of Americans for Tax Reform, who in 2006 called the governor a “serial tax increaser,"stated recently, "Gov. Huckabee recognizes that the challenge is to rein in spending and reduce taxes."
Huckabee supports the FairTax, which would do away with all federal taxes and replace them with a single national sales tax. In March 2007, Huckabee signed the Presidential Taxpayer Protection Pledge of Americans for Tax Reform, promising not to increase taxes at the federal level.
Huckabee cut taxes while governor, which saved Arkansas' citizens close to $380 million. For 2007, his state enjoyed a surplus of nearly $850 million.
Huckabee has voiced support for the FairTax system, and wants to eliminate the Internal Revenue Service. He has called FairTax the flatter, fairer, finite, family friendly overhaul. He lowered taxes 94 times, although critics claim that most of these were small deductions that the legislature initiated.
He supported the removal of the poorest taxpayers from the tax rolls. However, Huckabee has also been criticized for his fiscal record. Huckabee supported 5 tax increases, prompting the Club for Growth to label him a liberal.
He signed bills raising taxes on gasoline in 1999, a $5.25 bed-tax on private nursing home patients in 2001, and publicly opposed the repeal of a sales tax on groceries and medicine in 2002. He believes that states should independently determine estate taxes.
Auch hier, lieber Lukas, würde mich Ihre Quelle sehr interessieren. Ich habe den Eindruck, daß da jemand die Position von Huckabee verzerrt dargestellt hat.
Zitat Er unterstützt den CO2-Emissionshandel und Subventionen für Biokraftstoffe.
Er untestützt die Unabhängigkeit der USA von importiertem Öl. Deshalb unterstützt er zwar "alternative" Energien, aber ebenso die Nuklearenergie.
Zitat Thanks to a final term grade of F, Huckabee earns an overall grade of D for his entire governorship. Like many Republicans, his grades dropped the longer he stayed in office. In his first few years, he fought hard for a sweeping $70 million tax cut package that was the first broad-based tax cut in the state in more than 20 years. He even signed a bill to cut the state’s 6 percent capital gains tax—a significant pro-growth accomplishment. But nine days after being reelected in 2002, he proposed a sales tax increase to cover a budget deficit caused partly by large spending increases that he proposed and approved, including an expansion in Medicare eligibility that Huckabee made a centerpiece of his 1997 agenda. He agreed to a 3 percent income tax “surcharge” and a 25-cent cigarette tax increase. In response to a court order to increase spending on education, Huckabee proposed another sales tax increase. Huckabee wants to run for the GOP presidential nomination next year. He’s already been hailed as a viable big-government conservative candidate by some. That seems about right: Huckabee’s leadership has left taxpayers in Arkansas much worse off.
Im Zweifel glaube ich Cato eher als einem Wikipedia-Artikel, der von Huckabees kleinen Helferlein im Zuge des Vorwahlkampfs 2008 frisiert worden sein kann, das müssen Sie mir schon verzeihen.
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