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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 20 Antworten
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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
Zettel Offline




Beiträge: 20.200

28.01.2011 23:52
Aufruhr in Arabien (2): Ägypten Antworten

Während ich diesen Artikel schrieb, hat sich die Lage in Ägypten verändert. Mubarak schien nach dem Urteil fast aller Journalisten schon verloren zu haben und war dann, nach Mitternacht Kairoer Zeit, plötzlich wieder da.

So ist das eben in solchen Situationen; jede Prognose kann schnell durch die Wirklichkeit überholt werden.

Wie auch der Titel dieser Serie. Warum ich mich entschlossen habe, sie umzubenennen, steht am Ende des Artikels.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

29.01.2011 00:47
#2 Obamas Rede Antworten

Eben hat Präsident Obama gesprochen. Keine Unterstützung für Mubarak. Klare Worte für Demokratie. Forderungen an Mubarak.

Solche Worte hätte man sich von Präsident Obama gewünscht, als es in Teheran eine ähnlich revolutionäre Situation gab. Damals, im Juni 2009, hatte er sich sehr anders verhalten; siehe Barack der Redner redet wieder. Aber woran ist die iranische Revolution gescheitert? Die Antwort von George Friedman; ZR vom 24. 6. 2009.

Zodac Offline



Beiträge: 15

29.01.2011 04:05
#3 RE: Obamas Rede Antworten

Für Tunesien kann man möglicherweise vorsichtig optimistisch sein was die Etablierung einer freiheitlich-demokratischen Grundordnung angeht, aber in Ägypten sehe ich sehr viel Potential um vom Regen in die Traufe zu kommen. Die Muslimbruderschaft ist dort sehr starkt verankert und war noch 2005 stärkste Oppositionelle Kraft. Sie verfügt über eine Million Mitglieder und dürfte ähnlich wie die Hamas auch dank ihren Wohlfahrtseinrichtungen sehr viel Popularität genießen.
Und selbst wenn die Islamisten am Ende nicht an die Macht kämen, so würden sie dank der mehr demokratischer Einflußnahme noch weiter an Einfluß in der Politik gewinnen. Nicht sehr Vorteilhaft für die die USA, Europa als auch Israel.

Womöglic macht hier Obama denselben Fehler, den einst auch Carter getätigt hat, als dieser pro-westliche Autokraten im Iran und Nicaragua die Unterstützung entzog und am Ende mit einer Islamitischen bzw. Marxistischen Diktatur belohnt wurde. (Und wer Zeit und Lust hat, kann sich bezüglich dieses Themas diesen älteren aber sehr lesenswerten Text zu gemüte ziehen: "Dictatorships & Double Standards" von Jeane J. Kirkpatrick http://www.commentarymagazine.com/viewar...-standards-6189 )

Ich für menen Teil habe jedenfalls meine Zweifel, daß in einem Land eine freiheitliche Demokratie zum Durchbruch kommt, in welchem 83% der Einwohner die Ermordung amerikansicher Soldaten im Irak unterstützt. Oder wo 65% sich für die strikte Auslegung der Sharia aussprechen. (siehe hierzu: http://mypetjawa.mu.nu/archives/196545.php - Aufmerksam geworden bin ich auf die Tahlen durch diesen Artikel: http://www.wissenrockt.de/2011/01/03/stu...-muslime-14365/ - Wobei der Autor dieses Artikel auch einen relativ lesenswerten Blog hat: http://feuerbringer.com/ )
Dementsprehend sentsine ich mich auch an das Interview mit dem liberalen Oppositionellen Naguib Sawiris aus de Jahr 2009, in welchem dieser mehr oder minder betont, daß wirklicher politischer Fortschritt und eine politische Öffnung wohl nur mit einem Neuen Attatürk möglich sei: http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-65169771.html

lemmyPaz Offline



Beiträge: 90

29.01.2011 08:31
#4 RE: Aufruhr in Arabien (2): Ägypten Antworten

Lieber Zettel,

zum Glück bestimmen die USA oder Israel nicht die Ereignisse auf den Straßen Ägyptens.
Demokratie und Rechtsstaatlichkeit muß halt in manchen locations in einem schmerzhaften und auch mit Irrungen verbundenen Prozeß erkämpft werden.
Ich unterstütze gewisse global gültige Werte, die auch Risiken beinhalten. Jeder, der jetzt noch dieses Regime unterstützt, wird die gerechtfertigte Wut der Ägypter auf sich ziehen, mit unkalkulierbaren Folgen für die Zukunft. Und es geht jetzt vor allem um die Ägypter und nicht um die Israelis, Europäer oder US-Amerikaner.
Somoza hielt sich in seinem Garten Käfige mit Löwen und Jaguaren, zu denen er schon einmal Oppositionelle sperren ließ. Er ließ während des Aufstands Stadtviertel der Hauptstadt mit der eigenen Luftwaffe bombadieren.
Als Demokrat fühle ich mich verpflichtet, mich mit breiten Koalitionen gegen solche Regime solidarisch zu erklären, auch wenn dies Risiko beinhaltet, dass die Dynamik gewisse Risiken mit sich bringt.

Herzlichst Lemmy

---
firme junto al pueblo

C. Offline




Beiträge: 2.639

29.01.2011 10:12
#5 RE: Aufruhr in Arabien (2): Ägypten Antworten

Zitat
Als Demokrat fühle ich mich verpflichtet, mich mit breiten Koalitionen gegen solche Regime solidarisch zu erklären, auch wenn dies Risiko beinhaltet, dass die Dynamik gewisse Risiken mit sich bringt.



"Solidarisch mit breiten Koalitionen" klingt schon mal gut. Wieviele Milliarden darf es diesmal kosten?

Nachtrag: SPD-EU-Fraktionschef Schulz fordert Demokratisierung in Ägypten

Hier sei angemerkt, dass die Partei Mubaraks (NDP) wie die SPD Mitglied in der Sozialistischen Internationalen ist.


Zitat
Im Hinblick auf Tunesien empfahl Schulz der EU, den Aufbau demokratischer Strukturen zu unterstützen. Dabei sei es vordringlich, auch die moderaten muslimischen Parteien mit einzubinden. Ausdrücklich warb Schulz für eine Wiederbelebung des Projekts einer gemeinsamen Mittelmeer-Union. In diesem Rahmen müsse die EU den ökonomischen Wandel in ihren südlichen Partnerländern fördern, allerdings "ohne wie bisher vorrangig auf europäische Markt- und Handelsinteressen ausgerichtet" zu sein



Ich habe es geahnt, es wird richtig teuer. Martin Schulz ist vollkommen von allen guten Geistern verlassen.

http://www.iceagenow.com/

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

29.01.2011 10:43
#6 RE: Aufruhr in Arabien (2): Ägypten Antworten

Lieber LemmyPaz,

Zitat von lemmyPaz
Demokratie und Rechtsstaatlichkeit muß halt in manchen locations in einem schmerzhaften und auch mit Irrungen verbundenen Prozeß erkämpft werden.


Das kommt vor; leider selten. Oft werden Demokratie und Rechtsstaatlichkeit einem Land geschenkt - uns Deutschen und den Japanern 1945 zum Beispiel, den Irakern 2003.

Und oft führt der schmerzhafte Prozeß auch nicht zu Demokratie und Rechtsstaatlichkeit, sondern zum Gegenteil; in China, Cuba, Vietnam zum Beispiel. In den Ländern Arabiens, die ja oft auch ihre Revolutionen und "Befreiungsbewegungen" hatten. In Algerien hat ein sehr langer, sehr schmerzlicher Prozeß auch nach einem halben Jahrhundert nicht mehr als eine Diktatur hervorgebracht. Dasselbe war das Ergebnis der Revolutionen in Ägypten, in Syrien, im Irak, im Jemen, im Iran usw. usw.

Ich denke, man kann sagen, daß Länder ohnen einen solchen schmerzhaften Prozeß im Schnitt freier sind und bessere Lebensbedingungen haben - in Arabien zum Beispiel einige der Emirate und Jordanien; in Asien Südkorea, Taiwan, Indonesien. Nur als Beispiele.

Herzlich, Zettel

Skeptiker ( gelöscht )
Beiträge:

29.01.2011 14:52
#7 RE: Aufruhr in Arabien (2): Ägypten Antworten

Moin..

Die Voraussetzung für eine funktionierende Demokratie wären zuallererst einmal eine Bevölkerungsmehrzahl von Demokraten.

Diese demokratischen Mehrheiten sind realistisch betrachtet bisher in keinem arabischen Land auszumachen. (ich habe selbst Zweifel, ob wir diese wirklich in unserem eigenen Lande haben) Deshalb ist in unserem eigenem Überlebensinteresse zu wünschen, dass die dortigen Herrschaftsformen zunächst mangels realistischer Alternative weiter erhalten bleiben und sich hoffentlich max. nur mit der dringend gebotenen Entwicklung hin zu mehr Massenwohlstand und erst damit zu mehr demokratischer Freiheit entwickeln.

Ich habe übrigens aus der selben Sichtweise damals die Erhaltung des chinesischen Machtsystems (einer art nationalen Sozialismus) mit dem Massaker auf dem Platz des himmlischen Friedens für richtig und sogar notwendig erachtet und deshalb auch (im vermeintlichem Eigeninteresse)damals argumentativ verteidigt.
Die inzwischen für die Chinesen in Ihrer Mehrzahl erfahrenen Wohlstands- und Freiheitsfortschritte haben mich in meiner jetzigen und damaligen Sichtweise bestätigt. Persönlich halte ich die heutigen arabischen Gesellschaften für noch sehr lange Zeit auch aus eigenem Erleben heraus für noch nicht staatsfähig in unserem Sinne. Ganz im Gegenteil, diese Gesellschaften werden ohne die bisher gewohnten, sie mühsam unter schach haltenden Machtstrukruren zerbrechen und damit zur Gefahr für uns.
Damit leider keine guten Aussichten...

Grüße..

meyer Offline



Beiträge: 29

29.01.2011 15:04
#8 RE: Aufruhr in Arabien (2): Ägypten Antworten

Ich sehe so gut wie keine Chance dafür, dass es in absehbarer Zeit in Ägypten eine liberale, rechtsstaatliche Demokratie geben wird. Wir reden hier über ein Land, in dem mehr als 80% Prozent der Menschen die Steinigung als Strafe für Ehebruch befürworten, in dem 59% der Menschen sich in der Auseinandersetzung zwischen Modernisierern und Fundamentalisten zur Seite der letzteren zählen und Al Quaida die Unterstützung von 20 % der Bevölkerung genießt. Quelle: http://pewglobal.org/2010/12/02/muslims-...-and-hezbollah/

Mich interessiert hier am meisten, wie sich die Muslimbruderschaft verhält; und ich frage mich, ob es einen Zusammenhang gibt zwischen diesem hier http://www.gloria-center.org/gloria/2010...-war-on-america und der jetzigen Sitation.

notquite Offline



Beiträge: 506

29.01.2011 17:38
#9 RE: Obamas Rede Antworten

Zitat
Eben hat Präsident Obama gesprochen. Keine Unterstützung für Mubarak. Klare Worte für Demokratie. Forderungen an Mubarak. Solche Worte hätte man sich von Präsident Obama gewünscht, als es in Teheran eine ähnlich revolutionäre Situation gab.



Wieso eigentlich? Die politsche Elite Israels zum Beispiel steht mit Blick auf die strategischen Implikationen eindeutig auf der Seite des status quo. Mit Blick auf die Urteile in der deutschen Presse kann man sich fragen, was eigentlich die permanente Beschwörung der deutschen Verantwortung für Israel wert sein soll, wenn man in diesem Fall mal wieder eine Position einnimmt, die israelischen sicherheitspolitischen Interessen völlig widerspricht.

meyer Offline



Beiträge: 29

29.01.2011 18:02
#10 RE: Obamas Rede Antworten

Zitat
Die politsche Elite Israels zum Beispiel steht mit Blick auf die strategischen Implikationen eindeutig auf der Seite des status quo.



Und dafür gibt es mit Blick auf das, was es an realistischen Alternativen zu Autokraten wie Mubarak existiert, auch gute Gründe. Es gibt schlimmeres als (Militär-) Diktaturen: totalitäre Regime. Die Aussicht auf ein MB-geführtes Regime in Kairo ist für die Israelis ein Alptraum. Es würde allermindestens die Wahrscheinlichkeit für einen weiteren Gaza-Krieg steigern.


Ich habe mir gestern und heute eine ganze Reihe von Videos und Filmberichten über die Ereignisse in Ägypten angesehen, und mir fallen zwei Dinge auf:
- Es sind sehr viel weniger Frauen an den Protesten beteiligt, als das unlängst in Teheran der Fall war. Ich vermute, dass das etwas damit zu tun hat, dass es in Teheran eine größere westlich orientierte Mittelschicht gibt als in Kairo.
- Es sind auffallend oft "Allahu Akbar"-Rufe zu hören. Ob das in Teheran auch so war, weiß ich nicht.

Und dann gibt es da ja auch die Berichte (wie verlässlich die sind, weiß ich überhaupt nicht) über einen Angriff mit RPGs auf eine Polizeistation im Sinai. Wenn diese Berichte stimmen, läßt sich sagen: Spontane Protestler haben keine solchen Waffen. Da gibt es weitere Akteure, die jetzt die Situation weiter anheizen und in Richtung Bürgerkrieg bringen wollen.

123 Offline



Beiträge: 287

29.01.2011 18:32
#11 Wertvorstellungen bestimmen Politikinhalte Antworten

In den Beiträgen von "meyer" und "zodac" finden sich die Links bezüglich der Haltung der ägyptischen Bevölkerung hinsichtlich islamischer, korangemäßer Prinzipien. U.a. wünscht eine deutliche Mehrheit eine Gesetzgebung gemäß der Scharia.

Im Westen wird ständig von allen Politikern und Medien behauptet, Demokratie wäre die "bessere" Gesellschaftsform. Dabei wird Demokratie als Synonymbegriff für Menschenrechte verwendet. So als setzen sich die Menschenrechte automatisch durch sobald demokratische Strukturen vorhanden sind.

Diese Schlußfolgerung ist falsch. Das wissen auch jene, die sie ständig verwenden.

Denn eine Demokratdie bedeutet, daß derjenige/diejenigen herrschen, die entweder
a) die Wählerschaft am besten mobilisieren bzw. manipulieren können
b) die Wertvorstellungen der Wählerschaft mehrheitsfähig repräsentiert.

Letztlich herrscht in einer Demokratie nur, wer den Wertvorstellungen der Wähler repräsentiert, sonst wird er abgewählt, weil keine Identifikation des Wahlvolkes mit dem zur Wahl Stehenden und dessen Zielen stattfindet.

Man kann das in der BRD selbst gut nachvollziehen: Heute kann man als Politiker mit Forderungen nach Gender und Homoehe steil aufsteigen, 1965 hätten das noch nicht einmal linksextreme SPD-Mitglieder unterstützt. Heute finden sich Genderideologen auch in der CDU.

In Ägpyten dominieren in der Bevölkerung die Wertvorstellungen des Koran, und daraus konsequent abgeleitet die Wunschvorstellung nach der Umsetzung vom islamischen Recht, der Scharia.

Demokratie in Ägypten bedeutet somit, daß sich die dortige Bevölkerung eben nicht den Menschenrechten zuwendet, nicht Meinungsfreiheit fordert, und schon garnicht sowas wie Homosexuellenrechte, sondern genau das was der Koran als universellen, einzig richtigen Wertvorstellungen propagiert.

Diese sind identisch mit der Herrschaft Mohammeds nachdem er den ersten islamischen Staat und das zugehörige Rechtssystem etabliert hat.

Die Werte des Koran repräsentiert die Moslembruderschaft. Sie ist zudem personell hoch motviert, zahlenmässig extrem stark, sieht sich als moralische Elite, zur Herrschaft legitimiert aufgrund ihrer Programmatik, den Willen Allahs umzusetzen. Sie ist bestens organisiert und finanziell hervorragend ausgestattet.

Sie ist zudem die einzige Kraft, die eine klare Vision sofort zu bieten hat, während sich liberale Strömungen erst einmal organisieren müssen, kaum finanzielle Mittel haben, keine Organisationsplattform wie abertausende Moscheen und deren theologisches Propagandapesonal, und zudem keine göttliche Legitimation für ihre Wertvorstellungen vorweisen können.

Selbst wenn ein Wunder geschähe, und die Moslembrüder bekämen keine deutliche Mehrheit bei einer Wahl, so werden sie sich schon mittelfristig allein deshalb durchsetzen, weil sie weitaus mehr Aktivisten mobilisieren können als jede andere politische Bewegung.

Die Moslembruderschaft repräsentiert die Wertvorstellungen der Bevölkerungsmehrheit. Die sie zudem seit Jahrzehnten selbst von einst relativ arabisch-sozialistisch liberal auf korangemäß umgepolt hat. Man konnte das im Straßenbild von Ägpyten in den letzten 35 Jahren sehr gut sehen: Noch 1977 sah man oft Frauen ohne Kopftuch in Kairo´s Innenstadt. Schon 2000 war das eine Seltenheit geworden, heute noch weit mehr.

Die Moslembruderschaft hatte einen langen Atem. Sie hat verstanden (wie bei uns die Linken), daß es nicht darauf ankommt möglichst schnell an die Macht zu gelangen. Sondern zuerst die Wertvorstellungen der Bevölkerung gemäß ihrer Programmatik zu manipulieren.

Darum wird Ägpten ein Koran-Staat werden, so ähnlich wie Saudi-Arabien. Nur eben ganz ohne autoritären König, sondern voll und ganz demokratisch zustande gekommen. Das wird eine enorme Signalwirkung auf die übrige islamische Welt haben, wo die Bevölkerungsmehrheiten ebenfalls zumeist korangemässe ethische Vorstellungen in der Politik durchgesetzt sehen wollen. (Siehe den 2/3-Wahlerfolg von Erdogans radikal-fundamentalistischer AKP)

Der Westen, bzw. dessen Politiker und Medien, werden diese Entwicklung bejubeln als Beweis dafür, daß Demokratie und Islma vereinbar sind, wie sie es auch bei Erdogan und der AKP tun, die zu absoluten Lieblingen nahezu aller westlichen Politiker und Journalisten avanciert sind. Einem Werteumbau des Westens gemäß den Wertvorstellungen einer auch hier immer effektiver korangemäß indoktrinierten, bald exponentiell wachsenden islamischen Bevölkerung wird man sich folglich noch mehr öffnen von Seiten nahezu aller Politiker und Medien.

Wer künftig noch auf Werte wie Gleichberechtigung der Geschlechter besteht, und darum die islamischen Geschlechterapartheid ablehnt, wird künftig nicht nur wie bisher als Rassist rufgemordet, sondern fortan auch als Antidemokrat gelten und entsprechende Repression erleben.

Darum werden sich auch im Westen islamische Wertvostellungen immer massiver ausbreiten und letztlich durchsetzen, weil sie von nahezu allen westlichen Politikern und Journalisten unterstützt werden unter der Bedingung, daß sie sich demokratisch durchsetzen.
Die Etablierung der reinen Scharia-Gesetzgebung wie in Ägypten wird man im Westen schon bald feiern als Sieg der Demokratie über despotistische autoritäre Regime.

Ägypten ist darum nicht nur das Schlüssel-Land für die ethische und nachfolgend die juristische und politische Entwicklung in der arabisch-islamischen Welt, sondern auch für den Westen, weil dieser eine demokratische Machtergreifung korangemäßer Interessensverbände sogar mir größtem Nachdruck unterstützt und für positiv hält.

Stefanie Offline



Beiträge: 606

29.01.2011 18:34
#12 RE: Obamas Rede Antworten

Dass so gut wie keine Frauen unter den Demonstranten zu sehen ist, fiel mir auch auf und beunruhigt mich seit gestern.

Ich verfolge die Proteste auf CNN und AJ E. Letztere sagen immer wieder, alle gesellschaftlichen Schichten, Altersgruppen, Frauen, Kinder und Männer etc. seien beteiligt. Kinder habe ich ebenfalls nicht gesehen, was ich allerdings beruhigend finde, denn Kinder sollen mal schön sicher daheim bleiben.

Auch wird immer gesagt, es gebe herzliche Verbrüderungsszenen mit dem Militär. Hierzu gab es auch zig Einspielungen. Aber es gab auch eine auf AL E, in der das Militär aus ihren Panzern die Rohre auf die Demonstranten gerichtete hatte und Soldaten mit Gewehren im Anschlag Demonstranten gegenüber standen. Es kam nach wenigen Sekunden dieser Einblendung ein Offizier, welcher AL E verbot, weiter das Militär zu filmen. Läßt auch Fragen bei mir zurück. Zumal die Polizei abgezogen wurde und nun drei Minister, die alle hochrangige Offiziere waren, ins Kabinett berufen wurden.

"Ich habe mir gestern und heute eine ganze Reihe von Videos und Filmberichten über die Ereignisse in Ägypten angesehen, und mir fallen zwei Dinge auf"

Ich möchte Sie bitten, mir kurz zu sagen, wo ich dieses Videos und Filmberichte finde oder hören Sie das bei CNN und AJ E raus? Ich kann da leider nicht verstehen, was die Menge ruft und vor allem höre ich kein "Allahu Akbar". Das ist eine wichtige Info, heißt es doch sonst übereinstimmen, die Proteste seien nicht religiös motiviert und keiner erwähnt, dass es religiöse Rufe gibt.

Hierzu wundert es mich, wie euphorisch die Berichterstattung weitestgehend wirkt. Ich gehöre nämlich auch zu denen, die skeptisch sind, ob diese Revolution wirklich Freiheit, bessere Chancen etc. für die Ägypter bringen wird oder ob am Ende ein islamistisches Regime sich dort installiert. Auch - bezieht sich hier auf das Forum, ansonsten liest man eigentlich nur anderes in den Foren bis hin zu, dass die Muslimbrüder keine schlechte Alternative wären - nach meiner Einschätzung muss man leider eher davon ausgehen, dass letzteres eintreten wird.


Wäre daher ganz toll, wenn Sie mir kurz schreiben könnten, wo ich das finden kann mit den "Allahu Akbar"-Rufen.

Danke und viele Grüße

Skeptiker ( gelöscht )
Beiträge:

29.01.2011 19:21
#13 RE: Wertvorstellungen bestimmen Politikinhalte Antworten

Beitrag 11

Moin..

Die m.E. nachvollziehbare und logisch erscheinende Zusammenfassung der Argumente im Beitrag 11 hinsichtlich einer scheinbar zwangsläufigen Entwicklung hin zu einer Ablösung der jetzt noch westlich orientierten Staatsführung des Gemeinwesens Ägyptens zeigt, dass Israel und damit die USA genau diese folgerichtige Entwicklung im eigenen Interesse nicht zulassen können und wohl auch nicht zulassen werden..

Vermutlich wird es deshalb zu einer Machtübernahme des Militärs mit freundlicher Unterstützung Israels bzw. der USA kommen.

Leider wird dies, wenn zu voreilig installiert, nur eine Notoperation mit aufschiebender Wirkung sein. Im Interesse Israels als unmittelbar sich bedroht fühlender Nachbar wäre deshalb nach meiner Einschätzung eine Selbstzerstörung Ägyptens mittels Bürgerkrieg ebenfalls mit vorsichtiger inoffizieller logistischer und militärischer Hilfe von außen wahrscheinlich.

Wenn nicht, wird wohl leider das im Beitrag 11 gut skizzierte Szenario sichtbar.

Grüße...

meyer Offline



Beiträge: 29

29.01.2011 19:43
#14 RE: Obamas Rede Antworten

Zitat

Wäre daher ganz toll, wenn Sie mir kurz schreiben könnten, wo ich das finden kann mit den "Allahu Akbar"-Rufen.



Ich weiß leider nicht mehr, wo ich das gehört habe. Ich glaube, eher nicht bei den Großen wie CNN oder BBC oder Al Jazeera (so sehr mich es ärgert, das zuzugeben, aber die Berichterstattung der letzteren ist ziemlich gut).
Ich glaube eher, dass es Videos waren, die aus Foren oder Blogs verlinkt waren - und die Videos bei liveleaks oder youtube waren. Nun habe ich aber in zu vielen verschiedenen Blogs und Foren herumgelesen, um das noch rekonstruieren zu können.

Das waren aber, um das zu betonen, auch keine Menschengruppen, die einheitlich und sozusagen im Chor "Allahu Akbar" gerufen haben, sondern eher viele Einzelrufe in Riot-Situationen.

Wie repräsentativ das wirklich ist, weiß ich nicht. Ich vermute folgendes: Die Muslimbruderschaft hat ihre Mitglieder explizit dazu aufgerufen, an den Protesten teilzunehmen. Wenn Menschen sich in extremen Stresssituationen befinden - und riots sind natürlich stressig, wie könnte man nicht inmitten von Tränengas und brennenden Autos gestresst sein? - rufen sie das, was ihnen gerade so auf der Zunge liegt. Und das ist dürfte bei manchen eben dies sein.

Was mittelfristig mehr zählen dürfte, ist aber: Wer aus der jetzigen Opposition hat die beste Organisationsstruktur? Wer ist am entschlossensten und hat die klarste Vorstellung davon, wo es hingehen soll? Wer ist auch in der Lage, wenn es drauf ankommt, rücksichtslos Gewalt anzuwenden? Und m.E. lautet die Antwort auf all diese Fragen: "Muslimbruderschaft".

Und selbst, wenn die Regierung Mubarak sich vorerst halten sollte, glaube ich, dass der Blogger Wretchard (Richard Fernandez) recht hat, wenn er schreibt:

Zitat
The events in Egypt will radicalize hundreds of thousands of young people. They will be driven underground and find that the king of the underground is the MB. Most will simply fall into the processing chute the MB already has.

This is how the underground works. When you need a safehouse and training and comms, you throw in with the guys who have them, or you’re on your own.

It takes a really tough underground operator to reject the clandestine structure he finds and start his own. How many of these new clandestine operators will be the “civil society” sort?

C.K. Offline



Beiträge: 149

29.01.2011 20:04
#15 RE: Aufruhr in Arabien (2): Ägypten Antworten

Möglicherweise arbeiten Hamas und Muslim Brotherhood auch schon fleißig an der Basis mit.

Red Alert - Stratfor - Hamas und Muslim Brotherhood

Stefanie Offline



Beiträge: 606

29.01.2011 20:10
#16 RE: Obamas Rede Antworten

Danke!

Da kann man dann nichts machen. Noch eine Frage zu BBC. Bei mir kommt da nichts. Es steht immer nur, dass der Livestream gleich los ginge. Könnten Sie mir vielleicht den Link senden, über den Sie BBC gucken oder gucken Sie über Satellit?

Inhaltlich äußere ich mich morgen, o.k.? Komme da jetzt grad nicht zu.

Liebe Grüße und noch einmal danke auch für die Ausführungen!

Stefanie Offline



Beiträge: 606

29.01.2011 21:16
#17 RE: Obamas Rede Antworten

Zitat von meyer
Zitat:

Wie repräsentativ das wirklich ist, weiß ich nicht. Ich vermute folgendes: Die Muslimbruderschaft hat ihre Mitglieder explizit dazu aufgerufen, an den Protesten teilzunehmen. Wenn Menschen sich in extremen Stresssituationen befinden - und riots sind natürlich stressig, wie könnte man nicht inmitten von Tränengas und brennenden Autos gestresst sein? - rufen sie das, was ihnen gerade so auf der Zunge liegt. Und das ist dürfte bei manchen eben dies sein.

Was mittelfristig mehr zählen dürfte, ist aber: Wer aus der jetzigen Opposition hat die beste Organisationsstruktur? Wer ist am entschlossensten und hat die klarste Vorstellung davon, wo es hingehen soll? Wer ist auch in der Lage, wenn es drauf ankommt, rücksichtslos Gewalt anzuwenden? Und m.E. lautet die Antwort auf all diese Fragen: "Muslimbruderschaft".





Der Westen hat natürlich Angst, dass die MB an die Macht kommen könnten. So wie es sich aber aktuell darstellt, kommen die Proteste aus der Mittelschicht Ägyptens, die einfach nur eine bessere Zukunft haben wollen und, so wie es scheint, eine Demokratie wie auch immer geartet wollen. Die MB wissen genau, dass der Westen solange unterstützen wird, wie die Proteste unter der Fahne (rechtsstaatliche )Demokratie laufen. Dass also auch Mubarack aufgefordert ist, demokratische Proteste zuzulassen, da andernfalls der Westen ihn vielleicht fallen lassen würde. Der Westen kann nicht anders reagieren, würde es sich unglaubwürdig machen, demokratische Proteste nicht zu unterstützen, unabhängig davon, wie groß die Zweifel - und damit verbunden Befürchtungen bestehen - sind, dass es wirklich zu einem demokratischen Rechtsstaat kommen kann. Deshalb hat auch Obama Mubarak nicht den Rücken gekehrt, sondern nur zu demokratischen Reformen aufgefordert. Alles zu ungewiss momentan, um sich auf eine Seite zu schlagen.

Von daher werden die MB sich nicht unnötig aktuell profilieren oder offiziell einklinken, sondern wohl erst einmal abwarten, bis Mubarak weg ist - sollte er tatsächlich abdanken. Man hört ja gerüchteweise, dass er gerade wohl seinen Nachfolger (Suleiman) aufbaut. Aber wer weiß, wie sich das alles entwickelt. Aber die werden noch aus ihren Löchern kommen, wenn die Zeit reif ist. Ein führendes Mitglied hat heute beteuerte, keine Ambitionen der MB seien vorhanden, die Macht zu übernehmen. Soll wohl beruhigen und scheint bei zu vielen Beobachtern auch zu gelingen.

Die MB werden sich noch einklinken. 20 % (?) hatten die bei den letzten Wahlen. Die sind nicht nur die einzig wirklich organisierte Oppositionskraft, sondern auch die stärkste.Der Rest sind Splittergruppen von liberal bis sozialistisch. Eine Partei http://de.wikipedia.org/wiki/Wafd-Partei, die ganz gut organisiert ist, gibt es wohl noch und dann halt die Kopten, die ja auch gut organisiert sind, aber als Gruppe keine politischen Ambitionen haben. Das ist mein Kenntnisstand.

Letztlich denke ich aber, es ist alles offen. Es ist einfach nicht abzuschätzen, wie es sich entwickeln wird, auch wenn aus meiner Sicht es eher zweifelhaft ist, dass Besseres nach Mubarak käme. Und wenn es MB ist, sind nicht nur die Ägypter betroffen, sondern der ganze Westen allen voran Israel.

Deshalb, ich denke nicht, dass MB aktuell ihre Mitglieder aufruft, öffentlich sich einzuklinken, sondern eher darauf bestehen wird, dass die sich nicht exponieren, um den Sturz Mubaraks nicht zu gefährden. Kann aber natürlich auch alles ganz anders sein.

Nachtrag:

"Das Parlament besteht aus dem Rat des Volkes mit 454 Mitgliedern, von denen 444 alle fünf Jahre gewählt (seit 1986 400 Abgeordnete über Parteilisten und 44 als parteilose Direktkandidaten) und zehn vom Staatsoberhaupt ernannt werden. Beratendes Legislativorgan ist die Schura mit 210 Mitgliedern, von denen zwei Drittel alle drei Jahre gewählt und ein Drittel vom Staatsoberhaupt ernannt werden. Aus den Wahlen zum Rat des Volkes zwischen dem 9. November und 7. Dezember 2005 gewann die regierende Nationaldemokratische Partei (NDP) mit 311 Sitzen (2000: 388). Es folgten die Muslim-Bruderschaft mit 88 Sitzen (17) und die liberale Wafd-Partei mit 6 (7) Sitzen. 27 Sitze (30) belegten Unabhängige und Angehörige kleinerer Parteien. 12 Sitze (2) sind vakant. Die Teilwahlen zur Schura im Mai/Juni 2004 brachten ebenfalls eine Mehrheit für die NDP. Für alle Ägypter im Alter ab 18 Jahren besteht eine Wahlpflicht."

http://de.wikipedia.org/wiki/%C3%84gypten#Politisches_System

lukas Offline



Beiträge: 261

29.01.2011 22:20
#18 RE: Obamas Rede Antworten

"Allahu akbar" war ja auch ein Slogan der Proteste gegen die Islamische Republik im Iran. Die Fundamentalisten von den MB sind nicht die einzigen, die versuchen, sich diese Parole anzueignen.

Falls Ägypten aber tatsächlich eine Demokratie wird, so ist davon auszugehen, dass die MB an die Macht kommen. Die Frage ist dann, ob wir es nur mit dem "gemäßigten Flügel" (a la AKP) zu tun bekommen oder mit den Radikalen, die sofort in Israel einmarschieren wollen. Hamas wird sich auf jeden Fall ins Fäustchen lachen.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

29.01.2011 23:01
#19 RE: Aufruhr in Arabien (2): Ägypten Antworten

Zitat von C.K.
Möglicherweise arbeiten Hamas und Muslim Brotherhood auch schon fleißig an der Basis mit.

Red Alert - Stratfor - Hamas und Muslim Brotherhood


Ja, diese Red Alert habe ich auch bekommen, lieber C.K. (Sie sind ja, glaube ich, auch auf der mailing list von Stratfor). Wird der nächste Artikel; vermutlich irgendwann heute Nacht.

Herzlich, Zettel

C. Offline




Beiträge: 2.639

30.01.2011 00:19
#20 RE: Obamas Rede Antworten

Es gibt zumindestens keinen Grund zum Optimismus.

http://www.iceagenow.com/

patzer Offline



Beiträge: 359

30.01.2011 17:06
#21 RE: Wertvorstellungen bestimmen Politikinhalte Antworten

@ökoei
hast vollkommen recht.

 Sprung  



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