Wenn in politischen Reden von einer "Ansteckungsgefahr" in der Schuldenkrise die Rede ist, frage ich mich immer, was für eine Art von Mechanismus man sich dabei vorzustellen hat - in jedem Fall einen, den man durch "Rettungspakete" positiv beeinflussen kann. Im Blog "Woolly Thoughts" (http://sentix.blogspot.com/2011/10/anste...-und-hebel.html) findet sich mal eine andere Sicht der Dinge. Eine Ansteckung wird durch Rettungsschirme nicht verhindert, sondern gerade erzeugt:
Zitat Der Kernpunkt ist der: wenn die garantierten Verbindlichkeiten von Griechenland und Co. werthaltig wären, würde ein entsprechender Garantieschirm die derzeitige Schuldenspirale beenden können, denn in diesem Fall wäre der Markt zu Unrecht negativ auf die Euro-Staaten eingestellt. Doch wenn die in Frage stehenden Schulden tatsächlich wertlos sind und die Retter selbst schon sehr geschwächt sind, dann ist das Spannen von Rettungsschirmen der Treiber der Ansteckung.
Zitat von DrNickWenn in politischen Reden von einer "Ansteckungsgefahr" in der Schuldenkrise die Rede ist, frage ich mich immer, was für eine Art von Mechanismus man sich dabei vorzustellen hat
Selbiges frage ich mich auch die ganze Zeit. Als ob die Finanzmärkte nicht wüssten, dass wir Italien nicht retten können. Dass wir Italien retten wird durch Verschwendungen in Griechenland jedenfalls nicht gerade wahrscheinlicher.
Das einzig plausible Argument scheint mir das eines Analogon zum Bankrun zu sein. Tatsächlich verhalten sich Staaten nämlich ziemlich exakt so wie Banken - nur unverantwortlicher - jede Menge illiquide und meistens auch noch wertlose Assets in Form von zukünftigen Haushaltsüberschüssen und daran gemessen sehr kurzfristige Verbindlichkeiten. Einen solchen Bankrung könnte man in der Tat durch Garantien a la "Einlagensicherungsfonds" für Staatsschulden verhindern (die Frage hier ist zu welchem (politischen) Preis. Ist auch nicht gerade die Einlagensicherung DAS moral hazard Problem schlechthin? ). Ein Solvenzproblem lässt sich so aber nicht lösen.
Der eigentliche Anlass für den Kommentar war aber Ihnen für den interessanten Link zu danken. Dankeschön.
Zitat von Der Tagesspiegel 13.10.Für die deutschen Bankhäuser ist eine Zwangskapitalisierung nicht vorstellbar. „Nicht die Kapitalausstattung der Banken ist das Problem, sondern die Tatsache, dass Staatsanleihen ihren Status als risikofreie Aktiva verloren haben“, sagte Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann am Donnerstag bei einem Kongress in Berlin und schob den Schwarzen Peter allein den Steuerzahlern zu. Weil sich die Staaten jahrelang von den Banken Geld geliehen haben, das sie nun (zumindest nicht vollständig) zurückzahlen können, müssten auch die Staaten die Lücke schließen, wenn ein Schuldenschnitt nötig erscheint. Dass die Banker an den Staatspapieren jahrzehntelang gut verdient haben, kam dabei jedoch nicht zur Sprache.
Risikofreie Aktiva? Für den angesehensten Manager einer deutschen Bank gibt es risikofreie Aktiva? Hat Herr Ackermann denn noch nie etwas von Staatspleiten gehört? Wohl kaum. Das ist nicht sehr geschmackvoll. Das Problem welches hier deutlich wird, ist m.E. nicht auf welcher Tatsache es beruht, sondern dass er meint es wäre nicht seines. Denn die Tatsache dass Staatsanleihen eben keine risikofreien Aktiva mehr sind, liegt vielleicht an dem ausufernden Lebenswandel des Gläubigers, aber er kann daraus keinen Anspruch auf Risikofreiheit von frei gehandelten Papieren ableiten. Was risikofrei war, kann im Laufe der Zeit risikobehafteter werden, sonst brauche ich keine Ratingagenturen mehr oder nur solche die Herr Ackermann kontrolliert. Das Risiko trägt derjenige, welcher sie hält, oder? Klassischer Fall von rent-seeking würde ich sagen.
Ich denke, Herr Ackermann meinte eigentlich, dass Staatsanleihen noch (auch bei Basel III) per Gesetz risikofrei sind, nämlich nicht mit Eigenkapital hinterlegt werden müssen.
Es ist doch wirklich seltsam, wenn Banken das Eigenkapital für ihre anderen Anlagen aufstocken müssen, damit sie besser einen Verlust bei Staatsanleihen verkraften können. Stattdessen wäre ein dem Rating entsprechender Puffer für Staatsanleihen naheliegend. Den scheinen die Regierungen aber nicht zu wollen, weil dann Investments in Anleihen unattraktiver werden, d.h. die Nachfrage sinken und die Renditen steigen werden.
Ich denke, Herr Ackermann meinte eigentlich, dass Staatsanleihen noch (auch bei Basel III) per Gesetz risikofrei sind, nämlich nicht mit Eigenkapital hinterlegt werden müssen.
Es ist doch wirklich seltsam, wenn Banken das Eigenkapital für ihre anderen Anlagen aufstocken müssen, damit sie besser einen Verlust bei Staatsanleihen verkraften können. Stattdessen wäre ein dem Rating entsprechender Puffer für Staatsanleihen naheliegend. Den scheinen die Regierungen aber nicht zu wollen, weil dann Investments in Anleihen unattraktiver werden, d.h. die Nachfrage sinken und die Renditen steigen werden.
Das wiederum wirft für mich die Frage auf, wie frei nichtstaatliche Banken in ihrer Entscheidung sind, Staatsanleihen zu erwerben? Könnten Sie vielleicht noch vertiefen oder verlinken, dass Staatsanleihen noch per Gesetz risikofrei sind?
Zitat von FAZDenn Staatsanleihen gehen mit einem Gewicht von null nicht in die risikogewichteten Aktiva ein.
Danke! Ja, das ist wirklich mies. Trotzdem, verschaukelt wurden die Banken. Werden wir Bürger gelegentlich ja auch. Also sollte jeder der übers Ohr gehauen wird, Nehmerqualitäten zeigen...
Zitat Also sollte jeder der übers Ohr gehauen wird, Nehmerqualitäten zeigen...
Ja, im Sinne von die Verluste tragen. Aber nein im Sinne von höheren Kapitalanforderungen.
Dann zahlt der Steuerzahler entsprechend mehr. Ich geh nicht davon aus, dass Josef Ackermann nicht in Erwägung gezogen hat, dass der Staat alles versucht die Staatsanleihen risikofrei zu halten. Ohne höheres Eigenkapital werden deutsche Banken weiter von den Ranking Agenturen abgewertet. Warum sind Sie gegen höhere Kapitalanforderungen?
Zitat von Erling PlaetheWarum sind Sie gegen höhere Kapitalanforderungen?
Ich bin nicht unbedingt gegen eine Kapitalisierung der Banken. Je nach dem wie es gemacht wird, sit es sogar meine präferierte Lösung. Die sieht so aus: Die Banken bekommen für jede griechische Staatsanleihe zwangsweise neues Kapital vom Rettungsfonds in Form von Vorzugsaktien. Die sind, da zwangsweise, für den ersten Monat kostenlos. Dann geht Griechenland pleite und die Banken dürfen - wenn sie können - das Kapital wieder an den Staat zurückgeben. Tun sie es nicht, werden hohe Zinsen fällig.
Die Verluste zu tragen und höhere Kapitalanforderungen sind aber zwei verschiedene Paar Schuhe, vor allem dann, wenn Institute kapitalisiert werden sollen, die gar nicht in Griechenland engagiert sind - ich kann Herrn Ackermann da durchaus verstehen.
Urteilen Sie selbst. Zwei Meldungen am gleichen Tag. Die eine ist Information, die andere Desinformation. Seit der Abstimmung für den EFSF geht dieses erbärmliche Rumgeeiere nun schon durch die deutsche Presselandschaft. Am 24.09. hat der Telegraph gemeldet, dass 2 Billionen nötig sind und der EFSF gehebelt werden muss falls die EZB sich verweigert. Hier der Guardian
Zitat France and Germany ready to agree €2tn euro rescue fund Leaders of France and Germany aim to calm market fears before G20
Zitat Gerüchte, dass der Euro-Rettungsschirm künftig mit Hilfe von Hebeltricks seine Finanzkraft in Billionenhöhe treiben kann, haben im Bundestag Unbehagen ausgelöst. Die Abgeordneten Gerhard Schick (Grüne) und Carsten Schneider (SPD) haken deshalb bei Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) nach. Sie hätten das Gefühl, die Bundesregierung plane längst einen solchen Kredithebel für den Hilfsfonds EFSF. Schäuble weist ihre Nachfragen brüsk zurück. Die Opposition verunsichere durch „falsche Behauptungen und Insinuierungen“. Das sei „unanständig und unangemessen“. Der Finanzminister dementiert den Kredithebel zwar nicht, aber er suggeriert, dass sich die Frage nicht stelle.
Über das was unser Finanzminister hier meint sich gegenüber Parlament und Bürgern herausnehmen zu können sag ich jetzt mal nichts. Aber wenigstens die Presse könnte für Klarheit sorgen - tut sie aber nicht.
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