In diesem Zitat des Tages spricht der israelische Politologe Yehezkel Dror ein Thema an, das nicht nur in Israel aktuell ist: Was kann sich der Bürger an Entscheidungskompetenz zutrauen? Was können nur Fachleute beurteilen und entscheiden?
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07.11.2011 15:03
#2 RE: Zitat des Tages: Israel und Iran; Griechenland und Europa
Mit diesem, wie immer für mich interessanten, Artikel fühle ich mich quasi direkt angesprochen.
Grundsätzlich halte ich es für falsch, dass nur 10-15 Leute über Krieg oder Frieden entscheiden. Zumal die Entscheider nicht diejenigen sind, die den Konflikt tatsächlich ertragen, austragen müssen.
Ich meine, dass, wie auch beim Thema Europa, die Karten ehrlich auf den Tisch gelegt werden müssen. Den permanenten Winkelzügen kann ich nichts abgewinnen. Ein souveräner "Partner" kann dies. Und die Völker Europas müssen darüber bestimmen, was aus ihren Ländern werden soll. Wollen sie nationalstaaten, dann ist es eben so.
Wenn "Interna ausgeplaudert" werden und der "Feind" informiert ist, bedeutet es meiner Meinung nach nicht, dass z.B. Putin sofort seine Truppen losschickt.
Was den Iran betrifft, scheint es mir so zu sein, dass die Operation Ajax den Grundstein für die heutigen Sorgen legte. Ein gewählter Präsident wurde beseitigt. Nun muss immer wieder an den Folgen herumgedoktert werden - eine wahre Problemlösung ist nicht in Sicht.
Ich für mich habe jedenfalls keine Lust, für irgenetwas im Geheimen verordnetes meinen Kopf hinzuhalten.
das Problem im Bereich militärischer Sicherheitspolitik ist aber der reagierende Gegenüber. Der muss ja nicht gleich losmarschieren. Aber kann sich anpassen und weiß plötzlich sehr viel über die Fähigkeit des Anderen. Im Fall Iran spielt zum Beispiel die Fähigkeit der Luftabwehr eine Rolle. Wie gut die ist, hängt auch von der Fähigkeit der IAF ab, sie zu kontern. Im Hinblick auf diese Frage alle Kenntnisse auf den Tisch zu legen wäre für Israel Wahnsinn. Das müsste sie aber, damit man die Einschätzung bewerten kann. Dann würde nämlich vermutlich erklärt werden müssen, wie man es 2007 geschafft hat von der syrischen Luftabwehr völlig unbelästigt einzudringen um eine mutmaßliche Nuklearanlage zu zerstören http://en.wikipedia.org/wiki/Operation_Orchard#The_Operation Damit man die Erfolsaussichten unabhängig realistisch einschätzen kann, müsste man diese Black Box öffnen. Ähnliche oder gar die gleichen Maßnahmen wären sicher auch bei einer Operation gegen den Iran im Spiel. Das ist nur ein Beispiel und die anderen Fragen der Machbarkeit und vor allem der unklaren Reaktion d. Iran wiegen wesentlich schwerer. Aber einen Operationsplan im voraus zu verraten bedeutet einen ziemlich sicheren Fehlschlag. Ich wüsste vor diesem Hintergrund nicht, wie das mit der - völlig zurecht - von Ihnen geforderten Transparenz in Einklang zu bringen wäre.
Im Hinblick auf "politische" Fragen, die Zukunft Europas etwa, ist die Exklusion des Volkes aber etwas völlig anderes. Hier gibt es keinen aus der Sache resultierenden Grund.
Lieber Zettel, ich habe Hinsichtlich ihrer Position, die ich mal mit dem Label Expertokratie versehe, erhebliche Bedenken. Das fängt damit an, das die Frage über Krieg und Frieden nicht allein eine technische Frage ist, sondern auch eine moralische. Meines Erachtens schwerwiegender ist jedoch, dass die Experten, die über bestimmte Sachverhalte entscheiden sollen, Eigeninteressen verfolgen und in ihre Entscheidung einfließen lassen. Die Experten über das Finanzwesen stehen den Banken nahe, die Erneuerbare Energie Experten der Solarenergie und der Sicherheitsexperte den Sicherheitsbehörden. Wenn wir allein auf den Rat von Experten hören, würden wir ihnen einen enormen Hebel in die Hände geben, mit denen sie ihre Sonderinteressen durchsetzen können. Ich lese zur Zeit ein sehr aufschlussreiches Buch von Mancur Olson, in dem er beschreibt wie Sonderinteressensgruppen Wohlstand und sozialen Zusammenhalt gefährden. Er geht sogar soweit, dass er den Einfluss dieser Gruppen für die wichtigste Erklärung für den Unterschied im Wohlstandsniveau westlicher Länder hält.
es ist natürlich verführerisch, demokratische Konsensbildung mit dem Hinweis auf (letztlich) mangelnde Mündigkeit des Bürgers zu umgehen, vor allem ist es bequem. Es ist ein Unterschied, ob alle Information nur einem kleinen Kreis an Personen zugänglich ist, und ob dieser kleine Kreis auch die wichtigen Entscheidungen fällt. Ich denke, diese beiden Funktionen (Wissen/Expertise und Entscheiden) müssen vernünftigerweise getrennt sein. Der Anspruch muss sein, dass Informationen so verpackt werden müssen, dass auch unabhängige Verantwortliche damit entscheiden können, ohne dass notwendigerweise alle Details öffentlich werden. Im Fall von Israel geht es ja auch nicht nur um die Frage der militärischen Möglichkeiten, sondern auch um politisches Kalkül, das durchaus sehr öffentlich diskutiert werden kann.
Geht es um Detailfragen, dann ist Geheimhaltung natürlich ein wichtiger Aspekt. Genauso ist das in kleine Kreise gesetzte Vertrauen ein wichtigher Aspekt. Es gibt keine allgemein gültige Formel, ab wann Vertrauen zu greifen hat. Die Überlegungen des Herrn Dror sind in dieser Beziehung allerdings etwas zu einseitig, ich würde sie nicht 'kaufen'.
Bei Firmenübernahmen oder Kooperationsverträgen ist es auch so: Die kompletten Informationen bleiben einem kleinen Kreis vorbehalten (s. due diligence). Meine langjährige Erfahrung sagt, dass mehr als die Hälfte von Übernahmen oder Kooperationen zum Nachteil der Auftraggeber waren. Alle Information heisst noch lange nicht, dass gute Entscheidungen gefällt werden.
ich bin kein Anhänger der direkten Demokratie, dass hab ich hier ja schon mehrfach geäussert. Bei Änderungen der Verfasstheit eines Landes, wie die Abtretung von Souveränitätsrechten oder Eingriffe in die Gewaltenteilung, bin ich allerdings der Ansicht, dass der Souverän direkt entscheiden muss, wenn diese Fragen nicht bereits vor einer Wahl öffentlich diskutiert wurden und er seine Entscheidung durch die Politik einer Partei hinreichend vertreten sieht. Dies muss aber nicht unbedingt der Fall sein, und deshalb würde ein Referendum m.E. die Akzeptanz erzeugen die für fundamentale Änderungen nötig ist.
Die deutschen Interessen werden meiner Ansicht nach ganz entscheidend von denen Frankreichs mitbestimmt. Ich bedauere dies auch nicht sondern sehe es als eine Notwendigkeit an. Frankreich ist unser wichtigster Handelspartner und ich bin gegen eine Isolierung Deutschlands. Das Problem ist nur, dass Deutschland mit seinen finanzpolitischen Vorstellungen die Euro-Krise betreffend, Ansichten vertritt die zwar von Ländern wie den Niederlanden und Finnland geteilt wird, die grosse Mehrheit der Euro-Länder aber steht wohl eher hinter Frankreich. Da die deutschen Interessen kein Thema der öffentlichen Diskussion sind, vermute ich dass, neben den bekannten Allgemeinplätzen, vor allem das Wohlergehen Frankreichs im deutschen Interesse liegt, neben seinem eigenem selbstverständlich.
Trotz der geringen Rückendeckung durch andere Euro-Länder hat Deutschland, sieht man vom EZB-Rat mal ab, eine gewichtige Stimme und weiß sein Wirtschaftsmodel prägend für die EU in die ständigen Verhandlungen einzubringen. Mittlerweile hinterlässt dies sogar erkennbare Spuren in Frankreich die jetzt auch eine Schuldenbremse einführen wollen - und damit wohl auch in anderen, eher hinter Frankreich stehenden Ländern.
Meine eigene Vorstellung über Europa hält da nicht mehr Schritt. Die Exekutive sucht Macht haben Sie zum ESM geschrieben und ich denke das trifft es. Es ist die Zeit der Etatisten nicht der Anhänger der Marktwirtschaft. Und sollte die Demokratie in Europa in Mitleidenschaft gezogen werden, liegt das nicht an der Euro-Krise.
Zitat von Erling PlaetheTrotz der geringen Rückendeckung durch andere Euro-Länder hat Deutschland, sieht man vom EZB-Rat mal ab, eine gewichtige Stimme und weiß sein Wirtschaftsmodel prägend für die EU in die ständigen Verhandlungen einzubringen. Mittlerweile hinterlässt dies sogar erkennbare Spuren in Frankreich die jetzt auch eine Schuldenbremse einführen wollen - und damit wohl auch in anderen, eher hinter Frankreich stehenden Ländern.
Na, die dürfte eher die Angst umtreiben, dass sie vom Bondmarkt auseinandergenommen werden und sichtbar der europäischen Peripherie folgen. Allein, dass Frankreich schon längere Zeit als schwächstes der Triple-A Länder in der Eurozone angesehen wird dürfte dem Selbstverständnis der dortigen Eliten gar nicht gut tun. Möglicherweise ein schlechteres Rating als Deutschland zu bekommen muss für sie ein Horrorszenario sein.
---------------------------------------------------- "Nimm das Recht weg – was ist dann ein Staat noch anderes als eine große Räuberbande" - De civitate dei, IV, 4, 1. Übers.: Papst Benedikt XVI, Rede vor dem Deutschen Bundestag am 22. September 2011
Zitat von Calimero Na, die dürfte eher die Angst umtreiben, dass sie vom Bondmarkt auseinandergenommen werden und sichtbar der europäischen Peripherie folgen. Allein, dass Frankreich schon längere Zeit als schwächstes der Triple-A Länder in der Eurozone angesehen wird dürfte dem Selbstverständnis der dortigen Eliten gar nicht gut tun. Möglicherweise ein schlechteres Rating als Deutschland zu bekommen muss für sie ein Horrorszenario sein.
Schon möglich dass sich die deutschen Eliten die Taschen vollhauen und es gar keinen signifikanten deutschen Einfluss gibt. Das stünde aber den meisten Kommentaren in der angelsächsischen Presse entgegen. Und man kann es natürlich auch so sehen, dass der deutsche Einfluss gegenüber Frankreich steigt, weil wir uns in die Richtung einer gelenkten Wirtschaft bewegen und damit Frankreich entgegenkommen. Für mich macht das keinen grossen Unterschied. Den meisten Akteuren ist ja bewusst dass mit der Retterei marktwirtschaftliche Prinzipien ausser Kraft gesetzt werden, aber sie scheinen die Funktion eines Marktes nach seinem Nutzen für Worthülsen wie dem Gemeinwohl zu beurteilen und wird der Daumen gesenkt, hat der Markt eben Pech gehabt. Das ominöse Gemeinwohl natürlich auch. Aber das kann sich mit der regen Betriebsamkeit seiner Retter trösten. Europa begibt sich mit jeder weiteren Ausdehnung des Rettungsschirms in immer stärkere Abhängigkeit der Konsequenzen ihrer ausufernden Schuldenpolitik. Europas Exekutive meint damit das Heft des Handelns in der Hand zu behalten, aber sie sitzt in der Grube und sollte aufhören zu graben.
Zitat Was kann sich der Bürger an Entscheidungskompetenz zutrauen? Was können nur Fachleute beurteilen und entscheiden?
Lieber Zettel,
ist das nicht im Grundgesetz festgelegt?
Zitat von GG(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat. (2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.
Von Fachleuten finde ich hier nichts, schon gar nichts von Entscheidungen durch Fachleute. Es spricht nichts dagegen, wenn Fachleute gehört werden, allerdings werden dabei die Meinungen darüber auseinandergehen, wer jetzt wirklich kompetent ist, wessen Vorschläge hilfreich sind und es wird im besten Fall auch Alternativen geben über die das Volk und die besonderen Organe zu befinden haben. Entscheiden kann nur derjenige, der auch für die Entscheidung die Verantwortung übernimmt oder die Konsequenzen zu tragen hat.
Zitat Die Frage, wie man mit den Schulden Griechenlands fertig wird, ohne daß das europäische Bankensystem ins Straucheln gerät und der Euro in Mitleidenschaft gezogen wird - das ist die eine Ebene. Diejenige, die aus meiner Sicht nur von Fachleuten beurteilt werden kann
Hier stellt sich mir die Frage, ob es sich nicht zufällig um die gleichen Fachleute handelt, die für diese Situation verantwortlich sind. Falls das zutreffen sollte, gebe ich auf deren Einschätzung soviel wie auf das Expertenwissen von Qualitätsjournalisten und vertraue lieber auf die Pfälzer Hausfrau, die weder den Euro wollte noch dem Griechenlandbeitritt zugestimmt hätte. Ohne despektierlich sein zu wollen unterstelle ich der Ernennung zum Experten schon eine Vorwegnahme des gewünschten Ergebnisses. In einer marktwirtschaftlich organisierten Gesellschaft ist der größte Experte zu unserer aller Überraschung - der Markt.
Hier stellt sich mir die Frage, ob es sich nicht zufällig um die gleichen Fachleute handelt, die für diese Situation verantwortlich sind. Falls das zutreffen sollte, gebe ich auf deren Einschätzung soviel wie auf das Expertenwissen von Qualitätsjournalisten und vertraue lieber auf die Pfälzer Hausfrau, die weder den Euro wollte noch dem Griechenlandbeitritt zugestimmt hätte. Ohne despektierlich sein zu wollen unterstelle ich der Ernennung zum Experten schon eine Vorwegnahme des gewünschten Ergebnisses.
Ich schließe mich hier C. an die Politkexperten haben doch den Nichtbeistand gekippt und schaufeln wie Erling Plaethe es formuliert "Europas Exekutive meint damit das Heft des Handelns in der Hand zu behalten, aber sie sitzt in der Grube und sollte aufhören zu graben. "
Ich habe nichts gegen Experten aber eine gewisse Bescheidenheit stände speziell den Volkswirtschaftlern und diversen BWlern wirklich einmal an. Und wie auch C es schön auf den Punkt bringt: "In einer marktwirtschaftlich organisierten Gesellschaft ist der größte Experte zu unserer aller Überraschung - der Markt."
Bisher ging es immer nur darum den Markt auszuschalten. Die Probleme sind ja nicht ohne Extraaufwand so groß geworden. Immer mal wieder die "Rettung" von den "Experten", überzeugende Resultate sehen für mich anders aus.
Zitat von MartinBei Firmenübernahmen oder Kooperationsverträgen ist es auch so: Die kompletten Informationen bleiben einem kleinen Kreis vorbehalten (s. due diligence). Meine langjährige Erfahrung sagt, dass mehr als die Hälfte von Übernahmen oder Kooperationen zum Nachteil der Auftraggeber waren. Alle Information heisst noch lange nicht, dass gute Entscheidungen gefällt werden.
Genau da liegt der Hase im Pfeffer. Ich erinnere mich noch schwammig an die Gründung von DaimlerChrysler. "Diese Ehe wurde im Himmel geschlossen" fabulierte damals der Daimler-Benz Chef (Schrempp?). Hat nicht lange gehalten, diese Ehe. Jetzt und damals fabulier(t)en unsere Politniks "Der Euro ist eine Erfolgsstory". Sieht für mich auch nicht grad so aus, als ob aus dieser "arrangierte Ehe" der Euroländer eine Liebesbeziehung geworden wäre. Was wir mit der Gipfelinflation gerade erleben ist eine Art institutioneller Loya Jirga der europäischen Clanoberhäupter.
Meiner Meinung nach unterliegen sowohl Experten als auch Entscheider mit ihrer "Anmaßung von Wissen" schnell und gern der Hybris. Das macht sie gefährlich.
Beste Grüße, Calimero
---------------------------------------------------- "Nimm das Recht weg – was ist dann ein Staat noch anderes als eine große Räuberbande" - De civitate dei, IV, 4, 1. Übers.: Papst Benedikt XVI, Rede vor dem Deutschen Bundestag am 22. September 2011
Israels Sicherheit und die europäische Finanzkrise lassen sich m. E. überhaupt nicht vergleichen.
Zum Einen sind Entscheidungen wie über einen möglichen Militäreinsatz gegen den Iran deswegen nichts für die Öffentlichkeit, weil die meisten wesentlichen Informationen strikt geheimhaltungsbedürftig sind. Welche Geheimdienstinformationen über die iranische Rüstung vorliegen, wie die iranische Luftabwehr im Detail aufgestellt ist - und umgekehrt über welche Möglichkeiten die israelischen Streitkräfte verfügen, das ist uns nur vage bekannt und das kann man auch nicht für eine Volksabstimmung veröffentlichen.
Bei der Schuldenkrise sind dagegen ALLE relevanten Fakten öffentlich bekannt, die meisten schon ziemlich lange. Alle denkbaren Alternativen liegen offen auf dem Tisch, es gibt eigentlich kein spezielles Geheimwissen der Regierungen.
Zum Anderen ist es eben nicht so, daß "die Experten" der Regierung zu ihrem Handeln zuraten und das tumbe Volk die Sache nicht verstanden hat. Sondern im Gegenteil warnt eine große Zahl (wohl die Mehrheit, aber das ist weniger wichtig) der Ökonomen und Finanzexperten vor dem Schuldenkurs der EU-Oberen. Bei jeder Einzelentscheidung seit Anfang 2010 hat es fundierte Kritik am Vorgehen gegeben - und jedes Mal haben die Kritiker bisher Recht behalten!
Wenn die Regierung für ihre "Rettungs"-Pakete gute und belegbare Argumente hätte, dann könnte sie die problemlos öffentlich machen und auch in der Öffentlichkeit vertreten. Tut sie aber nicht.
Zitat von R.A.Israels Sicherheit und die europäische Finanzkrise lassen sich m. E. überhaupt nicht vergleichen.
Worauf ich, geschätzter R.A., so antworte wie immer: Man kann alles miteinander vergleichen. Es gibt immer Gemeinsamkeiten und Verschiedenheiten.
Hier ging es mir darum, daß Dror eine Unterscheidung vornimmt zwischen Entscheidungen, die auch ohne die Kenntnisse getroffen werden können, die nur Fachleute haben; und anderen, die vom Bürger getroffen werden können. Als Beispiel für die erste Art nennt er die Entscheidung über einen Angriff auf die iranischen Atomanlagen; als Beispiel für die zweite Art die Entscheidung über Zugeständnisse innerhalb des Friedensprozesses.
Wenn Sie meinen Artikel aufmerksam lesen, dann werden Sie sehen, daß ich eine Parallel für mich selbst ziehe. Ich sehe mich außerstande, die Risiken und Erfolgsaussichten der einen oder anderen Entscheidung beim Umgang mit der Griechenlandkrise zu beurteilen.
Dror meint, daß im Fall Iran vielleicht 10 oder 15 Menschen in Israel das können. Wieviele in Deutschland im Fall Griechenland das können, weiß ich nicht. Vermutlich sind es mehr; unter anderem, weil die Geheimhaltung kaum eine Rolle spielt, wie Sie zu Recht schreiben.
Nur ist es eben ein Unterschied, ob Daten dem Experten im Prinzip zugänglich sind, oder ob ich als ein Normalbürger auf sie Zugriff habe und vor allem, ob ich sie beurteilen kann.
Ich kann das wirklich nicht, lieber R.A., tut mir leid. Ich wüßte noch gar nicht einmal, wie ich an die Sache herangehen sollte. Mir scheint, daß man dazu die Lage der wichtigsten europäischen Banken kennen müßte, ihre Verflechtung, ihre Rücklagen usf. Man müßte wissen, welche Rückwirkungen welche Entscheidung auf die griechische Wirtschaft hätte, auf die der anderen Staaten Europas. Man müßte wissen, welche Dynamik die eine oder andere Entscheidung freisetzt, was Italien angeht, was Portugal angeht. Und man müßte das alles kompetent beurteilen und in Zusammenhang bringen können.
Nichts davon weiß ich und kann ich beurteilen. Mir geht es in Bezug auf diese Entscheidungen nur darum - das habe ich in diesem Artikel geschrieben - , daß die Bundesregierung Anspruch darauf hat, daß ihre Bemühungen um eine für Deutschland möglichst günstige Lösung gewürdigt werden.
Ich sehe nicht den geringsten Hinweis darauf, daß die Fachleute in den zuständigen deutschen Ministerien, daß die Kanzlerin und ihre Minister nicht alles tun, um zur bestmöglichen Lösung zu kommen. So, wie - um den Bogen zurück zu schlagen - Dror am Ende seines Artikels schreibt, daß aus seiner Sicht Netanyahu und sein Kabinett alles tun werden, umd die für Israel beste Entscheidung zu treffen.
Mir war in dem Artikel aber eigentlich der zweite Punkt wichtiger, der in diesem Thread bisher kaum aufgegriffen wurde:
Zitat Die Frage, wie man mit den Schulden Griechenlands fertig wird, ohne daß das europäische Bankensystem ins Straucheln gerät und der Euro in Mitleidenschaft gezogen wird - das ist die eine Ebene. Diejenige, die aus meiner Sicht nur von Fachleuten beurteilt werden kann. Die andere Ebene ist die Krise Europas, die sich in der griechischen Schuldenkrise manifestiert. Hier geht es, wie im Fall des Friedensprozesses, um Wert-, um Richtungsentscheidungen.
Was für ein Europa wollen wir überhaupt? Welchen Platz wollen wir für Deutschland in diesem Europa? Welches sind eigentlich unsere deutschen Interessen in Europa? Das sind Fragen, die wir Bürger nicht den Fachleuten überlassen dürfen. Die Serie zur Krise Europas, die ich in der vergangenen Woche begonnen habe, soll dazu beitragen, die Gedanken zu diesen Fragen ein wenig zu ordnen.
Ich hoffe ja immer noch, daß es zu einer Diskussion hierüber kommt. Nicht nur im kleinen Zimmer, sondern auch in ZR.
Zitat Die Frage, wie man mit den Schulden Griechenlands fertig wird, ohne daß das europäische Bankensystem ins Straucheln gerät und der Euro in Mitleidenschaft gezogen wird - das ist die eine Ebene. Diejenige, die aus meiner Sicht nur von Fachleuten beurteilt werden kann
Hier stellt sich mir die Frage, ob es sich nicht zufällig um die gleichen Fachleute handelt, die für diese Situation verantwortlich sind.
Verantwortlich für die jetzigen Situation sind die diversen griechischen Regierungen, die seit Jahrzehnten eine unverantwortliche Finanz- und Fiskal- und eine irrwitzige Sozialpolitik betreiben. Eines der ärmsten Länder Europas verzichtete weitgehend darauf, seine Steuern einzutreiben und leistete sich zugleich ein Sozialsystem, als sei es eines der reichtsten Länder. Das Ganze finanziert auf Pump.
Das sind die Hauptverantwortlichen. Ich wundere mich immer wieder, daß darauf in den Medien nicht deutlicher hingewiesen wird. Griechenland wurde über Jahrzehnte von Politikern regiert, die keine Spur von Verantwortungsbewußtsein gezeigt haben. Man könnte auch an härtere Formulierungen denken.
Dann gab es noch einige Mitverantwortliche - diejenigen, die es den Griechen ermöglicht haben, mit frisierten Zahlen in die EU und dann auch noch in die Eurozone zu kommen. Sie waren zu wenig mißtrauisch. Sie haben nicht bedacht, daß ein Staat wie Griechenland mit seiner jahrhundertlangen Tradition, auf Kosten anderer zu leben, besonders gründlich unter die Lupe genommen werden muß.
Zitat von C.Falls das zutreffen sollte, gebe ich auf deren Einschätzung soviel wie auf das Expertenwissen von Qualitätsjournalisten und vertraue lieber auf die Pfälzer Hausfrau, die weder den Euro wollte noch dem Griechenlandbeitritt zugestimmt hätte. Ohne despektierlich sein zu wollen unterstelle ich der Ernennung zum Experten schon eine Vorwegnahme des gewünschten Ergebnisses.
Das Letztere kann ich überhaupt nicht sehen, dear C. Es ist ja nachgerade das Wesen des Expertentums, daß man in der Lage ist, einen Sachverhalt unvoreingenommen zu analysieren und zu beurteilen.
Was die Pfälzer Hausfrau angeht - ein Euro, in den nur solide wirtschaftende Länder aufgenommen worden wären, wäre ja auch heute noch ein Erfolg. Nicht der Euro ist das Problem, sondern die mangelnde Bereitschaft einiger Länder, sich den Stabilitätskriterien zu unterwerfen.
Und damit noch einmal zu den Verantwortlichen: Wenn man überhaupt eindeutig Verantwortliche namhaft machen kann, dann sind das Gerhard Schröder und Hans Eichel. Unter ihrer Verantwortung hat ausgerechnet Deutschland die Stabilitätskriterien verletzt, auf die es selbst gedrungen hatte. Das war ein Dammbruch.
Zitat von R.A.Nur ist es eben ein Unterschied, ob Daten dem Experten im Prinzip zugänglich sind, oder ob ich als ein Normalbürger auf sie Zugriff habe und vor allem, ob ich sie beurteilen kann.
Im wesentlichen braucht man nur allgemein verfügbare Basisdaten, wie sie schon die Wikipedia oder andere leicht google-bare Quellen liefern: Die Verschuldung diverser Staaten, im Vergleich die Einnahmen dieser Staaten oder auch die Wirtschaftskraft. Zur Erläuterung der Zusammenhänge gibt es viele gute Darstellungen, das ist alles keine Hexerei. Und insbesondere gibt es ja z. B. den Originaltext des ESMs im Internet. Da sieht man schnell, daß diverse Sachen NICHT drin stehen, die von der Regierung behauptet werden ...
Zitat Mir scheint, daß man dazu die Lage der wichtigsten europäischen Banken kennen müßte, ihre Verflechtung, ihre Rücklagen usf.
Wenn man die überhaupt wissen will, ist man gegenüber der Merkel-Propaganda schon auf Distanz gegangen. Denn da geht es ja in erster Linie darum, daß angeblich der Euro gefährdet wäre. Und dafür gibt es nicht einmal den Anschein einer Argumentation! Wenn die Regierung die Abwehr eines Bankenzusammenbruchs als erste Priorität nennen würde, dann müßte und könnte sie ja die nötigen Angaben dazu liefern. Das ist nicht schwer und wäre auch leicht nachzuvollziehen. Und dann würde man merken, daß sehr viele griechische Schulden eben nicht von gefährdeten Banken gehalten werden - die Masse unserer Steuergelder sind also Streuverluste. Man würde merken, daß die gefährdeten Banken viel leichter "gerettet" werden könnten, wenn man nur den Schaden aus Steuergeldern ausgleicht, der die Reserven dort übersteigt.
Bei einer politischen Riesenmaßnahme dieser Art gibt es in erster Linie eine Begründungspflicht derer, die die Maßnahme vorschlagen. Und diese Begründung und fast alle sie stützenden Fakten können öffentlich diskutiert werden. Statt dessen wird rumgeschwiemelt über den Frieden in Europa. Man könnte die für die Entscheidung relevanten Aspekte so erklären und mit Fakten versehen, daß sie für die Öffentlichkeit verständlich und nachvollziehbar sind. Man muß da kein Experte sein, es reicht das Niveau an Bildung und Verständnis, das auch für die Lektüre der Beiträge in Zettels Raum reicht - wenn Sie über Physik oder Philosophie schreiben, ist das ja auch erst einmal "Expertenstoff". Aber nachdem Sie es dargestellt haben, können auch die Laien es beurteilen und mitdiskutieren.
Zitat:ch sehe nicht den geringsten Hinweis darauf, daß die Fachleute in den zuständigen deutschen Ministerien, daß die Kanzlerin und ihre Minister nicht alles tun, um zur bestmöglichen Lösung zu kommen.
Die Experten sehen sehr viele Hinweise darauf. Nur zur Erinnerung: Schon zwei hochrangige (und Merkel ursprünglich nahestehende!) Zentralbanker sind demonstrativ zurückgetreten, weil sie den Kurs nicht mehr mitverantworten konnten. Das ist viel mehr als ein geringer Hinweis, das ist ein Alarmzeichen.
Denn die Frage ist ja: Für wen ist es die "bestmögliche Lösung". Bei jeder Lösung gibt es ja Vor- und Nachteile, die sich auf unterschiedliche Leute auswirken. "Bestmöglich" für Merkel und die Eurokraten muß nicht das sein, was Sie und ich uns für bestmöglich wünschen.
Zitat Griechenland wurde über Jahrzehnte von Politikern regiert, die keine Spur von Verantwortungsbewußtsein gezeigt haben. Man könnte auch an härtere Formulierungen denken.
Korrekt. Aber wir dürfen nicht vergessen: So viel besser waren und sind unsere Politiker auch nicht. Auch in Deutschland wurden und werden politisch opportune Konsumausgaben aus Schulden finanziert. Gerade jetzt: Wir haben eine gute Konjunktur, wir haben riesige Steuermehreinnahmen, der Staat hat die höchsten Einnahmen aller Zeiten - und trotzdem werden massiv neue Schulden gemacht (wohlgemerkt: Für den normalen Haushalt, die "Rettungspakete" gar nicht gerechnet). Die aktuellen deutschen Politiker haben nur wenig mehr Verantwortungsbewußtsein als die griechischen der letzten Jahrzehnte.
Zitat von ZettelNur ist es eben ein Unterschied, ob Daten dem Experten im Prinzip zugänglich sind, oder ob ich als ein Normalbürger auf sie Zugriff habe und vor allem, ob ich sie beurteilen kann.
Ich kann das wirklich nicht, lieber R.A., tut mir leid. Ich wüßte noch gar nicht einmal, wie ich an die Sache herangehen sollte. Mir scheint, daß man dazu die Lage der wichtigsten europäischen Banken kennen müßte, ihre Verflechtung, ihre Rücklagen usf. Man müßte wissen, welche Rückwirkungen welche Entscheidung auf die griechische Wirtschaft hätte, auf die der anderen Staaten Europas. Man müßte wissen, welche Dynamik die eine oder andere Entscheidung freisetzt, was Italien angeht, was Portugal angeht. Und man müßte das alles kompetent beurteilen und in Zusammenhang bringen können.
Nichts davon weiß ich und kann ich beurteilen. Mir geht es in Bezug auf diese Entscheidungen nur darum - das habe ich in diesem Artikel geschrieben - , daß die Bundesregierung Anspruch darauf hat, daß ihre Bemühungen um eine für Deutschland möglichst günstige Lösung gewürdigt werden.
Drei Punkte hierzu:
Erstens scheinen Sie davon auszugehen, dass "Experten" all das zu leisten imstande sind - oder zumindest bessere Erfolgsaussichten als der Normalbürger. Nun sind Experten aber regelmäßig nicht besonders gut darin, Voraussagen unter solchen Bedingungen zu treffen (strotzen aber vor unangemessenem Selbstbewusstsein), dazu gibt es genügend Literatur für den Wissenschaftler in Ihnen. Und weiterhin zählen Sie hier eine ziemliche Wundertüte an disparaten Daten auf, von Makroökonomie über Diplomatie bis hin zur Innenpolitik Portugals, die Experten miteinander verknüpfen können sollten. Ich postuliere: das geht nicht. Wir sind hier wieder bei der Anmaßung von Wissen.
Zweitens gibt es ganz vorzügliche Instrumente, um Experten zumindest zu halbwegs hilfreichen Aussagen zu bewegen: den Kapitalmarkt. Und die Renditen auf griechische Staatsanleihen sahen in den letzten Monaten deutlich weniger optimistisch aus als die Politiker uns die Erfolgsaussichten ihrer Interventionen verkaufen wollten. Auf den Finanzmärkten setzen Experten - und solche, die sich dafür halten - auch ihr eigenes Geld aufs Spiel. Wieviel riskieren denn etwaige Ratgeber Merkels mit ihren Vorschlägen? Wenig.
Und drittens stimme ich Ihnen ja weitgehend etwa in Ihren Analysen der US-Politik gegenüber dem Irak zu, zuletzt etwa hier. Allerdings wundert es mich, dass Sie dort dermaßen im Brustton der Überzeugung das Scheitern im Irak einzig und allein auf Obama abschieben. Müsste man denn hier nicht auch vielerlei Faktoren berücksichtigen, beispielsweise die Lage der wichtigsten Staaten der Region, ihre vertraglichen, kulturellen, religiösen Verflechtungen, ihre Minderheiten usf.? Müsste man nicht auch wissen, welche Rückwirkungen welche Entscheidung auf die iranische öffentliche Meinung hätte, auf die der anderen Staaten der Region? Müsste man nicht auch wissen, welche Dynamik die eine oder andere Entscheidung freisetzt, was Russland angeht, was China angeht? Und müsste man das alles nicht auch kompetent beurteilen und in Zusammenhang bringen können? Sie sehen, ich kann da Ihren Finanzkrisen-Absatz nur unwesentlich verändert übernehmen. Und soweit ich weiß, haben Sie außer einem Stratfor-Abonnement keine tatsächliche Expertise auf all diesen Gebieten. Erschwerend kommt noch hinzu, dass im Obama-Irak-Fall sicher so einiges in Moskau und Peking hinter den Kulissen diskutiert wurde, was Herr Obama weiß und wir nicht. Also: woher nehmen Sie (und Krauthammer) denn bitte die Selbstsicherheit, im Falle des Iraks mal eben so ein annus horribilis auszurufen, während Sie im Falle der Finanzkrise nur "Experten" zugestehen wollen, die Entscheidungen von Frau Merkel zu hinterfragen?
-- Defender la civilización consiste, ante todo, en protegerla del entusiasmo del hombre. - Nicolás Gómez Dávila, Escolios a un Texto Implícito
Zitat von Gorgasal Allerdings wundert es mich, dass Sie dort dermaßen im Brustton der Überzeugung das Scheitern im Irak einzig und allein auf Obama abschieben. Müsste man denn hier nicht auch vielerlei Faktoren berücksichtigen, beispielsweise die Lage der wichtigsten Staaten der Region, ihre vertraglichen, kulturellen, religiösen Verflechtungen, ihre Minderheiten usf.?
Lesen Sie denn nicht, was ich schreibe, lieber Gorgasal?
Zum Irak könnten Sie vielleicht die Serie Ketzereien zum Irak nachlesen; zu den Verflechtungen in der Region die Serie Aufruhr in Arabien. Dort finden Sie alles das, was Sie erwähnen. Und noch a bisserl mehr.
Natürlich spielen immer viele Faktoren eine Rolle; das ist eine Binsenweisheit. Aber die Aufgabe einer Analyse ist es, das zu sortieren und zu bewerten. Manchmal ergeben sich klare Folgerungen, manchmal nicht.
Hier ergibt sich eine klare Folgerung: Als Obama im Januar 2009 die Präsidentschaft übernahm, standen im Irak die Zeichen auf eine Koalitionsregierung zwischen Malikis und Alawis Partei und damit eine breite Koalition der Mitte. Die Alternative war eine Regierung Malikis mit den nach Teheran ausgerichteten Sadristen (was Maliki selbst überhaupt nicht ist).
Für Maliki war die Frage, ob ein Irak, der sich der weitgehenden Unterwerfung unter den Willen der Ayatollahs verweigern würde, dafür eine hinreichende Deckung durch die USA haben würde.
Es gibt nun einmal solche Augenblicke in der Geschichte, wo die Würfel fallen; auch wenn es immer komplexe Ursachengeflechte gibt. Die Würfel fielen in diesem Fall, als Obama (übrigens anscheinend nach anfänglichem Zögern) sich entschied, den bedingungslosen Abzug aus dem Irak zu verwirklichen, den er als Senator und Kandidat angekündigt hatte.
So war das nun einmal. Komplexe Geflechte hin oder her.
Übrigens habe ich über diese Entwicklung fortlaufend berichtet; und keineswegs nur gestützt auf Krauthammer und Stratfor. Wenn Sie nach Irak Iran Maliki site:zettelsraum.blogspot.com googeln, sollten Sie die wichtigsten Artikel finden.
Was Griechenland angeht: Tut mir leid. Ich kann das nicht beurteilen. Das schreibe ich nun wieder und wieder. Aber offenbar nehmen auch Sie mir übel, daß ich kein Doktor Allwissend bin. Ich bin es aber nicht. Ich schreibe nur dann etwas, wenn ich überzeugt bin, die Sache hinreichend verstanden zu haben.
Damit müssen Sie bitte leben; ich kann's nicht ändern und will das auch nicht.
Zitat von Gorgasal Allerdings wundert es mich, dass Sie dort dermaßen im Brustton der Überzeugung das Scheitern im Irak einzig und allein auf Obama abschieben. Müsste man denn hier nicht auch vielerlei Faktoren berücksichtigen, beispielsweise die Lage der wichtigsten Staaten der Region, ihre vertraglichen, kulturellen, religiösen Verflechtungen, ihre Minderheiten usf.?
Lesen Sie denn nicht, was ich schreibe, lieber Gorgasal?
Doch, ab und zu schon. Seit jetzt über fünf Jahren
Zitat von ZettelZum Irak könnten Sie vielleicht die Serie Ketzereien zum Irak nachlesen; zu den Verflechtungen in der Region die Serie Aufruhr in Arabien. Dort finden Sie alles das, was Sie erwähnen. Und noch a bisserl mehr.
Das stimmt ja alles. Aber die Schuldenkrise haben Sie ähnlich genau verfolgt. Und ich finde es frappierend, wie Sie sich in dem einen Fall ein Urteil zutrauen, in dem anderen nicht.
-- Defender la civilización consiste, ante todo, en protegerla del entusiasmo del hombre. - Nicolás Gómez Dávila, Escolios a un Texto Implícito
[quote="Gorgasal"][Erstens scheinen Sie davon auszugehen, dass "Experten" all das zu leisten imstande sind - oder zumindest bessere Erfolgsaussichten als der Normalbürger. Nun sind Experten aber regelmäßig nicht besonders gut darin, Voraussagen unter solchen Bedingungen zu treffen (strotzen aber vor unangemessenem Selbstbewusstsein), dazu gibt es genügend Literatur für den Wissenschaftler in Ihnen. Und weiterhin zählen Sie hier eine ziemliche Wundertüte an disparaten Daten auf, von Makroökonomie über Diplomatie bis hin zur Innenpolitik Portugals, die Experten miteinander verknüpfen können sollten. Ich postuliere: das geht nicht. Wir sind hier wieder bei der Anmaßung von Wissen.
So ist es. Die Amerikaner haben da den netten Spruch, wenn noch mehr Information auf dem Tisch liegt: "Now I am confused, but on a higher level". Es dürfte ein Irrtum sein zu glauben, dass bei komplexen Zusammenhängen mehr Information zu besseren Entscheidungen führt. Interessant im Fall Irak ist ja dann auch, dass ein einziger unzuverlässiger Informant des BND entscheidenden Einfluss auf die Kriegsentscheidung gehabt haben soll. Richtig, alle Mitglieder der 'kleinen Runde' hatten diesselbe Information, ihre Entscheidungskompetenz hat das aber nicht verbessert. Und, was macht das Expertengremium, wenn - wie ja vor nicht allzu langer Zeit passiert - ein Funker eines amerikanischen Kriegsschiffs Angriffsbefehle des iranischen Gegners ausgemacht haben will und diese weitermeldet. Unter Zeitdruck sieht die Welt dann ganz anders aus.
Zitat von GorgasalDas stimmt ja alles. Aber die Schuldenkrise haben Sie ähnlich genau verfolgt. Und ich finde es frappierend, wie Sie sich in dem einen Fall ein Urteil zutrauen, in dem anderen nicht.
Ich habe von Finanzpolitik, von Ökonomie, vom Bankenwesen und allem, was damit zusammenhängt, keine Ahnung.
Mehr kann ich dazu nicht sagen. Ich werde nicht über etwas urteilen, was ich nicht im Geringsten verstehe.
Können wir es, lieber Gorgasal, jetzt dabei belassen? Ich mag solche Diskussionen ad personam überhaupt nicht und habe mich jetzt nur darauf eingelassen, weil Sie ein alter Freund sind.
Zitat von ZettelNur ist es eben ein Unterschied, ob Daten dem Experten im Prinzip zugänglich sind, oder ob ich als ein Normalbürger auf sie Zugriff habe und vor allem, ob ich sie beurteilen kann.
Ich kann das wirklich nicht, lieber R.A., tut mir leid. Ich wüßte noch gar nicht einmal, wie ich an die Sache herangehen sollte. Mir scheint, daß man dazu die Lage der wichtigsten europäischen Banken kennen müßte, ihre Verflechtung, ihre Rücklagen usf. Man müßte wissen, welche Rückwirkungen welche Entscheidung auf die griechische Wirtschaft hätte, auf die der anderen Staaten Europas. Man müßte wissen, welche Dynamik die eine oder andere Entscheidung freisetzt, was Italien angeht, was Portugal angeht. Und man müßte das alles kompetent beurteilen und in Zusammenhang bringen können.
Lieber Zettel,
Sie müssen ja nicht Bilanzen lesen können, das machen auch andere für Sie. Die Finanzkrise war schon lange von Fachleuten angekündigt, andere Fachleute haben sie klein geredet. Und Sie bekommen auch heute Ergebnisse auf den Tisch geliefert. Das ist nicht das Problem. Das Problem ist das, dass die Entscheider bei komplexen Ausgangslagen unangenehme Information nicht wahr haben wollen, oder einfach anderen Zwängen unterliegen: Der Chef einer deutschen Landesbank, der nicht im Mainstream das amerikanische Eldorado angezapft hätte, wäre nicht lange auf seinem Posten geblieben. Sie als Privatperson hätten viel nüchterner entscheiden können.
Es geht nicht nur um Informationen, sondern auch um persönliche Interessen derer, die Informationen geben und nutzen. In den Zeiten des Internet ist aber der einzelne gar nicht so hilflos.
Zitat von ZettelVerantwortlich für die jetzigen Situation sind die diversen griechischen Regierungen, die seit Jahrzehnten eine unverantwortliche Finanz- und Fiskal- und eine irrwitzige Sozialpolitik betreiben. Eines der ärmsten Länder Europas verzichtete weitgehend darauf, seine Steuern einzutreiben und leistete sich zugleich ein Sozialsystem, als sei es eines der reichtsten Länder. Das Ganze finanziert auf Pump.
Es sind nicht die diversen griechischen Regierungen allein. Es sind alle europäischen Länder die alles was kam immer mit "neuen" Schulden bezahlten. Damit greift auch ..
Zitat von Zettel Und damit noch einmal zu den Verantwortlichen: Wenn man überhaupt eindeutig Verantwortliche namhaft machen kann, dann sind das Gerhard Schröder und Hans Eichel. Unter ihrer Verantwortung hat ausgerechnet Deutschland die Stabilitätskriterien verletzt, auf die es selbst gedrungen hatte. Das war ein Dammbruch.
Herzlich, Zettel
durchaus zu kurz. Die Ignorierung von den selbstgesteckten und beschlossenen Gesetzen sind durchweg die einzige Konstante seit Beginn des Euro. Selbstverständlich passen auch diverse Bundesregierungen dazu. Aber beim vorherigen Zusammenschluss gab es auch schon Italien, die weit jenseits der 60% Schulden lagen. Die Zahlen von Griechenland wurden auch trotz besserem Wissen als "ausreichend" qualifiziert. Alles was irgendwie in Richtung stabiler Währung und solider Finanzen ging, wurde von Beginn an man muß schon sagen "beliebig" ignoriert.
Übrigens haben Kritiker der Regierung Schröder damals genau das vorhergesagt, was eingetreten ist: Wenn selbst Deutschland, das sich immer besonders für Stabilität eingesetzt hatte, die von ihm selbst durchgesetzten Bestimmungen bricht, dann wird sich niemand mehr an sie gebunden fühlen.
Zitat von ZettelWas Griechenland angeht: Tut mir leid. Ich kann das nicht beurteilen.
Das Problem ist aber, lieber Zettel, Sie beurteilen das trotzdem. Und zwar in der Weise, daß sie der Bundeskanzlerin bescheinigen, verantwortungsvoll zu handeln und einen guten Job zu machen. Obwohl so viele Experten gegenteiliger Ansicht sind.
Ich würde Ihnen, wie Gorgasal, auf jeden Fall zutrauen, mit wenig Einarbeitung alle wichtigen Fragen der Finanzkrise selber beurteilen zu können. Das ist viel leichter als bei der Irakpolitik oder anderen hier diskutierten Themen. Sie könnten danach immer noch zum Urteil kommen, daß die Finanzpolitik der EU-Oberen die beste Lösung ist - denn natürlich gibt es auch dafür Argumente. Aber Sie würden auf jeden Fall auch feststellen, daß bei dieser Politik grobe handwerkliche Fehler gemacht wurden und auch sehr weitgehend die Öffentlichkeit belogen wurde und wird.
Wenn Sie sich dagegen nicht in das Thema einarbeiten wollen - das ist Ihr gutes Recht. Aber dann sind eben Urteile wie "Die Kanzlerin tut mit Kompetenz und Standfestigkeit das, was sie tun kann, um ihrem Amtseid gerecht zu werden. Sie hat dafür Anerkennung verdient." nicht möglich.
Nun wie konnte Italien von Anfang an mit dabei sein? http://www.drs.ch/www/de/drs/tagesthema/...immer-hoch.html zu Beginn schon 122% Schulden vom BIP. Was durchweg jenseits der 60% liegt. Deutschland ist nur ein weiteres Beispiel für die Nichtbeachtung selbst gegebener Grenzen. Und nein es ist nicht eine Spezialität der SPD.
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