Heute lag in meinem Briefkasten eine kleine Broschüre, die im Vorfeld der Abstimmung zu Stuttgart 21 an alle Haushalte in Baden-Württemberg geht. Die Grünen listen darin zehn Argumente für, die SPD zehn Argumente gegen die Kündigung von Stuttgart 21 auf.
Das liest sich dann so:
Zitat von Zehn Argumente FÜR die Kündigung und Auflösung der Finanzierungsvereinbarung zu Stuttgart 215. Der geplante Tiefbahnhof ist bahntechnisch ein Nadelöhr, störanfällig, nicht ausbaufähig und bringt Nachteile für den S-Bahn-Betrieb. Pendler im Nahverkehr müssen mit täglichen Verspätungen rechnen.
Zitat von Zehn Argumente GEGEN die Kündigung und Auflösung der Finanzierungsvereinbarung zu Stuttgart 213. S 21 hat den Stresstest bestanden und ist damit als leistungsfähiger Bahnknoten bestätigt worden.
Oder auch:
Zitat von Zehn Argumente FÜR die Kündigung und Auflösung der Finanzierungsvereinbarung zu Stuttgart 2110. Es gibt Alternativen zu Stuttgart 21: Diese leisten mehr, kosten weniger und können teilweise sogar schneller umgesetzt werden.
Zitat von Zehn Argumente GEGEN die Kündigung und Auflösung der Finanzierungsvereinbarung zu Stuttgart 216. Alle Alternativen zu S 21 sind weder durchgeplant noch finanziert, noch genehmigt. Man müsste im Falle der Beendigung komplett von vorne beginnen, was viele Jahre des Stillstandes bedeuten würde.
Oder auch:
Zitat von Zehn Argumente FÜR die Kündigung und Auflösung der Finanzierungsvereinbarung zu Stuttgart 214. ... Die finanziellen Förderungen vom Bund und der EU sind nicht an den Tiefbahnhof gebunden und können nach deren Entscheidung deshalb für eine bessere Lösung verwendet werden.
Zitat von Zehn Argumente GEGEN die Kündigung und Auflösung der Finanzierungsvereinbarung zu Stuttgart 217. Die Gelder für S 21 von Bund und Bahn sind zweckgebunden. Fraglich ist, ob sie nach einer Kündigung des Finanzierungsvertrages überhaupt wieder nach Baden-Württemberg fließen würden.
Oder auch:
Zitat von Zehn Argumente FÜR die Kündigung und Auflösung der Finanzierungsvereinbarung zu Stuttgart 214. Die Neubaustrecke [Stuttgart-Wendlingen-Ulm] ist unabhängig von Stuttgart 21. Von einer Kündigung bliebe sie unberührt.
Zitat von Zehn Argumente GEGEN die Kündigung und Auflösung der Finanzierungsvereinbarung zu Stuttgart 218. Kommt S 21 nicht, ist auch die Neubaustrecke Wendlingen-Ulm gefährdet. Mit einer zeitnahen Realisierung wäre dann nicht zu rechnen.
Oder schließlich die Krönung:
Zitat von Zehn Argumente FÜR die Kündigung und Auflösung der Finanzierungsvereinbarung zu Stuttgart 219. Der Ausstieg könnte das Land Geld kosten. Dieser Betrag dürfte nach heutigem Kenntnisstand jedoch bei unter 350 Millionen Euro liegen.
Zitat von Zehn Argumente GEGEN die Kündigung und Auflösung der Finanzierungsvereinbarung zu Stuttgart 215. Im Falle der Kündigung wird die Deutsche Bahn AG gegenüber dem Land, laut ihren Äußerungen im Rahmen der Schlichtung, Kosten von 1,5 Milliarden Euro geltend machen.
Ich kann ja nachvollziehen, dass Fakten unterschiedlich bewertet werden. Oder dass die Juristen unterschiedliche Ansichten darüber haben, inwieweit beispielsweise die Neubaustrecke Stuttgart-Wendlingen-Ulm an die Finanzierungsvereinbarung zu Stuttgart 21 gekoppelt ist. Alles kein Problem.
Aber wenn der Hälfte der Argumente der einen Seite exakt und in der Sache von der anderen Seite widersprochen wird und so etwas nach außen geht, dann ist das ein Armutszeugnis für die Koalition in Baden-Württemberg. Ich versuche mir gerade vorzustellen, wie das bei meinem Arbeitgeber ankäme, wenn zwei Abteilungen dem Kunden gegenüber exakt konträre Aussagen machen würden...
-- Defender la civilización consiste, ante todo, en protegerla del entusiasmo del hombre. - Nicolás Gómez Dávila, Escolios a un Texto Implícito
Zitat von Gorgasal Ich versuche mir gerade vorzustellen, wie das bei meinem Arbeitgeber ankäme, wenn zwei Abteilungen dem Kunden gegenüber exakt konträre Aussagen machen würden...
Ich nehme zur Kenntnis, das Ihr Arbeitgeber auf keinen Fall niemals nicht die Telekom sein kann.
Nun aber wieder ernsthaft, diese kleine Broschüre ist der Brüller:
Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,
bei Stuttgart 21 geht es nicht nur um ein Verkehrsprojekt. Ein großer Teil des Protests richtet sich auch gegen eine bestimmte Art von politischem Stil aus der Vergangenheit. Diesen Stil hat die neue Landesregierung geändert. Wir haben verstanden – die Menschen werden ernst genommen ... Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, Sie sollen in dieser Sache das letzte Wort haben. Nutzen Sie diese Chance und beteiligen Sie sich an dieser Volksabstimmung
Das klingt wie eine Drohung: die Menschen... in dieser Sache ... nutzen Sie diese Chance. ---> Es ist ihre letzte.
Auftritt: Staatsrätin für Zivilgesellschaft und Bürgerbeteiligung
Zitat von GorgasalAber wenn der Hälfte der Argumente der einen Seite exakt und in der Sache von der anderen Seite widersprochen wird
Und zwar so eklatant, dass man sich fragen muss, wie das zustande kommt. Wenn nicht nachvollziehbar ist, warum die eine Seite das genaue Gegenteil der anderen behaupten kann, ohne ganz einfach mal eben nur zu lügen, kommt dem armen Wähler das doch so vor, als würden hier nur zwei Kleinkinder mit dem Fuß aufstampfen. "Nein!" - "Doch!" - "Gar nicht!" - "Wohl!"...
-- L'État, c'est la grande fiction à travers laquelle tout le monde s'efforce de vivre aux dépens de tout le monde. (Frédéric Bastiat)
Zitat von Raysonkommt dem armen Wähler das doch so vor, als würden hier nur zwei Kleinkinder mit dem Fuß aufstampfen. "Nein!" - "Doch!" - "Gar nicht!" - "Wohl!"...
Bemerkenswerterweise fasst das sehr schön meinen Eindruck von den ganzen Stuttgart 21-Protesten zusammen, die die grün-rote Koalition (zusammen mit Fukushima) in die Regierung gespült haben.
Aber attraktiverweise gibt es hier etwa ebenso viele Plakate für ein "nein" (will meinen: pro Stuttgart 21, gegen die Linie der Regierung) wie für ein "ja". Damit hätte ich offen gestanden vor einigen Monaten nicht gerechnet. Es gibt noch Hoffnung für das Ländle. Und ich hoffe, spätestens wenn die Koalition die Axt an das baden-württembergische Schulsystem legt, erinnert man sich dort daran.
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Zitat von Gorgasal Aber attraktiverweise gibt es hier etwa ebenso viele Plakate für ein "nein" (will meinen: pro Stuttgart 21, gegen die Linie der Regierung) wie für ein "ja". Damit hätte ich offen gestanden vor einigen Monaten nicht gerechnet.
Jetzt bin ich doch etwas verwirrt, da ich bisher annahm, dass die Regierung in dieser Frage zerstritten ist, Grüne für "Ja", SPD für "Nein". Wenn ich die Typographie der Plakate in Mannheim richtig entschlüssele, plakatieren die Grünen und die Linke für das Ja (gegen S21), die FDP und die CDU für ein Nein und die SPD für die Teilnahme an der Volksabstimmung ohne klare Aussage, dafür mit SPD Logo, wirbt aber intern für ein Nein (für S21).
Zitat von C.Wenn ich die Typographie der Plakate in Mannheim richtig entschlüssele, plakatieren die Grünen und die Linke für das Ja (gegen S21), die FDP und die CDU für ein Nein und die SPD für die Teilnahme an der Volksabstimmung ohne klare Aussage, dafür mit SPD Logo, wirbt aber intern für ein Nein (für S21).
Hm, Parteilogos habe ich auf den hiesigen Plakaten noch nicht gesehen, das scheinen größtenteils ad hoc-gebildete Gruppierungen zu sein, die Parteien kommen wohl erst auf den zweiten Blick heraus.
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Zitat von GrubeIch habe neulich mit dem Emir von Qatar gesprochen, für den wir Bahnstrecken durch die Wüste planen. Der fragte fassungslos: Was ist da bloß bei euch in Stuttgart los? Gibt es jetzt nicht mal mehr in Deutschland Investitionssicherheit?
Das fasst recht schön auch meine Fassungslosigkeit ob der Proteste zusammen.
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WasIstLiberal?
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21.11.2011 13:03
#14 RE: Stuttgart 21 - Informationen der Landesregierung Baden-Württemberg
Zitat von GrubeIch habe neulich mit dem Emir von Qatar gesprochen, für den wir Bahnstrecken durch die Wüste planen. Der fragte fassungslos: Was ist da bloß bei euch in Stuttgart los? Gibt es jetzt nicht mal mehr in Deutschland Investitionssicherheit?
Das fasst recht schön auch meine Fassungslosigkeit ob der Proteste zusammen.
Ich stimme Ihnen prinzipiell zu. Nur ein Ding schmeckt mir an S21 gar nicht. das wir alle dafür zahlen sollen. Das ist Sache der Bahn, so wie es ich es verstehe. Sind wir aber als Steuerzahler massiv involviert, und das Rechtfertigt jeden Protest. Ist die Bahn nun privatisiert oder nicht, wenn ich frag ich mal ganz unhöflich. Warum nicht?
Zitat von WasIstLiberal?Ich stimme Ihnen prinzipiell zu. Nur ein Ding schmeckt mir an S21 gar nicht. das wir alle dafür zahlen sollen. Das ist Sache der Bahn, so wie es ich es verstehe. Sind wir aber als Steuerzahler massiv involviert, und das Rechtfertigt jeden Protest. Ist die Bahn nun privatisiert oder nicht, wenn ich frag ich mal ganz unhöflich. Warum nicht?
Ja gut, offensichtlich haben viele irgendeinen Punkt, der ihnen irgendwie misfällt, weshalb die Volksabstimmung gerade recht kommt. Warum initiieren Sie denn keine Volksabstimmung zu Ihrem Thema? Dieses ist ja nicht speziell in Stuttgart, sondern das gilt für weitere Bahnprojekte.
Zitat von WasIstLiberal?Nur ein Ding schmeckt mir an S21 gar nicht. das wir alle dafür zahlen sollen.
Ich wäre auch glücklicher, wenn Schienen-, Straßen- oder Hochspannungsnetze und so weiter ohne staatliche Eingriffe und Subventionen möglich wären. Aber das ist illusorisch. Denn ohne staatliche Garantien würde so etwas nicht gebaut werden. Weder Schienen, noch Straßen, noch Stromnetze.
Zitat von WasIstLiberal?Sind wir aber als Steuerzahler massiv involviert, und das Rechtfertigt jeden Protest.
Nein. Ganz entschieden nicht. Protestieren kann man im Vorfeld einer solchen Entscheidung. Nicht nachher. Denn die Rechtssicherheit ist auch ein hohes Gut, das hier mal eben unter die Räder kommt. Das darf nicht sein, wenn wir nicht zu einer Bananenrepublik verkommen wollen. Dafür muss man dann auch mal eine Kröte schlucken, auch wenn die Kröte ein paar Milliarden kostet.
Und dass es den Stuttgart 21-Gegnern ums Geld geht, das glaube ich ihnen, sobald sie gegen das EEG mobil machen, weil das den Steuerzahler nämlich auch massiv involviert.
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WasIstLiberal?
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21.11.2011 14:17
#17 RE: Stuttgart 21 - Informationen der Landesregierung Baden-Württemberg
Zitat von WasIstLiberal?Sind wir aber als Steuerzahler massiv involviert, und das Rechtfertigt jeden Protest.
Nein. Ganz entschieden nicht. Protestieren kann man im Vorfeld einer solchen Entscheidung. Nicht nachher.
Wenn die Zahlen wasserdicht wären, stimmte ich Ihnen zu. Sie sind aber schön gerechnet und landen gerade eben unter dem maximalen Betrag den der Staat zu bezahlen bereit wäre. Das halte ich für eine Lüge. Verträge die darauf ausgehen so etwas zu decken, sind m.E. ungültig.
Zitat Denn die Rechtssicherheit ist auch ein hohes Gut, das hier mal eben unter die Räder kommt. Das darf nicht sein, wenn wir nicht zu einer Bananenrepublik verkommen wollen. Dafür muss man dann auch mal eine Kröte schlucken, auch wenn die Kröte ein paar Milliarden kostet.
Und dass es den Stuttgart 21-Gegnern ums Geld geht, das glaube ich ihnen, sobald sie gegen das EEG mobil machen, weil das den Steuerzahler nämlich auch massiv involviert.
Ich schrieb, was mich stört und ich glaube den Zahlen nicht eine Sekunde, Die sind getürkt und damit ist der Protest von meiner Seite her gerechtfertigt. Ich bin sogar so frei und behaupte. Wenn derzeit mit 4.5 Milliarden kalkuliert wird, kommt es am Ende auf 7-8 Mrd. Und wer bezahlt die paar Milliarden über der derzeitigen Summe... Bezahlt es die Bahn ist es mir völlig egal, soll ich es mit meinen Steuern bezahlen bin ich davon ganz und gar nicht angetan.
xanopos
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21.11.2011 14:25
#18 RE: Stuttgart 21 - Informationen der Landesregierung Baden-Württemberg
Zitat von GorgasalUnd dass es den Stuttgart 21-Gegnern ums Geld geht, das glaube ich ihnen, sobald sie gegen das EEG mobil machen, weil das den Steuerzahler nämlich auch massiv involviert.
Die durch das EEG entstandenen Kosten bezahlt der Stromkunde nicht der Steuerzahler. Angesichts des kollektiven Ausstiegwillens darf ich annehmen, dass ein Großteil der Kunden gerne bereit ist diese Kosten zu tragen.
WasIstLiberal?
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21.11.2011 14:29
#19 RE: Stuttgart 21 - Informationen der Landesregierung Baden-Württemberg
Zitat von GorgasalUnd dass es den Stuttgart 21-Gegnern ums Geld geht, das glaube ich ihnen, sobald sie gegen das EEG mobil machen, weil das den Steuerzahler nämlich auch massiv involviert.
Die durch das EEG entstandenen Kosten bezahlt der Stromkunde nicht der Steuerzahler. Angesichts des kollektiven Ausstiegwillens darf ich annehmen, dass ein Großteil der Kunden gerne bereit ist diese Kosten zu tragen.
Dazu hilft nur eins pflastern Sie all Dächer die Sie bekommen können mit PVS Modulen zu. Dann "dürfen" die Kunden Sie bezahlen, Sie sind dann der große Klimaheiland und alle sind glücklich....
xanopos
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21.11.2011 15:55
#20 RE: Stuttgart 21 - Informationen der Landesregierung Baden-Württemberg
Zitat von GorgasalUnd dass es den Stuttgart 21-Gegnern ums Geld geht, das glaube ich ihnen, sobald sie gegen das EEG mobil machen, weil das den Steuerzahler nämlich auch massiv involviert.
Die durch das EEG entstandenen Kosten bezahlt der Stromkunde nicht der Steuerzahler.
Dieses Argument lasse ich gelten, sobald ich als Stromkunde auch einen Stromanbieter wählen darf, der keine Solarabgabe leisten muss. Vorher ist das nur eine Frage der Etikettierung.
Zitat von xanoposAngesichts des kollektiven Ausstiegwillens darf ich annehmen, dass ein Großteil der Kunden gerne bereit ist diese Kosten zu tragen.
Ich unterstelle, dass dem gemeinen Ausstiegsbegeisterten höchstens die direkten Kosten auf der Stromrechnung bewusst sind. Nicht aber die indirekten Kosten, die der stromverbrauchenden Industrie in Deutschland entstehen, die dann weitergegeben werden oder auch zum Abwandern führen.
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21.11.2011 17:57
#22 RE: Stuttgart 21 - Informationen der Landesregierung Baden-Württemberg
Zitat von GorgasalIch unterstelle, dass dem gemeinen Ausstiegsbegeisterten höchstens die direkten Kosten auf der Stromrechnung bewusst sind. Nicht aber die indirekten Kosten, die der stromverbrauchenden Industrie in Deutschland entstehen, die dann weitergegeben werden oder auch zum Abwandern führen.
Möglicherweise wissen sie es nicht, vielleicht doch. Vielleicht wissen sie auch von der Ausnahmeregelung für Industrieunternehmen.
Zitat von GorgasalIch unterstelle, dass dem gemeinen Ausstiegsbegeisterten höchstens die direkten Kosten auf der Stromrechnung bewusst sind. Nicht aber die indirekten Kosten, die der stromverbrauchenden Industrie in Deutschland entstehen, die dann weitergegeben werden oder auch zum Abwandern führen.
Möglicherweise wissen sie es nicht, vielleicht doch. Vielleicht wissen sie auch von der Ausnahmeregelung für Industrieunternehmen.
Ah, da haben Sie mich erwischt, die war mir in der Tat nicht bekannt. Aber gerade in Anbetracht dieser Ausnahmeregelungen stellt sich der "kollektive Ausstiegswillen" irgendwie eher nicht mehr als so allgemein dar, meinen Sie nicht?
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Vielen Dank für die Zusammenstellung der anscheinend gegensätzlichen Argumente. Mit etwas Phantasie kann man aber jeweils die Aussagen zusammenfassen. Ich will das mal machen, obwohl ich dialektisch nicht so sehr geschult bin.
These:
Zitat von Zehn Argumente FÜR die Kündigung und Auflösung der Finanzierungsvereinbarung zu Stuttgart 215. Der geplante Tiefbahnhof ist bahntechnisch ein Nadelöhr, störanfällig, nicht ausbaufähig und bringt Nachteile für den S-Bahn-Betrieb. Pendler im Nahverkehr müssen mit täglichen Verspätungen rechnen.
Antithese:
Zitat von Zehn Argumente GEGEN die Kündigung und Auflösung der Finanzierungsvereinbarung zu Stuttgart 213. S 21 hat den Stresstest bestanden und ist damit als leistungsfähiiger Bahnknoten bestätigt worden.
Synthese: Der geplante Tiefbahnhof ist zwar bahntechnisch ein Nadelöhr, störanfällig, nicht ausbaufähig und bringt Nachteile für den S-Bahn-Betrieb. Pendler im Nahverkehr müssen mit täglichen Verspätungen rechnen. Dennoch gibt es einen Stresstest, der ihn als leistungsfähigen Bahnknoten ausweist. (Dieser Stresstest muss aber nicht objektiv sen.)
These:
Zitat von Zehn Argumente FÜR die Kündigung und Auflösung der Finanzierungsvereinbarung zu Stuttgart 2110. Es gibt Alternativen zu Stuttgart 21: Diese leisten mehr, kosten weniger und können teilweise sogar schneller umgesetzt werden.
Antithese:
Zitat von Zehn Argumente GEGEN die Kündigung und Auflösung der Finanzierungsvereinbarung zu Stuttgart 216. Alle Alternativen zu S 21 sind weder durchgeplant noch finanziert, noch genehmigt. Man müsste im Falle der Beendigung komplett von vorne beginnen, was viele Jahre des Stillstandes bedeuten würde.
Synthese: Es gibt Alternativen zu Stuttgart 21, von denen man weiß, dass sie mehr leisten weniger kosten und schneller umgesetzt werden können, auch wenn sie noch nicht durchgeplant, finanziert und genehmigt sind. Allerdings müsste man komplett von vorne beginnen und erst einmal viele Jahre des Stillstandes hinnehmen.
These:
Zitat von Zehn Argumente FÜR die Kündigung und Auflösung der Finanzierungsvereinbarung zu Stuttgart 214. ... Die finanziellen Förderungen vom Bund und der EU sind nicht an den Tiefbahnhof gebunden und können nach deren Entscheidung deshalb für eine bessere Lösung verwendet werden.
Antithese:
Zitat von Zehn Argumente GEGEN die Kündigung und Auflösung der Finanzierungsvereinbarung zu Stuttgart 217. Die Gelder für S 21 von Bund und Bahn sind zweckgebunden. Fraglich ist, ob sie nach einer Kündigung des Finanzierungsvertrages überhaupt wieder nach Baden-Württemberg fließen würden.
Synthese: Es gibt drei Quellen von Geldern: Die Gelder vom Bund sind zwar zweckgebunden, der Zweck kann aber so interpretiert werden, dass auch ein anderes Vorhaben damit finanziert werden kann, möglicherweise außerhalb von BW. Die Gelder der EU sind nicht zweckgebunden, schon gar nicht an den Tiefbahnhof. Die Gelder der Bahn sind zweckgebunden an den Tiefbahnhof und damit wohl weg.
These:
Zitat von Zehn Argumente FÜR die Kündigung und Auflösung der Finanzierungsvereinbarung zu Stuttgart 214. Die Neubaustrecke [Stuttgart-Wendlingen-Ulm] ist unabhängig von Stuttgart 21. Von einer Kündigung bliebe sie unberührt.
Antithese:
Zitat von Zehn Argumente GEGEN die Kündigung und Auflösung der Finanzierungsvereinbarung zu Stuttgart 218. Kommt S 21 nicht, ist auch die Neubaustrecke Wendlingen-Ulm gefährdet. Mit einer zeitnahen Realisierung wäre dann nicht zu rechnen.
Synthese: Die Neubaustrecke [Stuttgart-Wendlingen-Ulm] ist unabhängig von Stuttgart 21 und müsste nicht aufgegeben werden, vermutlich wird die Bahn das dennoch tun.
Das letzte Paar ist ganz einfach: These:
Zitat von Zehn Argumente FÜR die Kündigung und Auflösung der Finanzierungsvereinbarung zu Stuttgart 219. Der Ausstieg könnte das Land Geld kosten. Dieser Betrag dürfte nach heutigem Kenntnisstand jedoch bei unter 350 Millionen Euro liegen.
Antithese:
Zitat von Zehn Argumente GEGEN die Kündigung und Auflösung der Finanzierungsvereinbarung zu Stuttgart 215. Im Falle der Kündigung wird die Deutsche Bahn AG gegenüber dem Land, laut ihren Äußerungen im Rahmen der Schlichtung, Kosten von 1,5 Milliarden Euro geltend machen.
Synthese: Die Bahn wird zwar 1,5 Milliarden verlangen, aber sie nicht kriegen. Insgesamt wird das Land höchsens 350 Millionen bezahlen.
Ich will nicht sagen, dass ich mir die Argumentation zu eigen mache, nur dass es eine Widerspruchsfreie Interpretation gibt!
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