Normalerweise zitiere ich den Spiegel nicht und schon gar nicht Jakob Augstein. Aber dies hier ist eine Ausnahme wert:
Zitat von Jakob Augstein, SPONEs ist ja nicht so, dass in einem Land wie diesem heute weniger Geld vorhanden wäre als früher. Im Gegenteil. Das Geld wird immer mehr. Man hat uns nur daran gewöhnt, es anders zu verteilen als früher: von unten nach oben. Das ist das Ergebnis eines jahrzehntelangen Umerziehungsprojekts, einer kulturellen Neuausrichtung. Die Ideologie von der Staatsferne hat das Denken und Sprechen verändert. Die Leute haben vergessen, was Rousseau gelehrt hat:
"Zwischen dem Starken und dem Schwachen ist es die Freiheit, die unterdrückt, und das Gesetz, das befreit."
Die Freiheit, das sind die Märkte und das Gesetz, das ist der Staat. Aber der Staat ist ins Gerede gekommen, und das Heil liegt im Privaten.
Das ist die Ideologie der Starken, derer, die es sich leisten können, auf öffentliche Infrastruktur zu verzichten. Sie haben in einem Generationenprojekt durchgesetzt, dass die Steuern gesenkt wurden. Die Einnahmen, die dem Staat entgingen, wurden durch Schulden ersetzt. Dadurch konnte der Staat seine Leistungen eine zeitlang mehr oder weniger aufrechterhalten. Das war die erste Phase der Umerziehung.
Jetzt kommt die zweite: die Schulden werden zurückgefahren. Weil aber die Steuern nicht erhöht werden, muss sich der Staat zurückziehen. Es bleiben die Schulen auf der Strecke, die Sportplätze, die Freibäder, die Jugendzentren. Es bleibt die Öffentlichkeit auf der Strecke. Man bringt den Leuten seit 30 Jahren bei, dass das der richtige Weg ist.
Aber jetzt wurden sie erleuchtet. Die Umerziehung hat sie nicht erkennen lassen, dass die Steuersenkungen den Staat zum Schuldenmachen zwangen! Seit 30 Jahren!
Zitat von WasIstLiberal? Dem kann man nichts hinzufügen
Stimmt, obwohl…mir ist gerade eingefallen, dass sich vor 30 Jahren ja auch die FDP von dem Einstieg in den schuldenfinanzierten Sozialstaat verabschiedet hatte. (kurzzeitig) Das dürfte Herr Augstein auch im Kopf gehabt haben, bei seinem Versuch aus Freiheit ein weasel-word herbeizuschreiben.
Zitat Jetzt kommt die zweite: die Schulden werden zurückgefahren. Weil aber die Steuern nicht erhöht werden, muss sich der Staat zurückziehen. Es bleiben die Schulen auf der Strecke, die Sportplätze, die Freibäder, die Jugendzentren. Es bleibt die Öffentlichkeit auf der Strecke. Man bringt den Leuten seit 30 Jahren bei, dass das der richtige Weg ist.
Mitte der 60 Jahre war die Staatsquote niedriger als heute. Es sei daran erinntert, dass die Staatsquote in Prozent des BIP gemessen wird und letzteres ja auch gestiegen ist.
Bildung gab es Mitte der 60er (ich kann es natürlich nicht aus eigener Anschaung sagen) schon mal in nicht baufälligen Schulen, und in Infrastruktur wurde ordentlich investiert (nun gut, die Ästhetik war nun nicht gerade der Knaller, aber das ist auch nur bedingt ein Geldproblem gewesen). Die Schweiz gibt bei einer niedrigeren Staatsquote im Durchschnitt mehr pro Schüler aus als Deutschland!
Man kann natürlich immer etwas verbessern, aber der Staat hätte selbst ohne Erhöhung der Staatsquote heute mehr zur Verfügung - da das BIP gestiegen ist. Stattdessen wurde auch die Staatsquote erhöht, und diese mehr an Staatsknete floss ganz bestimmt nicht Mehrheitlich in Bildung und vernünftige Infrastruktur. Stattdessen eher in Wahlgeschenke, Klientelpolitik und eine ausufernde Sozial- und Besorgtheitsindustrie mit einer Vielzahl an Beauftragten, um Gesellschaftsklempner - padon: Geistes- und Gesellschaftsswissenschaftler - und die linke Schikaria aus Kunst, Kultur und der Weltverbesserungsbranche zu versorgen, dazu noch jede Menge Linke-Tasche-Rechte-Tasche-Umverteilung samt Behörden, Planern (die bestimmen zu welche Zweck das Geld aus der linken Tasche in die rechte Tasche zurückwandern darf) und neuen Ämtern und Verwaltungsapperaten, mit immer neuen Zuständigkeiten und sich ausdehnenden Aufträgen...
Von der Versorgung der linken Schikaria aus Kunst, Kultur und der Weltverbesserungsbranche abgesehen, kommt ein nennenswerter Beitrag zu den genannten Punkten allerdings nicht nur von links, sondern leider auch aus der (nicht liberalen) konservativen Ecke.
Kein Wochenanfang* ohne neuen Jakobismus:Der Kampf gegen die Schulden wird von den monetären Manichäern wie ein Kampf gegen das Böse geführt. Schulden sind Schuld, und Rückzahlung ist Erlösung. Das ist der Fundamentalismus einer säkularen Gesellschaft, ein ökonomischer, kein religiöser, aber nicht weniger fatal als dieser. Denn mit ökonomischer, sozialer oder politischer Vernunft hat das bedingungslose Streben nach einem ausgeglichenen Haushalt nichts zu tun.
*Augstein hat mit Fleischhauer getauscht und eröffnet den lustigen Reigen jetzt montags.
Zitat von C.Kein Wochenanfang* ohne neuen Jakobismus:Der Kampf gegen die Schulden wird von den monetären Manichäern wie ein Kampf gegen das Böse geführt. Schulden sind Schuld, und Rückzahlung ist Erlösung. Das ist der Fundamentalismus einer säkularen Gesellschaft, ein ökonomischer, kein religiöser, aber nicht weniger fatal als dieser. Denn mit ökonomischer, sozialer oder politischer Vernunft hat das bedingungslose Streben nach einem ausgeglichenen Haushalt nichts zu tun.
Zitat von Jakob AugsteinWir sollten endlich begreifen: Wer die Mitte preist, ist nicht ein Freund der Demokratie, sondern ihr Gegner.
Zitat von Jakob AugsteinWas Not täte, wäre die Erkenntnis, dass der politische Raum links und rechts von der Mitte liegt.
Wie war das doch gleich, damals bei Ton Steine Scherben?
Zitat Die rote Front und die schwarze Front Sind wir
Bitte beachten Sie diese Forumsregeln: Beiträge, die persönliche Angriffe gegen andere Poster, Unhöflichkeiten oder vulgäre Ausdrücke enthalten, sind nicht erlaubt; ebensowenig Beiträge mit rassistischem, fremdenfeindlichem oder obszönem Inhalt und Äußerungen gegen den demokratischen Rechtsstaat sowie Beiträge, die gegen gesetzliche Bestimmungen verstoßen. Hierzu gehört auch das Verbot von Vollzitaten, wie es durch die aktuelle Rechtsprechung festgelegt ist. Erlaubt ist lediglich das Zitieren weniger Sätze oder kurzer Absätze aus einem durch Copyright geschützten Dokument; und dies nur dann, wenn diese Zitate in einen argumentativen Kontext eingebunden sind. Bilder und Texte dürfen nur hochgeladen werden, wenn sie copyrightfrei sind oder das Copyright bei dem Mitglied liegt, das sie hochlädt. Bitte geben Sie das bei dem hochgeladenen Bild oder Text an. Links können zu einzelnen Artikeln, Abbildungen oder Beiträgen gesetzt werden, aber nicht zur Homepage von Foren, Zeitschriften usw. Bei einem Verstoß wird der betreffende Beitrag gelöscht oder redigiert. Bei einem massiven oder bei wiederholtem Verstoß endet die Mitgliedschaft. Eigene Beiträge dürfen nachträglich in Bezug auf Tippfehler oder stilistisch überarbeitet, aber nicht in ihrer Substanz verändert oder gelöscht werden. Nachträgliche Zusätze, die über derartige orthographische oder stilistische Korrekturen hinausgehen, müssen durch "Edit", "Nachtrag" o.ä. gekennzeichnet werden. Ferner gehört das Einverständnis mit der hier dargelegten Datenschutzerklärung zu den Forumsregeln.