Die Untersuchung, auf die Michael Miersch gestern in der "Achse des Guten" hingewiesen hat und auf die ich durch den Link von patzer hier im Forum aufmerksam geworden bin, ist inzwischen erschienen.
Vorerst habe ich daraus dieses Zitat des Tages entnommen. Ein ausführlicherer Bericht wird demnächst folgen.
Zitat von Zettel im Beitrag #1Die Untersuchung, auf die Michael Miersch gestern in der "Achse des Guten" hingewiesen hat und auf die ich durch den Link von patzer hier im Forum aufmerksam geworden bin, ist inzwischen erschienen.
Kann es nicht sein, lieber Zettel, daß das in der Untersuchung ermittelte Desinteresse an Freiheit und die Bereitschaft, Verbote zu fordern, auch auf unklare oder sogar manipulative Fragen zurückgeht?
Ein Beispiel auf S. 16 der Untersuchung: "Bitte verteilen Sie die Karten auf das Blatt hier, je nachdem, ob Sie diese Aussage für richtig halten (...) oder ob es verboten sein sollte, so etwas zu sagen." Auf den Karten steht dann z.B. "Frauen gehören an den Herd." Wo soll ich denn diese Karte hinlegen, wenn ich die Aussage für falsch halte, aber auch nicht möchte, daß der Satz (was immer das so genau heißen mag) "verboten" sein sollte. Die Frage läßt einem nur die Wahl zwischen Akzeptanz und der Forderung nach einem Verbot.
Zitat von DrNick im Beitrag #2Ein Beispiel auf S. 16 der Untersuchung: "Bitte verteilen Sie die Karten auf das Blatt hier, je nachdem, ob Sie diese Aussage für richtig halten (...) oder ob es verboten sein sollte, so etwas zu sagen." Auf den Karten steht dann z.B. "Frauen gehören an den Herd." Wo soll ich denn diese Karte hinlegen, wenn ich die Aussage für falsch halte, aber auch nicht möchte, daß der Satz (was immer das so genau heißen mag) "verboten" sein sollte. Die Frage läßt einem nur die Wahl zwischen Akzeptanz und der Forderung nach einem Verbot.
Jetzt hatte ich mich gefreut, endlich einmal eine ernsthafte Untersuchung zu dieser Frage zu sehen, und dann kommt DrNick und zerstört meine Illusionen. In der Tat, eine solche Fragestellung ist absolut unzulässig (nein, ich plädiere nicht dafür, diese Frage zu verbieten).
Ich erinnere mich noch an die gute alte Zeit, als man noch unterschied zwischen "so was tut man nicht" und das ist verboten. Ersteres nannte man damals "die guten Sitten", eine Kollektion von gesellschaftlichen Regeln und Normen. Wer sich nicht daran hielt, riskierte von der "Gesellschaft" (von der direkten sozialen Umgebung) gemieden oder geschnitten zu werden. Man konnte und brauchte sich nicht an eine höhere Instanz wenden, um damit eine bestimmte Verhaltensweise zu erzwingen oder zu bestrafen, man mied ein sich nicht an die Regeln haltendes Individuum, schloss es aus gemeinsamen Aktivitäten aus; aus den Augen aus dem Sinn.
Zitat von DrNick im Beitrag #2Wo soll ich denn diese Karte hinlegen, wenn ich die Aussage für falsch halte, aber auch nicht möchte, daß der Satz (was immer das so genau heißen mag) "verboten" sein sollte.
Hier geht es anscheinend darum, was einem unangenehmer ist.
Die Frage testet, ob jemand Freiheit eher selbstbezogen versteht (ich möchte sagen, was ich denke), oder eher sozialethisch (die anderen sollen sagen können, was sie denken, auch wenn ich es für Unsinn halte).
Zitat Kann es nicht sein, lieber Zettel, daß das in der Untersuchung ermittelte Desinteresse an Freiheit und die Bereitschaft, Verbote zu fordern, auch auf unklare oder sogar manipulative Fragen zurückgeht?
Guter Einwand, der in der Tat die ganze Studie entwertet.
(Wobei mir das Design der Frage auf S.16 eigentlich gar nicht klar wird. Anscheinend wurden ja da 2 verschiedene Fragen gestellt. Neben der von Ihnen zitierten außerdem noch "Hier sind einige Aussagen aufgeschrieben. Bei welchen davon würden Sie sagen, dass man sich damit den Mund verbrennen kann". Wie aus diesen Fragen dann das Antwort-Diagramm abgeleitet wird, erschließt sich mir nicht.)
Ebenfalls sehr fragwürdig ist m.E. auch die Medien-Inhaltsanalyse S.20f mit n=118 und n=113. Auf so einer schlanken Datenbasis kann man m.E. eine Analyse, die viel qualitative Würdigung des Analyse-Teams erfordert, nicht serös aufbauen. (v.a. wenn dann die "Verbots-Orientierung" der einzelnen Medien so fein skaliert wird wie FAZ 2,33 vs. Spiegel 2,29.
Dennoch enthält die Studie auch viele interessante Erkenntnisse.
Überraschend ist z.B. folgendes: Es wurde gefragt, ob man im Zweifel eher für Gleichheit oder für Freiheit ist. Die Befragten wurden je nach Antwort einer Gruppe zugeordnet. Dann wurden konkrete Verbotswünsche abgefragt (Handytelefonieren im Auto, weiche Drogen, Sterbehilfe etc.etc.). Das überraschende Ergebnis (S.15): Es gibt praktisch keinen Unterschied zwischen den beiden Gruppen. D.h. sobald es konkret wird, sind die (abstrakt) Freiheitsliebenden ganz genauso schnell dabei, Verbote zu fordern. (Dies scheint mir übrigens auch ein Ergebnis aus den diversen Diskussionen im Kleinen Zimmer z.B. zum Thema Rauchverbot zu sein. Auch unter meinen (nichtrauchenden Freunden mit FDP-Mitgliedschaft gibt es verblüffend viele, die es absolut in Ordnung finden, die Gewerbefreiheit eines Wirtes zu beschneiden wenn es für ihr Wohlbefinden vorteilhaft scheint).
Zitat von Zettel im Beitrag #1Die Untersuchung, auf die Michael Miersch gestern in der "Achse des Guten" hingewiesen hat und auf die ich durch den Link von patzer hier im Forum aufmerksam geworden bin, ist inzwischen erschienen.
Zitat von Michael MierschNeben der Frage nach dem Verbotswunsch wollten die Forscher mit Hilfe des Allensbach-Instituts herausfinden, ob die Bürger es für riskant halten, radikale Ansichten in der Öffentlichkeit zu äußern. Wer dies glaubt, konnte die Antwort auswählen: „Da kann man sich den Mund verbrennen.“ ...Einige Befragte befürworteten zwar, dass Extrem-Sprüche erlaubt sein sollten, glaubten jedoch, dass dies von ihrer Umwelt nicht toleriert wird. „Die gefühlte Intoleranz“, sagt Ackermann, „übersteigt bei Weitem die tatsächliche Intoleranz.“
Frau Ackermann unterschätzt, wozu Minderheiten in der Lage sind, wenn sie etwa nicht tolerieren wollen. Schon eine Gruppe von 100 Aktivisten kann einem das Leben zur Hölle machen, manchmal reicht sogar eine Einzelperson aus. Der Phantasie sind da keine Grenzen gesetzt.
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