Wolfgang Münchau ist ein interessanter Kommentator. Er hat durchaus ein gewisses Fachwissen, aber durch grotesk falsche Grundannahmen kommt er immer wieder zu absurden Schlußfolgerungen. Seine regelmäßigen Spiegel-Kolumnen zur Finanzkrise erfahren nun eine atemberaubenden Steigerung.
Ich darf ausnahmsweise aus dem anderen Strang zitieren?
Erstens würde die Keynsianische anti-zyklische Nachfragepolitik nur funktionieren, wenn es in erheblichem Ausmaß unausgelastete Produktionskapazitäten gäbe. Tourismus kommt im keynsianischen Modell nicht vor.
Zweitens würde künstliche Nachfrage die Inflation erhöhen.
Drittens würde die künstliche Nachfrage zum großen Teil sinnlos verpuffen, da sie von Marktteilnehmern aufgesaugt würde, die gar nicht profitieren sollten. Denn das Modell von Keynes geht im Kern von einem fixen Angebot aus, was völlig irre ist.
Viertens würde die künstliche Nachfrage zu einer Verschiebung auch der Nachfragekurven aller Konsumenten führen - auf Deutsch: die Lust zu arbeiten würde abnehmen.
Zumindest wird bei solchen losen Wolkenschiebereien klar: protestantische Wirtschaftsethik geht anders: "Und wenn ich wüßte, daß morgen die Welt untergeht, würde ich heute noch ein Apfelbäumchen pflanzen": geringer Resourcenaufwand, und wenn der Untergang ausbleibt, ein gutes Investment. Unsere geistigen Vorturner halten es eher mit der Theatertruppe bei Asterix: "Orgien - wir wollen Orgien!" So ungefähr hat sich Klein-Fritzchen (besonders Nietzsches ihrer) auch immer die "Schrecken des Jahres 1000" vorgestellt.
Alle verschulden sich und plötzlich geht es allen gut. Sehr seltsame Vorstellung, die der Mann da ausbreitet. Dazu auch noch eine, die in kleinerem Umfang immer wieder tatsächlich passiert ist, nur ohne das rosige Ende, das er sich ausmalt.
Wonach er eigentlich sucht, scheint mir eher etwas in der Art des bedingungslosen Grundeinkommens zu sein - nur dass er sich hier eine Umverteilung von den Banken auf den Rest der Bevölkerung vorstellt, statt der Umverteilung von allen mit einem Einkommen über einer gewissen Grenze zu denen darunter. Beim bedingungslosen Grundeinkommen könnte man wenigstens noch sagen, dass es noch nie in großem Stil getestet worden ist (zumindest ist mir nicht bekannt, dass das einmal tatsächlich erprobt worden wäre), man deshalb auch die Auswirkungen nicht abschätzen kann. Aber dass Schulden machen ohne sich um die Finanzierbarkeit zu kümmern bisher immer denkbar schlecht ausgegangen ist, sollte doch inzwischen allgemein bekannt sein. Sollte.
Zitat von Frank2000 im Beitrag #2Erstens würde die Keynsianische anti-zyklische Nachfragepolitik nur funktionieren, wenn es in erheblichem Ausmaß unausgelastete Produktionskapazitäten gäbe.
Das wäre aktuell vielleicht sogar der Fall. Z. B. dürfte es in Spanien erhebliche Kapazitäten im Baugewerbe geben, die nach dem Ende des Baubooms brach liegen. Aber die liegen halt brach, weil sie schon immer überflüssig waren - sie wieder in Betrieb zu setzen wäre absurd.
Zitat Zweitens würde künstliche Nachfrage die Inflation erhöhen.
Richtig. Wobei Münchau das ja akzeptiert, eigentlich sogar fast begeistert begrüßt. Es wäre eine gesonderte Diskussion wert, warum er und seine Gesinnungsgenossen mit diesem Problem so locker umgehen.
Zitat Drittens würde die künstliche Nachfrage zum großen Teil sinnlos verpuffen, da sie von Marktteilnehmern aufgesaugt würde, die gar nicht profitieren sollten.
Korrekt.
Zitat Viertens würde die künstliche Nachfrage zu einer Verschiebung auch der Nachfragekurven aller Konsumenten führen - auf Deutsch: die Lust zu arbeiten würde abnehmen.
Arbeiten? In der Welt der Vulgär-Keynesianer gibt es Konsumenten, und die schaffen Jobs. "Lust zu arbeiten" ist da keine Kategorie - Jobs entstehen einfach.
Ein ähnliches Gedankenexperiment zu linken Schlaraffenlandphantasien wurde schon von Christoph Martin Wieland in seinem Märchen "Der Stein der Weisen" exemplarisch vorgeführt; er schildert die Konsequenzen der erfolgreichen Goldmacherei (und um nichts anderes handelt es sich ja bei der Schaffung von Geld ex nihilo per ungesicherten Kredit):
Zitat Bei allem diesem zog die ungeheure Menge Gold, die er auf einmal in die Welt ergoß, einige sehr beträchtliche Unbequemlichkeiten nach sich. Die erste war, daß die Fremden, die aus allen Ländern der Welt herbeiströmten, ihm ihre Waren, ihre Köpfe, Hände oder Füße anzubieten, sobald sie von der Unerschöpflichkeit seiner Goldquelle benachrichtigt waren, ihre Preise in kurzer Zeit erst um hundert, dann um tausend, zuletzt um zehntausend Prozent steigerten. Alle Produkte des Kunstfleißes wurden so teuer, das Gold hingegen wegen seines Überflusses so wohlfeil, daß er endlich ganz unfähig ward, als ein Zeichen des Wertes der Dinge im Handel und Wandel gebraucht zu werden. Aber bevor er soweit kam, zeigte sich eine noch weit schlimmere Folge der magischen Lilie, die in den Händen des Königs die Stelle des Steins der Weisen vertrat. Denn während seine grenzenlose Hoffart, Üppigkeit und Verschwendung die halbe Welt mit Gold überschwemmte, verhungerte der größte Teil seiner eigenen Untertanen, weil ihnen beinahe alle Gelegenheit, etwas zu verdienen, abgeschnitten war. Ackerbau und Gewerbe lagen darnieder; denn wer hätte sich im Lande noch damit abgeben sollen, da man alle Notwendigkeiten und Überflüssigkeiten des Lebens in allen Häfen des Königreiches zu allen Zeiten in größter Güte und Vollkommenheit haben konnte und da überdies alle hübschen jungen Leute vom Lande nur nach der Hauptstadt zu gehen brauchten, um tausend Gelegenheiten zu finden, durch Müßiggehen dort ein ganz anderes Glück zu machen, als sie an ihrem Orte durch Arbeit und Wirtschaft zu machen hoffen konnten?
Tja, und dann kommt die geniale Idee vom bedingungslosen Grundeinkommen:
Zitat König Mark, sobald er von der Not des Volkes Bericht erhielt, glaubte ein unfehlbares Mittel dagegen zu besitzen und säumte nicht, in allen Städten, Flecken und Dörfern des Landes so viel Gold austeilen zu lassen, daß sich der ärmste Tagelöhner auf einmal reicher sah, als es vormals sein Edelmann gewesen war. Mark glaubte dadurch dem Übel abgeholfen zu haben: aber er hatte aus übel ärger gemacht. Denn nun hörte vollends aller Fleiß und alle häusliche Tugend auf. Jedermann wollte sich nur gute Tage machen, und in kurzem waren alle diese Reichtümer, die so wenig gekostet hatten, in Saus und Braus und unter den zügellosesten Ausschweifungen durchgebracht. Der König konnte nicht Gold genug machen; und wie es endlich seinen Wert gänzlich verlor, so stellte sich wieder der vorige Mangel ein, der aber nun durch die Erinnerung der goldnen Tage des Wohllebens desto unerträglicher fiel und unter einem Volke, das alles sittliche Gefühl und alle Scheu vor den Gesetzen verloren hatte, ein allgemeines Signal zu Raub, Mord und Aufruhr wurde. Der König, der sich und sein Volk vor lauter Reichtum in Bettler verwandelt sah, wußte sich nicht zu helfen...
Wären die deutschen Klassiker besser bekannt, ließen sich die Leute vielleicht nicht immer denselben alten Schmäh als das neueste politische Nonplusultra verkaufen ... aber die Abderiten wachsen immer wieder nach.
Was die Lust zu arbeiten anbelangt: Ich habe seltenst jemandem mit einem Monatseinkommen unter sagen wir mal 5000€ erlebt, der nicht gerne deutlich mehr Geld verdient hätte. Ich bezweifle stark, dass ein mehr an verfügbarem Geld in der Einkommensklasse zu einem spürbaren Rückgang der Arbeitsbereitschaft führen würde. Naja, wenn man des Autors Vorstellung wörtlich nimmt, möglicherweise schon. Bei unbegrenztem Kredit bräuchte wirklich niemand mehr zu arbeiten.
Zitat von Solus im Beitrag #7Was die Lust zu arbeiten anbelangt: Ich habe seltenst jemandem mit einem Monatseinkommen unter sagen wir mal 5000€ erlebt, der nicht gerne deutlich mehr Geld verdient hätte. Ich bezweifle stark, dass ein mehr an verfügbarem Geld in der Einkommensklasse zu einem spürbaren Rückgang der Arbeitsbereitschaft führen würde. Naja, wenn man des Autors Vorstellung wörtlich nimmt, möglicherweise schon. Bei unbegrenztem Kredit bräuchte wirklich niemand mehr zu arbeiten.
Die Zeit, die man dann mit arbeiten verschwendet, würde einem beim ungebremsten Konsum am Ende fehlen. Und der fehlende Konsum wäre dann für die Konsumwirtschaft viel schädlicher, als das, was die Arbeit bringt. Nein; wer bei unbegrenzten Geldmitteln noch arbeiten geht, den müsste man in diesem Utopia bestrafen.
Zu Münchau selbst fehlen mir die Worte; da weiß man nicht, ob man lachen oder es eher mit der Angst bekommen soll.
Irgendwie ist es da draußen noch nicht richtig angekommen, dass hier nicht mehr nur Zettel publiziert. Dein Beitrag, R.A., wird in Twitter wie selbstverständlich als von Zettel stammend zitiert. Wiederholt übrigens.
-- L'État, c'est la grande fiction à travers laquelle tout le monde s'efforce de vivre aux dépens de tout le monde. (Frédéric Bastiat)
Streichen wir mal die Passagen, an denen Münchau krampfhaft versucht, originell bis witzig/gewitzt zu wirken. Dann bleibt als Kernaussage eigentlich übrig 'dass sich große Nationen gesundsparen können ist ein abstruses Märchen'.
Zunächst fällt die unvermittelt eingeschobene Einschränkung auf - dies könne also lediglich für große Nationen als Märchen gelten. Komisch, nirgendwo vorher war zu lesen, die Größe einer Nation sei bei diesem Vorhaben oder seinem Mißlingen ein ausschlaggebender Faktor - stattdessen wurde der Eindruck erweckt, es handele sich um eine systemimmanente Beobachtung. Und da es sich um einen Schlußsatz handelt, wurde diese möglicherweise wichtige Einschränkung von Münchau weder empirisch noch anekdotisch noch theoretrisch begründet. Man könnte auch sagen, Münchau entledigte sich der Vernunft und schrieb das einfach frisch drauflos. Es ist (ihm?) unklar, was er damit ausdrücken wollte - vielleicht, daß große Nationalstaaten zunächst in kleinere Einheiten zerschlagen werden müßten, bevor diesen dann ein solches Gesundsparen möglich sei? Aber schieben wir diesen Punkt vorerst mal in den Hintergund.
Nehmen wir uns als Nächstes mal den Begriff des Gesundsparens vor. Wäre dies eine objektive Unmöglichkeit, dann wäre es ebenfalls eine objektive Unmöglichkeit, sich krankzuverschwenden. Das weiß aber nun wirklich jeder Zurechnungsfähige, daß man durchaus Geld auf den Putz hauen kann, bis schließlich der Arzt kommt. Münchau weiß das offenbar nicht, also wo müssten wir ihn bzgl. seiner Zurechnungsfähigkeit verorten?
Überhaupt: Wann kann man eigentlich sparen? Absolut dann, wenn man dauerhaft weniger konsumiert als man erwirtschaftet. Dieses Sparen soll also prinzipiell nicht möglich sein für Nationen - einen willentlichen Zusammenschluß von n Personen, selbst wenn n gegen 1 geht? Daß überhaupt irgendwer mehr produziert als er konsumiert soll demnach ein abstruses Märchen sein?
Einige hier werden vielleicht schon von bahnbrechenden, neuartigen Erkenntnissen gehört haben, die das Verhältnis von Einnahmen zu Ausgaben angeblich maßgeblich beeinflussen können. Man spricht da von Einflußfaktoren wie 'Produktivität' und 'Leistung' einerseits und 'Konsum' andererseits. Im engeren Sinne sollen die allerdings erst seit etwa vier Milliarden Jahren wirksam sein und das erklärt wohl, warum diese Information bei Münchau noch nicht angekommen ist.
Die Wirtschafts-Linken haben doch prominente Unterstützung von einem Nobelpreisträger, der ein gern gesehener Gast bei Regierungspolitikern ist: Friedman. Entweder v. Mises oder v. Hayek stellten die These auf, dass Keynes seine Irrtümer vermutlich erkannt hätte, wenn er nicht so früh gestorben wäre. Das (die?) FED ist 99 Jahre alt und der ihr anvertraute Dollar hat nach 99 Jahren nur noch 1% seiner ursprünglichen Kaufkraft. Es wird Zeit, dass die FED Rechenschaft ablegen muss und Ron Paul mit seiner Gesetzesinitiative bzgl. FED durch den Senat kommt, was vermutlich leider nicht der Fall sein wird.
Wer nichts weiss muss glauben. Wer nicht mehr an Gott glaubt, der glaubt an alles mögliche/andere, (was sich eben so anbietet).
Zitat von Rayson im Beitrag #9Dein Beitrag, R.A., wird in Twitter wie selbstverständlich als von Zettel stammend zitiert.
Das ist verständlich. Obendrüber steht groß "Zettel", auch unter fast allen Artikeln - wem fällt denn da das kleine Autorenkürzel unter dem Beitrag auf?
Mich stört das wenig. Wir schreiben hier unter Pseudonymen, denen kein Leser eine reale Person zuordnen kann. Was hätte ich davon, daß in irgendeiner Twitternachricht (die ich ohnehin nicht lese) ein anderes Kürzel steht?
Wenn überhaupt, dann hat Zettel ein Problem - weil ihm Äußerungen zugeschrieben werden, die er vielleicht gar nicht gut findet ;-)
Zitat von wflamme im Beitrag #10Zunächst fällt die unvermittelt eingeschobene Einschränkung auf - dies könne also lediglich für große Nationen als Märchen gelten. Komisch, nirgendwo vorher war zu lesen, die Größe einer Nation sei bei diesem Vorhaben oder seinem Mißlingen ein ausschlaggebender Faktor - stattdessen wurde der Eindruck erweckt, es handele sich um eine systemimmanente Beobachtung. Und da es sich um einen Schlußsatz handelt, wurde diese möglicherweise wichtige Einschränkung von Münchau weder empirisch noch anekdotisch noch theoretrisch begründet.
die Grenzen zwischen "klein" und "groß" sind natürlich fließend, aber was er damit meint ist:
Zitat - Sweden, which recovered from its early 90s banking crisis with an export boom, driven by a devalued kronor.
- South Korea, which roared back from the 1997-1998 crisis with an export boom, driven by a depreciated won.
- Argentina, which roared back from its 2002 crisis with an export boom, driven by a depreciated peso. And more. The truth is that every recovery from financial crisis I know of since World War II was driven by currency depreciation
Polen wäre aktuell auch ein gutes Beispiel, wie die dank es tiefen Zloty die Finanzkrise gut überstanden haben. "kleine" Länder können eben ihre Währung abwerten (lassen) und der dadurch ausgelöste Exportboom spült Geld ins Land, das von den eigenen Leuten nicht ausgegeben werden kann. Je "größer" ein Land ist, desto schwieriger ist es, Abnehmer für seine Produkte zu finden. Daß es möglich ist, zeigt China, die lange ihre Währung nach unten manipuliert haben oder Deutschland, das den Euro ausgenutzt hat, um sich durch Exporte in den Rest der Eurozone besser zu stellen. Aber "groß" wäre zB für die ganze Eurozone passend: die ~400 Mio. Menschen in der Eurozone können nicht darauf hoffen, daß der Rest der Welt bei ihnen einkauft.
Zitat Nehmen wir uns als Nächstes mal den Begriff des Gesundsparens vor. Wäre dies eine objektive Unmöglichkeit, dann wäre es ebenfalls eine objektive Unmöglichkeit, sich krankzuverschwenden. Das weiß aber nun wirklich jeder Zurechnungsfähige, daß man durchaus Geld auf den Putz hauen kann, bis schließlich der Arzt kommt.
für eine geschlossene Volkswirtschaft stimmt das nicht. Die Regierung kann beliebig viel Geld ausgeben, völlig unabhängig von ihren Einnahmen und kann das so lange treiben, bis sie 100% des BIP beansprucht. In jüngerer Zeit hat etwa Israel so gewirtschaftet bzw. wirtschaften müssen: nachdem ihnen Frankreich die Waffenlieferungen entzogen hat, mussten sie schnell eine eigene Rüstungsindustrie aus dem Boden stampfen. Das Budget bestand in der Spitze zu 50% aus Militärausgaben. Steuern haben die bis Mitte der 80er dafür nie genug eingenommen. 1983 war die Verschuldung fast 190% des BIP. Negative Folgen hatte das nie. Die Verschuldung war fast nur im Schekel und den kann die eigene Notenbank ja beliebig drucken - was sie auch gemacht hat. Optimal ist das nicht und man hat dann die Steuerbasis auch ausreichend verbreitert, daß heute fast ausgeglichen bilanziert werden kann. Aber bei den großen militärischen Ausgaben wird wird nicht gespart, wäre auch Selbstmord.
In einer geschlossenen Volkswirtschaft kann ein Staat nie "über seine Verhältnisse" leben, da er ja nicht mehr als 100% des BIP beanspruchen kann. Die Begrenzung nach oben ist in einer Demokratie das Volk. In Israel war es möglich, 1/3 des BIP ins Militär zu stecken, in Europa wäre das wohl nicht möglich. Gewaltige Mengen etwa in Bildung zu investieren würde aber sicher eher angenommen.
Ein "kleines" Land idS war 1976 Italien, die sich durch eine rapide Abwertung der Lira schon ein Jahr später wieder auf Wachstumkurs befanden. Auch das ging vor allem deshalb, weil es ausreichend große Länder vor allem in Europa gab, die 1977 fleissig im nun spottbilligen Italien Urlaub machten.
Geschlossene Volkswirtschaft ist übrigens eine valide Annahme im Modell, denn solange keine anderen Zivilisationen bekannt sind, ist zumindest die Weltwirtschaft geschlossen.
Das Problem der Eurozone ist dagegen eines offener Volkswirtschaften, die sich in Fremdwährung verschuldet haben. Hier kann man sehr wohl Probleme bekommen, wenn die Ausländer ihr Geld wieder haben wollen.
Zitat Überhaupt: Wann kann man eigentlich sparen? Absolut dann, wenn man dauerhaft weniger konsumiert als man erwirtschaftet. Dieses Sparen soll also prinzipiell nicht möglich sein für Nationen - einen willentlichen Zusammenschluß von n Personen, selbst wenn n gegen 1 geht? Daß überhaupt irgendwer mehr produziert als er konsumiert soll demnach ein abstruses Märchen sein?
auch hier: für geschlossene Volkswirtschaften ist das richtig: man kann als Volkswirtschaft nicht sparen. Wird weniger konsumiert als hergestellt, dann werden die Produzenten rasch reagieren und weniger produzieren, wovon wieder weniger konsumiert wird, weshalb wieder weniger produziert wird,usw... Eine offene Volkswirtschaft kann ihren Überschuß exportieren - siehe oben. Aber wenn fast die ganze industrialisierte Welt meint, sie müsse "sparen" (also einen Exportüberschuß erwirtschaften), dann funktioniert das nicht.
Zitat Einige hier werden vielleicht schon von bahnbrechenden, neuartigen Erkenntnissen gehört haben, die das Verhältnis von Einnahmen zu Ausgaben angeblich maßgeblich beeinflussen können. Man spricht da von Einflußfaktoren wie 'Produktivität' und 'Leistung' einerseits und 'Konsum' andererseits. Im engeren Sinne sollen die allerdings erst seit etwa vier Milliarden Jahren wirksam sein und das erklärt wohl, warum diese Information bei Münchau noch nicht angekommen ist.
das ist für den hier benutzten Begriff des "sparens" nicht einschlägig. Im Gegenteil: versucht eine geschlossene Volkswirtschaft, durch Produktivitätssteigerungen mehr zu produzieren, konsumiert aber nicht mehr, dann ist das Ergebnis noch schlimmer. Das ist eines der Probleme Japans oder vielleicht sogar das Kernproblem: die Wirtschaft arbeitet auf Augenhöhe der OECD, zahlreiche Unternehmen besetzen Spitzenpositionen in der Weltwirtschaft, aber die Überalterung der Bevölkerung sorgt über eine überhohe Sparquote. Japan exportiert deshalb seit Jahren sehr viel, aber die Aufnahmefähigkeit der Welt hat (auch) wegen der stärker werdenden Konkurrenz Grenzen. Höhere inländische Nachfrage würde helfen, aber die muß jetzt kommen.
An Japan sieht man dann auch, daß eine Volkswirtschaft nicht "sparen" kann. Die seit 1995 abnehmende Zahl von Menschen im arbeitsfähigen Alter führt zu einer Abnahme der Konsumfreudigkeit, "Altersvorsorge" nennt man das in Deutschland. Die Überfülle von Spargeld sorgt seit fast 20 Jahren für Nullzinsen - trotzdem sparen die Leute weiter wie blöd. Der Staat reagiert mit stark gestiegenen Staatsausgaben und Richard Koo schätzt, daß ohne diese Ausgaben das BIP 40% niedriger wäre als heute. Natürlich kann man sagen, daß die Wirtschaft halt nur so reagiert wie die Leute es wollen, dh. es wird weniger nachgefragt, also wird auch weniger angeboten.
Was aber der gemeine Japaner tatsächlich will, ist wahrscheinlich nicht sparen, sondern investieren, etwa in Altenheime oder Krankenhäuser. Aber das funktioniert nachvollziehbar nicht. Wenn man erst in einigen Jahrzehnten eine Pflegehilfe bezahlen will, dann kann das ein Einzelner machen, also darauf sparen. Wenn aber das halbe Land jetzt nicht konsumiert, weil man in 20 Jahren Geld für Altenbetreuung braucht, dann dämpft das die Wirtschaft jetzt und sofort. Man könnte wohl jetzt schon Altenheime bauen, aber das ist dann auch nicht sparen sondern investieren. Aber wer nimmt jetzt einen Kredit auf, um Altenheime zu bauen, die in 10 Jahren bezogen werden?
Es wäre schon viel mit der richtigen Begriffsverwendung gewonnen. Eine geschlossene Volkswirtschaft kann weniger konsumieren, dafür mehr investieren. Sie kann aber nicht sparen so wie das ein einzelner Haushalt kann. Eine offene Volkswirtschaft kann wohl sparen, dafür muß aber im Ausland mehr investiert werden. Da aber ausgerechnet die großen Euroländer Spanien und Italien (und ein wenig auch Frankreich) "sparen" wollen, d.h. sie wollen, daß andere investieren (oder auch konsumieren), geht das seit Jahren schief, weil es in der Eurozone eben niemanden "großen" gibt, der investieren oder gar mehr konsumieren will (und kann). Deutschland könnte diese Rolle übernehmen, aber will auch nicht. Und daher führte die kollektive Sparerei in die Depression (und ja, die Eurozone ist in einer Depression).
Zitat von Johann Grabner im Beitrag #13für eine geschlossene Volkswirtschaft stimmt das nicht. Die Regierung kann beliebig viel Geld ausgeben, völlig unabhängig von ihren Einnahmen ...
Das setzt jetzt aber nicht nur eine geschlossene Volkswirtschaft voraus, sondern auch, daß es keine unabhängige Zentralbank gibt und die Regierung ganz beliebig die Notenpresse benutzen kann, um Geld für ihre Ausgaben zu drucken. Denn per Schulden kann sich die Regierung in einer geschlossenen Volkswirtschaft nur so lange finanzieren, wie Inländer ihr Ersparnisse als Kredite anvertrauen.
Zitat In einer geschlossenen Volkswirtschaft kann ein Staat nie "über seine Verhältnisse" leben ...
Das ist Definitionssache. "Über seine Verhältnisse leben" heißt normalerweise, daß man über längere Zeit mehr ausgibt als einnimmt. Das kann der Staat auch in einer geschlossenen Volkswirtschaft sehr wohl.
Zitat Hier kann man sehr wohl Probleme bekommen, wenn die Ausländer ihr Geld wieder haben wollen.
Diese Probleme kann eine Regierung generell bekommen, wenn Schuldner (egal ob Inländer oder Ausländer) ihr Geld wieder haben wollen (bzw. keine neuen Kredite mehr nachschieben wollen). Die aktuellen Probleme Griechenlands sind ja auch erst aufgebrochen, als sie keine Doofen mehr gefunden haben, die neue griechische Bonds kaufen wollten.
Zitat Aber wenn fast die ganze industrialisierte Welt meint, sie müsse "sparen" (also einen Exportüberschuß erwirtschaften), dann funktioniert das nicht.
Selbstverständlich können nicht alle Staaten gleichzeitig einen Exportüberschuß haben.
Aber mit "sparen" ist in der aktuellen Diskussion NICHT gemeint, daß eine Volkswirtschaft einen Überschuß erwirtschaftet. Sondern daß die jeweilige Staatskasse mit ihren Ausgaben unter den Einnahmen bleibt. Und das ist selbstverständlich auch bei allen Staaten gleichzeitig möglich.
Zitat Im Gegenteil: versucht eine geschlossene Volkswirtschaft, durch Produktivitätssteigerungen mehr zu produzieren, konsumiert aber nicht mehr, dann ist das Ergebnis noch schlimmer.
Das ist richtig - aber hier überhaupt nicht einschlägig. Natürlich ist es sinnlos etwas zu produzieren, was weder im Inland noch im Ausland abgenommen wird. Aber das fordert ja auch niemand.
Zitat Da aber ausgerechnet die großen Euroländer Spanien und Italien (und ein wenig auch Frankreich) "sparen" wollen ...
Da sollen die jeweiligen Regierungen sparen, nicht die Volkswirtschaften.
Zitat von Karl TheodorEntweder v. Mises oder v. Hayek stellten die These auf, dass Keynes seine Irrtümer vermutlich erkannt hätte, wenn er nicht so früh gestorben wäre.
Das müsste Hayek gewesen sein, der ja mit Keynes ein ausgezeichnetes Verhältnis pflegte.
-- L'État, c'est la grande fiction à travers laquelle tout le monde s'efforce de vivre aux dépens de tout le monde. (Frédéric Bastiat)
Ja, Vielen Dank einmal für das ausführliche Repetitorium, es wird mir künftig bestimmt nochmal nützlich sein.
Ich sehe nur nicht, inwieweit sich Münchau darauf bezogen haben könnte. Als perfekt geschlossene Volkswirtschaft kann man in die gegenwärtige problematische Situation ja gar nicht erst geraten, kann in der Summe gar nicht über die Verhältnisse leben und sich nach außen - ohne ein 'außen' - auch nicht übermäßig verschulden.
Wenn es sich also um eine systemimmanente Krise handeln sollte, dann ist es explizit eine von teiloffenen Volkswirtschaften. Für genau diese Systemkrise kann ich dann aber doch keine Medizin verschreiben, die aus einer Theorie destilliert wurde, der genau diese Art von Krisen völlig wesensfremd sind - in vollster Überzeugung, daß sie hilft? Zumindest ist das so, wie es im Handstreich hergeleitet wurde einfach nicht glaubwürdig.
Zitat In einer geschlossenen Volkswirtschaft kann ein Staat nie "über seine Verhältnisse" leben, da er ja nicht mehr als 100% des BIP beanspruchen kann. Die Begrenzung nach oben ist in einer Demokratie das Volk. In Israel war es möglich, 1/3 des BIP ins Militär zu stecken, in Europa wäre das wohl nicht möglich. Gewaltige Mengen etwa in Bildung zu investieren würde aber sicher eher angenommen.
Dann kann sich die Regierung (solange Sie wenigstens die grundlegenden Aufgaben erfüllt) aber auch nicht kaputtsparen. Was die Regierung nicht nutzt steht halt Privaten zur verfügung.
Ist aber auch nicht das entscheidende, entscheidend ist die Frage, wie sinnvoll wird die Wirtschaftsleistung genutzt? Welcher Anteil wird investiert und wie wird er investiert?
Natürlich könnte eine Nation zu wenigen Investieren (Konsumrausch oder "kaputtsparen"), aber sie kann auch Wirtschaftsleistung auf den Kopf hauen.
Tendenziell neigt der Staat, ab einer gewissen Staatsquote, zu letzterem. Als gesunde Grenze kann man sich vermutlich die schweizer Staatsquote ansehen. Gute Infrastruktur, höhere Bildungsausgaben pro Schüler als in Deutschland, niedrigere Steuerquote, niedrigere Staatsquote, niedrigere Staatsschulden (in Prozenten des BIP gemessen). Verhungern muss auch niemand und eine Krankenversicherung ist jedem legalen Einwohner auch garantiert.
“Being right too soon is socially unacceptable.” ― Robert A. Heinlein
"Considering the exclusive right to invention as given not of natural right, but for the benefit of society, I know well the difficulty of drawing a line between the things which are worth to the public the embarrassment of an exclusive patent, and those which are not."
Danke, ich weiß das Jungenfrauengeburt und Dogma der unbefleckten Empfängnis zwei grundverschiedene Dinge sind. Nur weil jemand einem Dogma nicht folgt, muss er es nicht unbedingt falsch verstanden haben, auch wenn es tatsächlich ein weit verbreitetes Missverständnis gibt.
Zitat von Techniknörgler im Beitrag #18 Dann kann sich die Regierung (solange Sie wenigstens die grundlegenden Aufgaben erfüllt) aber auch nicht kaputtsparen. Was die Regierung nicht nutzt steht halt Privaten zur verfügung. .
"Kaputtsparen" ist m.E. eine recht hysterische Metapher, so wie "sozialer Kahlschlag". Die eine beschreibt Kürzungen bei den Staatsausgaben und die andere bei den Sozialausgaben. Etatisten reagieren extrem empfindlich wenn ihre Pfründe ins Visier genommen werden.
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