Es hat schon seit einiger Zeit kein KKK mehr gegeben. Dabei schreibe ich in dieser Rubrik eigentlich gern; es fehlten nur die Aufhänger. Jetzt habe ich wieder einmal einen gefunden.
Schwacher Erinnerung wurden diese Stellen in der DDR als Hilfsassistenten geführt.
Hilfsassistenten waren, glaube ich, im alten deutschen Uni-System, das vermutlich auch die DDR zunächst übernommen hat, die nicht promovierten sogenannten "Vertreter einer Assistentenstelle". Denn um Assistent zu sein, mußte man promoviert sein. Ich hatte zunächst eine solche Stelle; im Vorlesungsverzeichnis hieß man "Wiss. Ass. m. d. V. b." (mit der Verwaltung beauftragt). Man nannte uns auch die Emdevaubees.
Allmählich wurde das Usus, daß noch nicht Promovierte auf solchen Stellen saßen; daß man also auf einer solchen Stelle promovierte. Die Bezeichnung "Hilfsassistent" verschob sich dann meiner Erinnerung nach auf die Wissenschaftlichen Hilfskräfte. Solche Stellen gab es relativ wenige, und sie konnten in Stellen von Studentischen Hilfskräften aufgeteilt werden. Was im Allgemeinen erfolgte, weil man diese nötiger brauchte.
An einer meiner damaligen Unis gab es das sogennante "Leibsklavenprinzip": Jeder Assistent oder Emdevaubee hatte eine persönliche Studentische Hilfskraft zur Unterstützung aller anfallenden Arbeiten. Anderswo gab (und gibt) es in einem Institut oder einer Arbeitsgruppe Spezialisten - für das Programmieren, die Literatursuche, das Korrigieren von Klausuren usw.
Zitat von Zettel im Beitrag #1Es hat schon seit einiger Zeit kein KKK mehr gegeben. Dabei schreibe ich in dieser Rubrik eigentlich gern; es fehlten nur die Aufhänger. Jetzt habe ich wieder einmal einen gefunden.
Es hat schon eine gewisse Ironie, wenn man so einen Artikel liest, während man gerade selbst schwer "prokrastiniert" und Wikipedia-Artikel über Seekriegsführung liest, statt sich dem holden Verwaltungsrecht zu widmen.
Übrigens mag die Vokabel "bummeln" die ältere und etabliertere sein, doch wird sie dem enormen Leidensdruck der Betroffenen, der fast schon Krankheitscharakter hat, nicht gerecht.
Hoffentlich erkennt's die WHO irgendwann an, dann habe ich schriftlich.
So glossiert, ermangelt es den Ausführungen zur Prokrastination natürlich an akademischer gravitas. Es handelt sich natürlich um ein Feld, das nicht nur lebenspraktisch, sondern auch theoretisch unterfüttert ist (wenn auch noch nicht in dem gewünschten Maß & mit einer bedauerlicher tendance zur mißverstehbaren Pathologisierung). Daß die neuzeitliche Rehabilitation mit Paul Lagarde beginnt, mag zur Verbuchung als Frivolität beigetragen haben. (Und natürlich der Spott aller Aufklärer: "Die Indianer nennen das höchste Wesen Pananad oder den Unbeweglichen weil sie selbst gerne faulenzen." Lichtenberg, Sudelbuch C273). Die moderne theoretische Grundlagenschrift ist Tom Hogkinson, "How to Be Idle" (2004), das periodische Vademecum The Idler; für hiesige Verhältnisse angeglichen von Kathrin Passig & Sascha Lobo, Dinge geregelt kriegen - ohne einen Funken Selbstdisziplin(Berlin 2008).
Zitat von ZRH wie Hiwi: Abkürzung für Hilfswissenschaftler, also Studenten, die parallel zu ihrem Studium an der Uni arbeiten.
Hab mich schon gefragt, warum der Hiwi noch nicht der deutschen Sprachreinigung zum Opfer gefallen ist. Immerhin sagt da ja sogar die Zeit sowas wie "Autobahn" oder "Stahlgewitter". Jetzt weiß ich's also - man hat die Abkürzung einfach intern umbenamst. Jetzt, wo die Hiwis also umgangssprachlich, quasi intern sprachgereinigt, zu Hilfswissenschaftlern geadelt wurden (so ähnlich wie der hausmeisternde Facilitymanager) müsste doch nun eigentlich eine benamungstechnische Erhöhung der echten Wissenschaftler erfolgen, oder? Das wäre ja überhaupt mal langsam an der Zeit, wenn man sich die allgemeine "Experten-", "Akademiker-" und Wissenschaftlerschwemme so vor Augen führt. Man hat ja manchmal das Gefühl als gebe es hierzulande fast nur noch Erleuchtete mit hohen und höchsten akademischen Weihen. Eine beispiellose Studierteninflation.
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Naja, bei uns war und ist "Hiwi" schon immer die saloppe Bezeichnung für "Studentische Hilfskräfte = SHK", egal ob sie an einem wissenschaftlichen Projekt teilnehmen oder eben einfach nur Regale auswischen müssen. Beschäftigung meist 5 Stunden pro Woche, guter Lohn, Urlaubsanspruch auf 2 Tage pro halbes Jahr, bezahlte Feiertage (also vorher in den Kalender schauen und sich für den richtigen Wochentag entscheiden), Lohnfortzahlung im Krankheitsfall (wird gern in Anspruch genommen) und bald kommt sicher noch eine warme Mahlzeit hinzu. Ich arbeite gerne mit ihnen zusammen und muß dies auch reichlich tun, aber effektiv ist die hohe Ausfallquote für einen einfachen Studentenjob nicht. Die SHKs in wissenschaftlichen Projekten werden sogar in offiziellen Schriftstücken zu Mitarbeitern aufgewertet, trotz dieser geringstfügigen Beschäftigung. Bei uns in der Bibliothek gab es zu DDR-Zeiten keine Studentenjobs, da mußte man bei Bedarf auf Schüler, meist Mitarbeiterkinder, im Ferienjob setzen.
Beste Grüße B.
---------------------------------------------------- Bibliotheken sind eine gefährliche Brutstätte des Geistes
Zum Artikel: Ich würde Bummeln nicht mit Prokrastination gleichsetzen. Die Entscheidung für ein Bummelstudium war doch eine mehr oder weniger bewusste Entscheidung (heute gibt es das ja in dieser Form nicht mehr). Ursprünglich bummelten (soweit ich es durch Lesen und Erzählungen erfahren habe) doch vor allem junge Männer, die eigentlich nicht den Weg einschlagen wollten, den ihre Väter vorgegeben hatten. Später wurde natürlich Gleichberechtigung hergestellt …
Prokrastination ist ein Verhaltensmuster, das man bei Menschen aller Altersgruppen und aller sozialen Schichten beobachten kann. Vermutlich gibt es Prokrastination, seit Menschen die Möglichkeit hatten, über einen Teil ihrer Zeit frei zu verfügen. Seit es Blogs gibt, findet man sehr viele Hinweise auf dieses Verhaltensmuster im Netz. Wenn man die Auswirkungen untersucht, kann vielleicht sogar positive und negative Prokrastination unterscheiden: So manche Sache mag besser werden, wenn man sie etwas länger durchdenkt und bearbeitet; allerdings ist sie obsolet, wenn der Auftraggeber die Geduld und das Interesse verliert.
Ich weiß nicht, ob ich es schon mal erzählt habe: Ich war an unserer TU lange Zeit Studentische Hilfskraft und manche Tätigkeiten haben mir bis heute (fast 20 Jahre später) sehr viel Nutzen gebracht. Man bekam immer einen Vertrag pro Semester und ich weiß noch, dass ich manchmal mehrere Verträge parallel hatte, was eigentlich offiziell nicht erwünscht war. Ich habe programmiert, Rechner eingerichtet, Mitarbeiter in Softwarenutzung eingewiesen und auch kleine Seminare in Numerischer Mathematik gehalten. Für die Vorbereitung und Durchführung der Seminare habe ich dank eines Schreibfehlers einer Angestellten einen Vertrag über Tudorentätigkeit bekommen und unterschrieben ;-)
Zitat von stefanolix im Beitrag #9Zum Artikel: Ich würde Bummeln nicht mit Prokrastination gleichsetzen. Die Entscheidung für ein Bummelstudium war doch eine mehr oder weniger bewusste Entscheidung (heute gibt es das ja in dieser Form nicht mehr). Ursprünglich bummelten (soweit ich es durch Lesen und Erzählungen erfahren habe) doch vor allem junge Männer, die eigentlich nicht den Weg einschlagen wollten, den ihre Väter vorgegeben hatten. Später wurde natürlich Gleichberechtigung hergestellt
Das gab es zwar auch, lieber Stefanolix. Aber die meisten "verbummelten Studenten" litten unter dem, was man heute Prokrastination nennt.
Auch "damals" - sagen wir in den sechziger Jahren, ab denen ich zur oral historiy beitragen kann - bestand die Studentenschaft ja nicht überwiegende aus Kindern reicher Leute. Ganz im Gegeneil. Die meisten haben gejobbt (ich habe zum Beispiel bei Ausgrabungen mitgeholfen, als Interviewer für die Marktforschung gearbeitet, aber auch mal Flugzettel verteilt usw.). Das war so, weil auch Familien aus dem Mittelstand im allgemeinen nicht genug verdienten, um ihren Kindern - zumal, wenn es mehrere waren - das Studium zu finanzieren. Sie verdienten aber so viel, daß man kein "Honnef" bekam; also mußte man jobben.
Ich kann mich an nur drei Kommilitoninnen "aus reichem Haus" erinnern. Alle drei waren schnell verheiratet und widmeten sich fortan Besserem als dem Studieren. Ansonsten waren diejenigen, mit denen ich Umgang hatte, alle in derselben finanziellen Lage wie ich. Viele waren allerdings beim Geldverdienen phantasievoller.
Und trotzdem gab es viele verbummelte Studenten. Gerade weil sie sich schlecht und recht selbst ernähren konnten, schoben sie die Prüfungen vor sich her.
Es gab damals in dem Uni-Städtchen tatsächlich noch die berühmten "stadtbekannten Originale". Den verbummelten Studenten, der in einem Gartenhaus lebte, Gedichte und Abhandlungen über irgendeine Maori-Kultur schrieb und sagenhafte Parties veranstaltete. Die verbummelte Studentin, die sich zur Künstlerin adelte und krass geschminkt in langen Gewändern herumlief. Der verbummelte Student, den man nur in der einen abgewetzten Leinenjacke kannte, der Jahr für Jahr dieselben Vorlesungen besuchte, die er immer wieder mitschrieb und der im vielleicht 30. oder 40. Semester von einer Hiwi-Tätigkeit lebte.
Er war Beisitzer bei immer denselben Prüfungen (damals ging das!) und hatte im Laufe der Jahre alle Fragen jedes Prüfers gelernt, unvermeidlicherweise. Natürlich durfte er nicht aus den Prüfungen plaudern, aber ein paar unvermeidliche Ratschläge gab er doch ... wenn man ihn zB. zum einen oder anderen Glas Wein einlud.
Zitat von Gansguoter im Beitrag #8Gerade wegen des Hintergrunds wurde an dem Lehrstuhl, wo ich ab 1994 gearbeitet habe, zunehmend nur noch von SHK und WHK gesprochen.
Interessant. Offenbar gab es also zwei Möglichkeiten - entweder vergaß man die Herkunft des Worts bzw. deutete dieses um, oder man verbannte es.
Amtsdeutsch korrekt sind es übrigens, glaube ich, StHK.
Da sich die Tätigkeit der "Hiwis" nicht nur auf LKW-Fahren beschränkte, sondern diese Hiwis auch aktiv an der Durchführung des Holocausts beteiligt waren, verbietet sich m.E. die Verwendung dieser Bezeichnung.
"Allein 3.000 bis 4.000 Hilfswillige wurden seinerzeit im Lager Trawniki für die SS ausgebildet. Dieses Ausbildungscamp der SS für „fremdvölkische Einheiten“ befand sich südlich von Lublin in Polen, wo auch ein Zwangsarbeitslager existierte. Die militärische Ausbildung dort dauerte zwei bis drei Monate. Viele der Rekrutierten – zu einem großen Teil Ukrainer, aber auch Letten oder Litauer – wurden dann als Bewachungspersonal in Vernichtungslagern wie Treblinka oder Sobibor eingesetzt, später ebenso in Auschwitz oder Stutthof. Ein Teil wurde ferner zur Bekämpfung von Partisanen oder zur Bewachung militärischer und wirtschaftlicher Objekte der SS abkommandiert."
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