In diesem Beitrag mache ich darauf aufmerksam, daß bestimmte Länder zeitweise ins Scheinwerferlicht der Medien geraten und dann wieder daraus verschwinden.
Obwohl viel über sie zu berichten wäre. Über Indonesien zum Beispiel, über Kambodscha.
ich nehme an, sie haben David Landes "Wohlstand und Armut der Nationen" gelernt und kennen seine Ansicht, warum die islamischen Länder rückständig sind. Machen wir ein einfaches Gedankenexperiment, versetzen wir uns in das Jahrhundert, in der der Islam entstand und lassen keinen Islam, sondern einen Kalvinismus wachsen. Wir hätten dann heute nicht 1 Mrd Moslem, sondern 1 Mrd Kalvinisten im Orient. Wäre die wirtschaftliche Entwicklung anders verlaufen? Wenn wirklich das Denken und die wirtschaftlichen Regeln und Strukturen entscheidend wäre, müßte der kalvinistische Orient nicht gegenüber dem Abendland zurückgeblieben sein. Dann wäre Innovationen der Dampfmaschine, der Eisenbahn und andere Innovationen auch im Orient miterfunden wurden. Ist das wahrscheinlich? Ich glaube nicht, das es wahrscheinlich ist. Die frühindustrielle Metallurgie hatte einen sehr hohen Energieverbrauch, der vor allem mit Holzkohle gedeckt wurde. Auch andere Industrien verbrauchten enorme Mengen Holz. Nicht nur der Holzbedarf, sondern auch der Wasserbedarf vieler früher Industrien war hoch. Waren ja alles noch offene Systeme. Ich denke, diese Randbedingungen haben auch das Denken der Menschen geprägt und indirekt die Grenzen vorgegeben, in denen sich der Islam entwickeln konnte. Nun vergleichen Sie mal Indonesien und Malaysia mit den Ursprungsländern des Islams.
Ich empfehle Ihnen zum Thema "Natur und Macht" von Joachim Radkau und "Die Dunklen Anfänge" von K.H.Ohlig (Hrsg.).
Herzlichst Libero
Nachtrag
Das ist zwar offtopic, paßt aber in den geographischen Raum und ist ja auch Teil des Islams.
Zitat von Liberoich nehme an, sie haben David Landes "Wohlstand und Armut der Nationen" gelernt und kennen seine Ansicht, warum die islamischen Länder rückständig sind.
Leider nein. Ich muß gestehen, daß ich noch nicht einmal den Namen des Autors kenne.
In Antwort auf:Wenn wirklich das Denken und die wirtschaftlichen Regeln und Strukturen entscheidend wäre, müßte der kalvinistische Orient nicht gegenüber dem Abendland zurückgeblieben sein.
Ich glaube nicht, daß diese Faktoren entscheidend sind, auch wenn sie gewiß eine Rolle gespielt haben. Ich bin auch nicht sicher, daß Max Weber das wirklich so gemeint hat, daß das Protestantentum ursächlich für den Aufstieg des Kapitalismus war.
Kurz zusammengefaßt:
Entscheidend war meines Erachtens zunächst die Renaissance, die einerseits auf das wissenschaftliche Denken der Antike zurückgriff und die andererseits den freien, selbstbewußten Menschen hervorbrachte - in Gestalt des Principe, aber eben auch in Gestalt des freien Kaufmanns, aus dem später der selbständige Unternehmer, der Kapitalist wurde.
Entscheidend war zweitens die Aufklärung, die zu einer wahren Explosion der Wissenschaften führte. Neben der naturwissenschaftlichen Neugier, wie sie sich in der Renaissance herausgebildet hatte, spielte dabei auch die strenge Schulung des Denkens eine Rolle, die der Scholastik zu verdanken ist.
Bis zum Ende des siebzehnten Jahrhunderts war unsere abendländische Kultur den anderen Hochkulturen - der chinesischen, der indischen, der islamisch-arabischen - in keiner Weise überlegen. Erst mit dieser Explosion der Wissenschaften, mit der durch sie ermöglichten Industrialisierung zogen wir den anderen davon.
In Antwort auf:Die frühindustrielle Metallurgie hatte einen sehr hohen Energieverbrauch, der vor allem mit Holzkohle gedeckt wurde. Auch andere Industrien verbrauchten enorme Mengen Holz. Nicht nur der Holzbedarf, sondern auch der Wasserbedarf vieler früher Industrien war hoch. Waren ja alles noch offene Systeme. Ich denke, diese Randbedingungen haben auch das Denken der Menschen geprägt und indirekt die Grenzen vorgegeben, in denen sich der Islam entwickeln konnte.
Interessanter Gedanke. Ich tendiere dazu, solche Entwicklungen mehr ideen- und kulturgeschichtlich zu sehen. Aber eigentlich nur, weil ich von der Geschichte der Ingenieurwissenschaften nichts weiß.
In Antwort auf:Ich tendiere dazu, solche Entwicklungen mehr ideen- und kulturgeschichtlich zu sehen.
die frühe Industrialisierung brachte Industrien mit hohem Energie- und Wasserverbrauch hervor. Der Energieverbrauch lag um den Faktor 10 höher als heute.
Das Freiberger Montangebiet nahe Dresden verbrauchte 60000 Festmeter Holz. Pro Jahr!!!!!.
Nennen Sie mir eine Gegend im Orient, die in einer Umgebung von 50 bis 100 km so einen Holzeinschlag zuliess, ohne die endgültige Entwaldung zu riskieren. Das hat natürlich auch Auswirkungen auf den Schiffsbau.
Bergbau bedeutet auch hohen Wasserverbrauch und Wasseranfall. Um das Wasser aus der Grube zu entfernen, braucht man ebenfalls Wasser, die die Pumpen antrieben. Die ausgedehnten Anlagen des Oberharzer Wasserregals sind immer zu bewundern.
Auch hinsichtlich des Wasserbedarfes finden sie wenig Gegenden im Orient, die für den Pumpenantrieb ausreichend und gleichmäßig Wasser anboten. Das wesentlich schwächere Flußnetz hatte natürlich auch Auswirkungen auf die Transportkosten.
Nachtrag
Die Holzknappheit in Mitteleuropa führte übrigens zu einer wesentlich früheren Erschließung der Steinkohlevorkommen, als man bisher annahm.
Das der Steinkohleabbau viel früher anzusetzen ist, war mir ja bekannt, aber das im Raum Lüttich bereits im frühen Mittelalter, also vor der Renaissance, Steinkohle abgebaut wurde, hat mich doch überrascht. Jetzt muß sich fragen, wieso es Jahrzehnte, wenn nicht Jahrhunderte des Stillstandes gab. Im Ruhrgebiet war die Pioniertat des Franz Haniel sicherlich nicht möglich. Dazu war der Wasseranfall viel zu groß. Nur mit Wasser betriebene Pumpen reichten nicht aus.
China hat wesentlich früher die ersten Erdgasvorkommen erschlossen. Übrigens auf der Suche nach Sole. Hat zwar eine Weile gedauert, bis sie das Erdgas im Griff hatten, aber dann haben sie es für das Eindicken der Sole verwendet.
Mein persönlicher Eindruck ist, daß die innovativen Menschen weder von der Renaissance noch von der Aufklärung sonderlich beeinflußt wurden. Das waren Praktiker wie Franz Haniel. Ich fürchte, die technologische Entwicklung folgte nicht der wissenschaftlichen Entwicklung.
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