zunächst einmal vielen Dank für das freundliche Willkommen. Ich bin gerne dabei! Westafrika ist in der Tat zerissen zwischen den Ethnien, die ihr Siedlungsgebiet über staatliche Grenzen hinaus haben, aber überraschender Weise fordern einige wenige Ethnien, wie z.B. die Tuareg auch wirklich Autonomie. Bekanntlich haben sie bereits mehrfach versucht, einen eigenen Staat zu bilden, wie z.B. 1990/1991 in Mali. Gaddafi, den ich persönlich in Mali getroffen habe, hat dies immer (gewaltsam aber heimlich) gefördert, nicht zuletzt deshalb, weil seine Mutter eine Tuareg aus Mali war, aber auch, um diese Länder instabil zu halten. Zwar leben auch andere Ethnien, wie z.B. die Peulh (franz. für Fulani)über ganz Westafrika verstreut, sind aber weitestgehend integriert in die jeweiligen Nationalstaaten und fordern auch keine Autonomie. Daneben gibt es viele Ethnien, die überwiegend in einem Land leben, wie z.B. die Serer im Senegal und dort Rechte einfordern. Aber auf`s Ganze betrachtet werden die nationalen Grenzen von der überwiegenden Mehrheit der Menschen in Westafrika akzeptiert. Warum also nicht von den Tuareg? Hier herrscht ein tiefer Konflikt, der in Europa kaum wahrgenommen wird. Es ist die Grenze zwischen dem "weißen" und dem "schwarzen" d.h. dem negroiden Afrika. Die schwarzen Afrikaner sind oft unterwürfig gegenüber den Tuareg, die als Weiße gelten. Diese wiederum verhalten sich immer noch wie die Herren, oft mit einem rassistischen Unterton in ihrer Art, mit Schwarzen zu reden. Die wirtschaftliche Entwicklung ist aber an der Tuareg vorbeigelaufen und sie konnten nicht am modernen Leben in den Städten partizipieren. Die Islamisten haben bei ihrem Vormarsch in Mali nicht zufällig dort Halt gemacht (Duentza), wo diese ethnische Grenze verläuft. Dieser Konflikt spielt eine große Rolle in Westafrika und überlagert teilweise auch den Konflikt mit den Islamisten.
Zitat von Diarra im Beitrag #2Es ist die Grenze zwischen dem "weißen" und dem "schwarzen" d.h. dem negroiden Afrika. Die schwarzen Afrikaner sind oft unterwürfig gegenüber den Tuareg, die als Weiße gelten. Diese wiederum verhalten sich immer noch wie die Herren, oft mit einem rassistischen Unterton in ihrer Art, mit Schwarzen zu reden.
Die Grenze zwischen ehemaligen Sklavenhändlern und Sklaven, oder? Vielen Dank für Ihre sehr interessanten Informationen!
Nicht alle Schwarzen waren Sklaven der Tuareg, sondern in erster Linie nur die Ethnie der Bella. Die Bella und die Tuareg sind über Jahrhunderte eine enge Symbiose eingegangen, so weit, dass die Tuareg sogar die Sprache ihrer Sklaven, das Tamaschek, übernommen haben. Erst vor etwa 20 Jahren hat der malische Staat diese Form der Sklaverei offiziell verboten (daher auch der Tuareg-Aufstand 1990/1991). Die Bella sind durch diese "Befreiung" bis heute bitterarm. In Mali lebt diese Volksgruppe am Rande der Dörfer in Strohhütten. Obwohl andere schwarze Volksgruppen in Westafrika keine solche Vergangenheit als Sklaven haben, fühlen sie sich oft trotzdem "klein" gegenüber den weißen Afrikanern und natürlich auch gegenüber den Weißen an sich. Das kann zu einem übersteigerten afrikanischen Nationalismus führen oder zu einem gewissen Fatalismus. Ich habe mit malischen Soldaten gesprochen, deren Kameraden von Islamisten getötet wurden und die trotzdem Hemmungen hatten, Islamisten anzugreifen, weil diese Algerier, also "Weiße" waren. Dieser innere Widerstand war neben der katatrophalen Ausrüstung der malischen Armee mit ein Hauptgrund dafür, dass die Tuareg-Rebellen und dann die ("weißen") Islamisten so ungestört vordringen konnten. In Algerien spielt dieser Ethnische Konflikt keine Rolle. Auch deshalb konnte hier das Militär schneller gegen die Geiselnehmer vorgehen.
Und nicht zu vergessen: Der Bürgerkrieg zwischen den immer noch regierenden Sozialisten und den Islamisten hat in den 90er Jahren über 100.000 Tote gefordert und wurde auf beiden Seiten mit entsetzlicher Brutalität geführt. Es gibt also nicht nur wie beschrieben die Motivation, einen neuen Konflikt dieser Art möglichst schon im Keim zu ersticken. Sondern die Algerier sind auch andere Maßstäbe gewöhnt als die Europäer, die den algerischen Konflikt immer weitgehend ignoriert haben (einige Dutzend palästinensische Opfer waren immer um Größenordnungen medienwirksamer als ein paar zehntausend algerische Tote). Will sagen: Für die algerischen Militärs war das eine kleine Kommandoaktion mit einer vernachlässigbar niedrigen Zahl von Opfern. Die werden die internationalen Kommentare dazu überhaupt nicht verstehen.
Ein Nebenaspekt würde mich brennend interessieren: Einer der Anführer der jetzt in Mali tätigen Islamisten soll den deutschen Behörden wohl bekannt sein. Kennengelernt habe man sich 2003, als in Algerien deutsche Touristen in der Sahara durch Salafisten entführt wurden. Iyad Ag Ghali war damals als Unterhändler zwischen den Salafisten und Deutschland tätig und überbrachte den Salafisten Lösegeld und Waffen. Ein mit mir befreundeter Ex-Beamter eines deutschen Ministeriums sagte mir, man habe damals schon gewusst, dass der ein "Falscher Fuffziger" sei. Man sei sich durchaus bewusst gewesen, dass er selbst für sich und seine eigene Agenda Geld gesammelt und dass Deutschland seine Dankbarkeit auch in Geld ausgedrückt habe. Ist es möglich, dass Deutschland hier einen Islamisten oder gar eine ganze Gruppe gesponsert und teilweise zur derzeitigen Situation beigetragen hat? Man erinnere sich auch an Geldflüsse an philippinische Islamisten, um deutsche Geiseln zu befreien. Die gleichen Islamisten waren danach wunderbar ausgestattet, um den Krieg gegen die Zentralregierung wieder aufzunehmen. Oder daran, dass Deutschland einer der größten Waffenlieferanten eines Saddam Hussein war. Inklusive Basisstoffe für chemische Waffen, die auch gegen Kurden eingesetzt wurden. Für mich zieht sich da leider ein Muster durch die letzten 20-30 Jahre: Deutschland ist eine Art Schutzgeldzahler. In der Hoffnung, selber nicht angegriffen zu werden. Und auch in der Hoffnung, dass möglichst die Amerikaner, Franzosen und Briten das Ganze regeln, wenn der Topf überläuft. Und natürlich auch in der Hoffnung, von der Seitenlinie aus eine kritische Haltung bewahren zu können - in der Befürchtung, dass auch unterlegene Islamisten gefährlich bleiben können. Man will es sich mit denen natürlich nicht ganz verderben...
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