In den letzten Monaten hat sich die Reichweite von ZR stark erhöht; die Leserschaft hat sich ungefähr verdoppelt. Ich schreibe deshalb jetzt häufiger kurze Artikel, in denen ich frühere Beiträge verlinke, die die meisten Leser wahrscheinlich nicht kennen.
Zu der unsäglichen Piratenpartei, die die Stirn hat, sich nach Verbrechern zu benennen, fällt mir nicht mehr ein als das das hier Verlinkte.
Lieber Zettel, es gibt bei den Piraten so viel mit Substanz zu kritisieren. Da halte ich es nicht nur für inhaltlich schräg, sondern vor allem für völlig überflüssig, immer noch das "benennen sich nach Verbrechern" hervorzuheben. Man muß ihnen bei all ihrer Inkompetenz doch zugute halten, daß sie diese Benennung keinesfalls gewählt haben, um sich mit Verbrechen zu identifizieren.
Man macht doch auch den kleinen Buben keinen Vorwurf, wenn sie sich zu Fasching als Pirat verkleiden.
Zitat von R.A. im Beitrag #2Lieber Zettel, es gibt bei den Piraten so viel mit Substanz zu kritisieren. Da halte ich es nicht nur für inhaltlich schräg, sondern vor allem für völlig überflüssig, immer noch das "benennen sich nach Verbrechern" hervorzuheben. Man muß ihnen bei all ihrer Inkompetenz doch zugute halten, daß sie diese Benennung keinesfalls gewählt haben, um sich mit Verbrechen zu identifizieren.
Man macht doch auch den kleinen Buben keinen Vorwurf, wenn sie sich zu Fasching als Pirat verkleiden.
In der Tat ist es doch die Übernahme einer Fremdbezeichnung die die Verwerterindustrie.
“Being right too soon is socially unacceptable.” ― Robert A. Heinlein
"Considering the exclusive right to invention as given not of natural right, but for the benefit of society, I know well the difficulty of drawing a line between the things which are worth to the public the embarrassment of an exclusive patent, and those which are not." -Thomas Jefferson Quelle: The Public Domain, p. 21, http://www.thepublicdomain.org/download/
Es kommt mir so vor, als könnte ich eine gewisse Genugtuung bei Zettels Kommentaren heraushören, dass die Piratenpartei auf dem absteigenden Ast ist. Diese Genugtuung kann ich so gar nicht teilen. Bei einer neuen Partei sind Richtungs-, Meinungs-, Personal- und Flügelkämpfe eigentlich etwas normales. Bei den Grünen war das anfangs auch nicht anders. Ich fände es schade, wenn diese Partei wieder verschwände, weil sie nicht rechtzeitig genug eine gemeinsame Organisationsform gefunden hat. Ich habe diese Bedenken, nicht weil ich diese Partei so toll fände, sondern weil ich sehe, dass deren Wähler doch irgendwo hin müssen. Ich habe das Gefühl, dass es da ein Loch gibt, dass von keiner alten Partei mehr ausgefüllt wird. Dieses Gefühl nährt sich aus: dem plötzlichen Aufstieg (und Fall) der Piratenpartei, dem Wahlerfolg (und dem darauf tiefen folgenden Fall) der FDP bei der letzten Bundestagswahl, der Tatsache, dass die großen Parteien kontinuierlich Wähler verlieren, der Tatsache, dass die Grünen DIE Partei der Besserverdienenden geworden ist, der stetig wachsenden Zahl der Nichtwähler. Die Piratenpartei war als Ein-Thema-Partei angetreten und hat es nach dem anfänglichen Erfolg nicht geschafft, sich gut genug zu organisieren, um dieses Wählerloch auszufüllen. Andere Parteien sind besser organisiert. Mir gefällt der Gedanke nicht, dass etwa die NPD in dieses Loch vorstoßen könnte. Mit einer vernünftigen Spitze, etwa einer Frontfrau wie Marine LePen, würden die doch locker 10% der Stimmen einfangen. Könnten die es schaffen, der Vergangenheit abzuschwören, um zu neuen rechten Ufern aufzubrechen, würde ich denen auch locker 20% geben. Deshalb finde ich den Misserfolg der Piratenpartei bedauerlich.
In der Geschichte der Piraterie in der Weltgeschichte nimmt diese Partei eine wirklich klägliche Rolle ein. Neben Menschenhandel und Gewalt war Piraterie überraschend oft auch Träger von - frühdemokratischen Gesellschafts-Modellen und eben nicht von archaische Kommando-und-Kontrollstrukturen wie man annehmen könnte - Konfessions-Freiheit - Unterlaufen staatlicher Handelsmonopole - realer Fluchtpunkt entlaufener Sklaven Die Entstehung des liberalen britischen Weltreichs ist ohne den starken Rückgriff auf Piraterie zwischen 1600 und ca. 1720 undenkbar. In dieser Zeit spielte sie auch eine wichtige Rolle für die zunehmende Autonomisierung der nordamerikanischen Kolonien bis zur Revolution.
Die Partei erscheint mir vor diesem Hintergrund wie eine Bande vor sich hin ideologisierender, undisziplinierter, sozial verwahrloster, hedonistischer und verantwortungsloser, ewig-kind-gebliebener Jung-Erwachsener. Werd in meinem Leben nicht mehr die Grünen wählen, aber gerade im Vergleich zu den Piraten zeigt sich die bemerkenswerte Leistung des Realo-Flügels, jene Partei als festen Bestandteil des etablierten politischen Angebots unserer letzten Endes vergleichsweise erfolgreichen Gesellschaft zu verankern.
Zitat von juka im Beitrag #5Es kommt mir so vor, als könnte ich eine gewisse Genugtuung bei Zettels Kommentaren heraushören, dass die Piratenpartei auf dem absteigenden Ast ist.
Absolut. Weil ich ab 1967 erlebt habe, wohin diese Ideen von Transparenz und Basisdemokratie führen.
Ich habe, liebe(r) juka, damals im "Institutsrat" an einer Uni gesessen und an einer "Institutssatzung" mitgearbeitet. Ich habe das alles ja auch einmal für machbar gehalten. Es ist es nicht.
Aber offenbar muß jede Generation wieder dieselben Erfahrungen machen.
Zitat von jukaIch fände es schade, wenn diese Partei wieder verschwände, weil sie nicht rechtzeitig genug eine gemeinsame Organisationsform gefunden hat.
Ich fände es schade, wenn diese Partei wieder verschwände, bevor sie nicht zu einer Zersplitterung des linken Lagers bis zur Bundestagswahl beigetragen hat. Denn genau da gehört sie mMn hin, ins linke Lager.
Zitat Ich habe diese Bedenken, nicht weil ich diese Partei so toll fände, sondern weil ich sehe, dass deren Wähler doch irgendwo hin müssen.
Wie gesagt, es gibt genug linke Parteien, da können sie hin/bleiben.
Aus meiner Sicht war der Aufstieg der Piraten zu einem erheblichen Teil ein medialer Effekt. Sie hatten praktisch keine Substanz, nicht mal ein Grundsatzprogramm, aber wußten die richtigen, positiv konnotierten, Begriffe durch Weisbandsche Attraktivität zu besetzen: Basisdemokratie, Teilhabe, Freiheit, Transparenz, freies Netz, Datenschutz, starker Staat bis hin zum bedingungslosen Grundeinkommen. All diese Begriffe blieben letztlich hohle Phrasen, bis heute. Diese Schlüsselbegriffe reichten aber aus, um einen medialen Hype zu entfachen, auf dessen Welle sie eine Zeitlang schwimmen konnten, bis auch Zeit online gemerkt hat, daß da sonst nix mehr kommt, außer Personalquerelen. Diese Partei hat keine Substanz, hatte sie nie.
Interessant scheint mir, daß es jetzt umgekehrt keineswegs die Medien sind, die die Piraten "zerlegen", das tun sie tatsächlich selbst, dafür um so gründlicher. Herzlichen Gruß, Andreas Döding
Zitat von juka im Beitrag #5Bei einer neuen Partei sind Richtungs-, Meinungs-, Personal- und Flügelkämpfe eigentlich etwas normales.
Schon richtig. Es sind auch nicht diese Auseinandersetzungen selber, die das Problem sind (obwohl viele oberflächliche Journalisten sich daran aufhängen). Es ist die fehlende inhaltliche Substanz bei diesen Streitigkeiten.
Zitat Bei den Grünen war das anfangs auch nicht anders.
Natürlich. Da fragt sich nur: Warum können die Piraten nicht einmal kurz nachlesen, wie das damals bei den Grünen gelaufen ist. Dann müßten sie nicht jeden dämlichen Fehler noch einmal machen.
Zitat Ich fände es schade, wenn diese Partei wieder verschwände, weil sie nicht rechtzeitig genug eine gemeinsame Organisationsform gefunden hat.
Sie wird nicht an ihren Organisationsmängeln scheitern. Sondern daran, daß sie eigentlich keinen Inhalt hat, der eine Partei tragen könnte. Es gab da anfangs einige berechtigte Anliegen (alle mit Internet-Bezug), die für eine politische Initiative ausreichten (und die hätten die Piraten besser mal in die existierenden Parteien getragen). Für eine Parteigründung haben diese Themen nie ausgereicht. Dann kamen diese naiven Ideen über neuen Politikstil dazu. Die eigentlich nur auf kompletter Unwissenheit beruhten und auch nicht tragen konnten.
Und ansonsten haben die Piraten dann recht konfus irgendwelche rot/grünen Ideen abgekupfert, um ein vollständiges Programm zusammen zu bekommen. Daraus läßt sich aber keine Existenz aufbauen, es gibt ja schon Rote und Grüne.
Zitat sondern weil ich sehe, dass deren Wähler doch irgendwo hin müssen.
Ein Teil ihrer Wähler gehört zur FDP, ein anderer Teil zu irgendwelchen Linksparteien. Und ein Teil sollte besser wieder beim Nichtwählen bleiben, weil sie keinerlei politischen Durchblick haben und ein Wahlergebnis nie verbessern werden ...
Zitat Ich habe das Gefühl, dass es da ein Loch gibt, dass von keiner alten Partei mehr ausgefüllt wird.
Es gibt so ein Loch im konservativen Spektrum (wo auch die meisten Protest-Nichtwähler sitzen). Ihr Hinweis mit Marine LePen paßt da durchaus. Aber mit diesem Spektrum haben nun die Piraten überhaupt nichts zu tun, sie können und wollen das nicht ansprechen.
Zitat von Doeding im Beitrag #8Ich fände es schade, wenn diese Partei wieder verschwände, bevor sich nicht zu einer Zersplitterung des linken Lagers bis zur Bundestagswahl beigetragen hat.
Sehr richtig. Die Selbstdemontage der Piraten geht eigentlich zu schnell. Ein Prozent mehr für die Piraten bei der Niedersachsenwahl und der Regierungswechsel dort wäre uns erspart geblieben.
Zitat von Doeding im Beitrag #8 Interessant scheint mir, daß es jetzt umgekehrt keineswegs die Medien sind, die die Piraten "zerlegen", das tun sie tatsächlich selbst, dafür um so gründlicher.
Oh doch, das sind schon auch die Medien. Die Piraten wurden von den Medien erst gehypt - und jetzt werden sie runtergeschrieben. Die Partei hat zur Zeit eine negative Presse, fast so schlimm wie die FDP.
Ich sehe dafür 3 Gründe:
Erstens einen honorigen Grund: Die Medien erkennen langsam, dass die Piraten keinerlei Substanz haben und sind vielleicht sogar ehrlich erschrocken darüber, welchen Kinderzirkus sie da in einige Landesparlamente geschrieben haben. Dies wird nun durch korrekte kritische Berichterstattung korrigiert.
Dann einen taktischen: Zumindest die linksgestrickten Journalisten (also fast alle) haben erkannt, dass die Piratenpartei eindeutig nicht im rot-grünen Interesse liegt. Dafür ist diese Partei einfach viel zu weit von der Regierungsfähigkeit entfernt. Es wäre ja tragisch, wenn man als taz-Redakteur die Piraten pusht - nur um am Ende eine große Koalition unter Merkel zu bekommen.
Und drittens nacktes Eigeninteresse: Die wirtschaftliche Basis eines Journalisten ist letzten Endes der Schutz von geistigem Eigentum. Würden sich die Piraten mit ihren Forderungen durchsetzen, würde das die Medien massiv schädigen - und damit letzlich auch jeden einzelnen Journalisten.
Zitat von FlorianOh doch, das sind schon auch die Medien. Die Piraten wurden von den Medien erst gehypt - und jetzt werden sie runtergeschrieben. Die Partei hat zur Zeit eine negative Presse, fast so schlimm wie die FDP.
Allerdings scheint mir der Vergleich mit der Presse der FDP doch überzogen. Gegen die FDP wird seit Jahren politisch agitiert, Unwahrheiten verbreitet usw.; die Brüderledebatte war da des beste/übelste Beispiel.
Bei der Berichterstattung über die Piraten erlebe ich eher ein kopfschüttelndes Unverständnis auf seiten vieler Medien. Ansonsten wird viel aus der internen Kommunikation zwischen Piraten, oft wörtlich zitiert, berichtet, die dann allerdings für sich selber spricht.
Zitat von Florian im Beitrag #11Die Partei hat zur Zeit eine negative Presse, fast so schlimm wie die FDP.
Da ist wohl noch ein ziemlicher Abstand. Denn bei den Piraten reicht es letztlich, einfach nur die Vorgänge dort zu beschreiben. Bei ihrer Anti-FDP-Kampagne arbeiten die Medien deutlich härter.
Zitat Die Medien erkennen langsam, dass die Piraten keinerlei Substanz haben ...
Was nun sehr gegen die Kompetenz der Journalisten sprechen würde, es so spät und langsam zu merken ...
Zitat und sind vielleicht sogar ehrlich erschrocken darüber, welchen Kinderzirkus sie da in einige Landesparlamente geschrieben haben.
Hmmm, für ein solches Erschrecken habe ich bisher keine Anhaltspunkte gefunden. Da wären ein paar Belegstellen nützlich.
Zitat Zumindest die linksgestrickten Journalisten (also fast alle) haben erkannt, dass die Piratenpartei eindeutig nicht im rot-grünen Interesse liegt.
Richtig. Anfangs erschienen die Piraten als ein weiterer Bündnispartner für linke Regierungsmehrheiten. Aber sobald die Umfragewerte unter 5% fielen, sind sie nur noch lästige Konkurrenz. Und fast zeitgleich kam der Gegenwind in den Medien.
Zitat Die wirtschaftliche Basis eines Journalisten ist letzten Endes der Schutz von geistigem Eigentum.
Nicht wirklich. Journalisten leben weitgehend von der Tagesaktualität, und die ist durch illegales Kopieren eher wenig gefährdet. Auch der zeitliche Ablauf spricht gegen diese These: Gerade am Anfang beschränkte sich die Piraten-Programmatik ja fast nur aufs freie Kopieren. Und genau zu dieser Zeit war die Medienunterstützung für sie am stärksten.
Zitat von Zettel im Beitrag #1In den letzten Monaten hat sich die Reichweite von ZR stark erhöht; die Leserschaft hat sich ungefähr verdoppelt. Ich schreibe deshalb jetzt häufiger kurze Artikel, in denen ich frühere Beiträge verlinke, die die meisten Leser wahrscheinlich nicht kennen.
Zu der unsäglichen Piratenpartei, die die Stirn hat, sich nach Verbrechern zu benennen, fällt mir nicht mehr ein als das das hier Verlinkte.
Lieber Zettel,
Sie sollten bedenken, dass ein Teil der neu hinzugewonnenen Leserschaft aus einem durch die Piratenpartei politisierten Umfeld stammt.
Wie einst die Grünen, so hat auch die Piratenpartei durchaus einige richtige Fragen gestellt (zumindest vor der mehr oder weniger feindlichen Übernahme durch linke Spinner und BGEler), insbesondere was die ursprünglichen Kernthemen anging (mit der nenneswerten Ausnahme der faulen Frucht gebührenfreies Studium).
Meine nachhaltige Konvertierung zum Liberalismus fand übrigens auch über die Piratenpartei statt (Piratenpartei --> EF --> Ron Paul (kannte ich bis dato nur vom Hörensagen --> Hazlitt/Mises/Murphy/Hayek --> Schäffler --> FDP --> Zettels Raum).
Tatsächlich handelt es sich bei den Piraten (indirekt und unbeabsichtigt) wohl um die erfolgreichste Vorfeld- bzw. Rekruierungsorganisation des deutschen Liberalismus seit mehreren Jahrzehnten.
Zitat von Frankenstein im Beitrag #14Sie sollten bedenken, dass ein Teil der neu hinzugewonnenen Leserschaft aus einem durch die Piratenpartei politisierten Umfeld stammt.
Das weiß ich nicht, lieber Frankenstein. Soweit ich das analyieren kann, waren das Interview in der "Welt" und Artikel ausschlaggebend, die bei Google ganz vorn lagen.
Zitat von Frankenstein im Beitrag #14Meine nachhaltige Konvertierung zum Liberalismus fand übrigens auch über die Piratenpartei statt (Piratenpartei --> EF --> Ron Paul (kannte ich bis dato nur vom Hörensagen --> Hazlitt/Mises/Murphy/Hayek --> Schäffler --> FDP --> Zettels Raum).
Interessant ist es ja, lieber Frankenstein, daß solche Konvertierungen fast nie in Richtung links gehen.
Wie das bei mir war, habe ich ja oft beschrieben: Ich war immer für die Freiheit, habe aber eine zeitlang die SPD als die Partei der Freiheit gesehen, die Partei von Leuten wie Ernst Reuter und Heinz Kühn.
Ich habe mich auch bis 1990 in Bezug auf die DDR völlig geirrt; ich hatte in keiner Weise das Wesen dieses Sytems erkannt.
Ich vermute, daß es hier im Forum nicht wenige gibt, die einmal dem SED-Regime nahegestanden haben. Ich respektiere jeden, der seine Meinung geändert hat. Aber mein größter Respekt gilt Erling Plaethe.
Zitat von Frankenstein im Beitrag #14Meine nachhaltige Konvertierung zum Liberalismus fand übrigens auch über die Piratenpartei statt (Piratenpartei --> EF --> Ron Paul (kannte ich bis dato nur vom Hörensagen --> Hazlitt/Mises/Murphy/Hayek --> Schäffler --> FDP --> Zettels Raum).
Interessant ist es ja, lieber Frankenstein, daß solche Konvertierungen fast nie in Richtung links gehen.
Dazu das passende Zitat aus dem Vorwahlkampf der Republikaner:
"There is no such thing as a former Ron Paul supporter."
Zitat von Zettel im Beitrag #16Ich habe mich auch bis 1990 in Bezug auf die DDR völlig geirrt; ich hatte in keiner Weise das Wesen dieses Sytems erkannt.
Meine Vorstellungen von der DDR, lieber Zettel, waren mehr oder weniger korrekt, ich beabsichtigte sogar, dorthin auszuwandern (da ich der Illusion der Machbarkeit einer rational durchplanbaren Gesellschaft erlegen war), bedauerlicherweise verliess ich nämlich die Schule - typisch BRD-Bildungssystem - als ökonomischer Analphabet.
Die Hysterie bei der Wiedervereinigung schien mir unabhängig meiner politischen Überzeugung wie aus einem schlechten Hollywood-Film (e. g. Independence Day), das sehe ich eigentlich auch heute noch so, wo ich der DDR keine Träne mehr nachweine.
Zitat von Frankenstein im Beitrag #17Meine Vorstellungen von der DDR, lieber Zettel, waren mehr oder weniger korrekt, ich beabsichtigte sogar, dorthin auszuwandern (da ich der Illusion der Machbarkeit einer rational durchplanbaren Gesellschaft erlegen war)
Das ist der Punkt.
Viele Intellektuelle fasziniert der Sozialismus, weil er ihnen vernünftig erscheint.
Alles durchdacht und geregelt, statt der Anarchie des Marktes. Die Klügsten an der Macht, statt die mit den Ellenbogen. Alles geplant, also rational.
Das sind diese Wahnvorstellungen. Es ist eben wie bei Savonarola.
Zitat von Frankenstein im Beitrag #14Sie sollten bedenken, dass ein Teil der neu hinzugewonnenen Leserschaft aus einem durch die Piratenpartei politisierten Umfeld stammt.
Das weiß ich nicht, lieber Frankenstein. Soweit ich das analyieren kann, waren das Interview in der "Welt" und Artikel ausschlaggebend, die bei Google ganz vorn lagen.
Herzlich, Zettel
Das eine schliesst das andere nicht aus, werter Zettel.
Ich weiss selber nicht mehr genau, wie ich konkret zu diesem Forum gefunden habe (Google oder das FDP-Forum?), die entscheidende Initialzündung für meine Annäherung an den Liberalismus war jedoch meine Mitgliedschaft bei den Piraten und Beiträgen/Links aus derem Forum, und da bin ich beileibe kein Einzelfall.
Zitat von Frankenstein im Beitrag #19 ... die entscheidende Initialzündung für meine Annäherung an den Liberalismus war jedoch meine Mitgliedschaft bei den Piraten und Beiträgen/Links aus derem Forum, und da bin ich beileibe kein Einzelfall.
Das wußte ich nicht, und es freut mich. Denn ich habe ja meine Meinung zu dieser Partei immer wieder geäußert.
Aber lassen Sie mich noch etwas in der Abteilung "Bedeutend Allgemeines" sagen:
Diese Utopien durchziehen die Geistesgschichte. Platon hat sich die perfekte Gesellschaft ausgedacht; und das geht dann bis Marx und Skinner. Man hat immer übersehen, wie erfolgreiche Systeme entstehen: Nicht durch design, sondern durch trial and error.
Eins muss man den Piraten lassen - sie zerlegen sich selbst so schonungslos, dass ihr Ende keine Kampagne erfordern wird.
Christopher Lauer, Fraktionschef der Berliner Piraten, im SPIEGEL von heute (S. 28):
Zitat Ich versuche es mal mit einem Vergleich: Wir sind eine Mannschaft von Volleyballern und spielen auch ganz gut Volleyball. Das Spiel heißt aber Fußball und hat seine eigenen, erprobten Regeln. Jetzt können wir natürlich hingehen und sagen: Leute, ihr spielt alle seit Jahren in der ersten Liga Fußball. Wir sind aber eine Volleyballmannschaft, die aus irgendeinem absurden Grund aus der zweiten Volleyballliga in die erste Fußballbundesliga gekommen ist. Können wir jetzt alle Volleyball spielen? - Dann sagen die Fußballer natürlich: Habt ihr einen an der Waffel?
Zitat von Frankenstein im Beitrag #14Meine nachhaltige Konvertierung zum Liberalismus fand übrigens auch über die Piratenpartei statt (Piratenpartei --> EF --> Ron Paul (kannte ich bis dato nur vom Hörensagen --> Hazlitt/Mises/Murphy/Hayek --> Schäffler --> FDP --> Zettels Raum).
Tatsächlich handelt es sich bei den Piraten (indirekt und unbeabsichtigt) wohl um die erfolgreichste Vorfeld- bzw. Rekruierungsorganisation des deutschen Liberalismus seit mehreren Jahrzehnten.
Das schätze ich, aus verschiedenen Gründen, auch so ein. Wer als junger Mensch was von "den Liberalen" hört, denkt unwillkürlich an die medial verspottete FDP-Apotheker-Umfaller-Fähnchenindenwindhaltepartei. An eine verschnarchte gelbe Systempartei. Dass Liberalismus ein verdammt spannendes und unverbohrtes Politikfeld fernab der herkömmlichen Klientelfischerei darstellt, muss man erstmal für sich selbst rausfinden. Ich denke auch, dass die PP viele Leute dazu gebracht hat auch mal selbst nachzudenken. Und dann findet man halt gerade in der liberalen Blogosphäre jede Menge wirklich interessante und intelligente Leute und Meinungen. (Einschub: durchaus auch viele mit FDP-Hintergrund)
Mich würde mal interessieren, für wie hoch sie als Insider den Anteil derer einschätzen, die den Weg der PP in den linksgrünen Tümpel nicht mitgehen woll(t)en und in Richtung Freiheitsverteidigung abgebogen sind. Können sie da eine in etwa Hausnummer angeben?
Beste Grüße, Calimero
------------------------------------------------------- Die öffentliche Meinung ist eine Waschmaschine, in der die privaten Meinungen gereinigt werden - Political Correctness ist der Schleudergang. - Norbert Bolz
Zitat von Frankenstein im Beitrag #14 Wie einst die Grünen, so hat auch die Piratenpartei durchaus einige richtige Fragen gestellt (zumindest vor der mehr oder weniger feindlichen Übernahme durch linke Spinner und BGEler), insbesondere was die ursprünglichen Kernthemen anging (mit der nenneswerten Ausnahme der faulen Frucht gebührenfreies Studium).
Ja, sicher, das bestimmte Fragen nicht von den etablierten Parteien ernst genommen wurden, das hat die Piratenpartei aufgedeckt. Das war es auch. Für GrünRotes-Einheitsgewäsch braucht man keine weitere Partei.
Im übrigen danke für die Trennung von "linken Spinnern" und "BGElern"
“Being right too soon is socially unacceptable.” ― Robert A. Heinlein
"Considering the exclusive right to invention as given not of natural right, but for the benefit of society, I know well the difficulty of drawing a line between the things which are worth to the public the embarrassment of an exclusive patent, and those which are not." -Thomas Jefferson Quelle: The Public Domain, p. 21, http://www.thepublicdomain.org/download/
Zitat Wir sind eine Mannschaft von Volleyballern und spielen auch ganz gut Volleyball. Das Spiel heißt aber Fußball und hat seine eigenen, erprobten Regeln.
Niedlicher Vergleich. Nur daß ich etwas am Zweifeln bin, welches Volleyball die Piraten gut spielen ...
Zitat von Zettel im Beitrag #1 Zu der unsäglichen Piratenpartei, die die Stirn hat, sich nach Verbrechern zu benennen, fällt mir nicht mehr ein als das das hier Verlinkte.
Wenn schon die Benennung Grund zur Abwertung ist, dann muss man den Eindruck bekommen das das Problem ein bischen tiefer geht als nur ein inhaltliches Ablehnen der Position oder die Anmerkung der Unprofessionalität mit der die Piraten derzeit agieren. Wenn im Karneval jemand davon singt dass er (oder eher sie) ne "Räuber" ist, dann ist damit auch keine Assoziation beabsichtigt jemandem mit Waffengewalt seines Eigentums zu entledigen.
Mir tuts leid dass die Piraten jetzt so und auf diese Weise untergehen (no pun intended). Denn ich glaube die Piraten haben sehr gut auf etwas aufmerksam gemacht was allzu deutlich in der deutschen Politik untergeht: Die jüngere Generation, vor allem die digitale, kann sich mit der bundesdeutschen Politik nicht identifizieren. Sie kann sich mit der Gesellschaftsordnung nicht durchgehend identifizieren und sie stellt eben vieles grundsätzlich in Frage. Nun ist es ein Vorrecht der Jugend zu rebellieren, wer das in seiner Jugend nicht tut, der käme zumindest mir recht merkwürdig vor. Nur ist es eben so das diese Nicht-Identifikation bei vielen erhalten bleibt. Die Piraten legen die Finger in eine doch zunehmend wachsende Wunde unserer Konsensrepublik. Und wenn Zettel mit seiner ... zumindest von mir als eher furios emfundenen Art so gegen die Piraten wettert, dann habe ich zumindest den Eindruck dass sich da auch ein Generationskonflikt zeigt. Die Piraten stellen (im Unterschied zu den heutigen (!) Grünen) viele Dinge generell in Frage. Nun muss man sachlich nicht der Meinung sein (im Gegenteil, jeder etwas erfaherenere Mensch wird das meiste eher absurd bis katastrophal bewerten), aber die Art wie die Piraten bekämpft werden erscheint mir nicht allzu sachorientiert zu sein, wenn man sich an einem klar satirisch gemeinten Namen reibt.
Ich glaube das die BRD ein zunehmendes Defizit im Vertrauen in den Staat aufbaut. Und die Erfolge der SED, wie dann der NPD/DVU und jetzt der Piraten sind auch eine klare Folge davon. Und das Loch wird grösser. Nun habe ich keine Angst vor Extemisten, denn selbst 20% Deppen, die in Parlamenten sitzen, bleiben ein Haufen isolierter Deppen, nur, wenn die eigentlich demokratische Basis der BRD erodiert, dann ist das Problem doch ein größeres.
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