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ZETTELS KLEINES ZIMMER

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Dieses Thema hat 15 Antworten
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Frank2000 Offline




Beiträge: 3.424

11.06.2014 12:43
Das Moralapostelnarrativ hat das BVerfG erreicht Antworten

Ich wundere mich, dass noch niemand das Urteil des BVerfG zur Spinner-Klage aufgeriffen hat:
http://www.welt.de/politik/deutschland/a...instrument.html
(Sucht mal jemand die Begründung auf der Seite des BVerG heraus?)

Für mich hat damit die Politisierung der Justiz das höchste Gericht erreicht, denn die Zitate aus der Urteilsbegründung sind erschreckend. Da wird einfach mal unterstellt, die Demonstranten gegen ein Asylbewerberheim wären "Antidemokratisch" - auf welcher Basis erlaubt sich das BVerfG ein solches Urteil? Ich habe nichts davon gelesen, dass die Bezeichnung "Spinner" für Leute reserviert worden sei, die den Boden des Grundgesetzes verlassen hätten und deshalb verurteilt worden wären. Noch krasser die Begründung, Spinner wäre ja auch für Leute zulässig, die "nationalistisch" argumentieren würden. Ohne das jetzt im Focus stehen lassen sei nur erinnert, dass Gauck ja auch bei der AfD mit dem Begriff der "populistischen Partei" Stellung bezogen hatte. Aber ich will hier ausdrücklich NICHT über die AfD reden, sondern über das BVerfG und seine Urteilsbegründung.

So weit ich das erkennen kann zieht das BVerfG folgende Grenze: Gauck darf nicht ausdrücklich FÜR eine Partei werben; aber darf sehr wohl GEGEN eine zugelassene Partei sprechen. Im Grunde ist das die gleiche Argumentation die auch schon bei der Politisierung der Gewerkschaften verwendet wurde: die werben ja auch nicht ausdrücklich für eine Partei; sondern sie stellen einen Fragenkatalog auf, der auf wundersame Weise immer zufällig auf die SPD passt. Ein Schelm wer Arges denkt.

Zurück zum Urteil des BVerfG. Die ganze Sache wird ja deswegen so skandalös, weil der Bundespräsident ausdrücklich NICHT die Pflicht hat, so das Urteil, alle Parteien gleich zu behandeln. Wie er auf gesellschaftliche Fragen eingehe und diese mit Worten ausgestalte, sei seine persönliche Entscheidung. Danach wäre es auch OK, wenn im nächsten Wahlkampf Gauck davon spricht, dass man den "Bonzen" und "Miethaien" ihre "Grenzen aufzeigen müsse" und "alle dazu aufgefordert seien". Oder wir werden demnächst eine Rede hören, dass den "Rechtspopulisten" die Grenzen aufzuzeigen seien. Oder den "Globalisierungskapitalisten", den "Klimaleugnern" und so weiter.

Ich bin tieftraurig; aber diese Entwicklung war zu erwarten. Natürlich hat es mehrere Jahrzehnte gedauert, bis die Linken auf ihrem Marsch durch die Institutionen auch diese letzte Verteidungslinie des freiheitlich-demokratischen Rechtsstaats durchbrochen hatten. Aber auf der anderen Seite ist völlig offensichtlich, dass diese Politisierung des BVerfG von der aktuellen Mehrheit der Wähler begrüßt wird.

nachdenken_schmerzt_nicht Offline




Beiträge: 2.007

11.06.2014 14:26
#2 RE: Das Moralapostelnarrativ hat das BVerfG erreicht Antworten

Ich hatte auch überlegt hier etwas zu schreiben, als ich von dem Urteil las. Habe es dann aber bleiben lassen, weil dieses Urteil in der allgemeinen Wahrnehmung so selbstverständlich ist, dass es mir nicht lohnend erschien, etwas dazu zu sagen.

Was mich erschreckt ist, mit welcher Selbstverständlichkeit sich angemaßt wird den Ausfluß des eigenen moralischen Urteils, über allgemein akzeptierte Umgangsformen zu stellen. Das fängt schon bei Herrn Gauck an, nicht erst beim BVG.

Letztendlich ist das für mich auch die bittere Ironie:
Der schlimme Wesenskern nationalsozialistischen Gedankenguts (und jeder Ideologie) ist der Absolutheitsanspruch der eigenen Moral. Wenn man nun für sich in Anspruch nimmt, andere öffentlich als Spinner bezeichnen zu dürfen, gibt man damit ebenfalls den Absolutheitsanspruch seiner eigenen Moral zu Protokoll und im Grunde ist das dann auch nichts anderes als eine private, kleine Ideologie…


… welche im vorliegenden Fall von unserer gesamten Gesellschaft geteilt wird, weil sie ja diesmal im Dienst der guten Sache steht. Aber warum schreibe ich „diesmal“? Ideologien stehen ja immer im Dienst der guten Sache - aus Sicht ihrer Anhänger.

Herzlich


nachdenken_schmerzt_nicht

"Dort, wo es keine sichtbaren Konflikte gibt, gibt es auch keine Freiheit." - Montesquieu

Uwe Richard Offline



Beiträge: 1.254

11.06.2014 14:49
#3 RE: Das Moralapostelnarrativ hat das BVerfG erreicht Antworten

Lieber N_S_N und Frank,

geht es nicht 'ne Nummer kleiner.

Warum soll sich denn der Bundespräsident nicht frei äußern dürfen? Warum soll er, wenn er die Anhänger der NPD, oder wen auch immer, für Spinner hält, das nicht sagen dürfen?

Warum, um alles in der Welt, sollte ihm das BVerfG solch eine Äußerung verbieten?

--
Political language – and with variations this is true of all political parties, from Conservatives to Anarchists – is designed to make lies sound truthful and murder respectable, and to give an appearance of solidity to pure wind – Eric A. Blair

Techniknörgler Offline



Beiträge: 2.738

11.06.2014 15:06
#4 RE: Das Moralapostelnarrativ hat das BVerfG erreicht Antworten

Zitat von Uwe Richard im Beitrag #3
Lieber N_S_N und Frank,

geht es nicht 'ne Nummer kleiner.

Warum soll sich denn der Bundespräsident nicht frei äußern dürfen? Warum soll er, wenn er die Anhänger der NPD, oder wen auch immer, für Spinner hält, das nicht sagen dürfen?

Warum, um alles in der Welt, sollte ihm das BVerfG solch eine Äußerung verbieten?


Verstehe ich auch nicht. Ich sehe im Grundgesetz noch nicht einmal eines explizite Pflicht zur politischen Neutralität verankert. Das hat sich lediglich so in der Praxis des Amtes als eine Art "Verfassungskonvention" herauskristallisiert. Solche "Verfassungskonventionen" gibt es auch in Ländern ganz ohne geschriebene Verfassung - und sind im allgemeinen nicht einklagbar. Einklagbar ist nur die eigentliche Verfassung, das Verfassungsrecht.

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“Being right too soon is socially unacceptable.”
― Robert A. Heinlein

Uwe Richard Offline



Beiträge: 1.254

11.06.2014 15:35
#5 RE: Das Moralapostelnarrativ hat das BVerfG erreicht Antworten

Zitat von Techniknörgler im Beitrag #4
Zitat von Uwe Richard im Beitrag #3
Lieber N_S_N und Frank,

geht es nicht 'ne Nummer kleiner.

Warum soll sich denn der Bundespräsident nicht frei äußern dürfen? Warum soll er, wenn er die Anhänger der NPD, oder wen auch immer, für Spinner hält, das nicht sagen dürfen?

Warum, um alles in der Welt, sollte ihm das BVerfG solch eine Äußerung verbieten?


Verstehe ich auch nicht. Ich sehe im Grundgesetz noch nicht einmal eines explizite Pflicht zur politischen Neutralität verankert. [...] Solche "Verfassungskonventionen" gibt es auch in Ländern ganz ohne geschriebene Verfassung - und sind im allgemeinen nicht einklagbar. Einklagbar ist nur die eigentliche Verfassung, das Verfassungrecht.


Was ich an der causa merkwürdig finde: Zu welchem Behufe hat das BVerfG diese eigentlich angenommen/zugelassen und verhandelt?

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nachdenken_schmerzt_nicht Offline




Beiträge: 2.007

11.06.2014 16:10
#6 RE: Das Moralapostelnarrativ hat das BVerfG erreicht Antworten

Zitat von Uwe Richard im Beitrag #5
Was ich an der causa merkwürdig finde: Zu welchem Behufe hat das BVerfG diese eigentlich angenommen/zugelassen und verhandelt?
Klage der NPD.

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nachdenken_schmerzt_nicht Offline




Beiträge: 2.007

11.06.2014 16:30
#7 RE: Das Moralapostelnarrativ hat das BVerfG erreicht Antworten

Zitat von Uwe Richard im Beitrag #3
geht es nicht 'ne Nummer kleiner.


Sagen wir mal so.

Ich stelle mir vor was in unserer Republik los wäre, wenn Herr Gauck die Neuauflage der SED als Spinner bezeichnen würde. Als Richtungsweiser kann möglicherweise die mediale Folge eines Interviews von Herrn Lanz mit Frau Wagenknecht dienen. Das eine zu sagen, das andere nicht ist in meinen Augen zweierlei Maß. Ein Maß würde mir persönlich bei einem Bundespräsidenten völlig ausreichen.

Das ist aber in der Tat keine Sache des BVG.

"Dort, wo es keine sichtbaren Konflikte gibt, gibt es auch keine Freiheit." - Montesquieu

dari Offline




Beiträge: 189

11.06.2014 16:54
#8 RE: Das Moralapostelnarrativ hat das BVerfG erreicht Antworten

Lieber Frank2000,

nur zwei kurze Kommentare hierzu:

Zitat von Frank2000 im Beitrag #1
Für mich hat damit die Politisierung der Justiz das höchste Gericht erreicht, denn die Zitate aus der Urteilsbegründung sind erschreckend. Da wird einfach mal unterstellt, die Demonstranten gegen ein Asylbewerberheim wären "Antidemokratisch"


Volle Zustimmung, so sehr ich das Urteil im Ergebnis auch für richtig halte. "Antidemokratisch", was soll das denn genau sein? Juristisch sauber wäre es allein, hier ganz formal auf das Merkmal der Erlaubtheit einer Partei zu rekurrieren. Und dann ist die NPD eben nicht antidemokratisch, weil (noch) nicht verboten. So baut das Gericht aber einen neuen Gummibegriff in seine Begründung ein, den es eigentlich auch erstmal hätte klar definieren müssen. Tut es aber nicht, außer mit dem Bauchgefühl zu argumentieren, dass jeder der sich gegen ein Asylbewerberheim stellt zugleich antidemokratisch ist. Sorry, aber das ist deutlich zu kurz argumentiert.

Das das Gericht hier einfach auf den Zeitgeist aufspringt, ist auch deshalb schade, daes im konkreten Fall des Rekurses auf "Zeigesistfloskeln" ja garnicht bedurft hätte. Zum gleichen Ergebnis hätte man auch kommen können, wenn man dem Bundespräsidenten im Amt einfach auch ein gutes Stück Meinungsfreiheit (Art. 5 GG) zuerkannt hätte - nicht unbedingt als Privatperson, sondern meinetwegen als funktionellen Bestandteil seines Amtes (sozusagen als Katalysator für Diskussionen und Debatten in der Gesellschaft oder so ähnlich). So aber ist das Urteil nur wieder ein typischer Vosskuhle. Schade eigentlich...

Zitat von Frank2000 im Beitrag #1
Danach wäre es auch OK, wenn im nächsten Wahlkampf Gauck davon spricht, dass man den "Bonzen" und "Miethaien" ihre "Grenzen aufzeigen müsse" und "alle dazu aufgefordert seien". Oder wir werden demnächst eine Rede hören, dass den "Rechtspopulisten" die Grenzen aufzuzeigen seien. Oder den "Globalisierungskapitalisten", den "Klimaleugnern" und so weiter.


Mal eine Gegenfrage: Wäre es Ihnen lieber, einen Präsidenten zu haben, der so etwas zwar denkt, aber aus angst vor rechtlichen Konsequenzen nicht sagt? Da ist es mir lieber, dass er so etwas sagen darf aber nicht tut, weil er inhaltlich sich gegen diese Positionen verwahrt. Also: Lieber ein Präsident, der auch mal aneckt, aber bei dem ich jedenfalls weiß, wo ich dran bin.

Gruß

dari

PS: Volltext gibt es übrigens hier: https://www.bundesverfassungsgericht.de/...2bve000413.html
Aus meienr Sicht gibt aber auch die offizielle Pressemitteilung ein ganz gutes Bild darüber, was im Urteil wirklich drinsteht https://www.bundesverfassungsgericht.de/.../bvg14-051.html

Uwe Richard Offline



Beiträge: 1.254

11.06.2014 17:48
#9 RE: Das Moralapostelnarrativ hat das BVerfG erreicht Antworten

Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #6
Zitat von Uwe Richard im Beitrag #5
Was ich an der causa merkwürdig finde: Zu welchem Behufe hat das BVerfG diese eigentlich angenommen/zugelassen und verhandelt?
Klage der NPD.


Ich bin leicht irritiert und frage mich immer noch, warum das BvefG diesen Fall angenommen/zugelassen und verhandelt hat, denn eine Verfassungsbeschwerde bedarf der Annahme zur Entscheidung..

Nach BVerfGG 93a ist eine Beschwerde zur Entscheidung anzunehmen,
a) soweit ihr grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zukommt,
b) wenn es zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 genannten Rechte angezeigt ist; dies kann auch der Fall sein, wenn dem Beschwerdeführer durch die Versagung der Entscheidung zur Sache ein besonders schwerer Nachteil entsteht.


Mir als Laie in Rechtssachen scheint weder »a« noch »b« gegeben. Für mich hat die Annahme zur Entscheidung ein, nun ja, politisches G'schmäckle.

--
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Frank2000 Offline




Beiträge: 3.424

11.06.2014 23:08
#10 RE: Das Moralapostelnarrativ hat das BVerfG erreicht Antworten

Zitat von Uwe Richard im Beitrag #3
Lieber N_S_N und Frank,
Warum soll sich denn der Bundespräsident nicht frei äußern dürfen? Warum soll er, wenn er die Anhänger der NPD, oder wen auch immer, für Spinner hält, das nicht sagen dürfen?
Warum, um alles in der Welt, sollte ihm das BVerfG solch eine Äußerung verbieten?


Das sind zwei verschiedene Fragen.

Tatsächlich bin ich davon ausgegangen, dass die politische Neutralität des Bundespräsidenten nicht lediglich Konvention ist, sondern einen juristischen Hintergrund hat. Sollte das nicht der Fall sein, dann hat das BVerfG tatsächlich keinen Grund, die Äußerung zu verbieten. Allerdings stellen Sie völlig zu Recht die Frage, warum das BVerfG die Klage überhaupt angenommen hat. Wir wissen alle, dass das BVerG kein gewöhnliches Gericht ist sondern das einzige Gericht, das nicht nur formalen sondern tatsächlichen Handlungsspielraum hat. Das BVerfG muss Gesetze nicht nur anwenden, sondern darf (zusammen mit den anderen obersten Gerichten) diese auch interpretieren. Da das BVerfG die Klage angenommen hat ist davon auszugehen, dass die obersten Richter auch selbst davon ausgegangen sind, dass die Forderung nach politischer Neutralität nicht von vorn herein unsinnig ist. Und das BVerfG hat mit seinem Urteil dann eben doch einen juristische Rahmen gesetzt, also GESTALTET. In so weit bleibe ich bei meiner Aussage: das BVerfG hat ein politisches Zeitgeisturteil gefällt.

Die zweite Frage ist, warum bisherige Bundespräsidenten eigentlich nicht in die Verlegenheit kamen, solche Äußerungen vor Gericht vertreten zu müssen. Ich behaupte: weil bisherige Bundespräsidenten in ihren Formulierungen weit zurückhaltender waren. AUch früher gab es ja schon Parteien, die dem Establishment Angst machten; ich kann mich sehr wohl an das Heulen und Zähneklappern erinnern, als die Reps gegründet wurden. Und die NPD gibt es im übrigen auch schon länger und dann wären da noch diverse sehr unappetitliche Parteien im linken Lager. Aber das ein Bundespräsident öffentlich eine Partei verurteilt hat - daran erinnere ich mich vor Gauck nicht. Und ich halte die Neutralität des Bundespräsidenten für ein hohes Gut - Gauck hat etwas zerschlagen, was mir mehr wert gewesen wäre als Gaucks Bedürfnis, endlich mal Dampf ablassen zu dürfen: bisher war der Bundespräsident die einzige Institution, die noch tatsächlich für ALLE da war, die sich noch irgendwie der Bundesrepublik verpflichtet fühlten. Jetzt ist das Amt politisiert. Ab jetzt wird der Bundespräsident auch nur noch als "einer vom Establishment" wahrgenommen. als "einer von denen".

Aber dafür hat Gauck jetzt das tolle Gefühl, ein guter Mensch zu sein und es den bösen Buben mal so richtig gegeben zu haben. Toll. Solche Egomanen sind doch perfkte Kandidanten für ein Amt, das integrierende Wirkung haben sollte. Naja, Geschichte. Jetzt ist der Schaden passiert und wir können das Amt des Bundespräsidenten abschaffen. Wozu viel Geld ausgeben nur um einen weiteren Alphatier die Bühne zu geben, mal so richtig seine persönliche moralische Überlegenheit raushängen zu lassen.

Techniknörgler Offline



Beiträge: 2.738

12.06.2014 00:00
#11 RE: Das Moralapostelnarrativ hat das BVerfG erreicht Antworten

Zitat von Uwe Richard im Beitrag #9
Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #6
Zitat von Uwe Richard im Beitrag #5
Was ich an der causa merkwürdig finde: Zu welchem Behufe hat das BVerfG diese eigentlich angenommen/zugelassen und verhandelt?
Klage der NPD.


Ich bin leicht irritiert und frage mich immer noch, warum das BvefG diesen Fall angenommen/zugelassen und verhandelt hat, denn eine Verfassungsbeschwerde bedarf der Annahme zur Entscheidung..

Nach BVerfGG 93a ist eine Beschwerde zur Entscheidung anzunehmen,
a) soweit ihr grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zukommt,
b) wenn es zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 genannten Rechte angezeigt ist; dies kann auch der Fall sein, wenn dem Beschwerdeführer durch die Versagung der Entscheidung zur Sache ein besonders schwerer Nachteil entsteht.


Mir als Laie in Rechtssachen scheint weder »a« noch »b« gegeben. Für mich hat die Annahme zur Entscheidung ein, nun ja, politisches G'schmäckle.




Es war keine Verfassungsbeschwerde, sondern eine Organklage. Ja, die kann auch von einem Mitglied eines Verfassungsorgans (wie hier Udo Pastörs als Mitglied der Bundesversammlung) ausgehen.

Edit: Inhaltliche Korrektur des letzten Satzes.

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“Being right too soon is socially unacceptable.”
― Robert A. Heinlein

Ulrich Elkmann Online




Beiträge: 14.423

12.06.2014 00:06
#12 RE: Das Moralapostelnarrativ hat das BVerfG erreicht Antworten

Zitat von Frank2000 im Beitrag #10
Jetzt ist der Schaden passiert und wir können das Amt des Bundespräsidenten abschaffen.


Ach nein: diese moralische Aufladung des Amtes ist ihm ja erst mit Richard von Weizsäcker zugewachsen - & das nur, weil er als vernunftgelenktes, mit Augenmaß & Besonnenheit begabtes Gegenwicht zu Helmut Kohl galt, der ja nicht nur in den Augen der Berufslinken als unbedarfter Tölpel galt, während Ronny & Maggie am Weltfrieden zündelten. (Gorbi hat den Laden dann gerettet - die Gorbimanie 1987ff. ist ohne diese Folie in ihrer hysterischen Ausprägung in Deutschland nicht zu erklären.) Diese Aufladung zur moralischen Instanz hat sich dann auf seine Nachfolger übertragen; das Publikum dürfte wohl einhellig der Auffassung sein, Christian Wulff habe das Amt wesentlich mehr beschädigt. Für Weizsäckers Vorläufer eignete dem Amt ja eine gewisse Unsichtbarkeit: weder Heuss noch Heinemann waren letztlich mehr mehr als distinguierte Grüßonkel; Scheel ist nur als unbegabter Schlagerstar im Gedächtnis geblieben, dessen Musikgeschmack um 8 Generationen aus dem Takt war und der die Erfindung des Verbrennungsmotors verschlafen hatte . Lübke hingegen... in den Augen nicht nur der Berufslinken war der Große Vorsitzende Heinrich die Alphaversion zu Kohls Betaversion: "Heinrich Lübke ...redet für Deutschland".

PS: Wenn es wirklich ein Amt gibt, das sich fröhlich lächerlich macht & das man getrost den Berufs-Kabarettisten übergeben sollte, dann ist es ein anderes.

Nola Offline



Beiträge: 1.719

12.06.2014 20:43
#13 RE: Das Moralapostelnarrativ hat das BVerfG erreicht Antworten

Zitat von Ulrich Elkmann im Beitrag #12
Zitat von Frank2000 im Beitrag #10
Jetzt ist der Schaden passiert und wir können das Amt des Bundespräsidenten abschaffen.


Ach nein: diese moralische Aufladung des Amtes ist ihm ja erst mit Richard von Weizsäcker zugewachsen - & das nur, weil er als vernunftgelenktes, mit Augenmaß & Besonnenheit begabtes Gegenwicht zu Helmut Kohl galt, der ja nicht nur in den Augen der Berufslinken als unbedarfter Tölpel galt, während Ronny & Maggie am Weltfrieden zündelten. (Gorbi hat den Laden dann gerettet - die Gorbimanie 1987ff. ist ohne diese Folie in ihrer hysterischen Ausprägung in Deutschland nicht zu erklären.) Diese Aufladung zur moralischen Instanz hat sich dann auf seine Nachfolger übertragen; das Publikum dürfte wohl einhellig der Auffassung sein, Christian Wulff habe das Amt wesentlich mehr beschädigt. Für Weizsäckers Vorläufer eignete dem Amt ja eine gewisse Unsichtbarkeit: weder Heuss noch Heinemann waren letztlich mehr mehr als distinguierte Grüßonkel; Scheel ist nur als unbegabter Schlagerstar im Gedächtnis geblieben, dessen Musikgeschmack um 8 Generationen aus dem Takt war und der die Erfindung des Verbrennungsmotors verschlafen hatte . Lübke hingegen... in den Augen nicht nur der Berufslinken war der Große Vorsitzende Heinrich die Alphaversion zu Kohls Betaversion: "Heinrich Lübke ...redet für Deutschland".

PS: Wenn es wirklich ein Amt gibt, das sich fröhlich lächerlich macht & das man getrost den Berufs-Kabarettisten übergeben sollte, dann ist es ein anderes.


Wenn nicht zeitgleich ein weiteres Parteien-Bashing bis zur Hetzkampagne und noch weit darüber hinaus in unserem "Rechtsstaat" stattfinden würde, würde ich Uwe Richard und Techniknörgler ja Recht geben. So aber, kann ich das nicht. Von einem Bundespräsidenten erwarte ich Unparteilichkeit und strikte Einhaltung von demokratischen rechtsstaatlichen Grundsätzen. Schon gar nicht sollten Tatsachenverdrehungen seinen Mund verlassen, nur weil sie gerade einem Wählerpotential
schmackhaft sind.

Das Präsidialamt hat immer einen fast ehrfürchtigen Stand beim Bürger gehabt, soll mir recht sein, wenn sich das erledigt hat, sind eh Kosten für nix. Andererseits scheint das auch Mode zu werden, jegliche staatliche Institution lächerlich zu machen. Entweder macht man sich selbst lächerlich oder andere tun es. So what. Mich wundert nichts mehr. Nur Nationalisten halten doch am Ewiggestrigen fest, gelle?


Nachtrag: Lieber Ulrich Elkmann, das ...
+++
36 Stunden nachdem die Jihadisten von ISIS Mosul eingenommen und eine Blitzoffensive in anderen Teilen des Irak durchgeführt und hunderte gepanzerte Fahrzeuge sowie Millionen von Dollars erbeutet haben, die irakische Armee sich in Auflösung befindet und Al Qaida nun ein Gebiet kontrolliert, das in etwa der Größe Syriens entspricht, 36 Stunden später hat das deutsche Auswärtige Amt immer noch nichts zu den Vorfällen zu sagen.
+++

... Amt gibt es doch gar nicht mehr. Wird alles in Personalunion(in) mit erledigt.

♥lich Nola

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Status quo, nicht wahr, ist der lateinische Ausdruck für den Schlamassel, in dem wir stecken.
Zettel im August 2008

notquite Offline



Beiträge: 506

12.06.2014 22:47
#14 RE: Das Moralapostelnarrativ hat das BVerfG erreicht Antworten

Zitat von Frank2000 im Beitrag #1

(Sucht mal jemand die Begründung auf der Seite des BVerG heraus?)


https://www.bundesverfassungsgericht.de/...2bve000413.html

Zitat
Verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist auch die Verwendung des Wortes „Spinner“ im konkreten Zusammenhang. Der Antragsgegner hat damit über die Antragstellerin und ihre Anhänger und Unterstützer ein negatives Werturteil abgegeben, das isoliert betrachtet durchaus als diffamierend empfunden werden und auf eine unsachliche Ausgrenzung der so Bezeichneten hindeuten kann. Hier indes dient, wie sich aus dem Duktus der Äußerungen des Antragsgegners ergibt, die Bezeichnung als „Spinner“ - neben derjenigen als „Ideologen“ und „Fanatiker“ - als Sammelbegriff für Menschen, die die Geschichte nicht verstanden haben und, unbeeindruckt von den verheerenden Folgen des Nationalsozialismus, rechtsradikale - nationalistische und antidemokratische - Überzeugungen vertreten (zur grundgesetzlichen Ordnung als Gegenentwurf zur nationalsozialistischen Gewalt- und Willkürherrschaft vgl. BVerfGE 124, 300 <327 ff.>). Die mit der Bezeichnung als „Spinner“ vorgenommene Zuspitzung sollte den Teilnehmern an der Veranstaltung nicht nur die Unbelehrbarkeit der so Angesprochenen verdeutlichen, sondern auch hervorheben, dass sie ihre Ideologie vergeblich durchzusetzen hofften, wenn die Bürger ihnen „ihre Grenzen aufweisen“



Nola Offline



Beiträge: 1.719

13.06.2014 00:15
#15 RE: Das Moralapostelnarrativ hat das BVerfG erreicht Antworten

Zitat von notquite im Beitrag #14
Zitat von Frank2000 im Beitrag #1

(Sucht mal jemand die Begründung auf der Seite des BVerG heraus?)


https://www.bundesverfassungsgericht.de/...2bve000413.html

Zitat
Verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist auch die Verwendung des Wortes „Spinner“ im konkreten Zusammenhang. Der Antragsgegner hat damit über die Antragstellerin und ihre Anhänger und Unterstützer ein negatives Werturteil abgegeben, das isoliert betrachtet durchaus als diffamierend empfunden werden und auf eine unsachliche Ausgrenzung der so Bezeichneten hindeuten kann. Hier indes dient, wie sich aus dem Duktus der Äußerungen des Antragsgegners ergibt, die Bezeichnung als „Spinner“ - neben derjenigen als „Ideologen“ und „Fanatiker“ - als Sammelbegriff für Menschen, die die Geschichte nicht verstanden haben und, unbeeindruckt von den verheerenden Folgen des Nationalsozialismus, rechtsradikale - nationalistische und antidemokratische - Überzeugungen vertreten (zur grundgesetzlichen Ordnung als Gegenentwurf zur nationalsozialistischen Gewalt- und Willkürherrschaft vgl. BVerfGE 124, 300 &lt;327 ff.&gt;). Die mit der Bezeichnung als „Spinner“ vorgenommene Zuspitzung sollte den Teilnehmern an der Veranstaltung nicht nur die Unbelehrbarkeit der so Angesprochenen verdeutlichen, sondern auch hervorheben, dass sie ihre Ideologie vergeblich durchzusetzen hofften, wenn die Bürger ihnen „ihre Grenzen aufweisen“





Daß heißt, hier wurde der Inhalt (Spinner) so interpretiert, daß er zur Autobahn wurde. Na Bravo!

♥lich Nola

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Zettel im August 2008

nachdenken_schmerzt_nicht Offline




Beiträge: 2.007

13.06.2014 09:22
#16 RE: Das Moralapostelnarrativ hat das BVerfG erreicht Antworten

Zitat von Nola im Beitrag #15
Daß heißt, hier wurde der Inhalt (Spinner) so interpretiert, daß er zur Autobahn wurde.

Mehr noch:
Hier wurde indirekt definiert, wer unbelehrbar, fanatisch, ideologisch und antidemokratisch ist. Danach nimmt sich das BVG eine Wertung heraus, welche ihm nicht zusteht. Es hat zu "richten", nicht zu werten. Das nennt man glaube ich Gewaltenteilung.

Das ganze ist ein Zeitgeisturteil, welches ganz selbstverständlich Zeitgeist dem Gesetz in der Urteilsbegründung gleichstellt.

Ich fände es wirklich sehr interessant zu wissen, was das BVG in einer Urteilbegründung geschrieben hätte, wenn die Klägerin die Grünen oder die Linke gewesen wäre. Da keinen Fanatismus, Ideologismus, oder antidemokratische Tendenzen zu erkennen, schafft man nur durch eine stark getönte Brille. Ganz davon abgesehen, dass belehrbare Menschen eine vom Austerben bedrohte Spezies darstellen, nach meiner Erfahrung. Das sehen Gruppen, die sich im Besitz der Wahrheit wähnen, naturgemäß natürlich anders.

Herzlich


nachdenken_schmerzt_nicht

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