FAZ-Herausgeber: Frank Schirrmacher ist tot Er gilt als einer der bedeutendsten Publizisten der Bundesrepublik: Wie die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" mitteilt, ist ihr Herausgeber Frank Schirrmacher überraschend verstorben. Er wurde 54 Jahre alt.
♥lich Nola
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Status quo, nicht wahr, ist der lateinische Ausdruck für den Schlamassel, in dem wir stecken. Zettel im August 2008
-- Political language – and with variations this is true of all political parties, from Conservatives to Anarchists – is designed to make lies sound truthful and murder respectable, and to give an appearance of solidity to pure wind – Eric A. Blair
Die vielen, vielen schönen Erinnerungen der Mitarbeiter, zu lesen in der FAZ vom Samstag dem 14. Juni und der FAZ-Sonntagszeitung heute! Am meisten berührt mich ein zufälliges Zusammentreffen. Aber das muss ich in seiner Reihenfolge nennen.
Da schreibt Volker Zastrow zum Tod Frank Schirrmachers unter dem Titel "Neuland" ( = Netz, Big Data Gefahr), indem er ihm gleichsam den Aufriss eines geplanten Artikels ins Grab mitgibt, über seinen Einfall, Big Data zusammen mit einer falschen Interpretation der Weltgerichtsszene mit Gottes Buch über alle Sünden anzuklagen und als Unmenschlichkeit zu erledigen.
Schirrmacher sei manchmal vom Gefühl überwältigt worden, die Menschheit sei verloren, im Tod fand er keinen Trost. (Da er Camus liebte, verstand er das voll gelebte Leben - vier Stunden Schlaf die Nacht - als Revolte dagegen, denke ich.) Zastrow etwickelt nun seinen Schreibplan, eine Superidee. Er wollte das Netz, das alles weiß und behält, mit dem Polizisten-Gott vergleichen. Und dieses Mißbild klagt er nun direkt an. "Lieber Gott! So geht das nicht!... Widerspricht das "ultimative Notizbuch" nicht den Menschenrechten?"
Er vermutet, Gott antworte:"Mann Gottes! Ich bin es doch, der Euch gemacht hat!... Ihr habt wirklich völlig bescheuerte Vorstellungen vom Jüngsten Gericht." Dann kommt bei Zastrow eine längere Passage über die vermutliche Freude Schirrmachers über diesen Einfall. An dieser Stelle meiner Zeitungslektüre fiel mir ein, was ich heute früh in der Predigt zur kath. Liturgie am Sonntag Trinitatis zu sagen hatte. Wie lautete das Sonntagsevangelium? "Denn Gott hat seinen Sohn nicht in die Welt gesandt, damit er die Welt richtet, sondern damit die Welt durch ihn gerettet wird. Wer an ihn glaubt, wird nicht gerichtet; wer nicht glaubt, ist schon gerichtet" Joh 3,17-18). Krisis heute und keine Weltgerichtsangst! Und doch hat es nichts zu tun mit dem dummen Pastoralneuspruch "Gott nimmt dich an wie du bist, du musst dich nicht ändern".
Volker Zastrows Gott spricht wie der Jesus des Johannesevangeliums zu dem Pharisäer Nikodemus, der ihn nachts besucht. Was Zastrow dann über Christen, Juden und Muslime sagt, übergehe ich, und ich lebe und arbeite dafür, dass das einmal nicht mehr gesagt werden muss. Auch er unterscheidet die Abergläubischen und die wirklich wahren Religiösen und sagt von jenen "tief religiösen Menschen", die von Gnade und für Barmherzigkeit leben, dass sie mit ihm im Kern übereinstimmten: "dass Gott diese Sauerei mit dem Notizbuch nicht macht. Weil sie zutiefst unmenschlich ist."
Gott setze uns nicht einer gnadenlosen Allwissen aus und auch nicht der Gnadenlosigkeit unseres eigenen Gerichts. "Und wenn nicht mal Gott das darf, dann darf Google das auch nicht." - Kein Berufungsgericht mehr, absolutes Schlussurteil.
Und eine zweite Übereinstimmung überfiel mich. Sie betriffft, was jüngst Nachdenken-schmerzt-nicht in zettels kleinem zimmer geschrieben hat: Er freue sich über jede Korrektur, über jede neue Einsicht, das mache sein Lebensglück aus. Dies hat mich berührt. Und nun lese ich in Zastrows Nachruf: Jede neue Einsicht sei ihm ein Kick geworden, ein Geschenk, er habe sich über jeden frischen Gedanken gefreut wie ein Kind - das ist durchgängig betont in den Beiträgen der Kollegen - und habe nie den Erwachsenen-Zynismus geteilt. Das Lernen war ihm das Schönste, es sei Autonomie, Freiheit also. "Seine Augen waren nicht verdorben."
Über einen sehr großer Prozentsatz der Deutschen wird man nicht so richten können, lieber Journalist Zastrow,da müssen wir also zwei Augen zudrücken und gnädig sein wie Sie - und der liebe Gott.
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